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Gnosis

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(Weitergeleitet vonGnostik)
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unterGnosis (Begriffsklärung) aufgeführt.

Gnosis (vonaltgriechischγνῶσιςgnō̂sis „[Er-]Kenntnis“ bzw. „Wissen“) oderGnostizismus (latinisierte Form des griechischenγνωστικισμόςgnōstikismós) bezeichnet alsreligionswissenschaftlicher Begriff verschiedene religiöse Lehren und Gruppierungen des2. und3. Jahrhunderts n. Chr., teils auch frühere Vorläufer.

Der Ausdruck wird auch für verschiedene Strömungen verwendet, die in wirkungsgeschichtlichem Zusammenhang mit diesen Gruppierungen stehen oder in den vertretenen Lehren Ähnlichkeiten aufweisen.Gnostische Positionen fassten teilweise auch in einigen Gemeinden des frühen Christentums Fuß. Die Gnosis entwickelte sich im 2. Jahrhundert zum theologischen Hauptgegner derfrühen Kirche.[1]

Trotz aller Verschiedenheiten zeigen die gnostischen Lehren eine gewisse Grundtendenz: Eine oberste, über alle irdische Wirklichkeit schlechthin erhabene „gute Gottheit“ entfaltet sich in vielfachen Abstufungen und Ausströmungen (Emanation). Die sichtbare Welt schuf ein „Demiurg“, der auch den minderwertigen „fleischlichen“ Menschen bildete, indem er das zur göttlichen Oberwelt gehörendePneuma mit der „bösen Materie“ vermischte. DieErlösung des Menschen liegt in der Gnosis, d. h. in der Erkenntnis seines kosmischen Geschicks und der Göttlichkeit seines eigenen Selbst.[2]

Sprachgebrauch

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Die AusdrückeGnosis, Gnostik undGnostizismus werden oft unterschiedslos verwendet. Üblicherweise bezeichnet Gnosis einreligiöses Wissen, das dieGnostiker nach eigenem Verständnis von der übrigen Menschheit abhebt. In der Literatur des zweiten und dritten Jahrhunderts warGnostiker eine gängige Bezeichnung fürchristliche undjüdische, aber auchheidnische undhellenistische Intellektuelle.Gnō̂sis bedeutete „Erkenntnis“ im allgemeinen Sinn, so dass die Selbstbezeichnung als „Gnostiker“ oft unspezifisch ist. Gnostische Bewegungen im spezifischen Sinn wurden nach ihren Führern oder Gründern alsValentinianer,Simonianer oderBasilidianer bezeichnet, was aber vermutlich bereits Fremdbezeichnungen von Kritikern sind, während einige dieser Gruppen sich vermutlich schlicht „Christen“ nannten.[3] Die unspezifische Selbstbezeichnung als Wissende oder Erkennende wurde im Gefolge antignostischerPolemik christlicherTheologen (insbesondereIrenäus von Lyon) ausgedehnt auf jene geistig nahestehenden Lehren, welche Glaubensinhalte mit spekulativ-philosophischen Elementen versahen und unter verschiedenen Hinsichten in Abhängigkeits- oder Ähnlichkeitsbeziehungen zu stehen scheinen.

Die spätere Literatur setzte oft eine einheitliche Bewegung namens Gnosis voraus. Der BegriffGnostizismus entstammt der Neuzeit. Der englische Philosoph und TheologeHenry More prägte ihn im 17. Jahrhundert zur Zusammenfassung sämtlicher christlicherHäresien. Seit dem 18. Jahrhundert dienenGnosis oderGnostizismus auch als Interpretationskategorie für zeitgenössische religiöse oder philosophische Strömungen (etwa beiFerdinand Christian Baur,Johann Gottlieb Fichte oderRudolf Steiner). Damit gerät freilich dasreligionsgeschichtliche Phänomen, welches in derAntike alsGnosis bezeichnet wird, aus dem Blick. Auf dem Gnosis-Kongress vonMessina wurde daher 1966 eine präzisere Sprachregelung vorgeschlagen. Danach bezeichneGnosis ein „Wissen um göttliche Geheimnisse, das einer Elite vorbehalten ist“,Gnostizismus hingegen „eine bestimmte Gruppe von Systemen des 2. Jahrhunderts nach Christus“, welche durch historische und typologische Merkmale umgrenzt wird. Dieser Vorschlag steht nicht nur im Konflikt mit der Begriffsgeschichte (etwa insofern er das religionsgeschichtliche Phänomen von einem für Historiker unbrauchbaren Gnosis-Begriff abtrennt), sondern ist auch unterbestimmt.

