DieGeschichte liberaler Parteien beginnt im weitesten Sinne mit den Publikationen und Handlungen liberal denkender Philosophen, Schriftsteller und Staatsmänner etwa im 18. Jahrhundert. Dabei ist es nicht immer einfach, gemäßigte Konservative von frühen Liberalen abzugrenzen, zum Beispiel im Falle vonMontesquieu in Frankreich,Hardenberg in Preußen undHogendorp in den Niederlanden.
Der früheLiberalismus war wie derKonservativismus eine Angelegenheit der Oberschicht. So wie die Konservativen die gottgewollten Standesunterschiede zwischen den Menschen betonten und alte Privilegien aufrechterhalten wollten, so gingen die Liberalen davon aus, dass Bildung und Besitz natürliche Unterschiede ausmachten und im Staatsaufbau berücksichtigt werden müssten. Darum waren die Liberalen, teilweise bis ins 20. Jahrhundert, keineDemokraten und lehnten das allgemeineWahlrecht ab. Die zeitweise Stärke der Liberalen bei Wahlen (in Deutschland vor allem in den 1860er- und 1870er-Jahren) rührte zum Teil von den Bestimmungen im Wahlrecht und Wahlsystem her, das Besitzende bevorzugte.
InGroßbritannien und denUSA hatten Liberale bereits früh einen großen Einfluss, während auf dem europäischen Festland erst das 19. Jahrhundert zum Jahrhundert der Liberalen wurde. DieFranzösische Revolution von 1789 setzte die politische Landschaft in ganz Europa in Bewegung, und auch die späteren Revolutionen (1830, 1848) hatten diesen Einfluss. Die Liberalen sahen sich in der Regel allerdings nicht als Revolutionäre, sondern als Reformer. Sie traten fürGewerbefreiheit, niedrige Steuern,Freihandel sowie für denRechtsstaat ein. So standen sie oft zwischen der revolutionären, demokratischen Linken einerseits und den Konservativen, die traditionell an der Macht waren, andererseits. Jedoch kam es in vielen Ländern auch zu einer Spaltung des politischen Liberalismus in eine rechte, die traditionellen Regierungen unterstützende Richtung, und eine linke, oftmals oppositionelle.
Um 1900 und vor allem nach 1918 nahm die Stärke der liberalen Parteien in den Parlamenten erheblich ab. Das lag an der Einführung des allgemeinen Wahlrechts, aber auch an Veränderungen in anderen Parteien: die Konservativen und Sozialisten öffneten sich langsam zur politischen Mitte hin und zogen rechte bzw. linke Liberale an. Dennoch blieben die Liberalen in vielen Ländern gängige Regierungsparteien, die sich als Korrektiv einer ansonsten rechten oder (seltener) linken Regierung sahen.

Erste Höhepunkte des politischen Liberalismus in den deutschen Staaten nach der Aufklärung, die mitImmanuel Kant im 18. Jahrhundert einen bedeutenden philosophischen Vertreter im damalspreußischenKönigsberg hatte, fallen in die Zeit desVormärz zwischen 1815 und 1848. Diese Phase der deutschen Geschichte war stark geprägt von der Kultur derRomantik und den Philosophien desDeutschen Idealismus (vgl.Fichte,Hegel,Schelling).
In der Zeit desVormärz verband sich der Liberalismus mit den Ideen einer nationalstaatlichen Einheit der deutschen Staaten. Bedeutende Ereignisse waren zum Beispiel dasWartburgfest 1817, dasHambacher Fest 1832 und dieRevolution von 1848. Die entsprechenden vorrevolutionären liberalen Bewegungen bekämpften die wieder amAbsolutismus ausgerichteten Fürstentümer während der nachnapoleonischen Ära und später der demWiener Kongress (1814/15) bis 1848 folgendenRestauration. Sie forderten Verfassungen und demokratische Rechte für das Volk. Zugleich traten sie für die Einigung der Staaten desDeutschen Bundes in einem gesamtdeutschenNationalstaat ein.
Während der durch dieMärzrevolution entstandenenNationalversammlung in derFrankfurter Paulskirche 1848/1849 stellten die bürgerlich-liberalen FraktionenCasino undWürttemberger Hof (Heinrich von Gagern), die sogenannten „Halben“, die Mehrheit. Sie traten für einekonstitutionelle Monarchie, Volkssouveränität und parlamentarische Rechte ein. Die Minderheit der „Ganzen“, der ebenfalls dem Liberalismus, teilweise auch demFrühsozialismus zugeordnetenRadikaldemokraten, unter ihnen beispielsweiseRobert Blum, forderte eine deutscheRepublik. Am 6. Juni 1861 gegründete sich mit der liberalenDeutschen Fortschrittspartei die erste (deutsche) Programmpartei moderner Prägung im preußischen Berlin.[1][2]



DieDeutsche Fortschrittspartei (DFP), die sich im Juni 1861 gründete, war die erstepolitische Partei Deutschlands im heutigen Sinn, mit einem Parteiprogramm, in dem fest umrissene politische Ziele formuliert wurden. Dazu zählte neben der nationalstaatlichen Einigung der imDeutschen Bund nur locker miteinander verbundenen deutschen Einzelstaaten unter der FührungPreußens vor allem die konsequente Verwirklichungrechtsstaatlicher Prinzipien. Infolge despreußischen Verfassungskonflikts der 1860er Jahre kam es dann zwischen 1866 und 1868 – also noch vor der Gründung desDeutschen Kaiserreichs – zur Spaltung des parteipolitisch organisierten Liberalismus. Vom rechten Flügel der Fortschrittspartei spaltete sich 1867 dieNationalliberale Partei (NLP) ab. Sie unterstützte die PolitikBismarcks und favorisierte im Prozess der Reichseinigung einekleindeutsche Lösung, das heißt den Zusammenschluss der deutschen Einzelstaaten ohne die EinbeziehungÖsterreichs. Die NLP näherte sich denKonservativen und stellte lange Zeit die stärkste Fraktion imReichstag des Kaiserreichs.

Die verbleibende Fortschrittspartei fusionierte 1884 mit derLiberalen Vereinigung (LVg), dem ehemals „linkeren“ Flügel der NLP, der sich infolge der Unterstützung der „rechteren“ Parteiführung für dieSchutzzollpolitikBismarcks 1880 abgespaltet hatte, zurDeutschen Freisinnigen Partei (DFrP). Unter dem ParteiführerEugen Richter trat die DFrP für die uneingeschränkte Umsetzung demokratischer Freiheitsrechte ein und sprach sich für eine strikteTrennung von Staat und Kirche aus. Daneben forderte sie unter anderem die Abschaffung der Bismarck’schen Schutzzollpolitik und lehnte die von ihm vorgeschlagenenSozialgesetze vehement ab. Die beiden Parteiflügel – ehemalige Fortschrittler und Sezessionisten – fanden jedoch nie richtig zueinander, so dass sich die DFrP 1893 in die „linkere“Freisinnige Volkspartei (FrVP) und die „rechtere“Freisinnige Vereinigung (FrVg) aufspaltete. Letztere nahm 1903 denNationalsozialen Verein (NsV) auf, der 1896 vonFriedrich Naumann gegründet worden war. Aufgrund der Teilhaberschaft amBülow-Block verließ eine kleine Gruppe umTheodor Barth die FrVg und gründete 1908 dieDemokratische Vereinigung (DVg). Als linksliberale Sammelbewegung ging 1910 aus einem Zusammenschluss der FrVP, der FrVg und der vor allem in Süddeutschland agierendenDeutschen Volkspartei (DtVP) schließlich dieFortschrittliche Volkspartei (FVP) hervor.
Mit dem Erstarken derArbeiterbewegung mussten die Liberalen nach und nach ihren Einfluss als prägende politische Kraft mit denSozialdemokraten teilen und – bezogen auf das Wählerpotenzial – bis Anfang des 20. Jahrhunderts sogar an sie abgeben. Die Reichsregierung wurde im Kaiserreich jedoch vom Kaiser bestimmt und ging nicht aus der Mitte des Parlaments hervor. Die Liberalen mussten also keine Regierung bilden, wozu sie sowieso nur schwerlich eine Mehrheit gesehen hätten: die Sozialdemokraten wurden damals als nicht regierungsfähig angesehen, und auch die Katholiken waren vielen Liberalen suspekt.
Im spätenKaiserreich setzten sich die Liberalen – angespornt insbesondere durchFriedrich Naumann – für die Ziele derFrauenbewegung ein. Führende Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung wieHelene Lange,Maria Lischnewska oderGertrud Bäumer engagierten sich in politischen Parteien und versuchten von dort aus, die Rechte der Frauen zu verstärken.[3]
In der Gründungsphase derWeimarer Republik nach derNovemberrevolution nahmen die Liberalen neben der Sozialdemokratie und dempolitischen Katholizismus (Zentrumspartei) wieder eine wichtige Rolle im parlamentarischen Parteienspektrum ein. Aus den links- und nationalliberalen Vorgängerorganisationen der Kaiserzeit gingen erneut zwei Parteien hervor: DieDeutsche Demokratische Partei (DDP) und dieDeutsche Volkspartei (DVP). Letztere stand trotz ihres gleichen Namens in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der DtVP des Kaiserreichs.
Die linksliberale DDP war zusammen mit derSPD und demZentrum an der sogenanntenWeimarer Koalition, aus deren Mitte zwischen Februar 1919 und November 1922 vier der ersten fünf Reichsregierungen hervorgingen, beteiligt. Obwohl die DDP seit 1920 von Wahl zu Wahl stetig Stimmenverluste hinnehmen musste, wirkte sie bis Mai 1932 auch an allen übrigen Regierungen mit. Die nationalliberale DVP, die im Verlauf der Weimarer Republik ähnlich an Wählerzuspruch verlor, war seit Juni 1920, als sie erstmals in die Regierung eintrat, bis Mai 1932 an elf der insgesamt zwölf Regierungen beteiligt.

