Glucagon
Glucagon | ||
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![]() | ||
Strukturmodel von Glucagon (Kugel-Stab-Modell) | ||
Vorhandene Strukturdaten: 1bh0, 1d0r, 1nau | ||
Eigenschaften des menschlichen Proteins | ||
Masse/LängePrimärstruktur | 29 Aminosäuren, 3483Da | |
Präkursor | Preproglucagon | |
Bezeichner | ||
Gen-Namen | GCG, GLP1, GLP2, GRPP | |
Externe IDs | ||
Arzneistoffangaben | ||
ATC-Code | H04AA01 | |
DrugBank | DB00040 | |
Vorkommen | ||
Homologie-Familie | Hovergen | |
ÜbergeordnetesTaxon | Wirbeltiere | |
Orthologe | ||
Mensch | Maus | |
Entrez | 2641 | 14526 |
Ensembl | ENSG00000115263 | ENSMUSG00000000394 |
UniProt | P01275 | P55095 |
Refseq (mRNA) | NM_002054 | NM_008100 |
Refseq (Protein) | NP_002045 | NP_032126 |
Genlocus | Chr 2: 162.71 – 162.71 Mb | Chr 2: 62.28 – 62.28 Mb |
PubMed-Suche | 2641 | 14526 |
Glucagon (auchGlukagon) ist einPeptidhormon, dessen Hauptwirkung die Erhöhung desBlutzuckerspiegels durch Anregung der Bildung von energiereicherGlucose ausGlykogen in der Leber ist. Es ist bedeutsam für dieGlukosehomöostase. Es wird aus denPräkursorenPräglucagon undPräproglucagon in denLangerhans-Inseln derBauchspeicheldrüse (α-Inselzellen) gebildet. BeiBlutzuckerabfall, aber auch nach einerproteinreichen Mahlzeit wird Glucagon von der Bauchspeicheldrüse in die Blutbahn abgegeben und dort frei transportiert. Dieses Hormon ist in seiner Wirkung auf den Glucose-, Protein- undFettsäurestoffwechsel einGegenspieler desInsulins. Glucagon wird von derLeber aufgenommen und durch Spaltung inaktiviert.
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Existenz des Pankreashormons Glucagon als hyperglykämischer Faktor wurde 1923 zum ersten Mal vonJohn Raymund Murlin und H. D. Clough postuliert und im selben Jahr von C. P. Kimball und Murlin experimentell nachgewiesen.[1] Doch erst im Jahr 1953 konnteAnne-Marie Staub die Reinsubstanz gewinnen. Die unten aufgezeichnete Sequenzierung erschloss 1956William Wallis Bromer. Positive Effekte auf die Herzleistung wurden 1960 vonRonald Ralph Tuttle undAlfed Emil Farah erforscht sowie belegt. In der Vergangenheit wurde das Glucagon vor allem bei einem kardiogenen Schock angewendet.[2]
Struktur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Aus dem Glucagon-Vorläuferprotein von 180 Aminosäuren werden neben Glucagon auch 7 weiterePeptide gebildet - Glicentin, Glicentin-related polypeptide (GRPP),Oxyntomodulin, Glucagon-like peptide 1 (GLP-1, Inkretin-Hormon), Glucagon-like peptide 1 (7-37), Glucagon-like peptide 1 (7-36), Glucagon-like peptide 2 (GLP-2).[3] DiePrimärstruktur des humanen Glucagons besteht aus 29Aminosäuren mit einerMolekülmasse von 3483Da. Die Primärstruktur lautet: His-Ser-Gln-Gly-Thr-Phe-Thr-Ser-Asp-Tyr-Ser-Lys-Tyr-Leu-Asp-Ser-Arg-Arg-Ala-Gln-Asp-Phe-Val-Gln-Trp-Leu-Met-Asn-Thr.[3]
Glucagonsekretion
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Bei normaler Ernährung bleibt dieSekretion von Glucagon im Vergleich zu der vonInsulin relativ konstant. DieStimuli für eine erhöhte Ausschüttung sind hauptsächlichHypoglykämie (zu niedriger Blutzuckerspiegel), proteinreiche Mahlzeiten, Infusion von Aminosäuren (z. B.Arginin,Alanin), länger dauernde starke körperliche Arbeit undStress.Bei Hypoglykämie kann die Glucagonsekretion auf das bis zu Vierfache gesteigert werden.Stimulation erfolgt durch β-Adrenorezeptoren.Seine Freisetzung wird von Insulin,Somatostatin undGLP1 gehemmt.GIP steigert die Glukagonfreisetzung.[4] Zudem können bestimmte Bauchspeicheldrüsenkarzinome Glucagon sezernieren.[5]
Wirkungsmechanismus
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]DasStresshormon[6] Glucagon ist der Gegenspieler zu Insulin. Während Insulin dieGlykogensynthese fördert, resultiert die Freisetzung von Glucagon in einem Abbau vonGlykogen. Die Wirkung von Glucagon beruht auf der Bindung an einenG-Protein-gekoppelten Rezeptor. Das dadurch aktivierteGs-Protein stimuliert dieAdenylatcyclase (EC 4.6.1.1). DurchcAMP werden dieEnzyme für denGlucose- undFettstoffwechselaktiviert. Als vorrangiger Effekt wird dieGlykogenphosphorylase (EC 2.4.1.1)phosphoryliert, die denGlykogenabbau stimuliert und die Glykogensynthese hemmt.

Glucagon stimuliert nicht nur die Glykogenolyse, sondern auch die Neusynthese von Glucose (Gluconeogenese) aus Aminosäuren. Glucagon hat also eine proteinkatabole Wirkung, was zum Anstieg vonHarnstoff im Blut führt. Außerdem werden über cAMPfettverdauende Enzyme (Lipasen) aktiviert, woraus eine Erhöhung der Fettsäuren im Blut resultiert.