In der jüngeren Diskussion ist – abhängig von der historischen Einschätzung – umstritten, ob Gnosis als Bewegung innerhalb der christlichen Religion (mit möglicherweise vorchristlichen Vorstufen) zu fassen ist (so etwaAdolf von Harnack[4]) oder alsWeltanschauung oder Religion, die sich verschiedenen Religionen anpassen kann (so etwaGilles Quispel und zeitweiseHans Jonas[5] undEric Voegelin). Hierbei wird unterschiedlich beurteilt, ob Gnosis eine ursprünglich eigenständige Religion oder einen Versuch darstellt, die jüdisch-christliche Religion philosophisch zu untermauern, der dann in dermanichäischen Religion endet. Insbesondere jüngere Textfunde haben die Einsicht geschärft, dass es ein einheitliches PhänomenGnosis nur im Rahmen typologischer Konstruktionen gibt (so etwaChristoph Markschies). Teilweise behaltenReligionswissenschaftler den TerminusGnostizismus auch den ausgearbeiteteren Systemen des späten zweiten und dritten Jahrhunderts vor. Im angelsächsischen Sprachgebrauch hat sich der Terminusgnosticism weitgehend zur religionswissenschaftlichen Eingrenzung auf spezifischemythische Erscheinungsformen durchgesetzt.

Hauptmerkmale der Gnosis

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Kurt Rudolph (1977)[6] entwirft fünf Wesenmerkmale, um die Gnosis zu ordnen bzw. zu charakterisieren:

  • Dualismus, es besteht ein Gegensatz zwischen Gut und Böse, und es gibt einen transzendenten, verborgenen Gott und einen niederen Schöpfergott (Demiurg)
  • Kosmogonie, auch im Ergebnis werden Dualitäten beschrieben, Licht und Finsternis, Geist und Fleisch; das Böse war von Anfang an in der Schöpfung vorhanden
  • Soteriologie, eine Erlösung wird in der Gnosis über den Weg der Erkenntnis des dualistischen Charakters der Welt beschritten.
  • Eschatologie, Ziel des Gläubigen ist es, sich in den Ort des Guten hinein zu bewegen, das Primat der spirituellen Dimension in der eigenen Existenz zu erkennen
  • Gemeinde und Kult

Zu den zentralen Inhalten der Gnosis gehören die folgenden Thesen:

  • Es gibt einen vollkommenen allumfassenden Gott.
  • Durch einen eigenmächtigen bzw. selbstbezogenen Akt in denÄonen tritt ein unvollkommener Gott ins Dasein. Dieser wirdDemiurg oder Schöpfergott genannt, weil er seinerseits eigenmächtig das materielle All erschafft.
    • Der Demiurg wird in vielen gnostischen Schriften mitJHWH identifiziert, dem Gott desTanach, des Alten Testaments der Bibel.
    • Daher gehen die Gnostiker davon aus, dassJesus von Nazareth nicht der Sohn des Gottes der Juden ist, sondern – als eine Inkarnation desChristus – das Kind der vollkommenen Gottheit, also geistig verstanden, nicht etwa körperlich (Christologie).
  • Ebenfalls erschafft der Demiurg den Menschen und verbringt diesen in immer dichtere Materie.
  • Die Schöpfung (und der Mensch) tragen jedoch grundsätzlich das Prinzip der ursprünglichen vollkommenen Gottheit in sich, von dem sie nicht zu trennen sind.
  • Einige gnostische Strömungen sehen die materielle Welt inklusive menschlichem Körper als „böse“ an, andere legen den Schwerpunkt auf das innewohnende geistige Prinzip, das den Rückweg zur geistigen Vollkommenheit respektive Einheit ermöglicht.
  • Das innewohnende geistige Prinzip, auchPneuma,Funke oderSamenkorn genannt, muss dem Menschen in Abgrenzung zurPsyche bewusst werden, um die Verhaftungen an die materielle Welt erkennen und lösen zu können.

