Gießen liegt am Flusslauf derLahn, wo diese ihren Lauf von südlicher in westliche Fließrichtung ändert, in einer der seltenen Aufweitungen des Lahntals. Aus nördlicher Richtung fließt die Lahn von Marburg kommend durch das Lahntal auf die Stadt zu. Den Nordwesten nehmen die Ausläufer desGladenbacher Berglands ein. Diesem vorgelagert ist dasGleiberger Land mit den BurgenGleiberg undVetzberg und demDünsberg, der mit 498 Meter höchsten Erhebung in der weiteren Gießener Umgebung. Im Westen öffnet sich das Lahntal bis nachLahnau-Atzbach. Hier liegen Kiesvorkommen, die ausgebaggert wurden, anschließend wurde dort ein Naherholungsgebiet inklusive eines Wassersportzentrums etabliert. Im Südwesten der Stadt beginnt derHintertaunus, die nordöstlichste naturräumliche Einheit desTaunus, an den im Süden dieWetterau und dasRhein-Main-Tiefland anschließen (sieheListe der naturräumlichen Einheiten in Hessen). Im Osten geht das Gießener Land in das Mittelgebirgsland desVogelsbergs über.
Größere Städte in der Nähe Gießens sind die beiden OberzentrenWetzlar 12 Kilometer westlich undMarburg 30 Kilometer nördlich, die beide ebenfalls an der Lahn liegen, sowieSiegen in Westfalen 75 Kilometer nordwestlich,Fulda 80 Kilometer östlich,Butzbach 18 Kilometer südlich sowieFrankfurt am Main 65 Kilometer südlich.
Gießen und seine fünf StadtteileStatistische Bezirke Gießens
Die alteKernstadt Gießens bildet mit einer Größe von rund 40 km² und ca. 65.000 Einwohnern den Hauptteil. Neben ihr gehören gemäß Hauptsatzung[4] noch fünf weitere Stadtteile als formale Ortsbezirke mit Ortsbeirat zum Stadtgebiet. Die StadtteileWieseck im Nordosten undKleinlinden im Südwesten wurden 1939 eingemeindet, die StadtteileAllendorf an der Lahn im Südwesten undRödgen im Osten 1971. 1979 folgteLützellinden im Südwesten.
Bestehende Siedlungen und neue Wohn- und Gewerbegebiete, die nur teilweise mit der Kernstadt verflochten sind, werden nur von der Bevölkerung benannt und sind offiziell Teil der Kernstadt. Dies betrifft das Gewerbegebiet „An der Automeile“ mit der ehemaligen Rivers-Kaserne, das Europaviertel, die Anneröder Siedlung, die Dulles-Siedlung, denEulenkopf, die sogenannte „Gummiinsel“ in der Weststadt – eine Arbeitersiedlung einer dort ehemals angesiedelten Gummifabrik –, die Marshall-Siedlung, das Philosophenviertel, die Neubaugebiete Sandfeld und Schlangenzahl, das Ostpreußenviertel den Unteren und Oberen Hardthof sowie das Gewerbegebiet Ursulum/Oberlachweg. Auch die SiedlungPetersweiher, im Südosten am Fuße des ehemaligenKlosters Schiffenberg gelegen, gehört zur Kernstadt Gießen. Sie wurde 1973 erbaut, als die damals unbewohnte GemarkungSchiffenberg in den Besitz der Stadt überging. Diese war zwar seit 1939 an die Stadt angegliedert, befand sich aber bis dahin im Besitz des Landes. Die SiedlungIn der Hunsbach, die sich um dieBadenburg befindet, zählt trotz der relativ großen Entfernung zur Stadt allerdings offiziell seit 1752 zuWieseck – genau wie die Ruine der Badenburg sowie die Wellersburg.
Zu statistischen Zwecken ist Gießen weiterhin in elfStatistische Bezirke aufgeteilt:
Das Klima in Gießen gehört zu den feucht-gemäßigten Deutschlands. Der kälteste Monat ist der Januar mit −0,1 °C, der wärmste der Juli mit 18,2 °C. Im Vorfrühling ist es im Allgemeinen trocken. Der regenärmste Monat ist also der März mit 31 mm Niederschlag. Im Vergleich mit anderen hessischen Stationen ist es in Gießen im März am trockensten (Frankfurt/Main: 51 mm, Fulda: 48 mm, Kassel: 51 mm, Marburg/Lahn: 56 mm, Darmstadt: 49 mm). Der regenreichste Monat ist der Juni mit 66 mm, was im Vergleich zu anderen hessischen Stationen auch wieder im hinteren Bereich liegt (Frankfurt/Main: 70 mm, Fulda: 73 mm, Kassel: 79 mm, Marburg/Lahn: 66 mm, Darmstadt: 74 mm). Auch der Jahresniederschlag ist vergleichsweise gering.[6]
Wilhelm von Gleiberg gründete 1152 eineWasserburg im unterhalb liegenden Tal und verlegte später seinen Sitz von derBurg Gleiberg dorthin; damit war der Grundstein für die spätere Stadt Gießen gelegt. Die Burg Gleiberg, etwa 8 km nordwestlich der heutigen Stadt, wurde etwa im 10. Jahrhundert von denKonradinern errichtet und ging Ende des 10. Jahrhunderts an dieLuxemburger, die damit dieGrafschaft Gleiberg an der mittleren Lahn begründeten. Namensgebend für die Stadt waren die Gewässer, da die Wasserburg „Zu den Giezzen“ errichtet wurde.[7]
Die erste urkundliche Erwähnung des Namens (von den) „Giezzen“ stammt von 1197.[8] 1248 wurde Gießen erstmals alsStadt bezeugt. 1264 kam Gießen durch Verkauf von dem GrafenUlrich I. von Asperg aus dem Haus derPfalzgrafen von Tübingen, an den es durch Erbschaft gefallen war, an dieLandgrafschaft Hessen, die um 1300 das heutigeAlte Schloss anlegen ließ. Um 1325 wurde die Neustadt gegründet. Ab etwa 1370 gab es Bürgermeister in Gießen, die den landesherrlichen Burgmannen gleichgestellt waren, sowie einen Rat als Vertretung der Bürgerschaft. Das 1944 zerstörte Alte Rathaus am Marktplatz als Symbol bürgerlicher Macht entstand um 1450, dieStadtkirche bis 1484. 1442 erhielt Gießen dasMarktprivileg. Der heutige „Marktplatz“ diente damals noch als Marktplatz, während der Wochenmarkt heute am Lindenplatz, in den Marktlauben (Alte Marktlauben 1894, Neue Marktlauben um 1910) und am Brandplatz gehalten wird.
Gegen 1535 ließ LandgrafPhilipp der Großmütige die Stadt befestigen. Im selben Jahrzehnt entstanden der Alte Friedhof und dasNeue Schloss. Am 27. Mai 1560 vernichtete ein Großbrand den nördlichen Teil der Stadt um das Walltor. Bei der Teilung der Landgrafschaft 1567 kam Gießen zuHessen-Marburg, 1604 zuHessen-Darmstadt. 1605 wurde in Gießen dasGymnasium Ludovicianum von LandgrafLudwig V. alsLateinschule gegründet. Am 19. Mai 1607 ermöglichte ein Privileg KaiserRudolfs II. die Gründung der Universität, als Gegenstück zu der inMarburg. Zwei Jahre später eröffnete derBotanische Garten, heute einer der ältesten in Deutschland an seinem ursprünglichen Ort. 1634/35 dezimierte eine schwerePestepidemie die Bevölkerung der Stadt. Im 18. Jahrhundert wurde die Region mehrfach durch Kriege heimgesucht und die Stadt von fremden Truppen besetzt.
Gießen: Anfang des 19. JahrhundertsMarktplatz um 1840
1803 wurde Gießen Verwaltungssitz der neuen ProvinzOberhessen imGroßherzogtum Hessen. In den folgenden Jahren wurde die Stadtbefestigung geschleift, und an ihrer Stelle wurden die Wallanlagen (Grünanlagen) angelegt. 1824 bis 1852 lehrteJustus Liebig an der Universität Gießen, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach ihm benannt wurde. Am 14. Januar 1838 ist die „Schule für technisches Zeichnen“ gegründet worden, eine Vorläuferin der heutigenTH Mittelhessen (THM).
Im Revolutionsjahr 1848 kam es auch in Gießen zu Unruhen; ein Student wurde getötet.August Becker gab in Gießen die radikaldemokratische Tageszeitung „Jüngster Tag“ heraus. 1849 wurde die Stadt mit Eröffnung derMain-Weser-Bahn (Frankfurt-Kassel) an das deutsche Eisenbahnnetz angeschlossen. 1862 folgte die Eisenbahnstrecke nach Köln, 1864 der Anschluss an die Lahntalbahn von Wetzlar nach Koblenz. Ab etwa 1860, vor allem in der Amtszeit des ersten BerufsbürgermeistersAugust Bramm (1875–1889), wuchs die Stadt über die Wallanlagen hinaus.
Ab 1867 war Gießen als Garnisonsstadt ein Militärstandort desInfanterie-Regiments Nr. 116. 1870 eröffnete die Vogelsbergbahn nach Fulda, 1872 die Lahn-Kinzig-Bahn nach Gelnhausen. 1879 bis 1888 lehrteWilhelm Conrad Röntgen an der Universität Gießen. 1893 wurde die heute größte Kirche der Stadt, die evangelischeJohanneskirche an der Südanlage, eingeweiht. 1907 eröffnete das von Bürgern initiierteStadttheater. Ab 1894 gab es in Gießenöffentlichen Nahverkehr, zunächst mitPferdeomnibussen, seit 1909 mit einer elektrischen Straßenbahn.
1903 wurde derNeue Friedhof als überkonfessioneller städtischer Friedhof in Betrieb genommen. Ein Jahr später wurde die fortschrittliche Gießener Kanalisation eingeweiht. 1914 wurde dieBerufsfeuerwehr gegründet. Die „Volkshalle“ an der heutigen Grünberger Straße und derGießener Flughafen wurden 1925 eröffnet.
Mit Wirkung zum 1. November 1938 verfügte derReichsstatthalter in Hessen in seiner Funktion als Führer der Landesregierung nicht nur die Ausgliederung der Städte Darmstadt, Mainz, Offenbach und Worms, sondern auch der Stadt Gießen aus ihrem bisherigen Kreis. Gießen wurde damitkreisfreie Stadt. Durch Eingemeindung vonWieseck, Kleinlinden und Schiffenberg stieg die Einwohnerzahl 1939 auf 42.000.