Während die DDP eine eher sozialliberale Politik vertrat und die Republik von Anfang an unterstützte, gab es in der DVP, die zu ihrem größten Teil aus der die Monarchie stützendenNationalliberalen Partei (NLP) hervorgegangen war, eine starke republikfeindliche Strömung. Der kleine „linke“ Flügel der NLP war 1918 zur DDP übergetreten, während sich der „rechtsnationalistisch“-völkische Flügel derDeutschnationalen Volkspartei (DNVP) anschloss.
Die DVP beteiligte sich 1920 erstmals und dann von 1922 bis 1932 durchgängig an der Reichsregierung. MitGustav Stresemann stellte sie 1923 für wenige Monate in einerGroßen Koalition – aus SPD, Zentrum, DDP und DVP – denReichskanzler und dann mit diesem und seinem NachfolgerJulius Curtius über viele Jahre denAußenminister. Stresemann stand nach eigener Aussage aus Vernunftgründen hinter der Republik und versöhnte die Partei mit der republikanischen Staatsform, hatte jedoch bedeutenden innerparteiliche Widersacher, u. a. imGroßindustriellenHugo Stinnes. Nach Stresemanns Tod (1929) orientierte die DVP sich immer stärker nach rechts und gehörte schließlich auch zu denjenigen, die das parlamentarische System zugunsten einer autoritäreren Lösung ändern wollten.
Die DDP vereinigte sich 1930 nach heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen mit der aus der bündischen Tradition kommendenVolksnationalen Reichsvereinigung und benannte sich inDeutsche Staatspartei (DStP) um. Die teilweise antisemitische und nationalistische, andererseits aber auch für die Aussöhnung mit Frankreich stehende Gruppe der Volksnationalen fügte der Partei allerdings einen Ansehensschaden bei ihren Stammwählern zu, ohne neue Wählerschichten zu erschließen. Ein Großteil des linken Flügels verließ die Partei, darunter auch der Pazifist undFriedensnobelpreisträger von 1927,Ludwig Quidde, und gründete die kurzlebigeRadikaldemokratische Partei (RDP), die jedoch bis zum Untergang der Republik eine außerparlamentarische Splittergruppe blieb.
Nach 1930 wurden beide Parteien bei den Reichstagswahlen aufgerieben und erreichten bei derReichstagswahl im März 1933 zusammen nur noch zwei Prozent der Stimmen und sieben von 647 Sitzen.
In derZeit des Nationalsozialismus wurden liberale Parteien verboten, sofern sie sich nicht selbst auflösten. Viele Liberale wurden politisch verfolgt oder sahen sich zurEmigration gezwungen. Bis in die Gegenwart gelten Persönlichkeiten aus der Weimarer Zeit, wie unter anderemFriedrich Naumann,Max Weber,Walther Rathenau,Gustav Stresemann,Hugo Preuß,Reinhold Maier,Theodor Heuss,Ludwig Quidde als Protagonisten des politischen Liberalismus.

Nach demZweiten Weltkrieg versammelten sich frühere Links- wie Nationalliberale in Parteien auf Landes- oder regionaler Ebene, die zumeist Namensbestandteile wieDemokratische,Liberal-Demokratische,Freie Demokratische oderDemokratische Volkspartei hatten. Nach dem Scheitern der alle vier Besatzungszonen umfassendenDemokratischen Partei Deutschlands (DPD) schlossen sich die liberalen Gruppen der drei westlichen Zonen im Dezember 1948 zurFreien Demokratischen Partei (FDP) zusammen. Die Spaltung des Liberalismus in ein national- und ein linksliberales Lager wollten sie überwinden. Eine Reihe ehemaliger DDP- und DVP-Politiker schloss sich aber auch der neuen überkonfessionellen SammelparteiChristlich Demokratische Union (CDU) an, die infolgedessen neben dem christlichen und konservativen auch ein nennenswertes liberales Erbe hat.[4]
Die FDP war unter anderem mitThomas Dehler,Erich Mende,Walter Scheel,Hans-Dietrich Genscher undKlaus Kinkel an verschiedenen Bundesregierungen sowohl in einer Koalition mit der CDU/CSU als auch mit derSPD beteiligt. Sie war dritt- und von 1994 bis 2005 viertstärkste Kraft unter den imBundestag vertretenen Parteien. MitTheodor Heuss stellte die FDP von 1949 bis 1959 den erstenBundespräsidenten derBundesrepublik Deutschland und mit Walter Scheel von 1974 bis 1979 den vierten.
Im Saarland, das der Bundesrepublik erst 1957 beitrat, gab es eine eigenständige liberale Partei, dieDemokratische Partei Saar (DPS). Sie wurde nach der Unterwanderung durch deutsch-nationalistische Kräfte und ehemalige Nationalsozialisten 1951 verboten. Im Vorfeld der Volksbefragung über den Status des Saarlands im Oktober 1955 wurde sie wieder zugelassen. Nach dem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland wurde sie ein Landesverband der FDP.
Die FDP vereinte in den 1950er-Jahren und darüber hinaus weiterhin zwei sehr unterschiedliche Flügel, den nationalliberalen bis nationalistischen vor allem in Nord- und Nordwestdeutschland (Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen), sowie einen linkeren im Südwesten und in den Stadtstaaten (Baden-Württemberg, Hamburg). Eine Unterwanderungsbewegung durch ehemalige Nationalsozialisten (Naumann-Kreis) führte in Nordrhein-Westfalen 1952 sogar zu einem Eingreifen der britischen Besatzungsmacht. Insgesamt lehnte die FDP sich vor allem an die CDU/CSU an. Eine seltene Ausnahme war die SPD-FDP-Koalition in NRW 1956–1958, mit der die FDP verhinderte, dass die Union mit dem CDU-Ministerpräsidenten von NRW eine Bundesratsmehrheit für ein anderes Wahlrecht erhielt. Damals entstand um die Düsseldorfer „Jungtürken“ umWilli Weyer,Wolfgang Döring undWalter Scheel eine Gruppe, die zwar ursprünglich von den Nationalen her kam, sich aber darum bemühte, mit beiden großen Parteien koalitionsfähig zu sein. Dies wurde dann die eigentliche Mitte der FDP, unter anderem mitHans-Dietrich Genscher, nach dem diese Einstellung später scherzhaft „Genscherismus“ genannt wurde. 1968 wurde ihr Exponent Walter Scheel Parteivorsitzender und löste damit den national-liberalen VorgängerErich Mende ab.

