Grada Kilomba

Grada Kilomba (auchGrada Kilomba-Ferreira; *1968 inLissabon[1]) ist eine portugiesische Autorin, Psychologin, Theoretikerin und interdisziplinäre Künstlerin, die sich in ihren Arbeiten kritisch mit Erinnerung, Trauma,Geschlecht,Rassismus undPostkolonialismus befasst. Sie arbeitet mit verschiedenen Formaten, von Text über szenische Lesung und Performance und verknüpft akademische und lyrische Erzählung. Im Jahr 2012 war sie Gast-Professorin fürGender Studies undPostcolonial Studies an derHumboldt-Universität zu Berlin. 2024 lehrte sie im Rahmen derAngela Davis Gastprofessur an derGoethe-Universität Frankfurt.
Leben
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Mit Wurzeln auf den westafrikanischen InselnSão Tomé und Príncipe und inAngola, wurde Grada Kilomba in Lissabon geboren. Dort studierte sieKlinische Psychologie undPsychoanalyse amInstituto de Psicologia Aplicada (ISPA). Während ihrer Tätigkeit als Psychologin in Portugal arbeitete sie in der Psychiatrie mitkriegstraumatisierten Menschen aus Angola undMosambik und initiierte diverse künstlerische und therapeutische Projekte zu den Themen Trauma und Erinnerung sowie zu den Arbeiten vonFrantz Fanon. AlsStipendiatin derHeinrich-Böll-Stiftung promovierte Grada Kilomba an derFreien Universität Berlin, wo sie als Gastdozentin arbeitete.
Von 2009 bis 2010 war sieFellow amBerlin Institute for Cultural Inquiry. In den Folgejahren lehrte siePostkoloniale Studien, Psychoanalyse und das Werk von Frantz Fanon an verschiedenen Universitäten, u. a. an der Freien Universität Berlin, derUniversität Bielefeld und derUniversity of Ghana inAccra. 2012 war sie Professorin für Gender Studies und Postcolonial Studies an der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort forschte sie u. a. zum Thema afrikanische Diaspora und lehrte zu den Themenschwerpunkten ‚Decolonial Feminism‘, ‚Decolonizing Knowledge‘ und ‚Performing Knowledge‘.[2] Im Rahmen derAngela Davis Gastprofessur für internationale Gender und Diversity Studies am Cornelia-Goethe-Zentrum derGoethe-Universität Frankfurt hielt sie 2024 mehrere Veranstaltungen zum Thema „the art of performing knowledge“.[3]
In derTalkshowInsight Germany, präsentiert von derDeutschen Welle im Jahr 2013, erzählte Kilomba, wie schon frühe Erfahrungen von Rassismus im postfaschistischen Portugal der 1970er und 1980er Jahre ihre Wahrnehmung der Welt prägten.[4] DieBundeszentrale für politische Bildung schrieb 2009 über sie: „Ihr literarisches Werk verbindet postkolonialen Diskurs und lyrische Prosa auf den Spuren von Sklaverei, Kolonialismus und alltäglichem Rassismus.“[5]
2023 erhielt sie einen Ehrendoktor derISPA – Instituto Universitário, einer privaten Universität in Lissabon.[6]
Werk
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Bekannt wurde Grada Kilomba durch ihr BuchPlantation Memories, einer Sammlung alltäglicher Rassismuserfahrungen in Form von psychoanalytischen Kurzgeschichten, die erstmals 2008 zum Internationalen Literaturfestival imHaus der Berliner Festspiele erschienen. Sie ist Mitherausgeberin vonMythen, Masken und Subjekte (2005), einer Anthologie zu kritischerWeißseinsforschung.
2013 wurde Plantation Memories von Kilomba zu einer Bühnenlesung im Berliner TheaterBallhaus Naunynstraße adaptiert. Das Theater schrieb über ihr Werk: „Mit ihrem Buch, Plantation Memories – Episodes of Everyday Racism, gelingt es Grada Kilomba durch ihre prägnante und tiefsinnige Sprache, die Konsequenzen rassistischer Gewalt und rassistischer Traumata offenzulegen.“[7] Ein Jahr später wurde die szenische Lesung im Haus der Berliner Festspiele gezeigt.[8]
Kilomba befasst sich in jüngeren Arbeiten verstärkt mit der performativen Inszenierung theoretischer und politischer Texte, wozu auch der FilmConakry (2013) über den afrikanischen FreiheitskämpferAmílcar Cabral zählt.[9] Der Kurzfilm ist ein Projekt von Grada Kilomba, der Regisseurin Filipa César und der Radioredakteurin und Aktivistin Diana McCarty. Conakry wurde imHaus der Kulturen der Welt in Berlin umgesetzt und unter anderem im Art Tatler International, im Theater Arsenal in Berlin und in der Fundação Calouste Gulbenkian in Lissabon gezeigt.