DieNo. 5 Bomber Group derRoyal Air Forcebombardierte am 2. Dezember und in der Nacht vom 6. auf den 7. Dezember 1944 im Rahmen derArea Bombing Directive Gießen. Beim zweiten Angriff ('operation hake'[11]) wurde fast der ganze historische Stadtkern Gießens durch einenFeuersturm vernichtet; etwa 390 Menschen starben und rund 30.000 wurden obdachlos.[12] Der Bahnhof, die Bahnanlagen und die zahlreichen Militäreinrichtungen blieben dagegen weitgehend intakt.Es hätte für Gießen noch schlimmer kommen können: Ein nicht unerheblicher Teil der Bombenlast des zweiten Luftangriffes wurde versehentlich über demBergwerkswald abgeworfen. Viele der dortigen kreisförmigen Tümpel sind Bombenkrater.
Am 11. Dezember 1944 warfen 353B-17-Bomber derUnited States Army Air Forces bei geschlossener Wolkendecke 731 Tonnen Sprengbomben und 1116 Tonnen Brandbomben ab. Getroffen wurde in erster Linie ein Areal zwischen Ludwigstraße und Industriegebiet / Bergwerkswald.[13] In den folgenden Monaten starben viele weitere Menschen durchTieffliegerangriffe.Am 28. März 1945 beendete der Einzug vonUS-Truppen den Krieg für die Gießener.[14]Die Stadt war zu zwei Dritteln zerstört, die Innenstadt zu 90 Prozent.
Nach dem Einzug der US-Armee Ende März 1945 waren in Gießen wie in vielen anderen Orten TausendeDisplaced Persons zu versorgen, eine Aufgabe, die derNothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA) übertragen wurde. Der Leiter desHanauer DP-Lagers, der Brite Harry Heath, nahm am 12. September 1945 in Gießen an einem Treffen der Lagerleiter teil und notierte in dem Zusammenhang in seinem Tagebuch, dass Gießen „ein kleines Camp mit rund 4.000 DPs unter Leitung von Glen Wilson“ und „ein schönes Kasino mit estnischem Personal als Bedienung und als Köche“ habe.[15] Ob es sich dabei um dasDP-Lager in derBerg-Kaserne handelte, das von Häfner erwähnt wurde, ließ sich nicht verifizieren. Das DP-Lager in der Berg-Kaserne bestand bis 1950 und wurde in der zweiten Jahreshälfte geräumt, weil die US-Amerikaner in der Folge des Koreakriegs ihre Truppen in Europa verstärkten und dafür erweiterte Unterkunftsmöglichkeiten benötigten.[16]
Nach der WebseiteAfter the Shoah existierte im Gießener DP-Lager von November 1945 bis März 1949 auch eine kleine jüdische DP-Gemeinde.[17]
Unter der Aufsicht derIRO entstand 1948 in Gießen noch ein weiteres DP-Lager. Hierbei handelte es sich um ein spezielles Lager für ukrainische DPs, dasUkrainian Labor Camp.[18] Das Lager befand sich vermutlich auf dem Gelände des von den US-Amerikanern inCamp Smith umbenanntenvon Brauchitsch-Lagers, der späterenSteuben-Kaserne.
DieMilitärregierung der USA informierte Ende Oktober 1945 die LandesregierungGroß-Hessens, dass das Land 1946 rund 600.000 Vertriebene und Flüchtlinge aufnehmen müsse. Anfang Februar 1946 erreichten die ersten 1200 Menschen die Stadt mit Güterwagen. Das vorerst provisorische„Flüchtlings-Durchgangslager“ befand sich unweit des Bahnhofs im Meisenbornweg. Da Gießen ein Schienenknotenpunkt war, wurde es am 7. Mai 1947 vom Staatskommissar für das Flüchtlingswesen zum Regierungsdurchgangslager für alle Flüchtlinge nach Groß-Hessen. Der OberbürgermeisterOtto-Heinz Engler ersuchte 1948 das Regierungspräsidium in Darmstadt um Verlegung des Lagers aufgrund der hohen Belastung des Sozialetats der Stadt durch die Flüchtlinge. Später erreichte der Bürgermeister Hugo Lotz einen finanziellen Ausgleich für die Stadt durch das Land.
Am 1. September 1950 wurde das Lager inNotaufnahmelager Gießen umbenannt und erhielt bundesweite Kompetenz. Der Anteil der Heimatvertriebenen betrug zu dieser Zeit bereits ein Fünftel der Gesamtbevölkerung Gießens. Das Gießener Notaufnahmelager war auch Durchgangslager für Flüchtlinge aus derSowjetischen Besatzungszone, die in deramerikanischen Zone bleiben wollten. Seit den 1960er Jahren war es die erste Station für zahlreicheausgereisteDDR-Bürger; 1989 erlebte es zunächst den Ansturm der überUngarn geflüchteten Ostdeutschen und im Herbst den der legal über die nun offene Grenze gekommenen. 1986 wurde es in Bundesaufnahmestelle umbenannt, heute befindet sich dieErstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen an einem Standort am ehemaligenUS-Depot Gießen in der Rödgener Straße. Der Standort im Meisenbornweg soll eine gemeinsame Gedenkstätte des Landes und des Bundes werden.[19]
Das Stadtbild, die Sozialstruktur und besonders die Gastronomie (viele Bars und sogenannteAmi-Kneipen) in der Stadt wurden in den 1950er und Anfang der 1960er Jahre stark von den Angehörigen der US-Armee geprägt. 1947/48 gab es im Gießener Bahnhofsviertel einen ausgeprägten Schwarzmarkt, besonders mit Zigaretten und ausgemusterten – auch neuen – Uniformteilen (Hosen, Jacken, Parka) der Amerikaner. „Ami-Zigaretten“ galten in dieser Zeit auch als Zahlungsmittel. Weggeworfene Kippen wurden u. a. durch „Kippenstecher“ oder „Kippenleser“ gesammelt und aus dem Tabak neue Zigaretten gedreht. Damals entstand der Gießener „Kippenleser-Blues“ mit dem Text: „Babbe gugg, do unne laid en Kippe, vo e'r gure Chesterfield, heeb en off, da hu m'r aut ze räche, so eh gure Chesterfield …“ nach der Melodie von „In the Mood“.
Prägen: Architektur der 1950er Jahre und Gründerzeitbauten
DerWiederaufbau orientierte sich an den Lehren desmodernenStädtebaus: Altstadtgrundstücke wurden zu großen Einheiten zusammengefasst, Straßen- und Platzräume ausgeweitet und der öffentliche Raum weitgehend den Interessen desAutoverkehrs angepasst. 1953 wurde die letzte zuvor aufwändig wiederaufgebaute Linie derGießener Straßenbahn stillgelegt, stattdessen fuhren bis 1968Oberleitungsbusse.
Viele der wenigen von den Bombenangriffen verschont gebliebenen Straßenzüge des Stadtkerns wurden niedergerissen, ebenso teilweise erhalten gebliebene Ruinen wie die durchaus wiederaufbaufähige Ruine des 500 Jahre alten Rathauses. Neubauten im Stil der 1950er Jahre entstanden, unter anderem das (bereits wieder abgerissene) Behördenhochhaus am Berliner Platz, die Kongresshalle vonSven Markelius – inzwischen unterDenkmalschutz – sowie das 1961 gebaute und 2006 abgerissene Stadthaus.
Die letzte Kriegsruine der Innenstadt war ein Hinterhaus in der Goethestraße; es wurde 2004 abgetragen. Die Ausfallstraßen, die Wallanlagen und die wichtigsten Achsen der Innenstadt wurden zu mehrspurigen Verkehrsstraßen (Anlagenring) ausgebaut. Bis 1975 entstanden rund um Gießen zahlreicheAutobahnteilstücke, darunter derGießener Ring (teilweise Schnellstraße).
Gießen trägt seit dem 13. Januar 1959 und wieder seit 17. Dezember 1979 die amtliche ZusatzbezeichnungUniversitätsstadt, in Bezug auf dieJustus-Liebig-Universität.[20]
Am 1. Januar 1977 wurde Gießen im Zuge derGebietsreform in Hessen nach einem gut zweieinhalbjährigen organisatorischen Vorlauf kraft Landesgesetzes mit der Nachbarstadt Wetzlar und 14 Umlandgemeinden zur neuen kreisfreienStadt Lahnzusammengeschlossen.[21] Die neue Stadt hatte zirka 156.000 Einwohner. Nach scharfen Protesten, vor allem von Wetzlarer Seite, wurde die Neugliederung des Lahn-Dill-Gebiets modifiziert und die Stadt Lahn nach 31 Monaten Existenz wieder aufgelöst. Dadurch wurde Gießen am 1. August 1979 unter Verlust der Kreisfreiheit wieder als eigenständige Stadt gebildet. Nach der Neugründung entspricht das Stadtgebiet im Wesentlichen dem Gebietsstand von vor dem Neugliederungsgesetz von 1974, zuzüglich des StadtteilsLützellinden.[22] Dafür erlangten zugleich mit der Auflösung der Stadt Lahn die kreisangehörigen Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern, also auch Gießen, den Rang vonSonderstatusstädten mit zusätzlichen Kompetenzen und dem Privileg, dass die beiden Personen an der Verwaltungsspitze die AmtsbezeichnungOberbürgermeister undBürgermeister tragen.[23] Demokratisch gewählte Körperschaften erhielt die Stadt nach den für den 7. Oktober 1979 angesetzten Nachwahlen, bei denen der CDU die absolute Mehrheit zufiel.[24][25] Gießen ist seitherKreisstadt des aus demLahn-Dill-Kreis ausgegliederten und gegenüber früher vergrößert wiederhergestelltenLandkreises Gießen.
2005 wurde nach einjähriger Bauzeit dieGalerie Neustädter Tor (seit 2023 „neustädter“) eröffnet. Sie vereint mehrere Geschäfte in einem Gebäudekomplex. Es besteht eine direkte Bus- und Bahnanbindung durch die beiden Haltestellen am Oswaldsgarten. Ein integriertes Parkhaus verfügt über 1100 Stellplätze.
