Weltkarte mit Linien für geographische Breiten und Längen inRobinson-Projektion
Diegeographischen Koordinaten (abgekürzt auchLat-Lon oderLat-Lon-Koordinaten[1]) sindKugelkoordinaten, mit denen sich die Lage eines Punktes auf der Erdoberfläche beschreiben lässt. Diegeographische Breite wird vomÄquator aus nach Norden (0° bis 90° Nord am Nordpol) und Süden (0° bis 90° Süd am Südpol) gemessen, diegeographische Länge vomNullmeridian aus von 0° bis 180° gegen Osten und von 0° bis 180° gegen Westen. Breitenkreise (Linien konstanter Breite) verlaufen parallel zum Äquator, Längenkreise (Linien konstanter Länge) durchNord- undSüdpol.
Geographische Koordinaten im Gradnetz der Erdkugel
DasGradnetz der Erde ist einKoordinatensystem auf der Erdoberfläche, mit sich rechtwinklig schneidenden Längen- und Breitenkreisen. Die Grundlage seiner Festlegung ist dieErdrotation, die eineAchse mit Nord- und Südpol sowie denÄquator vorgibt. Das Gradnetz dient zur geographischenOrtsbestimmung, das heißt zur Festlegung eines Standorts. Die Breitengrade werden dabei vom Äquator aus gezählt, die Pole liegen bei 90° Nord und Süd, die Längengrade werden von einem willkürlich festgelegtenNullmeridian nach Osten und Westen bis jeweils 180° gezählt. Die Festlegung der Winkel ist dem in der Mathematik üblichenKugelkoordinatensystem entgegengesetzt.
Bei Koordinatenangaben ist zu beachten, dass die Erde keine Kugel ist, sondern einemEllipsoid ähnelt. Dies bewirkt eine Verschiebung bis zu 20 km. Aufgrund fortschreitender Erkenntnis zurErdform und zum Schwerefeld (Geoid) wurden national unterschiedlicheReferenzen angewendet. Koordinaten haben daher immer ein bestimmtes Bezugssystem. International wird heute meist dasWorld Geodetic System 1984 (WGS84) benutzt.
Koordinaten auf einer Flugkarte (Standard Terminal Arrival Route)GPS: Einstellung des Formates der geographischen Koordinaten auf hddd° mm’ ss.s”
Geografische Koordinaten können in drei Zahlenformaten dargestellt werden:
Traditionell werden sie imSexagesimalformat angegeben, d. h. 1 Grad ist unterteilt in 60 Minuten, 1 Minute wiederum in 60 Sekunden (Beispiel: 46°14′06.70″N 8°0′55.60″O). Typographisch werden dabei die Minuten und Sekunden durch einePrime bzw. Doppelprime bezeichnet.
In der zweiten Darstellung werden die Minuten in dezimaler Form geschrieben, die Angabe von Sekunden erübrigt sich. 0,1′ entsprechen hier 6,0″.
In der dritten Darstellung werden die Grade indezimaler Form dargestellt. 0,1° entsprechen hier 6,0′. Über beliebig viele Nachkommastellen kann die gewünschte Genauigkeit erreicht werden.
Darüber hinaus gibt es Methoden, Gradnetzkoordinaten ohne Präzisionsverlust in kürzere Darstellungen umzurechnen, etwaQTH-Locator oderOpen Location Code.
Der Wertebereich der Breitengrade geht von 90°S bis 90°N und die Werte der Längengrade liegen zwischen 180°W und 180°O. Um Missverständnissen vorzubeugen, werden in derLuftfahrt durch vorangestellte Nullen die Breitengrade immer zweistellig und die Längengrade immer dreistellig angegeben. Gleiches gilt für die Angabe der Winkelminuten und ggf. der Winkelsekunden. So ist in der nebenstehenden Karte für einen Anflug nach Zürich derWegpunktAMIKI mit 47°34.4′N 009°02.3′O angegeben.
In der Tabelle sind als Beispiel die Koordinateneines historischen Gebäudes imWGS84-Bezug aufgeführt. Die vier Beispiele beschreiben in den unterschiedlichen Schreibweisen den gleichen Punkt. In der Darstellung ist der Buchstabeh ein Platzhalter für die Angaben derHimmelsrichtung N-S, W-O. Oft wird auch in deutschen Texten anstelle desO für Osten einE für „East“ geschrieben. Die Angabe der Himmelsrichtung kann vor oder nach den Ziffern stehen. Die Buchstabend,m unds stehen für Grad (Degrees), Minuten und Sekunden.
