Der Grönlandwal hat eine bis zu 70 cm dickeFettschicht, die ihn vor der eisigen Kälte schützt. Der Kopf ist im Verhältnis zum Körper sehr groß, fast ein Drittel der Gesamtlänge wird vom Kopf eingenommen, und ermöglicht ein Durchbrechen von bis zu 30 cm dicken Eisschichten.[4] Das Maul kann bis zu fünf Meter lang, vier Meter hoch und zweieinhalb Meter breit werden. Allein die Zunge kann ein Gewicht von fast 900 kg erreichen. Der Wal besitzt zwei Blaslöcher, aus denen er zweiFontänen über vier Meter weit in die Luft blasen kann.
Der Körper des Grönlandwals ist von dunkelblauer bis schwarzer Farbe. Nur am Unterkiefer befindet sich ein weißer Fleck mit unregelmäßig angeordneten, schwarzen Punkten. Am Bauch sind öfter weiße oder graue Striche vorhanden. Der Grönlandwal hat keineFinne (Rückenflosse). DieFluke (Schwanzflosse) kann eine maximale Breite von acht Metern erreichen. Die Brustflossen sind im Verhältnis zur Körpergröße klein und paddelförmig. AusgewachseneBullen können bis zu 16 Meter lang werden und erreichen ein Gewicht von 50 bis 70 Tonnen. Kühe erreichen eine Länge von bis zu 18 Metern und ein Gewicht von bis zu 100 Tonnen.
Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt vierzig Jahre. Anhand alterHarpunenspitzen im Körper erlegter Wale konnte man feststellen, dass Grönlandwale weit älter als 100 Jahre werden können. Mittelsmolekularbiologischer Untersuchungen wurde das Alter eines Individuums auf 211 Jahre bestimmt. Damit sind sie die langlebigsten Säugetiere, die bekannt sind.[4]
Neue Untersuchungen zeigen, dass Grönlandwale über einen besonders langsamenStoffwechsel verfügen und durch ihreGene besser gegenKrebs geschützt sind.[5][6]
Der Grönlandwal ernährt sich vonPlankton, beispielsweiseKrill. Er besitzt zwischen 325 und 360Barten auf jeder Seite. Während der Nahrungsaufnahme schwimmt der Wal mit ständig geöffnetem Maul. Dabei verfangen sich die Kleintiere in den Barten, die mit der Zunge abgestreift und geschluckt werden. Die Barten dieses Wales sind so fein, dass er auch kleine Tiere aus dem Wasserfiltern kann, die andere Walarten nicht erreichen können.
Die Paarung findet im Frühling oder Frühsommer statt. Die Tragzeit beträgt etwa 13 Monate, im April, Mai oder Juni kommt das Junge zur Welt. Neugeborene Kälber sind etwa vier Meter lang. Das Kalb wird ein halbes Jahr lang gesäugt. Der Abstand zwischen zwei Geburten beträgt für gewöhnlich drei Jahre. Die Kälber werden bereits mit einer dicken Speckschicht geboren.
Während der Wanderungen im Frühling und Herbst bilden Grönlandwale Gruppen von bis zu 14 Tieren, die in einer v-förmigen Formation schwimmen. Vor der Zeit des exzessivenWalfangs sollen diese Verbände aus bis zu hundert Einzeltieren bestanden haben.
Der Grönlandwal bleibt das gesamte Jahr über in den arktischen Meeren. Im arktischen Winter kann er sich mittelsEchoortung im Dunkeln zurechtfinden.
Typische Tauchzeiten betragen bis zu zwölf Minuten, allerdings kann der Grönlandwal auch bis zu einer Stunde lang abtauchen. Nach einem Tauchgang verbringt der Wal ein bis zwei Minuten zum Atmen an der Oberfläche.[7][8]
Harpunierter Grönlandwal (Iglulik 2002); das Foto macht das Größenverhältnis von Wal und Mensch deutlich.