2006 begann nach Abriss des alten Rathauses aus den 1950er-Jahren der Bau des neuen Stadthauses von 2009 am Berliner Platz, in dem fast alle Behörden wieder zusammengeführt wurden. Neue medizinische Zentren wie die Tagesklinik in der Nordanlage, ein Erweiterungsbau des Universitätsklinikums, der neue Martinshof neben dem St.-Josefs-Krankenhaus und das Pflegezentrum in der Grünberger Straße wurden errichtet.
2012 wurde das neue Biomedizinische Forschungszentrum der Justus-Liebig-Universität am Seltersberg eingeweiht. Es sticht durch seine auffallenden Farben und seinen markanten Baustil heraus.
1939 wurden die umliegenden Gemeinden Wieseck (nördlich) und Kleinlinden (südlich) eingemeindet. Bevor die kreisfreie Stadt Gießen im Jahr 1977 in der Stadt Lahn aufging, wurden im Zuge derGebietsreform in Hessen zum 1. Oktober 1971 die Gemeinden Allendorf an der Lahn und Rödgen auf freiwilliger Basiseingegliedert.[26][22] Lützellinden folgte 1979 und ist somit jüngster Stadtteil Gießens.
Einwohnerentwicklung Gießens (oben ab 1495 bis 2016, unten ein Ausschnitt ab 1871)
Gießen hatte imMittelalter nur einige hundert und in der frühenNeuzeit nur wenige tausend Einwohner. Die Bevölkerung wuchs nur langsam und ging durch die zahlreichen Kriege, Seuchen und Hungersnöte immer wieder zurück. So starben 1634/35 durch eine schwerePestepidemie zahlreiche Bewohner. Erst mit dem Beginn derIndustrialisierung im 19. Jahrhundert beschleunigte sich das Bevölkerungswachstum. Lebten 1800 erst 4800 Menschen in der Stadt, so waren es 1900 bereits 25.000. Deutlich sichtbar sind die Auswirkungen desZweiten Weltkrieges. Bis Kriegsende wurden durch die alliierten Luftangriffe zwei Drittel der Gebäude teilweise oder total zerstört. Schätzungen zufolge fanden etwa tausend Menschen den Tod. Die Bevölkerungszahl sank von 47.000 im Jahre 1939 auf 25.000 im März 1945.
1971 stieg die Einwohnerzahl durch die Eingemeindung von Allendorf und Rödgen auf 78.109 – bis 2011 historischer Höchststand. Am 30. Juni 2005 betrug dieAmtliche Einwohnerzahl nach Fortschreibung des Hessischen Statistischen Landesamtes 73.358 (nurHauptwohnsitze und nach Abgleich mit den anderen Landesämtern). Seit 1963 liegt die Bevölkerungszahl der Stadt – außer 1987 – über der Grenze von 70.000. Die 80.000er-Marke wurde 2014 überschritten; 2020 überschritt die Stadt vorübergehend die 90.000er-Marke. Durch die derzeitige Einwohnerzahl zählt Gießen zu denhundert größten Gemeinden in Deutschland.
Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand. Bis 1828 handelt es sich meist um Schätzungen, danach umVolkszählungsergebnisse (¹) oder amtliche Fortschreibungen des Statistischen Landesamtes. Die Angaben beziehen sich ab 1871 auf die „Ortsanwesende Bevölkerung“, ab 1925 auf die „Wohnbevölkerung“ und seit 1987 auf die „Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung“. Vor 1871 wurde die Einwohnerzahl nach uneinheitlichen Erhebungsverfahren ermittelt.
Die evangelischen Kirchengemeinden in Gießen gehören zurEvangelischen Kirche in Hessen und Nassau; Gießen ist Sitz des Dekanats Gießen. Eine Ausnahme bildet der StadtteilLützellinden, der zurEvangelischen Kirche im Rheinland gehört. Michael-, Paulus- und Thomasgemeinde haben sich 2020 zurEvangelischen Gesamtkirchengemeinde Gießen Nord vereinigt mit ca. 7000 Mitgliedern.[32]Größte evangelische Kirche ist dieJohanneskirche an der Südanlage.
Die katholische Kirche gehört zumBistum Mainz. Bis in die fünfziger Jahre warSt. Bonifatius in der Liebigstraße die einzige katholische Pfarrkirche der Stadt. 1957 wurdeSt. Albertus in der Nordanlage gegründet, 1963St. Thomas Morus an der Grünberger Straße.
Seit 1881 gibt es in Gießen eineneuapostolische Gemeinde; sie ist damit die älteste im südlichen Deutschland.[35] Gießen ist auch ein Zentrum verschiedener kleiner Gemeinden, die sich seit 1989 aus der neuapostolischen Kirche bzw. einer Abspaltung,der Apostolischen Gemeinde Wiesbaden, entwickelt haben.
Gießen hat eine beachtlich großeSuryoye-Gemeinde (auch bekannt alsAssyrer,Aramäer oderChaldäer), im Landkreis wohnen mehr als 1700 Familien.[36] Die Suryoye in Gießen gehören fast ausnahmslos derSyrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien an. Mittlerweile sind fünf Gemeinden in Gießen und umstellbarer Umgebung vertreten, darunter drei inPohlheim sowie zwei in Gießen direkt. Drei der fünf Kirchen wurden erst kürzlich neu erbaut, auch wurden größere Gemeindezentren der Aramäer erbaut. Die meisten Suryoye wohnen in Pohlheim.[37] Die Suryoye sind einesemitische christliche Minderheit, die ihren Ursprung im altenMesopotamien hat.[38] Damit ist heute das Vierländereck Südosttürkei gemeint (Tur-Abdin),Nordirak, Ostsyrien (Gozarto) und Westiran (Urmia). DieseUrchristen sprechen bis heuteAramäisch, die Gemeinde in Gießen benutzt dabei fast ausnahmslos den Neu-Ostaramäischen DialektSurayt[39] (auch alsTuroyo bekannt).
Beith-Jaakov-Synagoge nahe dem Kirchenplatz; im 19. Jahrhundert wirkte in Gießen der RabbinerBenedikt Levi. Bis zur NS-Zeit gab es die Synagogen am Berliner Platz und in der Steinstraße.
Die Stadtverordnetenversammlung ist das oberste Organ der Stadt. Ihre politische Zusammensetzung wird alle fünf Jahre in der Kommunalwahl durch die Wahlbevölkerung der Stadt bestimmt. Wählen darf, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat unddeutscher Staatsbürger oderStaatsangehöriger eines der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist. Für alle gilt, dass sie seit mindestens drei Monaten in der Stadt gemeldet sein müssen.
In derKommunalwahl am 14. März 2021 wurden die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung sowie die Ortsbeiräte der Stadt für dieLegislaturperiode vom 1. April 2021 bis 31. März 2026 gewählt.
Von 64.242 Wahlberechtigten gingen 31.236 zur Wahl. Die Wahlbeteiligung stieg damit von 44,9 Prozent 2016 auf 48,6 Prozent.
2006 ABG mit 0,1 %; 2001 Gate5 mit 0,5 %; 1997 DKP mit 0,4 %; 1997 REP mit 5,9 % und 3 Sitzen.
Nach der Kommunalwahl am 27. März 2011 löste eine rot-grüne Koalition die bis dahin regierendeJamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP ab. Seit der Oberbürgermeisterwahl am 7. Juni 2009 hatte mitDietlind Grabe-Bolz eine SPD-Oberbürgermeisterin einer von der Jamaika-Koalition dominierten Stadtverordnetenversammlung gegenübergestanden.
Die Jamaika-Koalition hatte sich dabei im Vorfeld der Kommunalwahlen 2006 bereits angedeutet, da der städtische Haushalt erst in einer zweiten Sitzung im Februar 2006 mit Hilfe einiger Stimmen aus den Reihen der damals noch oppositionellen Grünen verabschiedet worden war. In der Sitzung vom 8. Dezember 2005 hatte der Haushaltsplan des Magistrats die Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung zunächst nicht erhalten, da der Stadtverordnete der Freien Wähler Bernhard Hasenkrug kurz zuvor zur Bürgerliste Gießen (BLG) gewechselt war, wodurch die damals amtierende bürgerliche Koalition aus CDU, FDP und FW ihre Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung verloren hatte.
Die in Gießen erfolgreich bei der Kommunalwahl 2006 angetretene Liste der Linkspartei.PDS stellte de facto eineWählergemeinschaft von Linkspartei.PDS,WASG,DKP, linksorientiertenParteilosen und Mitgliedern der HochschulfraktionDemokratische Linke an der Justus-Liebig-Universität Gießen dar. Zum ersten Mal seit 1956 saß mit Michael Beltz (DKP) wieder ein Mitglied einer kommunistischen Partei in der Gießener Stadtverordnetenversammlung. Bis zu ihrem Verbot 1956 war dieKPD im Parlament vertreten.
Frank-Tilo Becher, amtierender Oberbürgermeister von Gießen
Nach der hessischen Kommunalverfassung wird in denSonderstatusstädten derOberbürgermeister für eine sechsjährige Amtszeit gewählt, seit dem Jahr 1993 in einerDirektwahl, und ist Vorsitzender desMagistrats, dem in der Stadt Gießen neben dem Oberbürgermeister als weitere hauptamtliche Mitglieder einBürgermeister als sein Vertreter und zweiStadträte angehören sowie als ehrenamtliche Mitglieder zwölf weitere Stadträte.[50] Oberbürgermeister ist seit dem 13. Dezember 2021Frank-Tilo Becher (SPD), der dafür seinDirektmandat als Mitglied des Hessischen Landtags aufgab.[51] Er wurde als Nachfolger vonDietlind Grabe-Bolz (SPD), die nach zwei Amtszeiten nicht wieder kandidiert hatte, am 24. Oktober 2021 in einer Stichwahl bei 37,66 Prozent Wahlbeteiligung mit 55,74 Prozent der Stimmen gewählt.[52] Sein KontrahentAlexander Wright,Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stadtparlament, der im ersten Wahlgang noch mit rund 150 Stimmen in Führung gelegen hatte, kandidierte anschließend erfolgreich auf die vakante Stelle deshauptamtlichen Bürgermeisters, die er am 1. März 2022 antrat.[53]
Nach Auflösung derStadt Lahn und Neubildung der Stadt Gießen am 1. August 1979 wurde Hans Görnert (CDU), letzter Oberbürgermeister der Stadt Lahn, als staatsbeauftragter Oberbürgermeister bestellt[25] und in der am 7. Oktober 1979 neu gewählten Stadtverordnetenversammlung von der Mehrheitsfraktion der CDU[54] zum Oberbürgermeister der Stadt Gießen gewählt. Seine Amtszeit begann am 13. Dezember 1979, nachdem er von demStadtverordnetenvorsteher in öffentlicher Sitzung in sein Amt eingeführt und durch Handschlag auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Aufgaben verpflichtet worden war mit der Aushändigung der Ernennungsurkunde.[55] Dieser Kalendertag ist seitdem alle sechs Jahre der Termin für den Beginn einer neuen Amtsperiode gewesen, da bislang kein Amtsinhaber vorzeitig aus dem Amt geschieden ist.