In der vierten (dezimalen) Schreibweise liegt der Wertebereich der Breitengrade zwischen −90° und +90°, der Wertebereich der Längengrade zwischen −180° und +180°. DieHimmelsrichtungenN-S undE-W werden hier weggelassen. Nördliche Breiten werden positiv und südliche Breiten negativ angegeben. Östliche Längen sind positiv und westliche Längen sind negativ. Um die Breiten und Längen nicht zu verwechseln, müssen sie mitBreite (Latitude, Lat) undLänge (Longitude, Long) bezeichnet werden. Diese Schreibweise ist in der aufgeführten Tabelle in der vierten Zeile dargestellt.
Das Format der Anzeige der geographischen Koordinaten kann in den meistenGNSS-Geräten frei gewählt werden. Im historischen Schweizerischen BezugssystemCH1903 hat das gleiche Gebäude die Koordinaten y = 644496, x = 120581.
Im 18. und 19. Jahrhundert glichen die Geodäten größere regionale Abweichungen derErdfigur vom idealen Ellipsoid dadurch aus, dass sie im betreffenden Gebiet einbestanschließendes Ellipsoid berechneten, das sich der Erdoberfläche im betreffenden Gebiet gut „anschmiegte“. Der Mittelpunkt eines solchen Ellipsoids fiel nicht mit dem Massenmittelpunkt der Erde zusammen, die Umdrehungsachse war aber parallel zur Erdachse. Das Koordinatensystem ist gegenüber anderen derartigen Ellipsoiden „verschoben“ und „verbogen“. So entstanden Dutzende geodätische Systeme (Bezugssysteme für Karten). Mit der Entwicklung der Satellitennavigation musste ein weltweit einheitliches System geschaffen werden, das jetzigeWGS84.
In Land- oder Seekarten, die fast immer auf früheren Systemen beruhen, könnte eine Angabe in einem falschen Bezugssystem (etwa das Eintragen einer GPS-Position) einen Fehler von etlichen Hundert Metern verursachen, wenn das Referenzellipsoid (auchKartendatum, Bezugssystem) der Angabe nicht dasselbe ist wie das der Karte. Daher soll bei genauen Koordinatenangaben (Faustregel: falls eine Genauigkeit besser als 1 km oder besser als 1 Bogenminute gewünscht wird) das Bezugssystem mit angegeben werden.
Koordinaten können mit Hilfe geeigneter Transformations-Software von einem System zu einem anderen umgerechnet werden. SolcheSoftware muss die Parameter beinhalten, welche die Abweichung der Bezugssysteme voneinander bzw. vom WGS84 mit möglichst hoher Genauigkeit definieren.
Genauere Positionsangaben sind in derLuftfahrt und derNautik erforderlich. Hier werden geographische Breite und Länge in Grad und Minuten angegeben, z. B.Zugspitze Lat = 47° 25′ N oder Nord, Lon = 010° 59′ E oder Ost.
Gemäß DIN 13312, gültig für Luft- undSeefahrt, wird die geographische Breite mitLat oder älter auch φ abgekürzt, die geographische Länge mitLon oder λ.B undL sind nicht normgemäß.
Eine Breitenminute entspricht auf der Erdoberfläche einer Strecke von ca. 1852 m und definiert die Länge einerSeemeile.
Die Strecke, die einer Längenminute entspricht, beträgt am Äquator ebenfalls 1852 m, nimmt aber zum Pol hin mit demKosinus der geographischen Breite bis auf Null ab. Sie ist also breitenabhängig. Innerhalb Europas liegt die Strecke zwischen 1,0 km und 1,5 km (siehe auchAbweitung).
ImVermessungswesen sind cm-Genauigkeiten gefragt – daher genügt die Angabe vonBogensekunden nicht, da eine Bogensekunde (1″) etwa 31 m (Breitenangabe) bzw. 20 m (Längenangabe in Europa) entspricht. Daher hat sich international die Dezimalschreibweise durchgesetzt. In Deutschland konnte die Lage derFestpunkte auf Millimeter genau alsGauß-Krüger-Koordinaten, bezogen auf dasBessel-Ellipsoid, beziehungsweise im Gebiet derDDR ab den 1950er Jahren, bezogen auf dasKrassowski-Ellipsoid, angegeben werden. Seit den 1990er Jahren erfolgt in Deutschland eine Umstellung aufUTM-Koordinaten imETRS89-System, bezogen auf dasGRS80-Ellipsoid.
