Dieser Artikel handelt von Genen in der Biologie. Zu weiteren Bedeutungen sieheGEN.
Schematische Darstellung eines Gens. Es ist ein relativ kurzer Abschnitt des durchgängigenDNA-Moleküls, der im Bild verkürzt gezeigt ist und hier aus zweiExons und einemIntron besteht. Die DNA-Doppelhelix kondensiert mittelsNukleosomen zurChromatide eines kompakten Chromosoms, wie es beiEukaryoten in der späten mitotischenMetaphase vorliegt.
AlsGen wird meist ein Abschnitt auf derDesoxyribonukleinsäure (englische Abkürzung: DNA) bezeichnet, der Grundinformationen für die Entwicklung von Eigenschaften eines Individuums und zur Herstellung einer biologisch aktivenRibonukleinsäure (englische Abkürzung: RNA) enthält. Bei diesem Prozess derTranskription wird vomcodogenen DNA-Strangabschnitt einekomplementäre Kopie in Form einer RNA hergestellt.
Es gibt verschiedene Arten der RNA. Bei derTranslation, einem Teilvorgang derProteinbiosynthese, wird dieAminosäuresequenz des betreffendenProteins von dermRNA abgelesen. Die Proteine übernehmen im Körper jeweils spezifische Funktionen, mit denen sich dieMerkmale ausprägen können. Der Aktivitätszustand eines Gens bzw. dessen Ausprägung, seineExpression, kann in einzelnenZellen verschiedenreguliert werden.
AlsErbanlage oderErbfaktor werden allgemein die nurelektronenmikroskopisch sichtbaren Gene auf spezifischen Plätzen in den Chromosomen bezeichnet, da sie die Träger vonErbinformation sind, die durchReproduktion anNachkommen weitergegeben wird. Die Erforschung des Aufbaus, der Funktion undVererbung von Genen ist Gegenstand derGenetik. Die gesamte Erbinformation einer Zelle wirdGenom genannt.
1856 begannJohann Gregor Mendel in einerAbtei inBrünnErbsen zu kreuzen, um dieVererbung von sichtbaren Merkmalen zu untersuchen. Er schlug als erster die Existenz von bestimmten „materiellen Elementen“ vor, die als Erbfaktoren von Eltern auf die Nachkommen übertragen werden. Er fand, dass Merkmale voneinander unabhängig vererbt werden können und dass esdominante undrezessive Faktoren gibt. Er entwickelte die Hypothese, dass eshomozygote undheterozygote Individuen gibt und legte damit die Grundlage für die Unterscheidung zwischenGenotyp undPhänotyp.[1]
In einem Brief anCarl Nägeli schrieb Mendel am 3. Juli 1870 (erstmals) von „Genen“ derHieracium-Arten.[2]
1900 gilt als das Jahr der „Wiederentdeckung“, als die BotanikerCarl Correns,Hugo de Vries undErich Tschermak Mendels Entdeckungen aufgriffen. Sie bestätigten, dass esnumerische Regeln gibt, nach denen die Faktoren, die für die Ausprägung von Merkmalen verantwortlich sind, an Nachkommen weitergegeben werden. Correns nannte einen solchen FaktorAnlage bzw.Erbanlage.William Bateson erinnerte 1902 inMendel’s Principles of Heredity daran, dass es in jeder Zelle zwei Varianten eines jeden Erbfaktors gibt. Er nannte die zweite VarianteAllelomorph (griechisch für „Andere Gestalt“) und prägte damit den Begriff desAllels.
Archibald Garrod, ein britischer Arzt, hatte beiStoffwechselerkrankungen festgestellt, dass diese in Familien vererbt werden. Mendels Regeln gelten also auch für Menschen. Garrod vermutete, die Erbanlagen seien die Basis für diechemische Individualität jedes Menschen.