Vor der Gründung der Stadt Lahn amtierten als Oberbürgermeister derkreisfreien Stadt Gießen:
Der Magistrat ist alsKollegialorgan die Verwaltungsbehörde der Stadt. Er besteht aus dem Oberbürgermeister als Vorsitzenden, dem Bürgermeister und den Stadträten. In der Praxis besteht die weit überwiegende Mehrheit des Magistrats aus ehrenamtlichen Mitgliedern. Die Zahl der hauptamtlichen Beigeordneten (Stadträte und der Bürgermeister) darf die der ehrenamtlichen jedenfalls nicht übersteigen.[57]
Der Magistrat besorgt die laufende Verwaltung und wird von den Bediensteten der Stadt unterstützt. Diese stellt er ein,befördert und entlässt sie.[58] Er trifft die Entscheidungen zu laufenden Verwaltungsangelegenheiten, bereitet gemeinsam mit der Verwaltung die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung vor und führt diese aus. Er wirkt mit bei der Ausführung der Gesetze und Verordnungen innerhalb der Stadt, bei der Verwaltung des Vermögens, bei der Erstellung des Haushaltsplanes sowie bei der Überwachung des Kassen- und Rechnungswesens. Auch die Wahrung der Bürgerinteressen ist seine Aufgabe. Er vertritt dieGemeinde nach außen, führt den Schriftwechsel und vollzieht die Gemeindeurkunden. Er tagt unter Vorsitz des Oberbürgermeisters in nicht-öffentlichen Sitzungen. An den Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung nimmt der Magistrat ohne Stimmrecht teil.[59]
Die ehrenamtlichen Stadträte werden von der Stadtverordnetenversammlung in oder bald nach der konstituierenden Sitzung für die fünfjährige Wahlperiode bis zur nächsten Kommunalwahl in den Magistrat gewählt. Für die Dauer ihrer Wahlzeit werden sie zuEhrenbeamten ernannt und können zwar zurücktreten, aber im Gegensatz zu hauptamtlichen Magistratsmitgliedern nicht abgewählt werden. Die Stärke der in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Fraktionen spiegelt sich grundsätzlich in der Zusammensetzung des ehrenamtlichen Magistrats wider.[50] Ihre Wahlzeit endet erst mit der Wahl eines neuen Magistrats nach der nächsten Kommunalwahl.
Der hauptamtliche Bürgermeister und die hauptamtlichen Stadträte werden von der Stadtverordnetenversammlung auf die Dauer von sechs Jahren alsWahlbeamte gewählt. Nach demGeschäftsverteilungsplan des Oberbürgermeisters sind die vier hauptamtlichen Magistratsmitglieder alsDezernenten jeweils für einen Teil der Ämter und Fachbereiche der Stadtverwaltung zuständig. Neben OberbürgermeisterFrank-Tilo Becher (SPD) handelt es sich um BürgermeisterAlexander Wright (Grüne) sowie die StadträtinnenAstrid Eibelshäuser (SPD) undGerda Weigel-Greilich (Grüne). Darüber hinaus hat auch ein ehrenamtlicher Stadtrat ein kleiner zugeschnittenes Dezernat übernommen.[60]
Blasonierung: „In Silber ein schwarz geflügelter, blaubewehrter und blaugezungter roter Löwe.“
Wappenbegründung: Das ältesteSiegel der Stadt stammt aus dem Jahr 1248 und zeigt den PfalzgrafenWilhelm von Tübingen als Ritter zu Pferd mit einem Wappenschild und dreilanziger Kirchenfahne. Nach dem Verkauf der Gießener Herrschaft an die Landgrafen von Hessen zeigt das nächste Siegel (von 1264) denLandgrafen von Hessen als Ritter zu Pferd mit Fahne und Löwenschild. Im 14. Jahrhundert erschien auf dem Siegel dashessische Wappen, getragen von zwei Drachen oder zwei Ästen. Spätere Siegel zeigen den hessischen Löwen, herausschreitend aus dem geflügelten gotischen Buchstaben „G“ unter einer dreizackigen Krone. Folgend gingen die Flügel auf den Löwen über, dieser erschien erstmals 1605 in den Werken vonSiebmacher. Um 1900 verschwanden dann das „G“ und die Krone.[61]
Das Wappen wurde der Stadt am 29. April 1916 von Großherzog Ernst Ludwig verliehen.
Die rot-weiße Flagge wurde am 19. September 1980 genehmigt.
Zu Wenzhou in der ProvinzZhejiang bestand seit 2004 eine Freundschaft. Der Titel „Friendship City“ wurde geführt und 2011 in eine offizielle Städtepartnerschaft umgewandelt.
Die Stadt Gießen betreibt ein Bürgerinformationssystem, mit Hilfe dessen sich Bürger über die politischen Gremien informieren können. Hier werden die nächsten Sitzungen mit ihrer Tagesordnung angekündigt, des Weiteren können Informationen (Name, Parteizugehörigkeit, Funktion und Kontakt) zu den Kommunalpolitikern eingesehen werden.[64]
DasStadttheater Gießen wurde, vom Jugendstil beeinflusst, vomBüro Fellner & Helmergrundrissgleich mit jenen inKlagenfurt undGablonz geplant und durch den ArchitektenHans Meyer (1867–1949) ausgeführt. Es bietet als Drei-Sparten-Haus mit eigenem Ensemble und Gastspielen 600 Zuschauern/-hörern Platz bei Theater-, Oper-, Operette-, Musical-, Tanz- und Konzertaufführungen. Als neue Nebenspielstätte des Stadttheaters wurde zur Spielzeit 2014/2015 in direkter Nachbarschaft das kleine Theater am großen Theater (taT) eröffnet. Mit dem Antritt vonSimone Sterr als neue Intendantin im September 2022 wurde es in "kleines Haus" umbenannt. Es wird vor allem für kammertheatralische Arbeiten sowie Kinder- und Jugendtheater genutzt.
Das ausschließlich englischsprachigeKeller Theatre wurde im Jahr 1958 von der Unterhaltungsabteilung der in Gießen stationierten amerikanischen Streitkräften gegründet und anfänglich auch betrieben.[65] Seit dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte im Jahr 2007 wird das Theater durch einen Förderverein betrieben und ist damit das älteste englischsprachige deutsche Theater.[66]
DerGießener Konzertverein gehört zu den traditionsreichsten Vereinen Gießens. Er geht auf die bereits 1792 gegründeteMusikalische Gesellschaft zurück. Damit ist er einer der ältesten bürgerlichen Konzertvereine in Deutschland überhaupt[67] Bedeutende Komponisten wieCarl Maria von Weber und berühmte Solisten gaben ihre Konzerte in Gießen in Zusammenarbeit mit derMusikalischen Gesellschaft, die 1863 den bis heute geltenden NamenGießener Konzertverein erhielt. 1935 wurde die enge Zusammenarbeit zwischen demStadttheater Gießen und dem Konzertverein etabliert. Jährlich werden gemeinsam zwei große Oratorienkonzerte im Stadttheater aufgeführt. Chorleiter des Konzertvereins ist der jeweilige Chordirektor des Stadttheaters.
In derKunsthalle Gießen im Stadthaus am Berliner Platz werden Arbeiten regionaler und überregionaler Künstler in regelmäßig wechselnden Ausstellungen gezeigt.
Der zeitgenössischen Kunst widmet sich seit 1998 derNeue Kunstverein Gießen, der seit 2003 in einem ehemaligen Kiosk an der Licher Gabel sein Domizil gefunden hat.
DasKiZ – Kultur im Zentrum befindet sich im gleichen Gebäudekomplex wie die Kongresshalle. In ihm werden regelmäßig wechselnde Ausstellungen regionaler Künstlergruppen gezeigt.
Streetart von DOME
Das Streetart-Kollektiv3Steps gestaltet, auch mit Unterstützung internationaler Künstler, seit Anfang der 2000er Jahre Fassaden im gesamten Stadtbereich.
Der gemischte A-Cappella-ChorCantamus Gießen besteht seit 2009.
Seit 2011 findet das Eritrea-Festival statt.
Die Kulturkirche St. Thomas Morus etabliert sich seit 2013 mit einem spartenübergreifenden Kulturangebot.
Seit 2017 findet dieGiennale alsBiennale statt.[68] Die Kunst- und Kulturveranstaltung wird an unterschiedlichen Orten in Stadt und Landkreis ausgetragen. Zum Programm gehören Ausstellungen, Performances, Installationen, Lesungen, Konzerte und Workshops.
Die Stadt unterstützt die Musikerszene, auch aufgrund der „Kulturinitiative Gießen“ (KiG)[69], die in der ehemaligenSteuben-Kaserne rund einhundert Räume für heimische Bands zur Verfügung stellt. Überregional bekannte Bands sind:Juli,Boxhamsters,OK Kid,Pestpocken,April Art, Marspol und Lebendig.
DasLiebig-Laboratorium in der Liebig-Straße ist die originale Wirkungsstätte vonJustus Liebigs und beherbergt seit 1920 dasLiebig-Museum.
Das vonAlbrecht Beutelspacher gegründeteMathematikum im benachbarten ehemaligenHauptzollamt, bietet alsScience Center dem Besucher die Möglichkeit, sich spielerisch mit der Mathematik zu beschäftigen. Es diente als Vorbild für weitere Museen dieser Art in Deutschland.