Christoph Markschies (2001) schlägt auf Grundlage eines „gewissen Konsens[es]“ der neueren Forschung ein typologisches Modell vor. Demnach sind solche theologischen Systeme gnostisch, die durch mehrere der folgenden Motive gekennzeichnet sind:[7]

  1. Die oberste Gottheit ist jenseitig und fern.
  2. Es gibt weitere göttliche Figuren, die den Menschen näher sind.
  3. Die materielle Welt ist böse, der Gnostiker fühlt sich in ihr fremd.
  4. Der in platonischer Tradition alsDemiurg bezeichnete Schöpfergott ist unwissend oder böse.
  5. Göttliche Funken fielen in die materielle Welt, schlummern nun in einem Teil der Menschen und können befreit werden.
  6. Ein Erlöser steigt aus der oberen Sphäre herab (und später wieder hinauf), um den Menschen die Erkenntnis über ihren Zustand mitzuteilen.
  7. Wer erkennt, dass der Funke in ihm ist, erlangt Erlösung.
  8. Sowohl der Gottesbegriff als auch die Entgegensetzung von Geist und Materie und die Anthropologie sind dualistisch.

Antike Gnosis

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Ähnlichkeiten zu gnostischen Gruppierungen und Einflüsse auf diese diskutiert man für religiöse Bewegungen imsyrischen,persischen undhellenistisch-jüdischen Umfeld. Die exakten Abhängigkeiten und Einflüsse dieser Bewegungen untereinander sind schwer festzustellen und umstritten; inwieweit man sie bereits gnostisch nennen kann, hängt stark davon ab, wie man diesen Begriff versteht. Die Annahme einer „jüdischen Gnosis“ etwa ist im Gegensatz zur Rede von „jüdischen Wurzeln der Gnosis“[8] umstritten, weil viele Charakteristika und ein Interesse an alttestamentlichen biblischen Texten fehlen.

Größere Kenntnis ermöglichen die überlieferten Quellen für gnostische Gruppen im frühenChristentum, wobei Elemente der antikengriechischen Philosophie undReligiosität (insbesondereMittelplatonismus undNeupythagoräer,Seelenwanderungslehre), persischer (insbesondereZoroastrismus),babylonischer undägyptischer Religionen auszumachen sind. Auch Zusammenhänge mit dem etwa gleichzeitig in Nordindien entstandenenMahayana-Buddhismus werden erwogen.

Quellen

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Bis ins 20. Jahrhundert waren Historiker und Religionswissenschaftler weitgehend angewiesen auf Textüberlieferungen bei frühchristlichen Theologen wieIrenäus von Lyon,Clemens von Alexandrien,Hippolyt von Rom,Origenes oderEpiphanius von Salamis oder Darstellungen in freilich oftpolemischer Verzeichnung etwa beiJustin oderTertullian. Nach derTheologischen Realenzyklopädie, ArtikelGnosis II.4, ist die grundlegende Glaubwürdigkeit von Irenäus durch die Funde inNag Hammadi weitgehend erhärtet worden.

An Originaltexten – vor allem inkoptischer Sprache – sind zu nennen:

Lange Zeit waren dies die einzigen direkten Textzeugen aus dem Umfeld der Gnosis selbst. Eine wesentlich breitere Textgrundlage kommt in den Blick, seit 1945/1946 beiNag Hammadi inÄgypten eine ganze Bibliothek auch gnostischer Schriften gefunden wurde, darunterpseudepigraphische Parallelen zu den neutestamentlichen Gattungen wie dasThomasevangelium, eineApokalypse des Paulus undApokalypse des Petrus und dieParaphrase des Seem. Des Weiteren sind manichäische Texte zu nennen: die Funde ausTurfan und aus der OaseDakhleh, die Bibliothek vonMedinet Madi, derKölner Mani-Kodex. DasCorpus Hermeticum sowie dieHekhalot-Literatur sind, was ihren gnostischen Charakter betrifft, zumindest umstritten (es fehlen im ersteren Falle widergöttliche Kräfte und ein sie bezwingender Erlöser, im zweiten Falle fehlt ein mythologisches Drama um den göttlichen Funken, hier ist eher an Einflüsse derKabbala zu denken).