Die Bezeichnungen „Gen“ und „Genotypus“ verankerte schließlich 1903 der DäneWilhelm Johannsen in der Fachsprache der neuen Wissenschaft, der „Erblichkeitslehre“.[3][4] Drei Jahre zuvor hatteWilliam Bateson für sie das HauptwortGenetik vorgeschlagen – nach dem griechischen Adjektivγενητικόςgenetikós für „hervorbringend“. Zu jener Zeit war die materielle Natur der Gene nicht bekannt bzw. nicht anerkannt.[5]
August Weismann machte einen Unterschied zwischenKörperzellen undKeimzellen. Beide Zelltypen enthalten dieselbe „Vererbungssubstanz“, die sich aus einzelnen Elementen zusammensetzt, die er Determinanten nannte. Doch nur die Keimzellen können neue Organismen hervorbringen, in denen diese Determinanten für sichtbare Ausprägung von Merkmalen, beispielsweise der Gliedmaßen, verantwortlich sind. Damit war die Theorie derKeimbahn formuliert: Durchgeschlechtliche Fortpflanzung werden die Gene von Generation zu Generation weitergegeben.[6]
In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts nahmen sich die Genetiker nach verschiedenen Pflanzen auch Insekten und später Vögel vor, um die Vererbungsgesetze zu testen.
Die 1842 bei sich teilenden Zellkernen entdeckten färbbaren Strukturen benannteWilhelm Waldeyer 1888 alsChromosomen.[7] Durch verbesserteFärbetechniken war beobachtet worden, dass sich die Chromosomen vor einermitotischen Kernteilung auf4n verdoppeln und sich dann genau zweiteilen, sodass jeder Tochterkern und damit jede Tochterzelle je2n Chromosomen erhält. Deswegen kamen sie als Träger der Gene in Frage. Dieser Sachverhalt begründete dieChromosomentheorie der Vererbung.
Dass die von Mendel „Elemente“ genannten Faktoren in den Chromosomen zu finden sind, argumentierten zu Beginn des 20. JahrhundertsTheodor Boveri sowieWalter Sutton.[8][9][10][11][12]
Kritiker taten eine Verbindung von Genen und Chromosomen als „Physikalismus“ und „Mendelismus“ ab, da sie Gene als abstrakte Einheiten betrachteten.
Thomas Hunt Morgan war ebenfalls überzeugt, dass die Einheiten, die die verschiedenen Merkmale verantworten, nicht physikalischer Natur seien. Er versuchte, den Mendelismus zu widerlegen und begann 1910 mit Kreuzungsversuchen anSchwarzbäuchigen Taufliegen. Seine Arbeiten erbrachten jedoch das Gegenteil: den endgültigen Beweis, dass Gene in Chromosomen liegen und damit materieller Natur sind. Zusammen mit seinen Mitarbeitern, darunterCalvin Bridges,Alfred Sturtevant undHermann Muller, fand er viele natürliche Mutationen und untersuchte in unzähligen Kreuzungen die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Merkmale gemeinsam vererbt werden. Sie zeigten, dass Gene an bestimmten Stellen der Chromosomen liegen und hintereinander aufgereiht sind.
Unter dem Mikroskop wurdeCrossing-over beobachtet. So lernte man, dass Chromosomen Abschnitte austauschen können. Je näher zwei Gene auf dem Chromosom beieinander liegen, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sie gemeinsam vererbt und nicht durch ein Crossing-over-Ereignis getrennt werden. Dadurch konnte der Abstand zweier Gene auf ihrem Chromosom bestimmt werden, der nach Morgan incentiMorgan angegeben wird. Gemeinsam erstellte die Forschergruppe in jahrelanger Arbeit die ersteGenkarte.[13]
Hermann Muller entdeckte, dass Röntgenstrahlen die Mutationsrate bei Fliegen stark erhöhen. Dies war eine Sensation, da dadurch zum ersten Mal gezeigt wurde, dass Gene physikalische Objekte sind, die von außen zu beeinflussen sind.[14]
Die Definition, was genau ein Gen ist, hat sich verändert und wurde neuen Erkenntnissen angepasst. 2006 suchten 25 Wissenschaftler desSequence Ontologie Consortiums derUniversität Berkeley nach einer treffend formulierten aktuellen Definition. Sie einigten sich nach zwei Tagen auf eine gemeinsame Version. Ein Gen ist demnach “a locatable region of genomic sequence, corresponding to a unit of inheritance, which is associated with regulatory regions, transcribed regions and/or other functional sequence regions” (deutsch: „eine lokalisierbare Region genomischer DNA-Sequenz, die einer Erbeinheit entspricht und mit regulatorischen, transkribierten und/oder funktionellen Sequenzregionen assoziiert ist“).[17]
Durch das ProjektENCODE (ENCyclopedia Of DNA Elements), bei dem die Transkriptionsaktivität des Genoms gemappt wurde, wurden neue komplexe Regulationsmuster entdeckt. Dabei wurde auch festgestellt, dass dieTranskription nichtcodierender RNA in weit größerem Umfang als bislang angenommen stattfindet. Dieser Befund wird im folgenden Definitionsvorschlag berücksichtigt: “A gene is a union of genomic sequences encoding a coherent set of potentially overlapping functional products” (deutsch: „Ein Gen ist eine Vereinigung genomischer Sequenzen, die einen zusammenhängenden Satz von eventuell überlappenden funktionellen Produkten codieren“).[18]
Auf molekularer Ebene besteht ein Gen aus zwei unterschiedlichen Bereichen:
Einem DNA-Abschnitt, von dem durchTranskription eine einzelsträngige RNA-Kopie hergestellt wird.
