Netzgiraffe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet vonGiraffa reticulata)
Zur Navigation springenZur Suche springen
Netzgiraffe

Netzgiraffe im Zoo Karlsruhe

Systematik
Unterordnung:Wiederkäuer (Ruminantia)
ohne Rang:Stirnwaffenträger (Pecora)
Familie:Giraffenartige (Giraffidae)
Gattung:Giraffen (Giraffa)
Art:Nord-Giraffe (Giraffa camelopardalis)
Unterart:Netzgiraffe
Wissenschaftlicher Name
Giraffa camelopardalis reticulata
de Winton, 1899

DieNetzgiraffe (Giraffa camelopardalis reticulata) ist eineUnterart derNord-Giraffe (Giraffa camelopardalis) innerhalb derGattung derGiraffen (Giraffa) und derFamilie derGiraffenartigen (Giraffidae). Eine Zeit lang wurde sie als eigenständige Art geführt,[1] doch stuften weitere genetische Untersuchungen aus dem Jahr 2020 sie wieder auf den Rang der Unterart zurück.[2]

Netzgiraffen werden immer seltener und ihr Gesamtbestand nimmt weiterhin stark ab. DerIUCN schätzt den Rückgang auf etwa 56 Prozent (zwischen 1988 und 2018) und ging 2018 von weniger als 16.000 Individuen im gesamten Verbreitungsgebiet ans. Auf derRoten Liste werden Netzgiraffen daher als „stark gefärdet“ eingestuft.[3]

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung und Gefährdung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Die Netzgiraffe istSomalia, dem Süden vonÄthiopien und im Norden vonKenia heimisch, wird jedoch im gesamten Verbreitungsgebiet immer seltener und wurde daher vom IUCN als „stark gefärdet“ (engl. EN = endangered) eingestuft. Insbesondere außerhalb von Naturschutzgebieten und Reservaten ist der Verlust und die Fragmentierung des Lebensraumes durch zunehmende menschliche Besiedelung der wachsenden Bevölkerung hierbei das Hauptproblem.[3]

Typische Habitate der Tiere sindSavannen mit Schirmakazien, Dornbuschsteppen und lichte Galeriewälder.

Merkmale

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Körperbau

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Netzgiraffen können eine Höhe von bis zu 560 cm, eine Schulterhöhe von bis zu 330 cm und ein Gewicht von bis zu 900 kg erreichen.[4] Trotz ihres extrem langen Halses besitzen Giraffen – wie nahezu alle anderen Säugetiere, inklusive des Menschen – lediglich siebenHalswirbel.[5] DerHals wird von einer einzigen, sehr starkenSehne in einem Winkel von ca. 55° gehalten.[6] Die Sehne verläuft vom Hinterkopf der Giraffe bis zum Steiß und ist für den „Höcker“ zwischen Hals und Körper verantwortlich. Im Ruhezustand hält diese Sehne Hals und Kopf in einer aufrechten Position; um den Kopf nach unten zu bewegen, z. B. zum Trinken, muss die Giraffe Muskelarbeit aufbringen.[7]Der Hals trägt auf seiner ganzen Länge eine Stehmähne. Am oberen Rande der Stirnbein-Knochenzapfen befindet sich ein Büschel dunkler Haare. Die Nasenlöcher sind schlitzförmig und können verschlossen werden. Die Schwanzquaste besteht aus schwarzen kräftigen Haaren von bis zu 0,5 m Länge.[8]

Die Vorderbeine sind länger als die Hinterbeine, so dass die Rückenlinie nach hinten deutlich abfällt. Ebenso markant ist die extrem lange bläulicheZunge, mit der Giraffen ihre Nahrung von Ästen abstreifen. Sie kann eine Länge von über 40 cm erreichen.