Auch in Texten des Neuen Testaments sind Ausdrücke wieGnostiker zu finden. Wegen der erwähnten damaligen undifferenzierten Verwendungsweise dieser Ausdrücke ist dabei fast in jedem Fall sehr unklar und umstritten, ob damitGnostiker im Sinne etwa valentinianischer Christen gemeint sind, ob an den dortigen Sprachgebrauch angeschlossen wird und wenn ja, in welchem Ausmaße dies kritisch geschieht, oder ob damit einfach auf religiöse Erkenntnis in einem unspezifischen Sinne Bezug genommen wird. Entsprechende Probleme diskutiert man etwa für den Epheserbrief oder den Kolosser-Brief, woPaulus vor „Philosophie und leerem Betrug“ (2,8) warnt. Für dasJohannesevangelium nahm etwaRudolf Bultmann Elemente einer gnostischen Erlösungslehre an. Dem widersprechen aber entscheidende Merkmale (kein Mythos einer Weltschöpfung durch einen bösenDemiurgen, Inkarnation und Leiden am Kreuz stattDoketismus), wenngleich sich gnostische Theologen gerne auf das Johannesevangelium beziehen, etwa wegen des Beginns mit derErschaffung der Welt und einer schroffen, nur durch Christus durchbrochenen Trennung zwischen Licht und Finsternis, oben und unten.

Nichtchristliche gnostische Gruppierungen

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DerManichäismus war eine gnostisch geprägte, intensiv missionierende antike Religion, die sich bis nach China ausbreitete. Sein GründerMani war in einer christlichen Täufergemeinschaft aufgewachsen und betrachtete sich als Apostel Christi und als Fortsetzer und Vollender von dessen Lebenswerk.

Der Manichäismus wurde unterDiokletian als persische Bedrohung verfolgt. Gegen Ende des vierten Jahrhunderts ergriffen christliche Kaiser Maßnahmen gegen die Manichäer. Der gegenüber dem Heidentum toleranteValentinian I. erließ Gesetze, nach denen das Eigentum der Manichäer konfisziert werden konnte,Gratian reihte sie zusammen mit den extremenArianern als unerwünscht ein undTheodosius I. erließ Gesetze, die den Manichäismus verboten.

DieMandäer sind eine bis heute existierende Minderheit imIrak, inIran und weltweit, wo die vorherrschende Religion gnostische Einflüsse aufweist.

ImIslam werden einige Gruppierungen derSchia (Ismailiten,Aleviten,Nusairier undDrusen), sowie die aus der Schia hervorgegangenensynkretistischen Religionen der Gnosis zugerechnet. Manchmal werden auch dieSufis (Anhänger der islamischenMystik) zu den Gnostikern gerechnet.[9] Wie in der christlich geprägten Gnosis, gilt auch in der islamischen Gnosis die materielle Welt als „fremd“.[10] Ähnliches gilt für dieMerkaba-Mystik, dieKabbala und denChassidismus als Strömungenjüdischer Mystik.

Gnostische Gruppierungen im Christentum

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Der AusdruckGnosis wird erst im Zuge der Konstitution großkirchlicher Autorität zunehmend trennschärfer verwendet. Mit dem AusdruckGnostiker werden anfangs die verschiedensten Personenkreise bezeichnet. Dies hatAdolf Harnack deutlich beschrieben. Er beschreibt den frühchristlichen Gnostizismus als eine sehr variantenreiche Bewegung, die an ihren Extremen kaum vom Volkschristentum einerseits oder vom hellenistischen Synkretismus auf der anderen Seite unterschieden werden kann. Er führt am einen Extrem dieEnkratiten auf, die einen striktenAsketismus in der Nachfolge Christi betonten und nur manchmaldualistische Ideen aufnahmen, zur Spekulation neigende christliche Theologen wieOrigenes ebenso wie unauffälligedoketistische Gemeinschaften und am anderen Extrem dieKarpokratianer, die neben Statuen vonPythagoras,Platon undAristoteles dem GeniusJesu eine Statue aufstellten. Noch weiter in der säkularen Kultur gab es Zauberer und Wahrsager mit christlichem Aushängeschild sowie Scharlatane, die mit unverständlichen Beschwörungsformeln den Leuten das Geld aus der Tasche lockten. In der Mitte seien die gnostischen Gruppierungen wieValentianer,Basilidianer undOphiten auszumachen.[11] Heute würden viele Historiker den genannten Personenkreisen keine übergeordnete Gruppenidentität einerBewegung der Gnosis mehr zuschreiben.

