Gerberlohe




AlsGerberlohe beziehungsweiseLohe werden die früher fast ausschließlich – heute inMitteleuropa nur noch selten – zumGerben verwendeteBaumrinde oder Blätter bezeichnet. Dasmittelhochdeutsche undalthochdeutsche Wortlō(h) oderlōch bedeutet zum einen ‚niederes Holz‘, ‚Gebüsch‘, ‚bewachsene Lichtung‘, zum anderen geht die Gerberlohe auf mittelhochdeutsch und althochdeutschlō zurück, das (durchSprachrekonstruktion) überurgermanisch *lawa- ‚abgelöste Baumrinde‘ vonurindogermanisch *leṷ- ‚lösen‘[1] (wohl auch im Sinne vonabreißen,schälen oderlöchern) ableitbar ist. In der Regel handelte es sich dabei um Rinde, Blätter oder Holz vonEichen(Eichenlohe) undFichten, die sehrgerbstoffreich sind und in zerkleinerter Form benutzt wurden. Die zur Gewinnung genutzten Wälder wurden auch alsLohwälder bezeichnet; zur Zerkleinerung wurden oft sogenannteLohmühlen betrieben.
Von dieser Lohe leiten sich viele Straßennamen (z. B.Am Lohgraben inSiegen undHannover,Lohgrabenstraße inRegensburg,Lohhain in Siegen,Lohmühlenstraße inBerlin, oderLohgrube inAhaus) und auch Ortsnamen ab,sieheLohe und Berufe nebst Hausnamen wieLohgerber ab.
Allgemeines
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Loh- oder Rotgerbung erfolgt mit pflanzlichen Stoffen, das sindExtrakte ausRinden,Hölzern,Blättern undFrüchten von speziell hierzu geeigneten Pflanzen. Die eigentlichen Pflanzenwirkstoffe, die in der pflanzlichen Gerbung ihre Wirkung entfalten, sind dieTannine (französischtan ‚bräunen‘, ‚gerben‘), die chemisch alsPolyphenole derGallussäure zu beschreiben sind. Pflanzlich gegerbtes Leder ist an seiner charakteristischenbraunen bzw.lohfarbigen Färbung zu erkennen. Tannine gehören zu der Gruppe dersekundären Pflanzenstoffe. Die aus pflanzlichen Gerbstoffen hergestellten Leder werden geläufig als „vegetabil gegerbt“ bezeichnet. Hierzu werden Fässer im Sinne der Fassgerbung eingesetzt, aber auch Grubengerbung oder Altgrubengerbung. Je nach Verweildauer können dadurch immer festere und zähere Leder hervorgebracht werden.
Weitere Verfahren sind dieSämischgerbung, die Alaun- oderWeißgerbung und dieChromgerbung.
Besondere Formen der Gewinnung von Lohe
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Eine besondere Form der Lohegewinnung erfolgte im Rahmen derHaubergswirtschaft und desGehöferschaftswaldes.
Das „Louschläissen“ ist eine besondere Form der Waldnutzung inLuxemburg; inKiischpelt wird zur Erinnerung an diese Tradition das „Lohfest“ gefeiert.[2]
Werkzeug zur Lohegewinnung und Verfahren
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Zum Lösen der gerbstoffhaltigen Rinde der Eichen in möglichst einem Stück dient der „Lohlöffel“.Dazu wird die Rinde mit einem Schnitt entlang des noch stehenden Stammes aufgeschnitten und von diesem Schnitt aus zur Seite hin mit dem Löffel abgelöst.
Dervegetabile Gerbungsprozess benötigt circa 20–30 Monate. Für die eingebrachten Haut- oder Fellstücke werden, je nach Größe, dafür rund 30 kg Eichenrinde oder 20 kgEicheln oder 90 kg Eichenholz verbraucht. Die Lohe wird zusammen mit dem zu gerbenden Rohmaterial in eine wassergefüllte Grube gelegt, wodurch nach einigen Tagen ein gerbsäurehaltiges Tauchbad entsteht. Das Rohmaterial wird sodann regelmäßig in weiteren Tauchbädern mit höheren Gerbstoffkonzentrationen ausgesetzt(Farbengang).
Der Vorgang erfolgt in einer sukzessiv höherkonzentrierten sauren Gerbstoffbrühe. Der besagte Farbengang wird in mehrfach hintereinander angeordneten, etwa zwei mal zwei Meter großen und ebenso tiefen Gerbergruben durchgeführt. In die erste Grube werden die „Blößen“ eingehängt, dann in eine zunächst niedrigkonzentrierte Lösung und über die Zeit von Grube zu Grube mit stärker konzentrierter Gerbstoffbrühe zum „Angerben“ eingebracht. Das Angerben muss langsam und mit niedrigkonzentrierten Gerbstoffbrühen erfolgen, da sonst die Außenflächen des zukünftigen Leders verhärten und der Gerbstoff nicht bis in das Innere des Rohmaterials eindringen kann.
Sekundäre Verwendung von Lohe
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Benutzte, ausgelaugte Lohe wurde zu Kuchen gepresst (sogenannterLohkäse) und als Brennmaterial verwendet. Der schwäbische Spruch „Schwätz au koin Lohkäs“ (‚Erzähl keinen Unsinn‘) leitet sich davon ab. Die Fachliteratur gibt einen relativ hohen Wassergehalt an, der durch Trocknung erst auf beispielsweise 50 % abgesenkt werden musste, sodass beim Abbrand immer noch ein Großteil der Energie für die Verdampfung des Wassers aufgewendet wurde, während der eigentliche Brennwert eher gering blieb.[3] Bei Lufttrocknung etwa kann zwar der Wassergehalt deutlich stärker reduziert werden, jedoch gehen dabei zugleich auch viele leichtflüchtige, brennbare Komponenten verloren, sodass ein so behandelter Lohkäse am Ende ebenfalls nur noch einen geringen Brennwert aufweist.
Mit dem veralteten Wort ‚Lohe‘ wurde weiterhin eine helle, aufstrebende, loderndeFlamme bezeichnet und findet sich als Teil im noch heute gebräuchlichen Wort ‚lichterloh‘.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Lohe (Seefahrt) zur Verwendung von Lohe bei der Haltbarmachung vonSegeln undFischernetzen.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Die unbekannten Gewerbe in Paris. In:Die Gartenlaube. Heft 48, 1853,S. 523–524 und 526–527 (Volltext [Wikisource]).
- Bernhard Trommer:Die Kollagenmatrix archäologischer Funde im Vergleich zu künstlich gealterten Ledermustern historischer Gerbverfahren. Auf:d-nb.info, Dissertationsschrift Technische Universität Bergakademie Freiberg, Freiberg 2005
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Loh,Lohe². In:Friedrich Kluge,Alfred Götze:Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage, hrsg. vonWalther Mitzka, De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975,ISBN 3-11-005709-3, S. 445.
- ↑Ginette Clees:Die Tradition des Lohschälens erhalten. (Memento desOriginals vom 12. Mai 2010 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wort.luLuxemburger Wort, 10. Mai 2010.
- ↑Wagner, Paeßler:Lohkuchen, Lohkäs, Lohkäse. In:Handbuch der Lederindustrie, 1925