Das städtische Museum in der Innenstadt ist dasOberhessische Museum mit den drei Abteilungen imAlten Schloss, demWallenfels’schen Haus und demLeib’schen Haus. DasWallenfels’sche Haus und dasLeib’sche Haus sind die beiden ältesten noch erhaltenen Häuser in Gießen und befinden sich direkt am Kirchplatz. Hier findet man eine umfassende Sammlung der Vor- und Frühgeschichte, Archäologie und Völkerkunst im Gießener Raum sowie eine große Ausstellung zur Stadtgeschichte. ImAlten Schloss am Brandplatz befindet sich eine Sammlung von Kunstwerken heimischer Künstler aus dem 19. und 20. Jahrhundert.
In der Vitos-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie gibt es seit 1998 die AusstellungVom Wert des Menschen, die die Geschichte dieser Klinik dokumentiert. Sie informiert überwiegend über die Zeit nach 1933 und thematisiert auch die Verbrechen der Nationalsozialisten.[70]
DasGießkannenmuseum ist in seiner Art einmalig in Deutschland und wurde anlässlich der Landesgartenschau 2014 in Gießen gegründet. Es befindet sich inzwischen in direkter Nachbarschaft zum Botanischen Garten. Sein Sammlungsbestand besteht größtenteils aus Schenkungen.
Das privateBuchdruckmuseum Setzkasten in Gießen-Wieseck zeigt Ausstellungsstücke aus der Geschichte des Druckerei- und Buchdruckwesens.[71]
Im Ausstellungsraum der Universitätsbibliothek derJustus-Liebig-Universität sind regelmäßig Ausstellungen zu sehen. Viele dieser Ausstellungen werden im Rahmen von Lehrveranstaltungen konzipiert und organisiert.[72]
Im Foyer des Rathauses am Berliner Platz werden regelmäßig Ausstellungen gezeigt.
Eine weitere Besonderheit in Gießen ist die heute nur mehr in Relikten vorhandenemanische Sprache. Gesprochen wurde Manisch in Gießen auf der „Gummiinsel“, einer kleinen Backsteinhaussiedlung, die als Arbeitersiedlung einer Gummifabrik errichtet wurde (daher der Name), in der Weststadt Gießens, die um die Jahrhundertwende angelegt und gebaut wurde, und in anderen randständigen Wohnquartieren wie dem Eulenkopf, dem Heyerweg und der Margaretenhütte, aber auch im benachbarten Wetzlarer „Finsterloh“ oder im wittgensteinischenBerleburg.[73]
Aufgrund der verheerenden Zerstörungen durch die Luftangriffe des Zweiten Weltkriegs und die Stadtplanung der Nachkriegszeit gibt es im eigentlichen Zentrum kaum noch Bauwerke der vorindustriellen Epoche. In den Stadtvierteln außerhalb der Wallanlagen finden sich jedoch zahlreiche, teilweise recht sehenswerte architektonische Zeugnisse aus den beiden großen Wachstumsphasen der Stadt, der Gründerzeit und den 1950er Jahren, sowie auch einige Viertel, die im Stil der späten 1920er Jahre errichtet wurden (Wartwegviertel, hinterer Asterweg).
Altes SchlossNeues Schloss
Sehenswürdig sind einige wiederaufgebauteFachwerkhäuser: GasthausZum Löwen im Neuenweg, in demGoethe einmal übernachtete und öfter dinierte, dasAlte Schloss und dasNeue Schloss der Landgrafen von Hessen (am Brandplatz) sowie dasBurgmannenhaus am Kirchplatz.
Fassade des Zeughauses
DasHauptgebäude derJustus-Liebig-Universität Gießen in Gießen gehört ebenfalls zu den Sehenswürdigkeiten. Es liegt im Stadtkern und an der Gießener „Feiermeile“, der Ludwigstraße. In diesem Zusammenhang ist auch das Zeughaus zu nennen, das von der Universität genutzt wird.
Die klassizistischeStadtkirche wurde bei den Luftangriffen 1944 zerstört, nur der gotische Westturm wurde restauriert und dient als Mahnmal gegen den Krieg. Auf der gegenüberliegenden Seite derGeorg-Schlosser-Straße entstand 1949 diePankratiuskapelle, eine "Notkirche" nach Plänen des KirchenarchitektenOtto Bartning. Dabei wurden für Fundamentierung und Wände Trümmer der zerstörten Stadtkirche verwendet.
Nicht weit entfernt vom Stadttheater steht dieJohanneskirche, die als größte evangelische Kirche Gießens in den Jahren 1891 bis 1893 nach Plänen des Berliner ArchitektenHans Grisebach errichtet wurde. Der Turm derneo-romanischen Kirche überragt die umliegenden Gebäude mit einer Höhe von 68 Metern.
Studenten-Doppelgrabstein auf dem Alten Friedhof
DerAlte Friedhof befindet sich amNahrungsberg. Er wurde 1530 während der Erweiterung der Stadt außerhalb des Festungswalls angelegt. Auf dem Friedhof befindet sich unter anderem das Grab vonWilhelm Conrad Röntgen, der hier auf seinen Wunsch hin beerdigt wurde. Sehenswert sind auch die zwischen 1623 und 1625 unter Aufsicht von Johann Ebel zum Hirsch erbaute und 1869 vonHugo von Ritgen restaurierte Friedhofskapelle sowie die Grabsteine mit lateinischen Inschriften, die um die Kapelle herum versammelt sind und ebenfalls aus der Zeit um 1530 (oder früher) stammen.
Die Synagoge derjüdischen Gemeinde ist ein Fachwerkgebäude mit wechselhafter Geschichte. Ursprünglich stand das 1835 erbaute Gebäude inWohra und diente als Wirtschaftsgebäude. Von 1867 bis 1940 diente es als Synagoge in Wohra. 1940 musste die dortige jüdische Gemeinde das Gebäude zwangsverkaufen. 1990 erwarb die jüdische Gemeinde Gießen das Gebäude und versetzte es 1992 in den Mittelpunkt des neuen jüdischen Gemeindezentrums. Die Synagoge fasst 35 Männer und 25 Frauen.[74]
Mit dem Bau der Fischtreppe am Wehr nahe der denkmalgeschütztenKlinkel’schen Mühle wurde 2007 das Hessische Gewässer-InformationszentrumLahnfenster vom Regierungspräsidium Gießen eingerichtet. 2014 wurde es anlässlich der Landesgartenschau nach einer Erweiterung wiedereröffnet.
Fußgängerüberführung von 1968 am SelterstorGießener Bahnhof
Überregional bekannt und ein Wahrzeichen der Stadt ist die wuchtige Fußgängerüberführung amSelterstor, die wegen ihres Erscheinungsbildes den Spitznamen „Elefantenklo“ trägt.
In den letzten Jahren fanden am und um den Berliner Platz umfangreiche Baumaßnahmen statt. Das Rathaus aus den 1950er Jahren wurde durch einen Neubau ersetzt und mit innenliegender Stadtbibliothek ausgestattet.
Gießen war nach demErsten Weltkrieg und den Bestimmungen desVersailler Vertrages von 1919 als Militärstandort interessant, weil es knapp außerhalb der entmilitarisierten Zone lag. In den 1930er und 1940er Jahren wurden bei derAufrüstung rund 467 Hektar städtisches Gelände anHeer undLuftwaffe gegen einen geringen Preis abgegeben. Es entstanden weitereKasernen: Artilleriekaserne (Bleidorn-Kaserne, später Pendleton Barracks) und Waldkaserne (Verdun-Kaserne, später Rivers Barracks) an derLicher Straße. EinStandortübungsplatz wurde zwischen der ehemaligenSteuben-Kaserne und derHohen Warte eingerichtet.[75] Zu den weiteren Kasernen zählten Zeughauskaserne und Neue Kaserne (Berg-Kaserne).[76]
1936 bis 1939 entstand ein Lazarett an der Ecke Schubertstraße/Karl-Franz-Straße. Es blieb imZweiten Weltkrieg unzerstört und wurde, wie die Gießener Kasernen, nach 1945 zunächst von derUS-Armee, ab 1951 von denfranzösischen Streitkräften genutzt. 1957 wurde es zurückgegeben und als Bundeswehrlazarett in Dienst gestellt; später umbenannt inBundeswehrkrankenhaus Gießen. 1997 wurde es geschlossen; das Gebäude wird nach einerKonversion inzwischen unter anderem durch dasFinanzamt genutzt.
Auf dem Gelände derVerdun-Kaserne (1950–1993:Rivers Barracks des US-Militärs) an derLicher Straße unterhielt die Wehrmacht denNachrichtenbunker Gisela, der unter anderem zur Koordination desAngriffs auf Frankreich 1940 genutzt wurde. Noch immer sind weite Teile der Anlage vorhanden. Die US-amerikanischen Streitkräfte gaben diesen Standort 1993 auf. Die Konversion der freigewordenen militärischen Flächen war Aufgabe der Stadtentwicklung und -planung. Entstanden ist hier unter anderem dieAuto-Meile; zahlreiche Autohändler haben hier ihre Niederlassungen eingerichtet. In den Kasernengebäuden um denRiversplatz wurden ab 1999 Asylbewerber untergebracht und 2007 begann der Umbau zu einem Behördenzentrum: hier hat sich die Kreisverwaltung des Landkreises Gießen angesiedelt.[77]
Nach dem Ende desKalten Krieges reduzierte sich die Zahl der Amerikaner stufenweise und der endgültige Abzug fand mit der Schließung des Depots im September 2007 seinen Abschluss. Das US-Depot war über Jahrzehnte ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und beschäftigte während seiner Hochzeit bis zu 3.500 nicht-amerikanische Arbeitskräfte.[78][79] Inzwischen wurde das 720.000 m² große Grundstück mit dem restauriertenFlughafen Gießen als Mittelpunkt als „Gewerbegebiet Alter Flughafen“ durch ein Unternehmen revitalisiert.[80] Das Projekt wurde 2021 in der Kategorie „bestes Gewerbe- und Industrieprojekt“ mit dem „Brownfield24 Award“ ausgezeichnet[81] und gilt als Beispiel für erfolgreiche Konversion.[82]
Ein beliebtes Ausflugsziel ist der rund fünf Kilometer entfernte GießenerSchiffenberg (281 m). Er wurde 1972 vom Land für die Stadt erworben. In den Gebäuden einer ehemaligen Klosteranlage (Augustiner-Chorherrenstift) wird heute ein Ausflugslokal bewirtschaftet.