Verwendung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Glucagon wird zur Ruhigstellung desDarmes eingesetzt und wird in dieser Funktion auch alsintravenös zu verabreichendesMedikament verwendet. AlsGegenmittel bei Vergiftungen mitBetablockern undCalciumkanalblockern wird der Wirkstoff ebenfalls angewendet. Es wird auch beim Magenröntgen verwendet, um die Schleimhaut besser beurteilen zu können.[7]
Am Herzen bewirkt Glucagon neben einer Herzfrequenzsteigerung auch eine kurzfristige Zunahme der Kontraktionskraft des Herzmuskels.[8]
Außerdem besitzen viele insulinpflichtigeDiabetiker ein Notfall-Set mit Glucagon und einem Lösungsmittel, das bei einer schwerenHypoglykämie mit Bewusstlosigkeit nach Auflösung der Pulversubstanz von einem eingewiesenen Helfersubkutan oderintramuskulär gespritzt wird und über den oben beschriebenen Wirkungsmechanismus eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels erreichen soll. Glucagon wird vom HerstellerNovo Nordisk unter dem HandelsnamenGlucaGen vertrieben.
Im Dezember 2019 ließ die EU-Kommission auf Empfehlung derEuropäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) unter dem NamenBaqsimi (Eli Lilly) eine vollkommen neuartige Glucagon-haltige Darreichungsform zu, bei der das Hormon durch die Nase verabreicht werden kann.[9]
Für eine im Jahr 2010 durchgeführte Studie wurde eineInsulinpumpe entwickelt, die neben der Insulinampulle eine Glucagonampulle beinhaltete. Durch eine beständige Glucose-Messung in einemClosed-Loop-System (Blutglukosemessung und Dosisabgabe erfolgen automatisch) wurde bei Unterzuckerungsgefahr Glucagon über die Pumpe abgegeben. In einer Studie aus dem Jahr 2020 konnte ein Dual-Hormon-Regelsystem (Insulin und Glucagon) im Vergleich mit einem Single-Hormon-System bei und nach Sport Hypoglykämien reduzieren unter gleichzeitiger Inkaufnahme gering vermehrter Hyperglykämien. Zudem erwies sich die für ein solches System verwendete Glucagon-Fomulierung als stabil.[10]
Eine chemische Variante des Glucagons istDasiglucagon, das nicht als Pulver für die Rekonstitution, sondern als gebrauchsfertige Lösung für diesubkutane Injektion vorliegt.
Glucagon-Test (C-Peptid)
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Es gibt einen Glucagontest, der im medizinischen Alltag allerdings nur selten verwendet wird. Er dient der Prüfung der Stimulierbarkeit der β-Zellen des Pankreas (Funktionsreserve) zur Unterscheidung von Diabetes Typ I und Typ II.
Durchführung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Blutentnahme zur Bestimmung vonC-Peptid basal. Gabe von 1 mg Glucagon i.v.
- Blutentnahme 6 min. nach Glucagon zur Messung des stimulierten C-Peptid-Spiegels (β-Zell-Funktionsreserve).
Beurteilung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Ein Anstieg des C-Peptids um mindestens 0,5 nmol/l und/oder auf mehr als 1,0 nmol/l deutet auf funktionsfähige β-Zellen.
- Blutglucose sollte immer mitbestimmt werden, um den Grad der Vorstimulation der β-Zellen zu erkennen.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Glucagon and Glucagon Like Peptides Overview. Bachem Catalogue
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑K. Zimmermann:Bauchspeicheldrüse. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.):Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973,ISBN 3-87185-021-7, S. 89–106, hier: S. 91.
- ↑Wolf-Dieter Müller-Jahncke,Christoph Friedrich, Ulrich Meyer:Arzneimittelgeschichte. 2., überarb. und erw. Auflage. Wiss. Verl-Ges., Stuttgart 2005,ISBN 3-8047-2113-3,S. 164.
- ↑abUniProtP01275: GCG – Glucagon precursor – Homo sapiens (Human) – GCG gene & protein (uniprot.org) (englisch) vom 20. Juni 2018, abgerufen am 24. Mai 2018
- ↑Mikkel Bring Christensen:Glucose-dependent insulinotropic polypeptide: effects on insulin and glucagon secretion in humans. In:Danish Medical Journal.Band 63,Nr. 4, April 2016,PMID 27034187.
- ↑M. H. McGravan, Marvin E. Levinet al.:Glucagon-secreting Alpha-Cell-Carcinoma of Pancreas. In:New England Journal of Medicine. Band 274, 1966, S. 1408 ff.
- ↑S. R. Bloom:Glucagon, a stress hormon. In:Postgrad Med J. Band 49, 1973, S. 607 ff.
- ↑Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum, Antidot-Monographie für Glucagon;pharmavista.net (PDF; 39 kB)
- ↑Reinhard Larsen:Anästhesie und Intensivmedizin in Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie. (1. Auflage 1986) 5. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg / New York u. a. 1999,ISBN 3-540-65024-5, S. 57.
- ↑Baqsimi EMA, abgerufen am 8. April 2021.
- ↑Leah M. Wilson et al.:Dual-Hormone Closed-Loop System Using a Liquid Stable Glucagon Formulation Versus Insulin-Only Closed-Loop System Compared With a Predictive Low Glucose Suspend System: An Open-Label, Outpatient, Single-Center, Crossover, Randomized Controlled Trial. In:Diabetes Care.Band 43,Nr. 11, 1. November 2020,S. 2721–2729,doi:10.2337/dc19-2267.