
Golestan bzw.Golestān (persisch گلستان „Rosengarten“), geschrieben 1259, ist eine Sammlung von persischen Gedichten und Geschichten. NebenBustan ist es das zweite allgemein bekannte Werk des DichtersSaadi und zählt zu den wichtigsten Werken derpersischen Literatur.
Das vorwiegend inProsa verfasste und mitVersen unterschiedlicher Form undMetren durchzogene Werk ist thematisch und formal demBustān angelehnt, erschien jedoch nicht in zehn, sondern in acht Kapiteln – ähnlich den acht Pforten zumParadies.[1] Das Werk enthält Geschichten und persönlich gefärbteAnekdoten,Aphorismen, Ratschläge und humorvolle Reflexionen.[2] Es umfasst Kapitel zum Umgang mit den Königen, über die Moral derDerwische, über die Zufriedenheit und die Vorzüge des Schweigens, über Liebe und Jugend, Schwäche und Alter, die Wirkung der Erziehung und Regeln über das gute Leben.[3]
Die Frage nach der Intention seines Werkes beantwortet Saadi in der Einleitung zumGolestān wie folgt:
„Am Morgen, als die Lust zurückzukehren über den Wunsch dazubleiben den Sieg davontrug, sah ich, daß [mein Freund] einen Kleidersaum voll Rosen und Basilien und Hyazinthen und Amaranten zusammenpflückte, und sich zur Rückkehr in die Stadt anschickte. Auf den Bestand der Rosen des Gartens, sprach ich, kann man, wie du weißt, nicht vertrauen, und auf die Verheißungen des Rosengartens nicht bauen; du kennst aber den Ausspruch der Weisen: Wo wir keinen festen Grund finden, sollen wir unser Herz nicht binden. Was ist denn zu tun? fragte er. Ich antwortete: Zur Erlustigung der Beachtenden und zur Erheiterung der Betrachtenden kann ich ein Buch des Rosengartens verfassen, dessen Blätter der Wind des Spätjahrs nicht mit gewalttätiger Hand zerreißt, und an dessen Frühlingslust der Wechsel der Zeit nicht durch den Flattersinn des Herbstes seine Unbeständigkeit beweist.
- Wozu soll denn von Rosen für dich ein ganzer Strauß?
- Aus meinem Rosengarten nimm dir ein Blatt heraus.
- Nach fünf, sechs Tagen mußt du die Rosen welken sehn,
- Die Schönheit meines Gartens wird immerfort bestehn.“
DerRosengarten und derBustān zeichnen sich durch hohe sprachliche Eleganz und Flüssigkeit aus. Zudem kennzeichnet beide eine starke Ausdruckskraft der Sprache. DemBustān wird allerdings eine stärkere Ernsthaftigkeit in Ton und Absicht zugesprochen.[5]
DerRosengarten inspirierte viele weitere Werke, darunter denBahārestān vonDschami (1497). Viele der 405Sprichwörter und Aphorismen fanden Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch aller persischen Gesellschaftsschichten.
Auch im Ausland wie derTürkei,Arabien undIndien genoss das Werk bereits im 16. Jahrhundert allgemeine Bekanntheit und diente im 19. Jahrhundert inBritisch-Indien als Lehrtext für diepersische Sprache.[6]
Durch Übersetzungen gelangte derRosengarten vonIran auch in deneuropäischen Kulturraum, wo sich Saadi bald unter denaufgeklärten Lesern des 18. Jahrhunderts einen Ruf als lehrreicher und unterhaltsamer Dichter derUmgangsformen undMoral machte. Durch die Modeerscheinung orientalischer Sujets verbreitete sich Saadis Bekanntheit unter anderem beiDenis Diderot,Voltaire,Ernest Renan,Johann Gottfried Herder undJohann Wolfgang von Goethe.Ralph Waldo Emerson führte das Werk in denamerikanischen Raum ein und stellte es alsOne of the world’s sacred books vor.Henry David Thoreau zitierte daraus unter anderem inWalden.[7]
Übersetzungen ineuropäische Sprachen begannen im17. Jahrhundert unter anderem mitAndré du Ryer (Französisch) (1634),Friedrich Ochsenbach (Deutsch) (1636),Stephen Sulivan (1774) (Englisch),Francis Gladwin (1806) u. v. a. Zahlreiche Übersetzungen folgten in weiteren Sprachen, darunterUrdu,Russisch,Italienisch,Rumänisch undPolnisch.

Die Eingangshalle desUNO-Hauptquartiers inNew York City wird von einem Zitat aus demGolestān geschmückt (»Rosengarten«, 1. Kapitel, Über den Weg der Könige, 10. Erzählung):[8]
Wörtliche Übersetzung und Nachdichtung
Adams Kinder[10] einander Glieder sind,
Da sie aus einer Perl’[11] erschaffen sind.
Fügt nur ein Glied Leid hinzu der Welt,
Die andren Glieder dies in Aufruhr hält.
Dir, der dich die Not der andren nicht berührt,
Geziemt es nicht, dass dir der Nam’ »ein Mensch« gebührt.[12]
Nachdichtung vonKarl Heinrich Graf 1846:[13]
Die Adamssöhne sind ja alle Brüder,
aus einem Stoff wie eines Leibes Glieder.
Hat Krankheit nur ein einz’ges Glied erfasst,
so bleibt den andern weder Ruh noch Rast.
Wenn andrer Schmerz dich nicht im Herzen brennet,
verdienst du nicht, dass man noch Mensch dich nennet.
Nachdichtung inAlexandrinern:[14]
Die Kinder Adams sind aus einem Stoff gemacht,
als Glieder eines Leibs von Gott, dem Herrn, erdacht.
Sobald ein Leid geschieht nur einem dieser Glieder,
dann klingt sein Schmerz sogleich in ihnen allen wider.
Ein Mensch, den nicht die Not der Menschenbrüder rührt,
verdient nicht, dass er noch des Menschen Namen führt.