Dieromanische Substanz der doppelchörigen Pfeilerbasilika mit Querhaus und achtseitigemVierungsturm rührt zum Teil noch aus dem zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts her. Die westliche, mitLisenen gegliederteApsis und zwei begleitende Rundtürme (fast komplett zerstört) wurden im Verlauf des 12. Jahrhunderts angebaut. Das südliche Seitenschiff ist nicht erhalten. Der Bau verzichtet fast gänzlich auf Bauschmuck. 1323 wurde die Anlage vom Deutschen Orden übernommen, der unter anderem an der Südseite die ehemalige Komturei und an der Westseite das Gebäude der ehemaligen Propstei errichtete. 1809 wurde der Orden aufgehoben. Von der Ausstattung ist unter anderem ein frühgotischerTaufstein (13. Jahrhundert) ausBasalt im Chorraum erhalten. DieSchiffenberg-Madonna, eine thronende Muttergottesstatue aus der Zeit um 1320, befindet sich in den Sammlungen desHessischen Landesmuseums Darmstadt.[83]
Im Rahmen der seit 1975 auf dem Schiffenberg stattfindenden Veranstaltungsreihe „Musikalischer Sommer“ finden in den Sommermonaten zahlreiche Konzerte unter freiem Himmel statt. Von Volksmusik und Bands, die in regionaler Mundart spielen, über Jazz, Pop, Schlager bis hin zu Chorkonzerten und Theateraufführungen finden Kulturfreunde hier ein breit gefächertes Angebot. Auch jenseits der Stadtgrenzen bekannte Künstler gaben hier schon Gastspiele, so zum Beispiel 2002 die Kölner BandBAP,Rose Nabinger, 2003Götz Alsmann sowie 2007Juli.
Luftschutzturm in der Grünberger Straße (17. März 2006)Luftschutzturm in der Grünberger Straße (12. April 2009)Unterer Hardthof
In Gießen und Umgebung sind insgesamt achtLuftschutztürme derBauartWinkel erhalten, die nach ihrem Erscheinungsbild auch als „Betonzigarre“ oder „Zuckerhut“ bezeichnet werden. Damit hat Gießen die höchste Dichte von Luftschutztürmen dieser Bauart. Zwei der Luftschutztürme befinden sich in den ehemaligen Pendleton-Barracks der US Army (vormals Bleidorn-Kaserne) an derHannah-Arendt-Straße, die 1996 in ein Wohngebiet umgewandelt wurde. Zwei weitere sind in den ehemaligen Rivers Barracks (vormals Verdun-Kaserne), die mittlerweile das administrative Zentrum des Landkreises Gießen beheimatet, zu finden. Die Standortangaben der anderen Türme finden sich in derListe der Hochbunker der Bauart Winkel.
Die Ruine derBadenburg im Nordwesten des Stadtgebiets liegt in der SiedlungIn der Hunsbach nahe der NachbarstadtLollar. Sie wurde 1358 nach einemLehen des hessischen Landgrafen Heinrich II. von der Vasallenfamilie von Weitolshausen erbaut und diente als Wohnstätte, bis sie imDreißigjährigen Krieg zerstört wurde. AuchGeorg Büchner weilte auf der Badenburg und verfasste dort seinenHessischen Landboten.Mittlerweile befindet sich in ihren Ruinen eine Gaststätte.
Von 1890 bis 1924 war die Brauerei Textor, ab 1892 als Brauerei Bichler, mit ihren großzügigen Anlagen ein Freizeittreffpunkt der Gießener Bürger und auch der Besucher aus der Umgebung. Textor war ehemals eine der großen Brauereien Hessens. Eine ausgedehnte Terrasse, eine große Radrennbahn mit Tribüne, ein Kinderspielplatz mit vielen Turn- und Spielgeräten und Tennisplätze boten vielerlei attraktive Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Auf der Radrennbahn wurden internationale Rennen gefahren. Nach dem Tod Textors baute Georg Bichler die Brauerei aus. Unter seiner Regie entstanden die bis heute signifikanten Bauten wie die Mälzerei, die Aufbauten auf den Eiskellern und das turmartige Sudhaus, die noch heute das Bild des Unteren Hardthofs prägen.
1924 übernahm die Stadt Gießen die Anlage und verpachtete sie an die Universität als Versuchsgut, und im folgenden halben Jahrhundert verfielen die nur teilgenutzten Gebäude allmählich bis Anfang der 70er Jahre – im Zuge der Planung des neuen Krankenhauses auf der Hardthöhe – ein Abbruch der ehemaligen Brauereigebäude erwogen wurde. Eine 1976 entstandene „Interessengemeinschaft Unterer Hardthof“, ein Zusammenschluss von Künstlern und Kulturschaffenden, konnte den Komplex von der Stadt übernehmen und für ihre Zwecke auszubauen. Schließlich wurde das komplette Ensemble als Kulturdenkmal eingestuft. Besonders eindrucksvoll sind die auch auf größere Entfernung sichtbaren zweifarbigen, stark gegliederten Klinkerfassaden, die Rundbogen und Zinnenmotive, aber auch die unterirdischen Brauereianlagen, die Kopfsteinpflasterung und der alte Baumbestand.[84]
Der zur Universität gehörigeBotanische Garten von 1609 ist der älteste universitäre Pflanzengarten in Deutschland, der sich noch am ursprünglichen Ort befindet. Zwei Jahre nach der Universitätsgründung wurde er von dem Botaniker und MedizinerLudwig Jungermann (1572–1653) als „Hortus medicus“ angelegt.
An der Rückseite des Botanischen Gartens befindet sich der Park an derOstanlage. Er besteht als städtische Zieranlage mit kleinem Teich und Fontäne, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand und von einem Graben begrenzt war.[85]
Der Theaterpark desStadttheaters Gießen ist zwischen Südanlage und Johannesstraße in der Nähe des Berliner Platzes gelegen. In ihm befinden sich eine Skulpturensammlung desGießener Bildhauersymposiums und dasRöntgendenkmal. Die Anlage um das Theater lädt neben Veranstaltungen im Sommer zum Verweilen und Aufenthalt ein.
Der Kunstweg Gießen, der durch die Universitätsabschnitte des Philosophikums I und II verläuft, verbindet über den parkähnlichen Grünstreifen entlang desAlten Friedhofs an der Licher Straße die Innenstadt. An der Einmündung des Nahrungsbergs befindet sich derNeue Kunstverein Gießen.
Auch das teilweise noch sumpfige Naherholungsgebiet zwischenWieseck und demPhilosophenwald, derSchwanenteich (Gießen), ist eine Erwähnung wert. Er besteht aus mehreren Abschnitten und ist ringsum von Gehwegen, einer Laubbaumallee und der grünen Natur umgeben. Das Gebiet ist der Ausläufer des Saums entlang der Wieseck, dieWieseckaue, die Gießen von Norden aus ungefähr auf Höhe derTHM am Innenstadtrand erreicht und von dort als eingewachsener Kanal die Gründerzeitquartiere um das alte Stadtzentrum umfließt. Ein beliebter Platz zum Sonnen ist er mit seiner direkten Nähe zumSchwimmbad Ringallee, einem ebenso häufig genutzten Freizeitziel Gießens.
Gießen richtete 2014 die5. Hessische Landesgartenschau unter dem Motto „Auf zu neuen Ufern“ aus.[86] Im Zuge der Landesgartenschau entstanden an der Lahn dieMühlengärten und das Gebiet um den Schwanenteich wurde im Anschluss an sie zumStadtpark Wieseckaue.
Gießen verfügt über eine Reihe bekannter Sportvereine. Hier ist die lange in der Herren-Basketball-Bundesliga spielende Mannschaft zu Hause; sie spielte unter den NamenMTV 1846 Gießen, jetztJobstairs Gießen 46ers. Sie hat bislang sowohl fünf deutsche Meisterschaften (1965, 1967, 1968, 1975, 1978) als auch dreideutsche Pokalsiege (1969, 1973, 1979) erringen können. Die Mannschaft spielte zwischen 2014 und 2016 in der2. Basketball-Bundesliga, wo sie nach dem Abstieg aus derBasketball-Bundesliga2022 wieder spielt. Die zweite Mannschaft spielt alsDepant Giessen46ers Rackelos in derProB. Zudem gehört der MTV 1846 Gießen zu den ältesten noch existierenden Sportvereinen Deutschlands.
In der Vergangenheit gelangten die Bundesliga-Volleyballer desUSC Gießen (Deutscher Meister 1982, 1983, 1984; Deutscher Pokalsieger 1984), dieHandballfrauen desTV Lützellinden oder auch die Tischtennis-Spieler des Gießener SV (GSV) zu überregionalen Titelehren. Die Handballerinnen des TV Lützellinden, eine der erfolgreichsten deutschen Mannschaften der 1990er Jahre, erhielten 2004 keine Lizenz mehr für dieHandball-Bundesliga und wurden 2005 endgültig vom Spielbetrieb abgemeldet.
DerRudersport ist mit drei Vereinen (WSV Hellas Gießen,Gießener Ruderclub Hassia 1906, Gießener Rudergesellschaft) vertreten. Der erfolgreichste und zugleich älteste unter ihnen ist die Gießener Rudergesellschaft 1877. 1954 gründeten die drei Vereine den Regatta-Verein Gießen, der als Ausrichter bzw. Veranstalter der mittlerweile größtenRuderregatta Deutschlands fungiert, der Internationalen Gießener Pfingstregatta. Auf der Regattastrecke an der Lahn gingen in den letzten Jahren jeweils mehr als 2000 Ruderinnen und Ruderer aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland an den Start. Die Gießener Pfingstregatta ist zudem eine der ältesten Regatten in Deutschland – die erste Ruderregatta fand bereits 1882 in Gießen statt. Seit 2012 stellen der Gießener Ruderclub Hassia und die Gießener Rudergesellschaft gemeinsam den Gießen-Achter, der in derRuder-Bundesliga startet.