Allen zusätzlichen DNA-Abschnitten, die an der Regulation dieses Kopiervorgangs beteiligt sind.
Es gibt verschiedene Besonderheiten im Aufbau von Genen verschiedener Lebewesen. In der Zeichnung wird der Aufbau eines typischeneukaryotischen Gens dargestellt, das ein Protein codiert.
Vor der Transkriptionseinheit oder auch innerhalb derExons (hellblau unddunkelblau) undIntrons(rosa undrot) liegen regulatorische Elemente, wie zum BeispielEnhancer oderPromotor. An diese binden, abhängig von der Sequenz, verschiedene Proteine, wie beispielsweise dieTranskriptionsfaktoren und dieRNA-Polymerase. Die prä-mRNA (unreife mRNA), die imZellkern bei der Transkription zunächst entsteht, wird in dem Reifungsprozess zur reifen mRNA modifiziert. Die mRNA enthält neben dem direkt proteincodierendenOffenen Leserahmen noch untranslatierte, also nichtcodierende Bereiche, den5' untranslatierten Bereich (5' UTR) und den3' untranslatierten Bereich (3' UTR). Diese Bereiche dienen zur Regulation der Translationsinitiation und zur Regulation der Aktivität derRibonukleasen, die die RNA wieder abbauen.
Die Gene derProkaryoten unterscheiden sich im Aufbau von eukaryotischen Genen dadurch, dass sie keine Introns besitzen. Zudem können mehrere unterschiedliche RNA-bildende Genabschnitte sehr nah hintereinander geschaltet sein (man spricht dann vonpolycistronischen Genen) und in ihrer Aktivität von einem gemeinsamen regulatorischen Element geregelt werden. DieseGencluster werden gemeinsam transkribiert, aber in verschiedene Proteine translatiert. Diese Einheit aus Regulationselement und polycistronischen Genen nennt manOperon. Operons sind typisch für Prokaryoten.
Gene codieren nicht nur diemRNA, aus der dann die Proteinetranslatiert werden, sondern auch dierRNA und dietRNA sowie weitereRibonukleinsäuren, die andere Aufgaben in der Zelle haben, beispielsweise bei derProteinbiosynthese oder derGenregulation. Ein Gen, das ein Protein codiert, enthält eine Beschreibung derAminosäure-Sequenz dieses Proteins. Diese Beschreibung liegt in einer chemischen Sprache vor, nämlich imgenetischen Code in Form derNukleotid-Sequenz der DNA. Die einzelnen „Kettenglieder“ (Nukleotide) der DNA stellen – in Dreiergruppen (Tripletts, Codon) zusammengefasst – die „Buchstaben“ des genetischen Codes dar. Der codierende Bereich, also alle Nukleotide, die direkt an der Beschreibung der Aminosäuresequenz beteiligt sind, wird alsoffener Leserahmen bezeichnet. Ein Nukleotid besteht aus einem TeilPhosphat, einem TeilDesoxyribose (Zucker) und einer Base. Eine Base ist entwederAdenin,Thymin,Guanin oderCytosin.