Frühe Vertreter der gnostischen Gruppierungen sindSimon Magus,Menandros,Satornilos,Basilides.

Große Systementwürfe und gnostische Schulen entstehen im 2. und 3. Jh., vor allem dieValentinianer mitValentinus,Herakleon undPtolemäus und die sogenanntenBarbelo-Gnostiker, auch dieOphiten. Für die sogenanntesethianische Gnosis wird eine Gruppenidentität oft (etwa von B. Layton) bezweifelt, zumal die entsprechenden Texte stark differierende Systeme erkennen lassen.Marcion unterscheidet sich trotz vieler Gemeinsamkeiten in entscheidenden Punkten von ihnen, weshalb sein Status alsGnostiker umstritten ist. Gemeinsam ist diesen Entwürfen der Versuch, eine Synthese jüdisch-christlicher Theologie und vulgärplatonistischer Spekulation in mythologischem Gerüst auszudrücken, wobei göttliche Eigenschaften personifiziert und irdische heilsgeschichtliche und himmlischen Geschehnissen vorgebildet werden.

DieValentinianische Abhandlung, das einzige originale Dokument der Valentinianer, das auch Irenäus paraphrasiert, gibt in erzählendem Duktus eine platonisierende Lehre von drei Seelenteilen, denen eine dreiteilige anthropologische Klassifizierung entspricht:

  1. pneumatikoi (griech.πνευματικοί‚Geist-artige‘)
  2. psychikoi (griech.ψυχικοί‚Seelen-artige‘)
  3. hylikoi (griech.ὑλικοί‚Stoff-artige‘)

Die Sophia Achamoth gibt, nach der dort gegebenen Erzählung (hier nach W. A. Löhr paraphrasiert), den Pneumatikern die pneumatischen Samen, um mit dem psychischen Seelenteil geformt zu werden. Der psychische Seelenteil muss moralisch erzogen werden, durch die Welt und den Erlöser. Der Erlöser ist pneumatischer und psychischer Natur. Da er keine hylische Natur angenommen hat, kann diese nicht gerettet werden. Die Heilsgeschichte hat ihr Ziel in der Rückkehr der pneumatischen Elemente zumPleroma. Befreit von ihrer psychischen Hülle, verbinden sich die pneumatischen Seelenteile mit den Engeln, die den Erlöser umgeben. Die psychischen Seelenteile, welche sich durch Glaube und gute Werke bewährt haben, steigen in die erste Achtheit des Pleromas auf.

Die Anhänger der gnostischen Schulen wurden während derChristenverfolgungen ebenso verfolgt wie die apostolischen Kirchen; so wurden beispielsweise die alexandrinischen Karpokratianer bei der Christenverfolgung von 202 durchSeptimius Severus vernichtet.[12]

Spätere Einflüsse von oder Bezugnahmen auf gnostische Überlieferungen

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Gnostische Elemente wurden im mittelalterlichen Europa vonAlchemisten,[13][14][15] denBogomilen und denKatharern übernommen, in der islamischen Welt u. a. vonDrusen undJesiden. Auch derSpiritualismus wurde mit gnostischen Traditionen in Verbindung gebracht.

Im 19. Jahrhundert übernahmen dasMormonentum und später dieTheosophie verschiedene gnostische Wesenszüge. Für das 20. Jahrhundert werden teils Einflüsse auf dieAnthroposophie, dieRosenkreuzer, dieGralsbewegung, und die Psychologie vonCarl Gustav Jung diskutiert.