Der Grönlandwal war früher so häufig, dass er von den britischen Walfängern alsCommon Whale („Gewöhnlicher Wal“) bezeichnet wurde. Im Deutschen wurde er seinerzeit häufig alsGemeiner Walfisch beschrieben, wobei dabei keine Unterscheidung zumNordkaper getroffen wurde.[9] Wegen der dicken Fettschicht und der langen Barten galt er als kommerziell sehr wertvoll. Schon im frühen 18. Jahrhundert war der Grönlandwal in den Gewässern umSpitzbergen beinahe ausgerottet. Der Fang verlagerte sich in die Gewässer zwischenGrönland undKanada, wo die Bestände während des 18. und 19. Jahrhunderts dezimiert wurden. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts begannen dieUSA, denWalfang auch imBeringmeer voranzutreiben, womit die Jagd auf die pazifischen Grönlandwale ebenfalls eröffnet war.
Im Jahr 1931 wurde der Grönlandwal als weltweit erste Wildtierart überhaupt vomVölkerbund unter Schutz gestellt.[10]
Durch Schutzmaßnahmen nehmen die noch immer geringen Bestände wieder zu. Weltweit gibt es schätzungsweise wieder zwischen 5.000 und 8.000 Grönlandwale, die fast alle im Nordpazifik leben. Im Nordatlantik galt die Art am Anfang des 20. Jahrhunderts als völlig ausgestorben, doch auch hier scheint eine kleinePopulation überlebt zu haben, die sich wieder zu vermehren beginnt. Durch die jetzt häufiger eisfreieNordwestpassage verstärken einige hundert bis tausend Exemplare die kanadisch-grönländische Population massiv.
Die ursprüngliche Bestandsgröße am Anfang des 17. Jahrhunderts, also noch vor dem systematischen Walfang, lässt sich schwer einschätzen, lag aber wahrscheinlich bei 50.000 Grönlandwalen. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Bestand fast völlig ausgerottet. Seit 1946 sind Grönlandwale streng geschützt und dürfen nicht mehr kommerziell bejagt werden. Dennoch gibt es noch immer Sonderlizenzen, die es einigenInuit-Stämmen erlauben, eine festgelegte Anzahl an Walen zu jagen, um ihr eigenes Überleben zu sichern. In den Jahren 1990 bis 2006 wurden etwa 50 Tiere jährlich erlegt.[11] Um das Jahr 1900 wurden oft 200 Tiere pro Jahr erlegt. Damals waren die verwertbaren Teile eines solchen Tieres noch sehr wertvoll, doch seit der Erfindung von Ersatzstoffen lohnt sich die Jagd kaum noch.
Auf denwest-, ost- und nordfriesischen Inseln gab es während der Epoche des Walfangs im 18. Jahrhundert die Sitte, als Grundstücksbegrenzung um die Häuser herum Zäune aus Walknochen aufzubauen. Es sollten keineswegs spektakuläre Besonderheiten geschaffen oder gar Trophäenschauen damit betrieben werden, vielmehr war dies auf den einstmals ganz unbewaldeten Inseln schlicht das am besten verfügbare Baumaterial. In der Regel handelte es sich um Knochen aus der Kinnlade des meist bejagten Grönlandwals. Bis heute erhalten sind davon zwei Zäune aufBorkum[12] (beide in der Nähe des Alten Leuchtturms), einer aufRømø,[13] sowie kleine Reste auf Föhr, Ameland und Schiermonnikoog. Dem Alter entsprechend befinden sie sich in einem verwitterten Zustand.
Mark Carwardine:Wale und Delphine. Delius Klasing, Bielefeld 1996,ISBN 3-7688-0949-8.
Ralf Kiefner:Wale und Delphine weltweit. Jahr Top Special Verlag, 2002,ISBN 3-86132-620-5 (Führer der Zeitschrifttauchen, sehr detailliert)
J. Niethammer, F. Krapp (Hrsg.):Handbuch der Säugetiere Europas. Band 6:Meeressäuger, Teil 1 A:Wale und Delphine. AULA-Verlag, Wiesbaden 1994,ISBN 3-89104-559-X (sehr detailliertes Fachbuch)
R. R. Reeves, B. S. Stewart, P. J. Clapham, J. A. Powell:Sea Mammals of the World. A Complete Guide to Whales, Dolphins, Seals, Sea Lions and Sea Cows. Black, London 2002,ISBN 0-7136-6334-0 (Führer mit zahlreichen Bildern).
Maurizio Würtz, Nadia Repetto:Underwater world: Dolphins and Whales. White Star Guides, 2003,ISBN 88-8095-943-3 (Bestimmungsbuch)