Gene könnenmutieren, sich also spontan oder durch Einwirkung von außen (beispielsweise durchRadioaktivität) verändern. Diese Veränderungen können an verschiedenen Stellen im Gen erfolgen. Demzufolge kann ein Gen nach einer Reihe von Mutationen in verschiedenen Zustandsformen vorliegen, die manAllele nennt. Eine DNA-Sequenz kann auch mehrere überlappende Gene enthalten. DurchGenduplikation verdoppelte Gene können sequenzidentisch sein, dennoch aber unterschiedlich reguliert werden und damit zu unterschiedlichen Aminosäuresequenzen führen, ohne dass sie Allele sind.
Generell schwankt das Verhältnis zwischen Introns und Exons von Gen zu Gen sehr stark. So gibt es einige Gene ohne Introns, während andere zu über 95 % aus Introns bestehen.[19] BeimDystrophin-Gen – mit 2,5 Millionen Basenpaaren das größte menschliche Gen[20] – besteht das daraus codierte Protein aus 3685 Aminosäuren.[21] Der Anteil der codierenden Basenpaare beträgt somit 0,44 %.
In der nachfolgenden Tabelle sind einige Proteine und das jeweils codierende Gen aufgeführt.
Gene sind dann „aktiv“, wenn ihre Information in RNA umgeschrieben wird, das heißt, dieTranskription stattfindet. Je nach Funktion des Gens entsteht alsomRNA,tRNA oderrRNA. In der Folge kann also, muss aber nicht zwingend, bei mRNA aus dieser Aktivität auch ein Protein translatiert werden. Eine Übersicht über die Vorgänge bieten die Artikel Genexpression undProteinbiosynthese.
Die Aktivität einzelner Gene wird über eine Vielzahl von Mechanismen gesteuert und kontrolliert. Ein Weg ist die Steuerung über die Rate ihrer Transkription inhnRNA. Ein anderer Weg ist der Abbau der mRNA, bevor sie translatiert wird, beispielsweise durchsiRNA-vermittelteRNA-Interferenz (Posttranskriptionelles Gen-Silencing). Kurzfristig erfolgt die Genregulation durch Bindung und Ablösung von Proteinen, sogenanntenTranskriptionsfaktoren, an spezifische Bereiche der DNA, die sogenannten „regulatorischen Elemente“. Langfristig wird dies überMethylierung oder das „Verpacken“ von DNA-Abschnitten inHistonkomplexe erreicht. Auch die regulatorischen Elemente der DNA unterliegen der Variation. Der Einfluss von Änderungen in der Genregulation einschließlich der Steuerung des alternativen Splicings dürfte vergleichbar mit dem Einfluss von Mutationen proteincodierender Sequenzen sein. Mit klassischen genetischen Methoden – durch Analyse von Erbgängen und Phänotypen – sind diese Effekte in der Vererbung normalerweise nicht voneinander zu trennen. Lediglich dieMolekularbiologie kann hier Hinweise geben. Eine Übersicht über die Regulationsvorgänge von Genen wird im Artikel Genregulation dargestellt.
Bei allen Lebewesen codiert nur ein Teil der DNA für definierte RNAs. Die übrigen Teile der DNA werden alsnichtcodierende DNA bezeichnet. Sie hat Funktionen in derGenregulation, beispielsweise für die Regulation desalternativen Splicings, und hat Einfluss auf die Architektur der Chromosomen.
Der Ort auf einem Chromosom, an dem sich das Gen befindet, wird alsGenort bezeichnet. Gene sind darüber hinaus nicht gleichmäßig auf den Chromosomen verteilt, sondern kommen zum Teil in sogenannten Clustern vor. Gencluster können dabei aus zufällig in räumlicher Nähe zueinander liegenden Genen bestehen, oder es handelt sich um Gruppen von Genen, die für Proteine codieren, die in einem funktionellen Zusammenhang stehen. Gene, deren Proteine ähnliche Funktion haben, können aber auch auf verschiedenen Chromosomen liegen.
Es gibt Abschnitte auf der DNA, die für mehrere verschiedene Proteine codieren. Der Grund dafür sind überlappendeoffene Leserahmen.