ImBehindertensport ist derVRGB Gießen 1953 erfolgreicher Vertreter der Stadt Gießen. Die Frauenmannschaft imBosseln (Reha-Sport) errang 2014 den Titel des Hessenmeisters. 2021 bewarb sich die Stadt alsHost Town für die Gestaltung eines viertägigen Programms für eine internationale Delegation derSpecial Olympics World Summer Games 2023 in Berlin. 2022 wurde sie als Gastgeberin fürSpecial Olympics Elfenbeinküste ausgewählt.[88] Damit wurde sie Teil des größten kommunalen Inklusionsprojekts in der Geschichte der Bundesrepublik mit mehr als 200 Host Towns.[88]
Außerdem gibt es in Gießen Deutschlands älteste Tanzschule, die Tanzschule Bäulke – gegründet 1787. Sie wird derzeit in der sechsten Generation fortgeführt. Des Weiteren gibt es in Gießen einen Schützenverein mit der größten Bogenabteilung Hessens. Mit der Damenmannschaft derTSG Wieseck hatte Gießen bis einschließlich 2009 auch eine Leichtathletik-Bundesliga-Mannschaft. Neben den genannten Vereinen hat Gießen noch eine Vielzahl von Fußballvereinen, etwa denFC Gießen, der zum 1. Juli 2018 nach dem Zusammenschluss desVfB Gießen mit dem SC Teutonia Watzenborn-Steinberg entstand und dessen Herrenmannschaft von2019 bis2022 und2024/25 in derRegionalliga Südwest spielte, die TSG Wieseck und die Fußballabteilung des MTV 1846 Gießen sowie desTSV Rödgen.
Denkmal für den historischen Gießener Schlammbeiser
Der oft verächtlich benutzte BegriffSchlammbeiser, auch Schlammp-Eiser, ist derOrtsneckname der Gießener Bevölkerung. Der Begriff geht zurück auf das „Schlamp-Eisen“, ein Werkzeug eines Kanalreinigers („Schlamp-Eissers“), der – bevor es geschlossene Kanalisationen gab – den Müll und Schmutz der Häuser („Schlammp“) mit einer langen Eisenstange („Eisen“) holte und mit Holzkarren außerhalb des Ortes entsorgte. Zwischen den Häusern gab es oft kleine Gassen, in denen Kübel standen. In dem Freiraum über diesen Gassen hingen die Aborte der Häuser. Die Schlammbeiser zogen mit ihren langen Stangen die Kübel aus den kleinen Gassen heraus und leerten sie.
Im November 2005 wurde auf dem Gießener Kirchenplatz ein durch Spendengelder finanziertes Denkmal für den historischen Gießener Schlammbeiser eingeweiht. Die Statue scheint Ähnlichkeit mit dem Initiator der Spendenkampagne zur Errichtung des Denkmals, Axel Pfeffer, zu haben. Der Schlossermeister vertritt als regional bekannte FastnachtsfigurSchlammbeiser die Gießener Bevölkerung „in der Bütt“.
Der Name wird außerdem verwendet:
für die Schlammbeiser Kirmes am Messeplatz und den Schlammbeiser Krämermarkt
für das von der Stadt und den Lahnanliegern organisierte Fest „Schlammbeisers Lahnlust“
für ein Bier der 2017 gegründeten Gießener Brauerei GmbH & Co. KG[89]
als Namensgeber für Gießener Vereine
Schiffsname beim Gießener Marineverein e. V.
für das Schlammbeiser-Science-Camp der Gießener Stadtwerke für Grundschulkinder
1991 wurde Charly Weller für seinen Spielfilm „Schlammbeißer“ mit demMax-Ophüls-Förderpreis ausgezeichnet.
Gießen ist ein Verkehrsknotenpunkt Mittelhessens und Hessens und verbindet zum BeispielFulda,Kassel,Frankfurt am Main undSiegen miteinander. Das Lahntal bündelt die Verkehrsströme aus Norden (Marburg, Kassel) und Westen (Wetzlar,Limburg,Koblenz), die Wetterau schafft die Verbindung nach Süden (Frankfurt).
Gießen ist umgeben von einem Teil-Autobahn-Netz, demGießener Ring. Dieser besteht aus den regionalen AutobahnenA 480 (von Wettenberg zum Reiskirchener Dreieck) undA 485, der im Westteil des Rings verlaufendenB 429 sowie der überregionalenB 49 (Trier-Wetzlar-Alsfeld). Die A 485 ersetzt im Gießener Raum dieBundesstraße 3, die früher mitten durch Gießen verlief.
Komplettiert wird das Autobahnnetz mit den überregional und international bedeutenden AutobahnenA 5 von Frankfurt nach Kassel undA 45 vonDortmund nachAschaffenburg. In südöstliche Richtung nachLich undHungen verläuft außerdem dieBundesstraße 457.
Das Stadtgebiet wurde nach den schweren Kriegszerstörungenautogerecht wiederaufgebaut, breite Einfallstraßen führen zu einer vierspurigen Ringstraße im Verlauf der ehemaligenWallanlagen. Die einzelnen Abschnitte des Anlagenrings gehören zu den meistbefahrenen Orten der Stadt.[90] Der Stadtkern innerhalb der ehemaligen Wallanlagen ist seit den 1980er Jahren für den Autoverkehr weitgehend gesperrt.
Zudem verfügt Gießen seit 2005 über einParkleitsystem, das die Stadt in vier Parkzonen (Nord, Süd, Ost und West) einteilt und in den jeweiligen Bereichen die Anzahl an freien Parkplätzen auflistet.
Im Gießener Stadtgebiet gibt es zwei Lahnüberquerungen: Die Sachsenhäuser Brücke verbindet in Höhe desOswaldsgartens die Gießener Weststadt direkt mit der Innenstadt. 300 m weiter südlich liegt dieKonrad-Adenauer-Brücke und nimmt den Verkehr in Richtung Heuchelheim auf. Anlässlich der Landesgartenschau 2014 wurde in der Verlängerung der Sudetenlandstraße eine neue Rad- und Fußwegebrücke geplant, welche die Nordstadt mit dem Stadtteil Gießen-West verbindet. Der nach einem Gießener Rudersportler benannteChristoph-Rübsamen-Steg wurde am 1. Mai 2014 eröffnet.[91]
DerBahnhof Gießen ist bis heute ein Knotenpunkt im Bahnverkehr. Der Bau derSchnellfahrstrecke Hannover–Würzburg in den 1980er Jahren, die den Fernverkehr zwischen Frankfurt und Kassel heute statt über Gießen überFulda leitet, verschob die Bedeutung im Bahnnetz allerdings zugunsten der osthessischen Stadt.
Die wichtigste Bahnstrecke in Gießen ist die in Nord-Süd-Richtung verlaufendeMain-Weser-Bahn von Frankfurt nach Kassel. DieKöln-Gießener Eisenbahn über Wetzlar undSiegen verbindet Mittelhessen mit demRheinland und demRuhrgebiet. Durchbindung an dieLahntalbahn nach Wetzlar. Ab Wetzlar folgt die Verbindung dem Fluss über Limburg bis Koblenz. DieVogelsbergbahn nachAlsfeld und Fulda umgeht das Gebirge, wie auch die Autobahn A 5, an seiner Nordseite. DieBahnstrecke Gießen–Gelnhausen führt an den südlichen Ausläufern des Vogelsberges vorbei, durch die östliche Wetterau ins Kinzigtal. Hierbei führt sie durch die StädtePohlheim, Lich, Hungen,Nidda undBüdingen.
Gießen besitzt einen Bahnhof und folgende Haltepunkte:
Oswaldsgarten (Haltepunkt an derMain-Weser-Bahn für Regionalzüge von und nachMarburg; Eröffnung 2004)
Watzenborn-Steinberg (Haltepunkt an derBahnstrecke Gießen–Gelnhausen, liegt auf Gießener Stadtgebiet, jedoch nach dem benachbarten Ort benannt)
Hinzu kommen der Güterbahnhof sowie der im Stadtteil Kleinlinden gelegene Abzweigbahnhof Gießen-Bergwerkswald, der eine direkte Verbindung der Strecken von/nach Frankfurt bzw. Wetzlar unter Umgehung des Bahnhofs Gießen ermöglicht. Bis 2003 gab es in Gießen einBahnbetriebswerk.
Den Nahverkehr in Gießen bestreiten heute unter anderem dieStadtwerke Gießen mit 16[92] Omnibuslinien. Gießen besaß von 1909 bis 1953 eineStraßenbahn und von 1941 bis 1968Oberleitungsbusse. Seit Oktober 2008 werden im Auftrag der Stadt am Wochenende zwei stündlich verkehrende Nachtbuslinien betrieben, deren Nutzung kostenfrei ist.[93]
Gießen ist eine der wenigen deutschen Städte mit unter 100.000 Einwohnern, die über zwei redaktionell unabhängig voneinander erscheinende Tageszeitungen verfügen. Sowohl derGießener Anzeiger, eine der ältesten noch erscheinenden Tageszeitungen Deutschlands (ab 1750 alsGießener Wochenblatt), als auch dieGießener Allgemeine Zeitung (von 1946 bis 1966 erschienen alsGießener Freie Presse) versorgen die Bevölkerung mit Neuigkeiten. Beide Zeitungen verfügten lange über eigene Druck- und Verlagshäuser. Die Druckerei des Gießener Anzeigers wurde Ende Dezember 2017 geschlossen. Im Oktober 2021 verkaufte dieVRM aus Mainz den „Gießener Anzeiger“ an die Mittelhessische Druck- und Verlagsgesellschaft, die ebenso zurZeitungsholding Hessen gehört wie die „Gießener Allgemeine“ oder die „Frankfurter Rundschau“.[94] Außerdem werden in Gießen dieGießener Zeitung, die samstags kostenlos alle rund 38.000 Haushalte der Stadt mit Informationen von Hobbyreportern versorgt, sowie derExtra Tipp und dasSonntag-Morgenmagazin, die donnerstags bzw. sonntags kostenlos herausgegeben werden, verteilt.
DerHessische Rundfunk unterhält sein Studio für die Region Mittelhessen in der Stadt, und auch der hessische PrivatsenderHit Radio FFH sowieRTL Hessen sind mit Regionalstudios vertreten. Zudem gibt es noch einen Bürgerfernsehsender, denOffenen Kanal Gießen, der seinen Sitz im Unteren Hardthof nahe dem Evangelischen Krankenhaus hat.