Es begann eine Diskussion um einen „ganzheitlichen“ oder „modernen“ Liberalismus, der mit dem Beschluss derFreiburger Thesen auf demFDP-Bundesparteitag 1971 mündete. Die linksliberalen Thesen wurden vor allem vonKarl-Hermann Flach,Werner Maihofer undWalter Scheel unterstützt. Den Text hatte hauptsächlich Maihofer entworfen. Allerdings standen die Thesen kaum für die gesamte Partei und wurden noch im selben Jahrzehnt durch die traditionelleren Kieler Thesen abgelöst. Bei denJungdemokraten entwickelten sich weitergehende Vorstellungen, die sich in dem Grundsatzpapier, den „Leverkusener Manifest“ niederschlugen. Inhaltliche Differenzen führten beispielsweise in Niedersachsen zum vorübergehenden Bruch bei den Jungdemokraten und der Gründung derSozial Liberalen Jugend.
ImBundestagswahlkampf 1969 stand die FDP vor dem Problem, dass sie sich nach links bewegte, während auf der Rechten dieNPD erstarkte. An diese verlor die FDP Teile ihrer rechten Stammwähler. Offiziell hatte die Partei keineKoalitionsaussage gemacht, aber eine Woche vor der Wahl gab Scheel zu erkennen, dass er in Richtung SPD neigte. Nach dem knappen Wiedereinzug in den Bundestag mit 5,8 Prozent ging die Partei eine Koalition mit der SPD unterWilly Brandt ein. Die teilweise Neuorientierung, die Wechsel in der Wählerschaft und die ungewohnte Koalition führte dazu, dass in der Folge Nationalliberale die FDP verließen; einige gründeten die kurzlebigeNationalliberale Aktion. Am bedrohlichsten waren Fraktionsübertritte zur Union, wie sie auch die SPD erlitt. Diesem Trend machte dieBundestagswahl 1972 ein Ende, und Scheel konnte die Koalition mit einem normaleren Wahlergebnis fortsetzen.

Die sogenannte sozialliberale Koalition stand für eine neue Ausrichtung in der Außenpolitik mit denOstverträgen sowie innenpolitischen Reformen. Bald schon machte jedoch spätestens die Ölkrise 1973 weitergehenden Wünschen einen Strich durch die Rechnung. Die sozialdemokratischen Bundeskanzler Brandt und seit 1974Helmut Schmidt konnten sich dabei auf den liberalen Koalitionspartner berufen, um Forderungen der SPD-Linken entgegenzutreten. Schon in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre nahmen die Gemeinsamkeiten der Koalitionsparteien ab, doch die Kanzlerkandidatur des CSU-VorsitzendenFranz Josef Strauß einte SPD und FDP noch einmal. Das letzte Kabinett Schmidt jedoch, seit 1980, spürte spätestens 1982, dass die FDP sich wieder neu orientieren wollte, denn die FDP wollte eine liberalere Haushalts- und Wirtschaftspolitik durchsetzen. Im September 1982 zerbrach die Koalition, und die FDP wählte den CDU-VorsitzendenHelmut Kohl zum neuen Kanzler mit.
Die Wende hin zur Union veranlasste einige Mitglieder zum Austritt aus der FDP. Manche schlossen sich der SPD oder denGrünen an, andere gründeten 1982 dieLiberalen Demokraten (LD). Die LD konnte aber niemals mehr als ein Prozent bei Landtagswahlen erzielen, zuBundestagswahlen trat sie nie an. Im selben Jahr trennten sich Jungdemokraten,Liberaler Hochschulverband (LHV) undLiberale Schüler Aktion (LiSa) einerseits sowie die FDP andererseits voneinander. DieJungen Liberalen wurden Jugendverband der Partei, welcher sich 1979 als Arbeitsgemeinschaft Junger Liberaler in der FDP gegründet hatte. Ende 1987 gründete sich derBundesverband Liberaler Hochschulgruppen (LHG) als neuer FDP-Studentenverband. Durch Veränderung der Mitgliederstruktur bei den Jungdemokraten, dem LHV und der LiSa vor allem durch altersbedingtes Ausscheiden der „Zwei-Wege-Strategen“, entwickelten sich diese zu mehr radikal-demokratisch orientierten Verbänden.
In der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) organisierten sich die liberalen Gruppen im Juli 1945 in derLiberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDP). Wie die FDP im Westen wollte sie das frühere links- und das nationalliberale Lager der Weimarer Republik (DDP und DVP) einen. Sie wurde von derSowjetischen Militäradministration (SMAD) nur unter der Bedingung zugelassen, dass sie sich demBlock der antifaschistisch-demokratischen Parteien anschloss, dem bereitsKPD, SPD und CDU der sowjetischen Zone angehörten. Bei denLandtagswahlen im Oktober 1946, den letzten Wahlen mit verschiedenen Optionen in der SBZ, wurde die LDP mit durchschnittlich 24,6 % zweitstärkste Kraft hinter derSED (zu der SPD und KPD inzwischen zwangsvereinigt worden waren). Am stärksten war die LDP inSachsen-Anhalt, wo sie auf 29,9 % der Stimmen kam. Auch mit dem Ziel, die LDP zu schwächen, wurde 1948 die SED-treueNational-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD) gegründet, die ähnliche gesellschaftliche Schichten ansprach: den bürgerlichen Mittelstand, Handwerker, Kleinhändler.[5][6] Die Liberal-Demokraten galten als diejenige legale Partei, die sich am deutlichsten dem Führungsanspruch der SED widersetzte und gegen sie opponierte.[7][8]
Vor und nach der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 7. Oktober 1949 wurden aber LDP-Politiker, die für eine echte Opposition standen, ausgeschaltet und sie erkannte schließlich, wie alle anderenBlockparteien, die Führungsrolle der SED an. Im Oktober 1951 änderten die Liberal-Demokraten ihre Abkürzung von LDP in LDPD, um den Namensbestandteil „Deutschlands“ stärker zu betonen. Dies entsprach dem damaligen Wunsch der SED, die DDR solle ganz Deutschland vertreten.[9] Über die gemeinsamen Listen derNationalen Front zog bei allen Wahlen in der DDR eine bereits zuvor festgelegte Zahl von LDPD-Abgeordneten in dieVolkskammer ein; die Partei war mit Ministern in allenRegierungen der DDR vertreten sowie ab 1960 imStaatsrat, wo sie bis 1969 zwei, anschließend einen stellvertretenden Vorsitzenden stellte. Viele Mitglieder traten der LDPD (so wie den anderen Blockparteien) weniger aus Überzeugung bei als aus dem Wunsch, der Nötigung zur SED-Mitgliedschaft zu entgehen.[10]
Im Zuge derWende und friedlichen Revolution in der DDR war die LDPD die erste der Blockparteien, die sich von der SED-Führung distanzierte (im September 1989). Es bildeten sich aber auch neue liberale Parteien, darunter die nach dem Vorbild der West-FDP gegründeteF.D.P. der DDR. Auch die von Mitgliedern desNeuen Forums gebildeteDeutsche Forumpartei (DFP) kann als liberal eingeordnet werden. Nach dem RücktrittEgon Krenz’ warManfred Gerlach von der LDPD von Dezember 1989 bis April 1990 letzter Staatsratsvorsitzender der DDR. Im Februar 1990 tilgte die LDPD wieder das zweite ‚D‘ aus ihrer Abkürzung. Zurersten (und letzten) freien Volkskammerwahl im März 1990 schlossen sich LDP, F.D.P. und DFP zumBund Freier Demokraten (BFD) zusammen, der auf 5,3 % der Stimmen kam. Den 21 BFD-Abgeordneten schlossen sich nach der Wahl auch die zwei NDPD-Abgeordneten an, die gemeinsame Fraktion nannte sich „Die Liberalen“. Sie waren bis zum Ende der DDR in derRegierung de Maizière vertreten. Am 11. August 1990 verschmolzen alle vier liberalen Parteien der DDR mit der westdeutschen FDP. Wegen des erheblich höheren parteipolitischen Organisationsgrads der DDR-Bevölkerung stieg deren Mitgliederzahl daraufhin kurzzeitig fast auf das Dreifache, normalisierte sich aber infolge massenhafter Austritte ehemaliger Blockpartei-Mitglieder schnell wieder.[11]
Nach 1998 ging die FDP nach Bildung der erstenRot-Grünen-Koalition auf Bundesebene in dieOpposition. Austritte prominenter Linksliberaler wieHildegard Hamm-Brücher führten auf dem Parteitag 2005 in Köln zu einem Wahlprogramm mit Aussagen zur Wirtschafts- und Bürgerrechtspolitik. Das Resultat dieser neuen Tendenz sind die Ablehnung desGroßen Lauschangriffs, flächendeckenderVideoüberwachung und desbiometrischen Reisepasses. Auf wirtschaftlichem Gebiet fordert die FDP eine grundlegendeSteuerreform, eine Reform derSozialversicherung, die Einführung einesBürgergelds sowie eineEntbürokratisierung der Wirtschaft mit dem Ziel, dasWachstum zu fördern und dadurchArbeitsplätze zu schaffen.
Bei derBundestagswahl 2005 wurde die FDP unter ihrem SpitzenkandidatenGuido Westerwelle mit 9,8 % der Wählerstimmen, also 61 Mandaten nach der CDU/CSU und der SPD, wieder zur drittstärkstenFraktion im 16.Deutschen Bundestag gewählt. Nachdem die FDP bei derBundestagswahl 2009 14,6 % der Stimmen erhielt, und damit mit der Union die absolute Mehrheit im Bundestag hatte, war die FDP an der Bundesregierung als Juniorpartner beteiligt. Sie war im 17. Deutschen Bundestag die drittstärkste Partei. Das Wahlergebnis von 2009 stellt den Stimmen-Rekord der FDP in der Bundesrepublik Deutschland dar.
Die Zeit nach 2009 war von einem Rückgang der Stimmenanteile der FDP bei den folgenden Wahlen gekennzeichnet. So schied sie wiederholt aus verschiedenen Landes- und Kommunalparlamenten aus. Bei derBundestagswahl 2013 verfehlte die FDP die Fünf-Prozent-Hürde und war daher erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland für eine Legislatur-Periode nicht mehr im deutschen Bundestag vertreten.
In den 2000er- und 2010er-Jahren wurde vermehrt diskutiert, ob es sich beiDen Grünen nicht nur um eine ökologische, sondern auch eine sozial- bzw. linksliberale Partei handelt.[12] So konstatierte der ParteienforscherFranz Walter: „Die freisinnigen, radikaldemokratischen, linkslibertären und sozialliberalen Traditionselemente“ seien bei der FDP als Vertreterin des parteipolitischen Liberalismus „gründlich entsorgt“ worden, „in Teilen haben sie sich neu bei denGrünen angesiedelt.“[13]
Auch den beiden erfolgreicheren Parteineugründungen des 21. Jahrhunderts wurden, zumindest in Teilen, Spielarten des Liberalismus zugeschrieben. Der Politologe Simon T. Franzmann schrieb im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2013 von „drei liberale[n] Parteien“ in Deutschland: neben der FDP diePiratenpartei und dieAlternative für Deutschland (AfD).[14] Die Piratenpartei, die ab 2011 in mehreren Landesparlamenten vertreten war, verkörperte einen auf Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik fokussierten Linksliberalismus.[14][15] Die AfD wurde in ihrer frühen Phase unter Führung Bernd Luckes als wirtschafts- und nationalliberal beschrieben.[14][16] Bereits 2014 begann jedoch ein „Exodus“ der Nationalliberalen aus der AfD, während sich ein völkisch-nationalistischer und rechtsextremer Parteiflügel formierte. Als Wendepunkt der AfD von Wirtschafts- und Nationalliberalismus zu Nationalkonservatismus und völkischem Nationalismus gilt die Abwahl Luckes als Parteivorsitzender im Juli 2015.[17]
Bei derBundestagswahl 2017 schaffte die FDP mit 10,7 % der Stimmen als erste vormals aus dem Bundestag ausgeschiedene Partei in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland die Rückkehr in den Bundestag.
Die Geschichte des deutschen Liberalismus wird imArchiv des Liberalismus derFriedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit inGummersbach aufgearbeitet, in dem sich die Unterlagen der FDP befinden.
Auch inÖsterreich erlebten die Liberalen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (nach 1860) einen Aufschwung und stellten eine bedeutende Fraktion im Parlament. So konnte sich langsam die Konfessionsfreiheit, Emanzipation der Juden und die Trennung von Schule und Kirche durchsetzen. Dies alles gegen die Widerstände des Kaisers und der mit ihm verbündeten konservativen Tiroler Abgeordneten. DieDeutschliberalen Partei (auch „Verfassungspartei“ genannt) bestand von 1861 bis 1881. Anschließend gab es eine Reihe kurzlebiger,deutschfreiheitlicher Parteien, z. B. dieVereinigte Deutsche Linke von 1888 bis 1897, und schließlich dieDeutsche Fortschrittspartei von 1896 bis 1910. Die deutschfreiheitlichen und deutschnationalen Parteien schlossen sich 1911 zumDeutschen Nationalverband zusammen.
Nach dem Ende der Monarchie gab es in der Republik Österreich – mit kleinen Ausnahmen (z. B. dieBürgerlich-Demokratische Partei) – lange Zeit keine eigenständige liberale Partei. So waren in derGroßdeutschen Volkspartei zwar auch Nationalliberale vertreten, sie waren jedoch gegenüber den Deutschnationalen bzw. Alldeutschen in der Minderheit. Auch nach demZweiten Weltkrieg konnte sich auf Dauer keine politische Partei halten, die ausschließlich den Zielen des Liberalismus verpflichtet gewesen wäre. So war mitHerbert Alois Kraus zwar einer der Gründer desVerbands der Unabhängigen (VdU; Vorläufer derFPÖ) ein Liberaler, in der Partei gaben aber bald deutschnationale Kräfte und ehemalige Nazis den Ton an. Die FPÖ wurde 1979 in die Liberale Internationale aufgenommen. In der Folgezeit galt sie – vor allem während der SPÖ-FPÖ-Koalition – bis zur Übernahme der Parteiführung durchJörg Haider 1986 als relativ liberal, ohne sich jedoch von ihren deutschnationalen Strömungen zu trennen.