Der HistorikerNicholas Goodrick-Clarke betont den Einfluss gnostischer und manichäischer Denkmuster auf Ideologienrassistischer Esoterik,[16] etwa in derAriosophie oder beiMiguel Serrano.[17][18]

Insbesondere unter Verwendung eines nicht religionswissenschaftlich-historisch, sondern inhaltlich bestimmten Gnosis-Begriffs haben einige Autoren (darunter auch Psychologen, Philosophen des 19. und 20. Jahrhunderts) einen Zusammenhang mit „Gnosis“ hergestellt.[19]

Gnostische Kirchen der Neuzeit

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Sogenannte „gnostische Kirchen“ sind seit Ende des 19. Jahrhunderts entstandene spirituelle Gemeinschaften und esoterische Gruppen, die sich auf gnostisches Gedankengut berufen und deren Anschauungen nicht den Lehren herkömmlicher Kirchen entsprechen. Der Begriff „gnostische Kirche“ fand historisch erstmals bei Joanny Bricauds „Église Gnostique“ Verwendung.[20] Zu den „gnostischen Kirchen“ zählen unter anderem dieLiberalkatholische Kirche, dieGnostisch-Katholische Kirche („Ecclesia Gnostica Catholica“)[21] vonTheodor Reuss, dieGnostische Schule (Peithmann), dasLectorium Rosicrucianum, dieGnostische Gemeinde der Urdner (Berlin), dieGemeinde der Gnostiker (E. H. Schmitt), dieGnostische Tempel-Brüderschaft (Herford) und dieAltgnostische Kirche von Eleusis (Hamborn).[22][23]

Die erste gnostische Kirche der Neuzeit, dieÉglise gnostique universelle, wurde am 21. September 1890 von demSpiritistenJules Doinel (1842–1902) gegründet. Ihreapostolische Sukzession leitete die gnostische Kirche Dionels aus der Tradition zweier Vorläufer ab: Den gnostischen Lehren desMemphis-Misraïm-Ritus und derJohannitischen Kirche der Urchristen (Église Johannite des Chrétiens Primitifs), die sich Anfang des 19. Jahrhunderts von der vorwiegend in Frankreich wirkenden mystisch-maurischenGeheimgesellschaft des urchristlich-neognostisch nachempfundenen Tempelritterordens abspaltete. Die „Johannitische Kirche der Urchristen“ leitete ihre Sukzession wiederum von den Urchristen ab, deren Lehren im johanneischen Christentum am direktesten überliefert worden seien. Seine Berufung bezog derHochgradfreimaurer Jules-Stanislas Dionel, der sich im 66. Grad des Memphis-Misraïm-Ritus mit der Freimaurerei inOrléans beschäftigte, aus der Charter des Gnostikers Kanzler Etienne, der Anfang des 11. Jahrhunderts wegen seiner Zugehörigkeit zu einem gnostischen Geheimbund als katharischer Märtyrer verbrannt wurde.[24][25]

Siehe auch

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Literatur

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Einführungen

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Weblinks

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Wiktionary: Gnosis – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Primärtexte
Sekundärliteratur