Seit 2015 entwickelt Grada Kilomba das Projekt „Decolonizing Knowledge: Performing Knowledge“. Über ihre dazugehörige Lecture-Performance „Decolonizing Knowledge“[10] schreibtKampnagel: „Grada Kilomba deckt in ihrer Lecture-Performance die Gewalt klassischer Wissensproduktion auf und fragt: Was wird als Wissen anerkannt? Um wessen Wissen handelt es sich dabei? Wer darf Wissen überhaupt produzieren? Kilomba berührt diese koloniale Wunde, durch die Eröffnung eines hybriden Raums, in dem die Grenzen zwischen akademischer und künstlerischer Sprache verschwimmen und die Strukturen von Wissen und Macht sich transformieren.“[11] Gezeigt wurde Decolonizing Knowledge u. a. an derUniversität Amsterdam, derUniversität Linköping (Schweden) sowie in derWiener Secession. Das Projekt wird von experimentellen Videos wieWhile I Write (2015)[12] begleitet, in denen Grada Kilomba der Funktion des Schreibens für postkoloniale Subjekte nachgeht.While I Write wurde 2015 in der Wiener Secession uraufgeführt.
Publikationen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Plantation Memories. Episodes of Everyday Racism. 3. Aufl. Münster, 2010.ISBN 978-3-89771-485-4.
- Grada Kilomba-Ferreira: Die Farbe unseres Geschlechts. Gedanken über „Rasse“, Transgender und Marginalisierung. In: polymorph (Hrsg.): (K)ein Geschlecht oder viele? : Transgender in politischer Perspektive, Quer Verlag, Berlin, 2002.ISBN 978-3-89656-084-1.
- Grada Kilomba-Ferreira: Die Kolonisierung des Selbst – der Platz des Schwarzen. In: Hito Steyerl/Encarnación Gutiérrez Rodríguez (Hrsg.): Spricht die Subalterne deutsch? Migration und postkoloniale Kritik, Unrast Verlag, Münster, 2003.ISBN 978-3-89771-425-0.
- Grada Kilomba-Ferreira: „Don’t You Call Me Neger!“ – Das N-Wort, Trauma und Rassismus. In: ADB & cyberNomads (Hrsg.): TheBlackBook. Deutschlands Häutungen. IKO Verlag, Frankfurt am Main & London, 2004.ISBN 978-3-88939-745-4.
- Grada Kilomba-Ferreira: Rewriting the Black Body. in: Gudrun Perko und Leah C. Czollek (Hrsg.) Lust am Denken: Queeres jenseits kultureller Verortungen. Papyrossa Verlag, Köln, 2004.ISBN 978-3-89438-294-0.
- Maureen Maisha Eggers, Grada Kilomba, Peggy Piesche und Susan Arndt (Hrsg.), Mythen, Masken und Subjekte – Kritische Weißseinsforschung in Deutschland. Unrast Verlag, Münster, 2005.ISBN 978-3-89771-440-3.
- Grada Kilomba: Who can speak? Decolonizing Knowledge. in: The Editorial Group for Writing Insurgent Genealogies (Hrsg.), Utopia of Alliances, Conditions of Impossibilities and the Vocabulary of Decoloniality, Löcker Verlag, Wien, 2013.ISBN 978-3-85409-589-7.
- in: Corinne Kumar (Hg.), Asking, We Walk: The South As New Political Imaginary, Streelekha Publications, Bangalore, 2013.ISBN 81-904677-4-3.
Filmographie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- 2011White Charity von Carolin Philipp and Timo Kiesel
- 2013Conakry mit Diana McCarty und Filipa César
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑KULTURAUSTAUSCH - Zeitschrift für internationale Perspektiven (Memento desOriginals vom 1. August 2016 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kulturaustausch.de (abgerufen am 1. August 2016)
- ↑Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 17. Februar 2014 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/gradakilomba.com
- ↑Angela-Davis-Gastprofessur 2024: Grada Kilomba, The Art of Performing Knowledge. In: idw-online.de idw-online.de. Informationsdienst Wissenschaft e.V., 26. Juni 2024, abgerufen am 3. Dezember 2024.
- ↑Archivlink (Memento desOriginals vom 20. Dezember 2014 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dw.de
- ↑Grada Kilomba: Das N-Wort | Afrikanische Diaspora in Deutschland. In: bpb.de. 23. Juni 2021, abgerufen am 13. Februar 2024.
- ↑Ispa atribui Doutoramento Honoris Causa a Grada Kilomba. In: ispa.pt. ISPA – Instituto Universitário, 24. April 2023, abgerufen am 3. Dezember 2024 (portugiesisch).
- ↑http://www.ballhausnaunynstrasse.de/veranstaltung/plantation_memories_-_episodes_of_everyday_racism_13.01.2014
- ↑Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 23. September 2015 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlinerfestspiele.de
- ↑Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 5. März 2016 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.proximofuturo.gulbenkian.pt
- ↑Archivlink (Memento desOriginals vom 12. Februar 2016 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/gradakilomba.com
- ↑Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 29. Januar 2016 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kampnagel.de
- ↑Grada Kilomba: "WHILE I WRITE" by Grada Kilomba aufYouTube, 11. Mai 2015, abgerufen am 25. Februar 2024 (Laufzeit: 2:34 min).
Personendaten | |
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NAME | Kilomba, Grada |
ALTERNATIVNAMEN | Kilomba-Ferreira, Grada |
KURZBESCHREIBUNG | portugiesische Schriftstellerin und Künstlerin |
GEBURTSDATUM | 1968 |
GEBURTSORT | Lissabon |