Erst 1993 entstand als Abspaltung der FPÖ mit demLiberalen Forum umHeide Schmidt wieder eine explizit liberale Partei. Diese konnte sich bis 1999 im österreichischenParlament halten; bei den Wahlen 1999 und 2002 scheiterte sie jedoch an der 4-Prozent-Klausel. Bei den Nationalratswahlen 2006 kandidierten Mitglieder des LIF auf der Liste derSPÖ. Dadurch war die Partei mit ihrem BundessprecherAlexander Zach für kurze Zeit wieder im Nationalrat vertreten. ZurNationalratswahl 2008 kandidierte das Liberale Forum mit seiner Frontfrau Heide Schmidt und dem IndustriellenHans Peter Haselsteiner als Wirtschaftssprecher und Vorsitzenden des Unterstützungskomitees, konnte allerdings den Einzug in den Nationalrat nicht erreichen.
2012 wurde mitNEOS – Das neue Österreich eine neue liberale Partei aus der Taufe gehoben. Der ehemaligeÖVP-Mitarbeiter Matthias Strolz war ihr erster Parteiobmann. 2013 bildete NEOS mit dem Liberalen Forum ein Wahlbündnis für dieNationalratswahl 2013. Der liberalen Vereinigung gelang mit 4,9 % der Einzug in den Nationalrat. Am 26. Jänner 2014 fusionierten NEOS und LIF zu einer Partei, die die Mitgliedschaft des LIF in derAllianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) übernahm. Seit derEuropawahl 2014 ist NEOS auch im Europäischen Parlament vertreten.
Die liberale Bewegung entstand in der aristokratisch, städtisch und oligarchisch regiertenalten Eidgenossenschaft bereits während der Aufklärung in Kreisen des benachteiligten Landadels und des Bildungsbürgertums. Nach 1814 kam es auch in der Schweiz zu einer konservativ-aristokratischenRestauration. Besonders die Gleichstellung der ländlichen und städtischen Eliten wurde vielerorts widerrufen. Aus diesem Grund war die liberale Bewegung, die sich als Verteidigerin der Errungenschaften derFranzösischen Revolution sah, vor allem unter den jungen ländlichen Eliten stark vertreten. Die neue liberale Bewegung organisierte sich in Gesangs- und Schützenvereinen sowie Lesegesellschaften. Dabei zerfiel die Bewegung in Liberale (Freisinnige) und Radikale. Letztere forderten ebenfalls die liberalen Freiheitsrechte, wollten aber weitergehend auch das Zensuswahlrecht durch ein allgemeines, freies Männerwahlrecht ersetzen und eine radikale Ablösung der feudalen Grundlasten erreichen. Die Radikalen waren außerdem auch bereit, ihre Ideen mit Gewalt durchzusetzen.
In verschiedenen Kantonen der Schweiz kam es nach derJulirevolution 1830 zu radikalen Umstürzen, der „Regeneration“. Gegen den konservativen Kanton Luzern organisierten die Radikalen 1844/45Freischarenzüge. DerSonderbundskrieg 1847 brachte den Sieg der Liberalen auch auf nationaler Ebene. Die schweizerischeBundesverfassung von 1848 war klar liberal geprägt. Der neu entstandeneschweizerische Bundesstaat war in seinen Anfängen politisch völlig von der freisinnigen Bewegung dominiert.