Nahaufnahme der Fellzeichnung

Auffällig sind auch die kleinen „Hörner“ am Kopf der Giraffen. Hierbei handelt es sich um Knochenzapfen, die mitHaut überzogen sind.[6] Männliche Giraffen nutzen diese Hörner beim innerartlichen Kampf, weshalb der obere Rand dieser Knochenzapfen zumeist blank gerieben ist. Bei den weiblichen Giraffen hingegen sind dunkle Haarbüschel an diesen Hörnern zu erkennen. Neben den Hörnern lassen sich männliche Giraffen auch aufgrund ihrer größeren Statur und ihres kräftig verknöcherten Schädels von den Weibchen unterscheiden.[5]UmBlut in ausreichendem Maße bis ins Gehirn zu pumpen, weist das Herz der Netzgiraffen mit 12 kg gewaltige Ausmaße auf. Das Herz kann sechzig Liter Blut pro Minute durch den Körper pumpen.[5] Auch derBlutdruck ist deutlich höher als bei Tieren vergleichbarer Größe.[9]

Fellzeichnung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Bei den Netz- undMassai-Giraffen hat jedes Individuum seine ganz charakteristische Fellzeichnung, durch die es sich von allen anderen Artgenossen unterscheidet. Das Fell ist creme- bis ockerfarben und weist unregelmäßige Fleckenmuster auf, die durch dünne weiße Fugen voneinander abgegrenzt sind. Daher stammt auch der Name Netzgiraffe. Die Farbe der Flecken ist häufig rötlich- bis leberbraun, es treten mitunter aber auch heller gezeichnete Individuen auf.[10][11] Die Bauchseite ist heller und unbefleckt. Die Farbe der Fellzeichnung wird mit dem Alter dunkler, kann aber auch von der sozialen Stellung eines Individuums abhängen.[12]

Lebensweise

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Ernährung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Fressende Giraffen imSamburu-Schutzgebiet in Kenia
Netzgiraffen imSamburu-Schutzgebiet in Kenia

Die Tiere ernähren sich vonAkazien, Myrrhen, Knospen, jungen Trieben, Blättern und in seltenen Fällen auch von Gras. Dabei umgreift die Giraffe einen Zweig oder ähnliches mit der langen, blaugefärbten Zunge und streift die Nahrung ab. Eine Netzgiraffe braucht, abhängig von der Größe, zwischen 50 und 60 kg Nahrung am Tag, um dies zu bewältigen durchstreifen Herden große Gebiete immer auf der Suche nach Nahrung. Männchen verbringen circa 43 % des Tages mit der Nahrungsaufnahme, Weibchen circa 55 %.[13] Alle Giraffen sindWiederkäuer. Beim Wiederkäuen muss der Nahrungsbrei aus demNetzmagen bis über 3 m hoch ins Maul zurückbefördert werden. Das gelingt mit Hilfe der muskulösenSpeiseröhre, die die Nahrungsportion in einer Kontraktionswelle nach oben schiebt. Dieses immer höher steigende Ausdehnen und Zusammenziehen des Halses lässt sich an wiederkäuenden Giraffen gut beobachten. Der Flüssigkeitsbedarf wird größtenteils aus der Nahrung gedeckt, so dass Giraffen wochenlang ohne zu trinken auskommen können. Wenn sie doch trinken, müssen sie die Vorderbeine weit spreizen, um den Kopf weit genug zu senken; ebenso verfahren sie, wenn sie Nahrung vom Boden aufnehmen, was sie allerdings nur unter sehr ungünstigen Umständen tun.[5]

Sozialverhalten und Kommunikation

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Giraffen leben entweder alsEinzelgänger oder in losen Verbänden aus adulten Kühen, Kälbern und Jungbullen.[5] Ausgewachsene Giraffenbullen sind Einzelgänger, die sich nur zurPaarungszeit den Herden nähern. Bei der Paarung und den damit verbundenen Rangkämpfen ist das „Halsschwingen“ der Bullen zu beobachten. Dabei schwingen die Bullen ihre Hälse wie Keulen, und das mit solcher Wucht, dass ein circa 1500 kg schwerer Bulle das Gleichgewicht verlieren kann. Die Köpfe der Bullen sind mit einer doppelten Knochenschicht geschützt.