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Stuttgarter Erklärungsbibel. 2. Auflage.Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1992,ISBN 3-438-01121-2, Sacherklärungen S. 29
  2. Gnosis, Artikel im Onlinelexikonwissen.de,Konradin Mediengruppe, Leinfelden-Echterdingen.
  3. Dafür sprechen u. a. Belege beiJustin (Dialog mit Trypho 35,6); siehe z. B. Markschies 2001, 18.
  4. Adolf von Harnack:Lehrbuch der Dogmengeschichte. 4. Auflage. 3 Bände 1886–1890,OCLC5006786 (erschienen 1909–1910). 
  5. Vgl.Hans Jonas:Gnosis und spätantiker Geist. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1934; 1954; Erster Teil:Die mythologische Gnosis. Mit einer Einführung zur Geschichte und Methodologie der Forschung. 4. Auflage. 1988,ISBN 3-525-53123-0; Zweiter Teil:Von der Mythologie zur mystischen Philosophie. 3. Auflage. hrsg. u. erg. v. Kurt Rudolph 1993,ISBN 3-525-53841-3.
  6. Kurt Rudolph:Die Gnosis. Wesen und Geschichte einer spätantiken Religion. 3. Aufl. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1990,ISBN 978-3-52552-110-6, S. 65 f.
  7. Christoph Markschies:Die Gnosis. Beck, München 2001, S. 22–26
  8. George W. MacRae:The Jewish. Background of the Gnostic Sophia Myth. Novum Testamentum (An International Quarterly for New Testament and Related Studies) Fasc. 2 (Apr., 1970), S. 86–101DOI:10.2307/1560039
  9. ImArabischen heißt dieser Begriff‘irfān (عرفان), bedeutet wörtlich „Zustand des Wissens“ und wird inhaltlich mit „Mystik“ gleichgesetzt; damit entspricht er dem „inneren Kern“ desSufismus.
  10. Geo Widengren:Religionsphänomenologie. Walter de Gruyter, Berlin 1969; Neuauflage 2012,ISBN 978-3-110-88396-1, S. 508.
  11. Adolf von Harnack, Dogmengeschichte Band 1.
  12. Art.Alexandria I. In:Theologische Realenzyklopädie
  13. Vgl. Harry J. Sheppard:The origin of the gnostic-alchemical relationship. In:Scientia. 97/56, 1962, S. 146–149.
  14. Harry J. Sheppard:Gnosticism and Alchemy. In:Ambix. Band 6, 1957, S. 86–101.
  15. Vgl. darüber hinausWalter Pagel, Marianne Winder:Gnostisches bei Paracelsus und Konrad von Megenberg. In: Gundolf Keil, Rainder Rudolf, Wolfram Schmitt, Hans J. Vermeer (Hrsg.):Fachliteratur des Mittelalters. Festschrift Gerhard Eis. Stuttgart 1968, S. 359–371.
  16. Vgl. auch Harald Strohm:Die Gnosis und der Nationalsozialismus. Eine religionspsychologische Studie. Alibri, Aschaffenburg,ISBN 3-932710-68-1.
  17. Nicholas Goodrick-Clarke:Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus. 2. Auflage. Graz 2000, S. 10, 175. (ErstausgabeThe Occult Roots of Nazism. 1985)
  18. Nicholas Goodrick-Clarke:Im Schatten der Schwarzen Sonne. Arische Kulte, Esoterischer Nationalsozialismus und die Politik der Abgrenzung. Marix Verlag, Wiesbaden 2009,ISBN 978-3-86539-185-8, S. 380. (OriginalBlack Sun. 2002).
  19. Vgl. etwa Peter Sloterdijk, Thomas Macho:Weltrevolution der Seele. Ein Lese- und Arbeitsbuch der Gnosis von der Spätantike bis zur Gegenwart. Artemis & Winkler, 1991,ISBN 3-7608-1055-1; Reinhard W. Sonnenschmidt:Politische Gnosis. Entfremdungsglaube und Unsterblichkeitsillusion in spätantiker Religion und politischer Philosophie. Fink, München 2001,ISBN 3-7705-3626-6; Samuel Vollenweider:Gnosis in der Moderne? In: Ders.:Horizonte neutestamentlicher Christologie: Studien zu Paulus und zur frühchristlichen Theologie. Mohr Siebeck, Tübingen 2002,ISBN 3-16-147791-X, S. 347–362 (S. 357 kurze kritische Bezugnahme auf den „schillernden“ Gnosisbegriff bei Sloterdijk/Macho 1991).
  20. Peter-Robert König:Ein Leben für die Rose (Arnoldo Krumm-Heller). München 1995,ISBN 3-927890-21-9, S. 45.
  21. Deutsche Website der Gnostisch-Katholischen Kirche („Ecclesia Gnostica Catholica“) (Memento desOriginals vom 19. Juli 2011 imInternet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.oto.de
  22. Horst E. Miers:Lexikon des Geheimwissens. Goldmann Verlag, München 1993,ISBN 3-442-12179-5, S. 251–252.
  23. Karl R. H. Frick:Licht und Finsternis. Gnostisch-theosophische und freimaurerisch-okkulte Geheimgesellschaften bis zur Wende des 20. Jahrhunderts. Band II. Marix Verlag, Wiesbaden 2005,ISBN 3-86539-044-7, S. 274, S. 314–315 und S. 513.
  24. Horst E. Miers:Lexikon des Geheimwissens. Goldmann Verlag, München 1993,ISBN 3-442-12179-5, S. 251–252.
  25. Karl R. H. Frick:Licht und Finsternis. Gnostisch-theosophische und freimaurerisch-okkulte Geheimgesellschaften bis zur Wende des 20. Jahrhunderts. Band 2, Marix Verlag, Wiesbaden 2005,ISBN 3-86539-044-7, S. 234, 240, 336–339.
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