Zu weiteren Angeboten gehört die Gießen App, die von derDistama GmbH betrieben wird und seit 2014 zum Download zur Verfügung steht.[95]
Die wichtigste und bekannteste Bildungseinrichtung der Stadt ist dieJustus-Liebig-Universität (JLU). Sie wurde bereits 1607 von LandgrafLudwig V. gegründet und hieß nach ihm bis 1945Ludwigsuniversität oderLudoviciana. Dem Landgrafen ist die Universität dennoch bis heute verbunden: Das Hauptgebäude der JLU steht in derLudwigstraße in der südlichen Innenstadt. 2005 waren 21.177 Studierende an der JLU immatrikuliert, zum Wintersemester 2011 wurde erstmals die Marke von insgesamt 25.000 Studierenden und 6000 Erstsemestern überschritten. Der Schwerpunkt der Lehre liegt auf den naturwissenschaftlichen und medizinischen Fächern. Die JLU bietet als eine der wenigen Universitäten in Deutschland auchVeterinärmedizin undAgrarwissenschaften an.
Neben den Gebäuden an der Ludwigstraße sind die Institute der Universität in zwei großen Bereichen konzentriert, demPhilosophikum I und II im Osten der Stadt sowie den medizinischen und naturwissenschaftlichen Instituten im Süden von Gießen, wo sich auch das privatisierteUniversitätsklinikum Gießen und Marburg befindet. Rund 500 Meter nordwestlich desPhilosophikums I liegt der eigenständige Campus der Wirtschaftswissenschaften und Rechtswissenschaften.
Die zweite Hochschule in Gießen ist die 1971 gegründeteTechnische Hochschule Mittelhessen, ehemals Fachhochschule Gießen-Friedberg (Ursprung: die 1838 gegründete Gewerbeschule), mit gut 17.500 Studierenden, davon 10.600 am Campus Gießen (Sommersemester 2018).[96]
Gießen gilt mit einer Studierendenquote von 42 Prozent als Stadt mit der höchsten Studierendendichte in Deutschland. Auf rund 89.000 Einwohner kommen insgesamt rund 37.000 Studenten.[97]
Das Katholische Bildungswerk Oberhessen[98] ist Träger der Katholischen Erwachsenenbildung imBistum Mainz in den Kreisen Vogelsberg, Gießen und der Wetterau.
Die FirmaGail galt früher als renommiertes Keramik- und Tonunternehmen und stellte unter anderem Produkte für denElbtunnel,Stadien, Olympiahallen und -schwimmbäder undSpace Shuttles her. Mittlerweile sind einige Teile des Unternehmens abgespalten, die Basis besteht jedoch immer noch. Auch die Anlagen derOlympischen Sommerspiele 2008 inPeking wurden unter anderem von Gail ausgestattet.
Giessener Pilsner
Das Gießener Brauhaus war bis Anfang 2015 die einzige noch existente Privatbrauerei der Region (abgesehen von Kleinstbrauereien wie dem „Alt-Gießen“, die ihre Produkte nur in ihrerBrauerei verkaufen).[99]
In Gießen befand sich auch das einzige europäische Drucker- und Kopiererwerk vonCanon, bis die Produktion 2008 vorläufig eingestellt wurde. Seither beschränkt sich der Standort Gießen auf Service, Organisation und Planung. Nach derTsunami-Katastrophe 2011 in Japan wurden Teile des Werkes reaktiviert. Eine komplette Produktion ist dort jedoch nicht mehr angesiedelt. Das 1972 gegründete Werk in Gießen war zudem das erste Werk, das Canon innerhalbEuropas eröffnete.
Berühmte Persönlichkeiten der Stadt sind unter anderemJustus Liebig, der Erfinder des Kunstdüngers, nach dem die Gießener Universität benannt wurde,Wilhelm Conrad Röntgen, 1901 der ersteNobelpreisträger fürPhysik, der hier lehrte und begraben ist, undWilhelm Liebknecht, der in Gießen geborene Mitbegründer derSPD.
Johann Wilhelm Baumer war ab 1764 Professor der Medizin an der Universität Gießen, wo er zugleich Bergrat und Landphysikus wurde. 1777 wurde er in Gießen ordentlicher Professor der Chemie und Mineralogie an der Ökonomischen Fakultät.
Georg Büchner studierte in Gießen, gründete 1834 die „Gesellschaft für Menschenrechte“ und veröffentlichte den „Hessischen Landboten“, den er auf derBadenburg verfasste.
Der Psychoanalytiker und Aktivist der FriedensbewegungHorst-Eberhard Richter war von 1962 bis 1991 Professor in Gießen. Er ist Mitbegründer der Internationalen Vereinigung der Ärzte gegen den AtomkriegIPPNW.
Der FilmregisseurCharly Weller besuchte unter anderem die Schillerschule (heute Georg-Büchner-Schule) in Gießen. Er wurde für die TV-Dokumentation4 Wochen ohne Fernsehen mit demAdolf-Grimme-Preis ausgezeichnet.
Fritz Roth, Schauspieler, studierte in Gießen zuerst Landwirtschaft, dann Deutsch und Philosophie.
Hans-Jochen Vogel, ehemaliger Oberbürgermeister von München, Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Bundesjustizminister und Bürgermeister Berlins, sowie sein BruderBernhard Vogel, ehemaliger Ministerpräsident Thüringens und Rheinland-Pfalz’, verbrachten einen Teil ihrer Kindheit in Gießen und besuchten unter anderem dasLandgraf-Ludwigs-Gymnasium.
Til Schweiger, Schauspieler, Regisseur und Produzent, verbrachte seine Jugend in Heuchelheim (Kreis Gießen) und absolvierte das Abitur an der Gießener Herderschule.
Ciara, bürgerlich Ciara Princess Harris, ist eine US-amerikanische R’n’B-Sängerin, die ihre Jugend in Gießen verbrachte. Nachdem sie in die Vereinigten Staaten umgezogen ist, hat sie mehrere Lieder veröffentlicht (1, 2 Step,Like A Boy).
Stefan Bellof war Rennfahrer und wurde 1984 Langstrecken-Weltmeister. Er starb 1985 in Spa-Francorchamps in Belgien bei einem Unfall.
Alexander Donchenko (* 1998),Schachspieler, Großmeister, gilt als eines der größten Schach-Talente Deutschlands. An der Liebigschule in Gießen hat er 2015 sein Abitur abgelegt und wohnt bis heute in Gießen. Seit 2018 ist er Schachprofi und gehört auf derELO-Rangliste des Deutschen Schachbundes zu den Top Ten.
Thomas Michael Martin u. a. (Hrsg.):Festschrift für Erwin Knauß zu seinem 70. Geburtstag. In:Mitteilungen des oberhessischen Geschichtsvereins Gießen, Neue Folge (ISSN0342-1198), Band 77 (1992).
Otto Stumpf:Einwohnerlisten des Amtes Gießen vom 15. bis zum 17. Jahrhundert (1470–1669). Gießen 1983.
Thomas Weyrauch:Städtische Amts- und Gewerbeordnungen der frühen Neuzeit im mittleren Hessen. In:Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen, Neue Folge, Band 72 (1987).
Thomas Weyrauch:Gießener Rechtsquellen für Ämter und Gewerbe 1528–1737. In:Veröffentlichungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen e. V.ISSN0342-1198, Gießen 1989.
Thea Altaras:Stätten der Juden in Gießen von den Anfängen bis heute. (=Die Blauen Bücher.) Königstein im Taunus 1998,ISBN 3-7845-7793-8.
Friedrich Kraft:Geschichte von Gießen und der Umgebung von der ältesten Zeit bis zum Jahre 1265. Darmstadt 1876.
Wolfgang Meyer:Stadt und Festung Gießen in der Franzosenzeit 1796/1797. Gießen 1918.
↑In historischen Dokumenten erscheint die Schreibweise desOrtsnamens im Laufe der Jahrhunderte unterschiedlich: 1197 Giezzen, 1245 Giezin, 1248 Gizen, 1262 Gezen, 1308 Geyzen, 1321 Gizzen, 1326 Giezin, 1332 Gyssin, um 1334/49 Giessen, 1340 Gezin, 1343 Gyzen und 1352 Gizsin.(Gießen, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. In:Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).)
↑Sandra Sosnowski:Gießener Synagoge wiederentdeckt. Einblicke in die neuere Gießener Stadtgeschichte. In:Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hg.):Denkmal Hessen (2/2023), S. 51f.
↑Landesfeuerwehrverband Hessen (Hrsg.):Alle Kraft der Feuerwehr! – 50 Jahre Landesfeuerwehrverband Hessen. Kassel 2004,ISBN 3-927006-48-3,S.128.
↑A. C. Grayling:Die toten Städte: Waren die alliierten Bombenangriffe Kriegsverbrechen?, München 2009 (Original: London, 2006) schrieb813 Tote (S. 382, ohne Nennung einer Quelle)
↑Charles B. MacDonald (Hrsg.):United States Army in World War II, European Theater of Operations: The Last Offensive, 1973,Seite 351.
↑Alice Noll:Die UNRRA in Hanau. Das Tagebuch des Harry Heath. Leiter des DP-Camps Hanau 1945, Magistrat der Brüder-Grimm-Stadt Hanau, Hanau 2021, S. 119
↑Markus Häfner:Displaced Persons in Hanau: Rückführung und Integration, in:Neues Magazin für Hanauische Geschichte, Hanauer Geschichtsvereins 1844 e. V., Hanau 2016, S. 214
↑Nachwahlen aus Anlaß der Neugliederung des Lahn-Dill-Gebiets; Erlass vom 9. Juli 1979. In:Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1979Nr.30,S.1545,Punkt 814 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF;6,0MB]). Nachwahlen aus Anlaß der Neugliederung des Lahn-Dill-Gebiets; Erlass vom 1. August 1979. In:Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1979Nr.32,S.1610,Punkt 868 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF;6,5MB]).
↑Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen von Gemeinden vom 15. September 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.):Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971Nr.39,S.1603,Punkt 1320; Abs. 16. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF;9,2MB]).
↑Eckart Roloff, Karin Henke-Wendt:Kriegstraumata, das Grauen der NS-Zeit, die Besinnung danach. (Vom Wert des Menschen, Gießen) In:Besuchen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Eine Tour durch Deutschlands Museen für Medizin und Pharmazie. Band 2, Süddeutschland. Verlag S. Hirzel, Stuttgart 2015, S. 191–192,ISBN 978-3-7776-2511-9
↑Fritz Neuschäfer:Die Geschichte der „Jenischen“ und „Manischen“ in Gießen. In: Manfred H. Klös (Bearb.):Ein Stück Gießener Geschichte. Gießen 1988, S. 51–55.
↑Randolf Fügen:Highlights in Mittelhessen. S. 102.