Die Stimme der Giraffen ist selten zu hören, sie wird als Blöken oder Grunzen beschrieben.[6] Das Muttertier lockt sein Junges durch Fiepen. Giraffen verständigen sich im für Menschen nicht hörbarenInfraschallbereich mit Frequenzen unter 20Hz.[7]

Fortpflanzung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Euter einer Netzgiraffe

Im Alter von etwa fünf Jahren können Giraffenweibchen erstmals trächtig werden. Nach einerTragzeit von circa fünfzehn Monaten bringen sie dann gewöhnlich ein einzelnes Junges im Stehen zur Welt. Zwillingsgeburten sind sehr selten. Da die Weibchen schon zwei bis drei Monate nach der Geburt wieder paarungsbereit sind, vermögen sie bei günstigen Verhältnissen etwa alle anderthalb Jahre ein Junges zur Welt zu bringen. Jedes Weibchen könnte also bei einer Lebenserwartung von ungefähr fünfundzwanzig Jahren rechnerisch zwölf bis vierzehn Junge gebären. Durchschnittlich dürften es aber in freier Wildbahn nur etwa die Hälfte hiervon sein.[14] Das Kalb, das durchschnittlich 70 kg bei der Geburt wiegt und eine Durchschnittsgröße von circa 180 cm hat, muss einen Sturz aus circa 2,5 m Höhe über sich ergehen lassen, bevor es die nächsten 9 bis 12 Monate von seiner Mutter gesäugt wird. Trotz des Schutzes durch die Mutter erreichen nur 25 bis 50 % der Jungtiere das Erwachsenenalter.[6]

Fortbewegung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Nahaufnahme einiger Netzgiraffen

Giraffen sindPassgänger, darauf weist das Fehlen einer Spannhaut zwischen Rumpf und Gliedmaßen hin.[5] Bei Gefahr können Giraffen auchgaloppieren. In dieser Gangart werden die Vorderbeine nach vorne geworfen, während sich der Hals nach rückwärts bewegt, um das Gleichgewicht zu halten. Wenn die Vorderbeine aufgesetzt sind, greifen die Hintergliedmaßen weit nach vorn über die Vorderbeine hinaus. Giraffen erreichen auf diese Weise Geschwindigkeiten von über 50 km/h. Durch die Balancebewegungen und das Schwingen der Beine ist der Galopp der Giraffen eine merkwürdig schaukelnde Gangart.Das Klettervermögen der Giraffen ist gering. Verhältnismäßig niedrige Böschungen bilden für sie ein unüberwindliches Hindernis. Ins Wasser gehen Giraffen nicht gerne.Im Liegen schlagen die Giraffen ihre Beine, die in Hand- und Fersengelenken gebeugt sind, unter den Rumpf. Ein Hinterbein ist in dieser Lage immer etwas abgespreizt.Auf der Flucht oder bei Erregung biegen Giraffen ihren Schwanz auf die Seite, sodass dieser dem Oberschenkel aufliegt.[8]

Feinde

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Der größte Feind der Giraffe ist der Mensch. Wilderer machen immer noch Jagd auf Giraffen, um ihr Fleisch (als „Bushmeat“) und ihr Fell anzubieten. Der Verlust geeigneter Lebensräume durch die rasch anwachsende afrikanische Bevölkerung, ist jedoch das größte Problem für den Erhalt der Netzgiraffen.[6][3]

Natürliche Feinde der Giraffe sind derLöwe, während die Gefahr vor einemGeparden oderNilkrokodil anteilmäßig sehr gering ist. Jungtiere hingegen werden auch durchHyänen,Leoparden undAfrikanische Wildhunde bedroht. JederFressfeind läuft allerdings Gefahr, sein Leben bei einem Angriff auf eine Giraffe zu verlieren, denn ihre Größe und die langen, kräftigen Beine, die Giraffen zum Zutreten und Stampfen einsetzen, können durchaus ein Löwenrudel in Schach halten und vertreiben.