Nach 1847 wurde im deutschen Sprachraum oft radikal und freisinnig mit liberal bedeutungsgleich verwendet. In der Regel standen die Liberalen politisch eher rechts, die Radikalen oder Freisinnigen eher Mitte-links. Zwischen 1860 und 1870 setzte sich als dritte liberale Kraft die sogenannteDemokratische Bewegung für die Volkswahl der Behörden und für die Einführung von Initiative und Referendum ein, teilweise gegen die dominierende freisinnige Bewegung. Die verschiedenen Gruppierungen der liberalen Bewegung wurden 1894 zum größten Teil in derFreisinnig-Demokratischen Partei (FDP) vereinigt. Diesogenannten Demokraten bildeten zeitweise eine eigenständige Partei.
Daneben existierte noch die, vor allem in denprotestantischen Kantonen derWestschweiz und inBasel verankerte, stark föderalistischeLiberale Partei der Schweiz (LPS), die aber nie nationale Verbreitung fand. Ab 2003 bildete sie mit der FDP in derVereinigten Bundesversammlung (Nationalrat undStänderat) eine Fraktionsgemeinschaft[18]. Nach zahlreichen Annäherungsversuchen wurde Mitte 2005 dieUnion der Freisinnigen und Liberalen (UFL) gegründet. Am 28. Februar 2009 schlossen sich die FDP und die LPS zurFDP.Die Liberalen zusammen.
Die 2004 zunächst im Kanton Zürich, 2007 auch auf nationaler Ebene gegründeteGrünliberale Partei verbindet liberale und ökologische Elemente. Sie ist seit 2019 neben der FDP die zweite schweizerische Vertreterin im europäischen Parteienverband der Liberalen (ALDE).
Der StaatBelgien war 1830 als politische Initiative von Katholiken und Liberalen entstanden, in einer Reaktion auf den Absolutismus der protestantischen Niederlande. Er hatte eine seinerzeit äußerst moderne Verfassung. Nach der Staatsgründung hingegen standen sich Katholiken und Liberale scharf gegenüber.
DieLiberale Partij wurde 1846 gegründet, unterstützt von denFreimaurern des Großorients von Belgien[19][20]. Von 1848 bis 1892, der Periode der Liberalen Hegemonie, hatte sie einen maßgeblichen Einfluss auf die belgische Politik. Die Einführung des allgemeinen Wahlrechts in jener Zeit machte aus ihr allerdings eine kleine Oppositionspartei. Zwischen den beiden Weltkriegen ging ihr Stimmanteil von 24,5 Prozent auf 12,4 Prozent zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Partei bei ungefähr zehn Prozent stehen.
1961 reformierte sich die Partei und benannte sich um: in FlandernPartij voor Vrijheid en Vooruitgang (PVV), in WallonienParti de la Liberté et du Progrès (PLP). Sie hatte wieder Wahlerfolge, etwa 1965 waren es 21,6 Prozent. Allerdings trennte sie sich 1971 in eine flämische und eine französischsprachige Partei, gemäß der föderalistischen Entwicklung, die damals in Belgien einsetzte.

Die flämische PVV reformierte sich 1992 unterGuy Verhofstadt, dem späteren belgischen Premierminister. Es gelang ihm, zur neuen ParteiVlaamse Liberalen en Democraten auch Linksliberale und Christdemokraten anzulocken. Verhofstadt führte von 1999 bis 2003 auf nationaler Ebene einepaars-groene („lila-grüne“) Koalition aus Liberalen, Sozialisten und Grünen (die Christdemokraten mussten erstmals in die Opposition), anschließend eine „lila“ Koalition (ohne die Grünen) und von 2007 bis 2008 schließlich eine Art „Große Koalition“ aus Liberalen, Christdemokraten und wallonischen Sozialisten. Seit der Fusion mit der radikaldemokratischenVivant 2007 nennt die Partei sichOpen VLD. War die VLD im Jahr 2003 noch stärkste Kraft in Flandern (25,9 %), sank sie 2019 auf den vierten Platz ab (13,6 %).
Neben der traditionellen liberalen Partei gab es in Flandern seit 1954 auch dieVolksunie, eine gemäßigt-nationalistische Partei. Durch diesen Nationalismus nahm sie in vielen politischen Fragen einezentristische Position ein, vor allem nach dem Weggang der radikalen Nationalisten (dem späterenVlaams Belang) in den 1970er-Jahren. Die als sozialliberal geltende Volksunie spaltete sich 2001 in die linksliberaleSPIRIT (die sich 2009 denGrünen anschloss) und die stärker konservative und nationale, rechts der Mitte stehendeNieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA). Die N-VA hat seither stark an Bedeutung zugenommen: Bei den Wahlen seit 2010 wurde sie jeweils stärkste Kraft in Flandern, mit 32,5 % der flämischen Stimmen erreichte sie 2014 ihren Höhepunkt.
In den 2000er-Jahren gab es eine Reihe von rechtsliberalen Abspaltungen der VLD bzw. Open VLD. Während derLiberaal Appèl (2002 gegründet) sich im Wesentlichen wieder der Mutterpartei angeschlossen hat, neigteVLOTT (2005) demVlaams Belang zu. Der frühere VLD-SenatorJean-Marie Dedecker gründete 2007 seineLijst Dedecker, die sich später inLibertair, Direct, Democratisch (LDD) umbenannte. Sie wirbt für direktdemokratische Elemente und wird als rechtsliberal, libertär, aber auch rechtspopulistisch eingeordnet.[21] Sie war von 2007 bis 2014 mit wenigen Sitzen im belgischen Parlament sowie im Flämischen und im Europaparlament vertreten.
In Wallonien fusionierte derParti de la Liberté et du Progrès en Wallonie 1976 mit dem gemäßigten Flügel desRassemblement Wallon zumParti de Réformes et de la Liberté en Wallonie (PRL). 1979 kam die französischsprachige Brüsseler liberale Partei hinzu, wodurch dieParti réformateur libéral entstand (ebenfalls PRL abgekürzt).
Im März 2002 ging die PRL imMouvement Réformateur auf. Dem MR traten auch weitere liberale bzw. in der politischen Mitte positionierte Parteien bei, die jedoch ihre organisatorische Eigenständigkeit behielten: die BrüsselerFront démocratique des francophones (FDF), das von den Christdemokraten abgespalteneMouvement des Citoyens pour le Changement (MCC) und die deutschsprachigePartei für Freiheit und Fortschritt (PFF). Die FDF verließ das Bündnis 2011 wieder und nennt sich seit 2015Démocrate Fédéraliste Indépendant (DéFI). Wie in Flandern ist auch im französischsprachigen Teil Belgiens der Stimmenanteil der Liberalen rückläufig: Noch 2007 war das MR mit 33,6 % stärkste Kraft in Wallonien und Brüssel, 2019 waren es nur noch 20,3 %. Das MR stellte mitCharles Michel von 2014 bis 2019 den belgischen Premierminister, er stand einer Mitte-rechts-Regierung aus Liberalen, Christdemokraten und N-VA (bis 2018) vor.
Die 1998 vom MillionärRoland Duchâtelet gegründete sozialliberale ParteiVivant spielt auf nationaler Ebene keine Rolle, ist aber seit 2004 imParlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgiens vertreten.
Eine ähnliche Rolle wie die LDD in Flandern spielte die 2009 gegründete, vorwiegend in Wallonien aktiveParti Populaire (PP). Sie wurde zunächst als rechtsliberal bezeichnet, entwickelte sich aber unterMischaël Modrikamen ab 2010 zunehmend in Richtung Rechtspopulismus.[22] Sie gewann bei den Wahlen 2010 und 2014 jeweils einen Sitz in der belgischen Abgeordnetenkammer.
Die Wurzeln des französischen Liberalismus lassen sich aufMontesquieu,Voltaire, diePhysiokraten undTurgot zurückverfolgen. Vertreter des klassischen Liberalismus in Frankreich sindJean-Baptiste Say,Charles Comte,Charles Dunoyer,Alexis de Tocqueville,Frédéric Bastiat undGustave de Molinari.

Die französischenLiberalen des 19. Jahrhunderts traten in erster Linie für formalen Konstitutionalismus sowie wirtschaftliche Freiheiten (Freihandel und unternehmerische Betätigungsmöglichkeiten) ein, vertraten das Großbürgertum und waren zu Kompromissen mit den Royalisten bereit.[23] Demokratische Rechte wie allgemeines Wahlrecht, Vereinigungs-, Presse- oder Religionsfreiheit standen hingegen nicht auf ihrer Agenda. Diese wurden von denRepublikanern vertreten, die auchRadikale genannt wurden. Sie verkörperten auch eine Richtung des Liberalismus, der aber in Frankreich eben nicht alslibéralisme, sondern alsrépublicanisme oderradicalisme bezeichnet wird. Da sich seit der Dritten Republik (1870 bis 1940) alle maßgeblichen Parteien auf die republikanische Tradition berufen, lehnen sie die Bezeichnung „libéral“ für sich ab, auch wenn es Parteien gibt, die im europäischen Vergleich als liberal eingeordnet werden können.[24]
In der Dritten Republik war die linksbürgerliche, entschieden republikanische und laizistischeParti Radical lange Zeit einflussreich und stellte häufig den Ministerpräsidenten, darunterGeorges Clemenceau,Édouard Herriot undÉdouard Daladier. Ebenfalls als liberal kann die zur gleichen Zeit aktive, rechts der Mitte verorteteAlliance républicaine démocratique (ARD) eingeordnet werden,[25][26] der u. a. die RegierungschefsRaymond Poincaré undPaul Reynaud angehörten.
In der Vierten Republik (1946–58) bestand die Parti radical fort, verlor aber an Bedeutung; an die Stelle der ARD traten mehrere liberal-konservative Parteien, die erfolgreichste davon war dasCentre national des indépendants et paysans (CNIP), das sich von den meisten anderen französischen Parteien (egal welcher politischen Richtung) darin unterschied, dass esstaatlichen Interventionismus ablehnte.[27]

Die Verfassung der Fünften Republik (seit 1958) mit Mehrheitswahlrecht und Direktwahl des Staatspräsidenten begünstigte die Herausbildung großer Parteien oder Blöcke mit charismatischen Anführern und schwächte kleinere Parlamentsparteien, wie sie die Liberalen typischerweise bildeten. Die Parti radical schrumpfte zur Kleinpartei. Da sie sich von der linken in die rechte Mitte bewegte, spaltete sich 1972 der linke Flügel alsMouvement des radicaux de gauche ab, das sich späterParti radical de gauche (PRG) nannte. Der verbleibende Rumpf der Parti radical wird seitdem zur UnterscheidungParti radical valoisien (nach dem Sitz der Parteizentrale am Place de Valois in Paris) genannt.
Während die Parti radical de gauche eine Zusammenarbeit mit dem Linkskartell vonSozialisten undKommunisten befürwortete, schloss sich die Parti radical valoisien 1978 dem Mitte-rechts-BündnisUnion pour la démocratie française (UDF) an. Diesem gehörte auch die eher konservativ-liberaleParti républicain vonValéry Giscard d’Estaing an.[28] Sie stand in der Tradition der ARD, des CNIP und später derRépublicains indépendants. Zum UDF gehörten aber nicht nur liberale, sondern auch christ- und sozialdemokratische Parteien. Bei Wahlen kooperierte die UDF oft mit dergaullistischen Rechten. Die UDF war längere Zeit neben den Gaullisten eine von zwei großen Parteien rechts der Mitte. Allerdings spalteten sich 1997 wirtschaftsliberale Kräfte von der UDF ab und versuchten erfolglos alsDémocratie libérale (DL) einen eigenen Weg.
Die DL schloss sich 2002 der neuen rechten RegierungsparteiUnion pour un mouvement populaire (UMP) an,[29] die die Zersplitterung des bürgerlichen Lagers zu überwinden suchte[30] und neben Gaullisten auch Liberale und Christdemokraten vereinte. Auch die laizistische Parti radical valoisien wurde ein Bestandteil der UMP, behielt aber eigenständige Strukturen. In der von einer lockeren Allianz zu einer Einheitspartei umgewandelten UDF verblieben vorwiegend Christdemokraten.
2007 spaltete sich die UDF in das vom Mitte-rechts-Lager unabhängigeMouvement démocrate (MoDem) und das weiterhin eng mit der UMP zusammenarbeitendeNouveau Centre (auch: Parti Social Libéral Européen). MoDem arbeitet auf europäischer Ebene in der liberalenALDE-Fraktion mit und gehört der zentristischenEuropäischen Demokratischen Partei an, das Nouveau Centre schloss sich hingegen wie die UMP der christdemokratischenEVP-Fraktion an. 2011/12 sagten sich Parti radical valoisien, Nouveau centre und weitere kleine bürgerliche Parteien von der UMP los und gründeten dieUnion des démocrates et indépendants (UDI), deren Abgeordnete im Europaparlament auch in der ALDE-Fraktion saßen.
Die 2016 vonEmmanuel Macron gegründete ParteiLa République en Marche (LREM) ist überwiegend dem liberalen Spektrum zuzuordnen, auch wenn sie bislang die Zugehörigkeit zu einer Parteienfamilie ablehnt. Macron gewann 2017 als erster Liberaler seit Giscard d’Estaing (1974) diePräsidentschafts- und LREM als erste liberale Partei in der Fünften Republik dieParlamentswahl. Nach derEuropawahl 2019 ging LREM eine Fraktionsgemeinschaft mit der liberalenALDE-Fraktion unter der BezeichnungRenew Europe ein. Die kleinen sozialliberalen ParteienParti radical valoisien undParti radical de gauche fusionierten 2017 – 45 Jahre nach der Spaltung der historischenParti radical – zumMouvement radical. Ein Großteil der PRG-Mitglieder sagte sich aber nach einem Jahr wieder davon los und führte die eigene Partei fort.

Die erste liberale Bewegung in Großbritannien waren dieWhigs, welche an der Einleitung derGlorious Revolution von 1688 beteiligt waren und ein starkes Parlament mit Widerstandsrecht im SinneJohn Lockes befürworteten. Dieser Partei gehörten z. B.Robert Walpole (der erste offizielle Premierminister Großbritanniens, regierte ca. 1721–1743),Lord Grey (Premierminister 1830–34) undLord Melbourne (Premierminister 1835–41) an. Die Whigs fusionierten 1859 mit denRadikalen und einer Abspaltung derTories umRobert Peel („Peelites“) zurLiberal Party. Zu deren wichtigsten Vertretern gehörtenLord Palmerston (Premierminister 1855–65),William Ewart Gladstone (mehrfach Premierminister zwischen 1868 und 1894; Begründer desGladstonian liberalism) undH. H. Asquith (Premierminister 1908–16). Der letzte Premier aus der Liberalen Partei warDavid Lloyd George (1916–22).
Whigs und Liberal Party waren lange Zeit – als Gegenspieler der konservativen Tories – eine maßgebliche Kraft in der britischen Politik, verloren aber Anfang des 20. Jahrhunderts an Bedeutung, was durch das geltendeMehrheitswahlrecht noch verstärkt wurde. Die Gründung derLabour Party ging maßgeblich auf den Bedeutungsverlust der Liberalen für die Arbeiterbewegung und für subalterne Schichten zurück. Zuvor stellten die Liberalen eine politische Plattform für Gewerkschaften und demokratische Strömungen gegen konservative Politikmodelle dar.
1988 vereinigte sich die Liberal Party mit derSocial Democratic Party zu denLiberal Democrats, der zurzeit drittstärksten Kraft imUnterhaus. Nach Jahrzehnten in der Opposition waren die Liberaldemokraten von 2010 bis 2015 in einer Koalitionsregierung mit den Konservativen, mitNick Clegg als Vizepremier.
Der Niedergang des parteiförmigen Liberalismus ging allerdings nicht mit einem Niedergang liberalen Gedankenguts einher – im Gegenteil: Die Labour Party übernahm sozialliberale, die Conservative Party klassisch-liberale bzw. neoliberale Ideen. So spielen sich maßgebliche politische und ökonomische Debatten in Großbritannien oftmals zwischen den Spielarten des klassischen und des Sozialliberalismus und nicht zwischen Konservatismus und Sozialismus ab.[31]

Auch inItalien hatte der Liberalismus im 19. Jahrhundert seine große Zeit und zwar unter KönigViktor Emanuel II. undCamillo Cavour, der von 1852 bis 1861 als Ministerpräsident desKönigreichs Sardinien-Piemont maßgeblich an derEinigung Italiens beteiligt war. Sein liberaler Antiklerikalismus bestimmte auch die Verfassung des Königreichs Italien (1861–1946). Bis zum Ersten Weltkrieg stellten verschiedene liberale Parteiungen die Mehrheit im Parlament der italienischen Monarchie, die sich aber nie zu Parteien im modernen Sinne entwickelten. Bis 1912 hatte Italien einZensuswahlrecht, unter dem beispielsweise 1861 nur 2 % der Bevölkerung wählen durften.

Die beiden wichtigsten Strömungen dieser Zeit werden rückblickend „historische Rechte“(destra storica) und „historische Linke“(sinistra storica) genannt. Erstere vertrat die von Cavour begründeten Rechtsliberalen, letztere kann als linksliberal eingeordnet werden. Beide Gruppierungen waren lockereHonoratiorenparteien, zu der sich ganz überwiegend großbürgerliche Abgeordnete zusammenschlossen und keine der beiden stellte die monarchische Verfassung in Frage. Sie unterschieden sich eher durch persönliche Interessenkonflikte als durch ideologische oder programmatische Gegensätze. Die „historische Rechte“ hatte die Vorherrschaft bis etwa 1876, es folgte eine Phase, in der die „historische Linke“ dominierte. Die vonGiuseppe Mazzini begründeten, für allgemeines Wahlrecht und Volkssouveränität eintretendenRepublikaner spielten nur eine untergeordnete Rolle. Sie formierten sich 1895 alsPartito Repubblicano Italiano (PRI).
Giovanni Giolitti, der als Parteiloser ab 1903 (mit kurzen Unterbrechungen) regierte, gründete 1912 dieUnione Liberale, die Vertreter von „historischer Linken“ und „Rechten“ vereinte und eine Vorläuferin der Liberalen Partei Italiens war. Nach der Einführung des allgemeinen Männerwahlrechts verschwanden die Liberalen unter dem Erstarken der Sozialisten und dem Eintritt der katholischen Volkspartei (Partito Popolare Italiano, PPI) von DonLuigi Sturzo in die politische Landschaft 1919 sowie dem aufstrebenden Faschismus zunächst in der Bedeutungslosigkeit. Die ab 1929 aktive antifaschistische WiderstandsgruppeGiustizia e Libertà („Gerechtigkeit und Freiheit“) und die 1942 aus ihr hervorgegangenePartito d’Azione vertraten einen linken Liberalismus oder „liberalen Sozialismus“.[32]
In der Republik Italien (ab 1946) wurde der politische Diskurs vom Kampf zwischen Christdemokraten (DC) und derKommunistischen Partei Italiens (PCI) bestimmt. Die beiden liberalen ParteienPartito Liberale Italiano (PLI; rechtsliberal) undPartito Repubblicano Italiano (PRI; linksliberal) waren zwar zumeist als kleine Partner an der Regierung beteiligt, konnten aber nie aus dem Schatten der großen DC hervortreten. Eine radikale Form des Liberalismus vertrat diePartito Radicale (PR), die zwar bei Wahlen kaum eine Rolle spielte, aber mit Akten des zivilen Ungehorsams und Unterschriftensammlungen, z. B. für das Recht auf Scheidung, Schwangerschaftsabbruch und Legalisierung von Drogen für Aufmerksamkeit sorgte. Als Bestandteile der Fünf-Parteien-KoalitionPentapartito „implodierten“ PLI und PRI im Zuge der völligen Umformung des italienischen Parteiensystems nach dem großen KorruptionsskandalTangentopoli der frühen 1990er-Jahre.[33]
Seither spielt der parteiförmige Liberalismus in Italien eine eher untergeordnete Rolle, allenfalls dieRadicali Italiani (Nachfolger der PR) mit der ehemaligen EU-KommissarinEmma Bonino konnten gewisse Achtungserfolge erzielen, wie bei derEuropawahl 1999. Die Radikalen und die ProtestparteiItalia dei Valori (IdV) des Anti-Korruptions-StaatsanwaltsAntonio Di Pietro gehören auf europäischer Ebene derALDE-Partei an und ihre Abgeordneten waren Mitglieder derALDE-Fraktion im Europaparlament. Die IdV kann jedoch nicht als wirkliche liberale Partei angesehen werden.[34]
Der „Berlusconismus“ der 1994 von dem UnternehmerSilvio Berlusconi gegründeten ParteiForza Italia kann – vor allem in ihrer frühen Phase – als Gemisch von (Rechts-)Liberalismus undPopulismus gekennzeichnet werden, insoweit er für einen Rückzug des Staats eintrat, der weniger regulieren und mehr „Dienstleister“ sein sollte. Ab Ende der 1990er-Jahre traten die liberalen Aspekte aber zugunsten des populistischen Elements zurück.[35] Eine eher sozialliberale Strömung fand sich in der ParteiI Democratici (1999–2002) bzw. deren NachfolgeparteiDemocrazia è Libertà – La Margherita (2002–07). Diese ging in der Mitte-links-SammelparteiPartito Democratico (PD) auf, die somit neben sozialdemokratischen und christlich-sozialen auch liberale Wurzeln hat.[36] Sie entschied sich aber auf europäischer Ebene für die sozialdemokratische Parteienfamilie.
InLitauen reichen die Wurzeln des Liberalismus bis in das 19. Jahrhundert. Die liberale Bewegung war eine wichtige Strömung im Kampf für die Unabhängigkeit des damals vomRussischen Reich besetzten Landes. Die wichtigsten Vertreter dieser Strömung waren unter anderem Autor derNationalhymne von LitauenVincas Kudirka sowie BischofMotiejus Valančius. Nach derBesetzung des Landes durch sowjetische Truppen im Juni 1940 waren demokratische Parteien verboten. Liberale Ideen verbreiteten sich aber im Exil: Liberale versammelten sich in verschiedenen Organisationen und Bewegungen, setzten sich für die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Litauens ein.
Als Litauen 1990 seine Unabhängigkeit wiedererlangte, wurde als eine der ersten Parteien dieLiberale Union Litauens (LLS) gegründet. Diese Partei hat sich für die Gewährleistung der Menschen- sowie Minderheitenrechte, eine marktwirtschaftliche Ordnung und eine Westintegration des Landes eingesetzt. Als zweite liberale Partei des Landes kann die 1992/93 gegründeteLitauische Zentrumsunion (LCS) bezeichnet werden, die bei Wahlen in den 1990er-Jahren erfolgreicher war als die LLS. Die 1998 gegründeteNaujoji sąjunga (NS; Neue Union) vonArtūras Paulauskas positionierte sich als sozialliberal und wurde bei der Wahl 2000 zweitstärkste Kraft. Auch die LLS gewann durch den ÜbertrittRolandas Paksas’ von den Konservativen stark an Popularität und stellte 2000–01 den Regierungschef. Paksas verließ die LLS jedoch 2002 wieder und gründete die „Liberaldemokratische Partei“ (LDP), die trotz ihres Namens eher nationalkonservativ und rechtspopulistisch war und sich 2006 inTvarka ir teisingumas (TT; „Ordnung und Gerechtigkeit“) umbenannte.
Im Jahr 2003 fusionierten LLS, LCS und die Union der Progressiven Christdemokraten zurLiberale und Zentrumsunion (LiCS), die Mitglied derLiberalen Internationale war. Die Wählerschaft dieser Partei waren zumeist junge, gut ausgebildete Bewohner der Großstädte; auf dem Lande war die Positionen der Liberalen viel schwächer. Die 2003 gegründeteDarbo partija (DP; Arbeitspartei) gehört im Europäischen Parlament derliberalen Fraktion an und wird manchmal als sozialliberal beschrieben, ist jedoch in erster Linie ein populistisches Vehikel des MillionärsViktor Uspaskich. Sie wurde bei der Parlamentswahl 2004 stärkste Kraft.
Die rechtsliberaleLietuvos Respublikos liberalų sąjūdis (LRLS) spaltete sich 2005 von der LiCS ab. Beide kamen 2008 auf jeweils knapp über 5 Prozent. Die Neue Union fusionierte 2011 mit der Arbeitspartei, nachdem beide deutlich an Stimmen eingebüßt hatten. Die fusionierte Partei wurde 2012 erneut stärkste Kraft und gehört seit diesem Jahr dem europäischen liberalen ParteienzusammenschlussALDE an. Die LiCS schied aus dem Parlament aus, während die LRLS etwas zulegte. Die LiCS fusionierte 2014 mit der ParteiTAIP („Ja“) des Vilniuser BürgermeistersArtūras Zuokas zurLietuvos laisvės sąjunga (liberalai) (LLSL; Litauische Freiheitsunion). Bei der Wahl 2016 stürzte die Arbeitspartei unter die Fünf-Prozent-Hürde, die LLSL blieb ohne parlamentarische Vertretung, während die LRLS leicht zulegte auf rund 9 %.
InLuxemburg wurde 1904 dieLiberale Liga gegründet. Diese setzte sich, gegen die dominante katholische Kirche, für eine Säkularisierung des Staats und insbesondere des Schulwesens ein. Dazu bildete sie einen Linksblock mit den Sozialdemokraten, der z. B. dasSchulgesetz von 1912 durchsetzte. Der langjährige PremierministerPaul Eyschen (regierte 1888–1915) stand den Liberalen zwar nahe, war aber offiziell kein Mitglied der Liga. Durch die Einführung des allgemeinen Wahlrechts 1919 wurden die von großbürgerlichen Männern dominierten Liberalen geschwächt und waren hinter der katholisch-konservativenRechtspartei und denSozialisten nur noch drittstärkste Kraft. Nach einem Konflikt zwischen dem „alten“, klassisch-liberalen, und „jungen“, linksliberalen, Flügel, spaltete sich die Liberale Liga 1925 in dieRadikal-Sozialistische Partei, dieLiberale Linke und dieRadikale Partei. Diese drei vereinigten sich 1934 wieder zurRadikal-Liberalen Partei. Deren prominentester Vertreter warGaston Diderich, der 1921–40 und 1944–46 Bürgermeister der Stadt Luxemburg war.
Seit 1955 vertritt dieDemokratesch Partei den Luxemburger Liberalismus. Sie vertrat in ihrer Geschichte zwischen 12 und 24 Prozent der Wählerschaft und war oftmals als Juniorpartner an Regierungen beteiligt. Von 1974 bis 1979 stellte sie mitGaston Thorn selbst den Regierungschef, später war Thorn EU-Kommissionspräsident. Seit 2013 kommt mitXavier Bettel zum zweiten Mal ein Premierminister aus der DP. Er führt eine „Gambia“-Koalition (blau-rot-grün) gemeinsam mit der sozialdemokratischenLSAP unddéi Gréng an.

In denNiederlanden giltGijsbert Karel van Hogendorp als der erste richtige Liberale,Johan Rudolf Thorbecke als der wichtigste.[37] Beide haben in besonderer Weise an derVerfassung der Niederlande mitgewirkt.
Erst 1884 bildeten lokalen Wahlvereinigungen in Amsterdam, Rotterdam und Den Haag eineLiberale Unie, die zwar kein Programm hatte, aber anscheinend für das allgemeine Wahlrecht, eine bessere berufliche Bildung und auch Arbeitszeitbegrenzung eintrat. Als 1894 ein liberaler Politiker Pläne für die Ausweitung des allgemeinen Wahlrechts propagierte, verließen einige zurückhaltendere Liberale die Unie, die allerdings erst 1912 eineVrij-Liberale Partij gründeten. Umgekehrt traten 1899, bei einer erneuten Diskussion des Wahlrechts, linkere Mitglieder aus der Unie aus. Zusammen mit demRadicale Bond von 1894 bildeten sie denVrijzinnig Democratische Bond, der sich für das allgemeine Wahlrecht für Männer und Frauen einsetzte.[38]
Die Verwirklichung des allgemeinen Wahlrechts 1918/1922 brachte allerdings einen Rückgang liberaler Abgeordneter mit sich. In jener Zeit gehörten von 100 Abgeordneten insgesamt nur zehn der Unie und fünf dem VDB an. 1922 kamen die rechtenVrije- und die Unie-Liberalen in derLiberale Staatspartij De Vrijheidsbond zusammen. Im Jahre 1937 kam es erst- und letztmals dazu, dass der linksliberale VDB mehr Abgeordnete als die rechtsliberale Unie hatte.[39]
Nach dem Zweiten Weltkrieg war für eine Zeitlang derDoorbraak-Gedanke sehr stark, die Idee, es müsse nun einen Durchbruch, ein Aufbrechen alter politischer Strukturen geben. Tatsächlich aber sind die Parteien letztlich unter neuem Äußeren wiederhergestellt worden. Im Sinne desDoorbraak hatten sich die meisten Mitglieder des VDB derPartij van de Arbeid von 1946 angeschlossen. Sie mussten aber feststellen, dass die PvdA im Wesentlichen eine Fortführung der alten Sozialdemokratie war. So verließ ein Großteil von ihnen, unter Pieter Oud, die PvdA.
Neben der Partij van de Arbeid war diePartij van de Vrijheid, die frühereLiberale Staatspartij, erstanden. 1947/1948 vereinigte Oud seine Anhänger mit der PvdV zurVolkspartij voor Vrijheid en Democratie.[40] Diese Partei hat einen eher linkeren, sozialliberalen, und einen rechteren, nationalliberalen Flügel. In der Mitte der 1970er Jahre startete sie ihren Höhenflug von einer um die zehn Prozent angesiedelten Partei zu den 24,7 Prozent im Jahre 1998. Neben den Christdemokraten sind die Liberalen die Partei mit der meisten Regierungserfahrung in den Niederlanden. Nach 2000 verlor die VVD mitGeert Wilders undRita Verdonk ein Fraktionsmitglied bzw. eine ehemalige Ministerin, die mit eigenen rechtspopulistischen Parteien weitermachen (Partij voor de Vrijheid undTrots op Nederland).
Als graue Eminenz der VVD meldet sich von Zeit zu ZeitHans Wiegel in den Medien, der im ersten Kabinett Van Agt (1977–1981) Innenminister war. Aus den 1990er-Jahren ist der spätere EU-Kommissar der NiederlandeFrits Bolkestein bekannt, er gilt auch als bedeutender Theoretiker des (klassischen) Liberalismus. Mitglied der Partei ist auch die EU-KommissarinNeelie Kroes. Seit 2006 führtMark Rutte die Partei, nachdem er bei einer Abstimmung knapp gegenRita Verdonk gewonnen hatte.
Neben der VVD entstand 1966 die ParteiDemocraten 66, als Initiative von linkeren VVD-Mitgliedern und zuvor Parteilosen. 1967 gelang ihr bei den Wahlen ein Achtungserfolg, seitdem hatte sie oftmals sehr wechselhafte Wahlergebnisse mit zwischen zwei und fünfzehn Prozent. D66 wollte ursprünglich dieVersäulung aufbrechen und an der Schaffung einer progressiven Volkspartei mitwirken. Im Laufe der Zeit etablierte sie sich als Partei der Mitte zwischen Sozialdemokraten undLinksgrünen einerseits und VVD und Christdemokraten andererseits. Sie selbst bezeichnet sich als sozialliberal. Politischer Führer von D66 war von 2006 bis 2018Alexander Pechtold.
DieVereinigten Staaten wurden auf klassisch liberalen Prinzipien gegründet.[41] Beide großen Parteien,Republikaner undDemokraten, stehen daher historisch in einer liberalen Tradition. Es entwickelten sich daraus aber zwei Hauptrichtungen: Der individuelle Freiheiten und freie Marktwirtschaft(Laissez-faire) verteidigendeclassical liberalism und der stärkersozialstaatlich undstaatsinterventionistisch geprägte und gesellschaftspolitisch progressivemodern liberalism. Vereinfachend werden heute alsliberals die Anhänger der letztgenannten Richtung bezeichnet, die im europäischen Sprachgebrauch oft mit „sozialliberal“ oder „linksliberal“ wiedergegeben wird. Sie werden zumeist mit der Demokratischen Partei assoziiert. Aber auch die amerikanischenconservatives, die typischerweise mit der Republikanischen Partei in Verbindung gebracht werden,[42] stehen für Kernpositionen, die dem klassischen Liberalismus und nicht der europäischen Traditionslinie des Konservatismus entstammen:[43] freie Märkte, individuelles Unternehmertum und Schutz von Privateigentum.[44][45] Obwohl diese beiden Lager aus inneramerikanischer Sicht oft als Gegenpole dargestellt werden, gibt es tatsächlich wesentliche Überlappungen.[42] Die Verfechter eines auf ein absolutes Mindestmaß reduzierten staatlichen Eingreifens sammeln sich seit den 1930er-Jahren gerade in Abgrenzung zu den „liberals“ unter dem Begriff derlibertarians.