Die natürlichen Koordinaten (astronomische Breite φ und astronomische Länge λ) können durchastronomische Ortsbestimmung ermittelt werden. Sie beziehen sich auf die tatsächlicheLotrichtung am Messpunkt. Dieellipsoidischen Koordinaten (B, L – auch geodätische Koordinaten genannt) beziehen sich hingegen auf dieNormalenrichtung des verwendeten Referenzellipsoids. Die Differenz von Lotrichtung und Ellipsoidnormale ist üblicherweise kleiner als 10″ und wird alsLotabweichung bezeichnet. In der Regel verlaufen weder Lotrichtung noch Ellipsoidnormale durch den Erdmittelpunkt.
Bei geringen Genauigkeitsansprüchen, z. B. bei Kartendarstellungen in sehr kleinen Maßstäben, wird der Erdkörper zur Vereinfachung durch eine Kugel angenähert. In diesem Fall entsprechen geographische Breite und Längesphärischen Koordinaten. Nur dann ist die Breite gleich dem Winkel im Erdmittelpunkt zwischen dem Äquator und dem gesuchten Punkt.
Die Gradeinteilung als die Einteilung desVollwinkels des Kreises in 360° geht auf die AstronomenHypsikles von Alexandria („Anaphorikos“, 170 v. Chr.) undHipparch von Nikaia (190–120 v. Chr.) zurück.
SchonClaudius Ptolemäus verwandte in seinerGeographike Hyphegesis um 150 nach Chr. ein Gradnetz mit Längen- und Breitengraden. Sein Null-Meridian war der bis ins 19. Jahrhundert überwiegend verwendeteFerro-Meridian durch den westlichsten damals bekannten Landpunkt. Wegen seiner viel zu kleinen Kalkulation des Erdumfanges (etwa 30.000 km statt 40.000 km) weichen seine Angaben zur geographischen Länge dadurch nicht um 18°3′, sondern in Mitteleuropa um gut 24° von den aufGreenwich bezogenen ab. Seine Breitenangaben liegen aus nicht klar ersichtlichen Gründen über den korrekten.[2] Einerseits passt das zu Ptolemäus’ zu geringem Erddurchmesser, andererseits hätte bei seinem zu gering angesetzten Abstand zwischen Sonne und Erde von nur 1210 Erdradien aus dem Sonnenstand auf einen zu geringen Gradabstand vom Äquator geschlossen werden müssen.
Nach der Wiederentdeckung der Geographike Hyphegesis und ihrer Übersetzung ins Lateinische im frühen 15. Jahrhundert setzte sich das Ptolemäische Gradsystem schnell durch.[3]
Duarte Pacheco Pereira (1469–1533) verbesserte die antiken Messverfahren für die in denAzoren verankerte, globaleNavigation.Mit der Einteilung des Erdballs in eine spanische und eine portugiesische Hemisphäre imVertrag von Tordesillas von 1494 gewann das wieder etablierte Gradnetz politische Bedeutung.
1634 wurde auf El Hierro als der westlichstenKanarischen Insel ein Nullmeridian durch den Faro deOrchilla fixiert und erst seit 1884 setzte sich der seit 1738 in England gebräuchliche Meridian von Greenwich gegen andere nationale Nullmeridiane durch.
Die auf die Messungen vonJacques Cassini undJean Dominique Comte de Cassini aus der Zeit vor 1793 zurückgehendeNouvelle Triangulation de la France fanden im Zuge derMetrification (der Umstellung aller relevanten Maße auf denMeter als Standard) statt. Der Nullmeridian geht durch Paris, sodass das in Neugrad angegebene „Old Royal Observatory“ in Greenwich bei 2° 20′ 14,025″ W (NTF) liegt. Das umfasste auch die dezimale Einteilung desGradmaßes in Neugrad,grades (nouvelle), heute gesetzlich alsGon (1Vollwinkel = 400 Neugrad).
Während der Greenwich-Meridian sich aber durchgesetzt hat, wurde das Winkelmaß Gon und die 400°-Teilung geodätischer Standard in Mitteleuropa. Die Kreiseinteilung in 360° wird im Sinne der Metrifikation heute oft nur eingeschränkt als terrestrische Gradeinteilung (Gradnetz) verstanden.