Zoohaltung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Anfang 2025 ist die Netzgiraffe europaweit in 38Zoos undTierparks vertreten. Die meisten Standorte, wo man die Tiere sehen kann sind in Deutschland, wo sie an folgenden Orten gehalten werden: derZoo Augsburg, derZoo Frankfurt, derZoologische Stadtgarten in Karlsruhe, derOpel-Zoo (beiKönigstein), derTierpark Hellabrunn, derZoologische Garten Neunkirchen derZoo Osnabrück die StuttgarterWilhelma, derAllwetterzoo Münster und derSerengeti-Park (inHodenhagen). Weitere europäische Länder mit Netzgiraffen in Tierparks oder Zoos sind:Frankreich (6 Haltungen),Italien (4), denNiederlanden (3),Tschechien (3),Spanien (2), Polen (2), Dänemark (2) uns jeweils ein Standort inÖsterreich,Griechenland,Ungarn,Schweden,Litauen undZypern.[15]

Einzelnachweise

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  1. Julian Fennessy, Tobias Bidon, Friederike Reuss, Vikas Kumar, Paul Elkan, Maria A. Nilsson, Melita Vamberger, Uwe Fritz und Axel Janke:Multi-locus Analyses Reveal Four Giraffe Species Instead of One. Current Biology 26, 2016, S. 2543–2549,doi:10.1016/j.cub.2016.07.036
  2. Alice Petzold, Anne-Sophie Magnant, David Edderai, Bertrand Chardonnet, Jacques Rigoulet, Michel Saint-Jalme und Alexandre Hassanin:First insights into past biodiversity of giraffes based on mitochondrial sequences from museum specimens. European Journal of Taxonomy 703, 2020, S. 1–33,doi:10.5852/ejt.2020.703
  3. abc A. Muneza, J.B. Doherty, A. Hussein Ali, J. Fennessy et al. (2018):Giraffa camelopardalis ssp. reticulata. The IUCN Red List of Threatened Species 2018.doi:10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T88420717A88420720.en
  4. Tierdoku-Netzgiraffe (Memento desOriginals vom 22. März 2013 imInternet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/tierdoku.com, Merkmale, abgerufen am 23. Januar 2013
  5. abcdefWilfried Westheide, Reinhard Rieger (Hrsg.):Spezielle Zoologie. Teil 2 Auflage. Gustav Fischer, Jena 1996,S. 625. 
  6. abcdeAnne Innis Dagg:Giraffa camelopardalis. Mammalian Species, No. 5, S. 1–8 Auflage. The American Society of Mammalogists, 1971. 
  7. abNamibia-Jagdfarm@1@2Vorlage:Toter Link/www.namibia-jagdfarm.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019.Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis., abgerufen am 23. Januar 2013
  8. abworld of animals, abgerufen am 23. Januar 2013
  9. Tierdoku-Giraffe (Memento desOriginals vom 22. März 2013 imInternet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/tierdoku.com, abgerufen am 23. Januar 2013
  10. Jonathan Kingdon, David Happold, Michael Hoffmann, Thomas Butynski, Meredith Happold und Jan Kalina (Hrsg.):Mammals of Africa Volume VI. Pigs, Hippopotamuses, Chevrotain, Giraffes, Deer and Bovids. Bloomsbury, London 2013, S. 98–110
  11. Colin Groves und Peter Grubb:Ungulate Taxonomy. Johns Hopkins University Press, 2011, S. 1–317 (S. S. 108–280)
  12. Madelaine P. Castles, Rachel Brand, Alecia J. Carter, Martine Maron, Kerryn D. Carter und Anne W.Goldizen:Relationships between male giraffes’ colour, age and sociability. Animal Behaviour 157, 2019, S. 13–25,doi:10.1016/j.anbehav.2019.08.003
  13. Tierlexikon-Schweiz (Memento desOriginals vom 20. Oktober 2013 imInternet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tierlexikon.ch, Steckbrief Netzgiraffe, abgerufen am 23. Januar 2013
  14. Markus Kappeler - Netzgiraffe (Memento desOriginals vom 9. Juni 2010 imInternet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.markuskappeler.ch Markus Kapeller, 1999, Netzgiraffe, erschienen in der WWF Numisbriefe Kollektion, abgerufen am 23. Januar 2013
  15. Netzgiraffe. Giraffa camelopardalis reticulata, Zootierliste, abgerufen am 30. Januar 2025.

Weblinks

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Commons: Netzgiraffe (Giraffa camelopardalis reticulata) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Netzgiraffe&oldid=252831868
Kategorie:
Versteckte Kategorien: