Gerhard Polt wurde am 7. Mai 1942 in München geboren. Schon wenige Monate nach Gerhard Polts Geburt zog seine Mutter mit ihrem Sohn während desZweiten Weltkriegs in den katholischenWallfahrtsortAltötting, um der zunehmenden Gefahr durchBombenangriffe in München zu entgehen.
Sein Vater Richard,Rechtsanwalt und während des KriegsMajor, verbrachte einen Teil der Kriegsjahre inWien.[1] Nach der Rückkehr des Vaters aus derKriegsgefangenschaft nach München bezog die Familie 1951 wieder ein gemeinsames Zuhause in der Stadt. 1957 erfolgte erneut ein Umzug Polts mit seiner Mutter innerhalb Münchens in dieAmalienstraße in derMaxvorstadt.[2] Dieser Straße widmete er Jahre später sein erstes HörspielAls wenn man ein Dachs wär’ in seinem Bau.[3]
Nach seiner Rückkehr nach München arbeitete Polt als Übersetzer, Lehrer undDolmetscher. Heute lebt Polt inNeuhaus (GemeindeSchliersee). Er ist seit 1971 verheiratet und hat einen Sohn.
Polt begann seine Karriere mit einer Hörspielproduktion desHessischen Rundfunks,Als wenn man ein Dachs wär’ in seinem Bau. Darin spielte er die Rollen von mehr als 30 verschiedenen Personen, die durch Maßnahmen derStadtsanierung aus ihrer angestammten Umgebung, der MünchnerAmalienstraße, vertrieben werden. Seinen ersten Bühnenauftritt hatte Polt 1975 mit dem kabarettistischen Programm derKleinen Nachtrevue in der MünchnerKleinen Freiheit. Es folgten große Publikumserfolge an denMünchner Kammerspielen (u. a.Diridari undTschurangrati), die er mit demRegisseurHanns Christian Müller realisierte und in denen u. a. auchDieter Hildebrandt,Otto Grünmandl undGisela Schneeberger mitwirkten.
Einem größeren Publikum wurde Polt durch seine zwölfteiligeSketchreiheFast wia im richtigen Leben bekannt, die im Zeitraum von 1979 bis 1988 mit zwölf Folgen und knapp über einhundert Episoden erschien. Seine Partnerin in diesen vomBayerischen Rundfunk produzierten und 1979 erstmals ausgestrahlten Sendungen war Gisela Schneeberger. Es folgten (ebenfalls in Zusammenarbeit mit Hanns Christian Müller) Kinofilme wieKehraus,Man spricht deutsh undGermanikus.
1979 wurde ein Manuskript Polts für die SendungEinwürfe aus der Kulisse von Redakteuren desZDF um einige kritische Stellen überFriedrich Zimmermann („Old Schwurhand“) gekürzt.[6] Polt revanchierte sich ein Jahr später bei der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises, die vom ZDF übertragen wurde. Da ihm erneut verboten worden war, Zimmermann zu erwähnen, hielt er in der ihm als Preisträger eingeräumten Zeit keine Ansprache. Stattdessen schlug er, unterbrochen von kurzen Pausen, scheinbar die Minuten tot, indem er z. B. darüber sprach, dass er nichts sagen würde („I sag ja nix, gell?“ – „also, aus mir ist nix herauszubringen... i bin ja net bled“), und deutete an, dass er sonst in einen Rechtsstreit mit einer „Rechtsabteilung“ kommen könne, den er sich finanziell nicht leisten könne; mit Hinweis auf eine auf der Bühne laufende Sanduhr wies er zudem immer wieder auf das Vergehen seiner angeblich zehnminütigen Rede- bzw. Bühnenzeit hin und empfahl u. a. dem Fernsehpublikum, auf die Zeit zu achten, falls nämlich nur ein Ausschnitt – z. B. nur acht Minuten – seiner Bühnenzeit gesendet würde und damit ja ein (herausgeschnittener) Teil fehlen würde; tatsächlich ging Polt nach etwa acht Minuten von der Bühne.[7] Ebenfalls 1980 trat er als Gast in der ersten Folge desScheibenwischers auf und nahm dort erneut Bezug auf die Auseinandersetzung mit dem ZDF. Er sprach über Satire im Fernsehen und zitierte den Programmdirektor mit der Aussage, „die Satire soll die Wirklichkeit nicht überzogen widerspiegeln“.[8]
In seinen Rollen spielt Polt oft den engstirnigen und wenig reflektierenden Bürger, der mit großer Selbstverständlichkeit seine Meinung kundtut. Dabei bedient er sich auch gern bestimmter Klischees: die Intoleranz der Deutschen („Toleranz ist kein deutscher Begriff“), die deutsche Fremdenfeindlichkeit („der Asiate schmutzt nicht“). Aber auch Intellektuelle, Neureiche, Beamte oder Politiker werden von ihm pointiert dargestellt.[11]
Viele seiner Bühnenauftritte absolvierte Polt zusammen mit derBiermösl Blosn.
1990 wirkte er zusammen mit der Biermösl Blosn an demToten-Hosen-AlbumAuf dem Kreuzzug ins Glück mit. Am Ende des Jahres 2005 tourte er mit den Toten Hosen und der Biermösl Blosn durch verschiedene Theater und Opernhäuser und spielte unter der Regie von Hanns Christian Müller das ProgrammAbvent.Anlässlich seines 70. Geburtstages zeigte dasLiteraturhaus München vom 2. März bis 15. Juli 2012 eine Ausstellung mit dem TitelBraucht’s des?! – Gerhard Polt zum 70sten (Kuratorin: Sandra Wiest).[12]
Seit 2016 engagiert sich Polt in München für die Gründung eines „Haus des Humors“ in einem denkmalgeschützten Gebäude auf dem Gelände des ehemaligenViehhofs.[13]
2012:„Der Herr Polt“ – Sind Sie’s oder sind Sie’s nicht?, Filmporträt mit und über Gerhard Polt, von Ernst Eisenbichler in Zusammenarbeit mit Johannes Roßteuscher, anlässlich seines 70. Geburtstags[27]
Fast wia im richtigen Leben, Band 1, mit Hanns Christian Müller, Friedl Brehm, Feldafing 1982
Fast wia im richtigen Leben, Band 2, mit Hanns Christian Müller, Brehm, Feldafing 1983,ISBN 3-921763-81-9
Da schau her, mit Hanns Christian Müller,Haffmans, 1984
Die Exoten, mit Hanns Christian Müller, Haffmans, 1985
Auf geht’s zur Wies’n – das Münchner Oktoberfest, mit Hanns Christian Müller sowie Fotografien vonThomas Klinger u. Giosanna Crivelli. Thiemig Verlag, München 1985.ISBN 3-521-04168-9
Ja, mei, mit Hanns Christian Müller, Haffmans, 1987
Menschenfresser und andere Delikatessen. Haffmans, 1997
Gerhard Polt;Herlinde Koelbl (Hrsg.):Gerhard Polt Bibliothek. Werke in 10 Bänden, mit Begleitbuch. Kein & Aber, Zürich 2012,ISBN 978-3-0369-5630-5 (Jubiläumsausgabe zum 70. Geburtstag)
Sigrid Bauschinger:„Ich bin kein Komiker, ich bin eher komisch“: Der Kabarettist Gerhard Polt. In:Die freche Muse. 2000, S. 205–217 III.(Germanistik Online Datenbank).
Jens Krumeich:Komik im Kontext: Am Beispiel von Gerhard Polt, man spricht deutsh (1988). In:Text trifft Theorie. Literaturwissenschaftliche Methodenkompetenz in der Praxis, hrsg. vonAndrea Albrecht, Franziska Bomski und Yongqiang Liu. De Gruyter, Berlin/Boston 2025, S. 107–134.
C. Bernd Sucher (Hrsg.):Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel undMarietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999,ISBN 3-423-03322-3, S. 546.
Der Mensch ist ein Viech, was lacht. Gerhard Polt und seine Welt des Humors. Von Victor Grandits und Magdalena Adugna, 44 min, Bayerischer Rundfunk 2022 (Webarchiv)
↑Mit Scheren gepflastert. In:Der Spiegel.Nr.18, 1980,S.255, 257 (online). Zitat: „Über CSU-Zimmermann darf nicht gelacht werden: Das ZDF strich in der Kabarettsendung ‚Einwürfe aus der Kulisse‘ Anspielungen auf ‚Old Schwurhand‘.“
↑Elke Reinhard:Warum heißt Kabarett heute Comedy? Lit Verlag, Berlin 2006,ISBN 3-8258-9231-X, S. 99 (zugleich Dissertation, Universität Mannheim 2005;Google Books).
↑Arno Luik & Norbert Thomma: "Ich reise im Kopf". (PDF) In: Der Spiegel. Februar 1997, archiviert vom Original am 15. Dezember 2023; abgerufen am 13. September 2024.