Alsgenetische Variation wird das Auftreten von genetischen Varianten (Allele, Gene oderGenotypen) bei individuellen Lebewesen bezeichnet.Sie entsteht durchMutationen, aber auch durch Vorgänge bei derMeiose („Crossing over“), durch die Erbanlagen der Großeltern unterschiedlich auf dieGeschlechtszellen verteilt werden. Für die Entstehung neuer Gene können ebenfalls Mutationen oderDe-novo-Entstehung ursächlich sein.[27]
Genetische Variabilität ist dagegen die Fähigkeit einer gesamtenPopulation, Individuen mit unterschiedlichem Erbgut hervorzubringen. Hierbei spielen nicht nur genetische Vorgänge, sondern auch Mechanismen derPartnerwahl eine Rolle.Die genetische Variabilität spielt eine entscheidende Rolle für die Fähigkeit einer Population, unter veränderten Umweltbedingungen zu überleben, und stellt einen wichtigen Faktor derEvolution dar.
Obwohl bei allen zellbasierten Lebensformen Gene als DNA-Abschnitte vorliegen, gibt es einigeViren, deren genetische Information in Form von RNA vorliegt.RNA-Viren befallen eine Zelle, die dann sofort mit der Produktion von Proteinen direkt nach Anleitung der RNA beginnt; eine Transkription von DNA nach RNA entfällt.Retroviren hingegen übersetzen ihre RNA bei der Infektion in DNA, und zwar unter Mitwirkung desEnzymsReverse Transkriptase.
Als Gen im engeren Sinne bezeichnet man in der Regel eine Nukleotidsequenz, die die Information für ein Protein enthält, das unmittelbar funktionsfähig ist.Pseudogene stellen dagegen Genkopien dar, die kein funktionelles Protein in voller Länge codieren. Oftmals sind diese durch Genduplikationen entstanden und/oder durch Mutationen, die sich in der Folge ohne Selektion auch im Pseudogen akkumulieren (anhäufen), und ihre ursprüngliche Funktion verloren haben. Einige scheinen dennoch eine Rolle bei der Regulierung der Genaktivität zu spielen. Das menschliche Genom enthält etwa 20.000 Pseudogene. DasHumangenomprojekt wurde mit dem Ziel gegründet, das Genom des Menschen vollständig zu entschlüsseln.
Sie werden auch alsTransposons bezeichnet und sind mobile Erbgutabschnitte, die sich innerhalb der DNA einer Zelle frei bewegen können. Aus ihrem angestammten Ort im Erbgut schneiden sie sich selbst aus und fügen sich an einer beliebig anderen Stelle wieder ein. Biologen umFred Gage vomSalk Institute for Biological Studies inLa Jolla (USA) haben nachgewiesen, dass diese springenden Gene nicht nur wie bislang angenommen in den Zellen der Keimbahn vorkommen, sondern auch in Nerven-Vorläuferzellen aktiv sind. Forschungsergebnisse vonEric Lander et al. (2007) zeigen, dass Transposons eine wichtige Funktion haben, indem sie alskreativer Faktor im Genom wichtige genetischeInnovationen rasch im Erbgut verbreiten können.[28]
Orphan-Gene sind Gene ohne nachweisbareHomologie in anderen Linien. Sie werden auch ORFans genannt, insbesondere in dermikrobiellen Literatur (mit ORF alsAkronym fürenglischopen reading frame‚offener Leserahmen‘). Orphan-Gene sind eine Teilmenge vontaxonomisch eingeschränkten Genen, die auf einer bestimmten taxonomischen Ebene (z. B. pflanzenspezifisch) einzigartig sind. Sie gelten in der Regel als einzigartig für ein sehr schmalesTaxon, sogar für eineArt (Spezies). Orphan-Gene unterscheiden sich dadurch, dass sie linienspezifisch sind und keine bekannte Geschichte der gemeinsamen Verdoppelung und Neuordnung außerhalb ihrer spezifischen Spezies oder Gruppe haben. In Menschen gibt es beispielsweise 634 Gene, die dem Schimpansen fehlen. Umgekehrt fehlen dem Menschen 780 Schimpansen-Gene.[29]
Pilar Cacheiro, Damian Smedley:Essential genes: A cross-species perspective. In:Mamm Genome 34 , 3, 2023: 357–363.PDF. → Gene, deren Funktionen das Überleben der Zellen und ganzer Organismen garantieren, vertragen keine Mutation. Diese „intoleranten“ Gene enthalten die Informationen für Zellvermehrung und Organ-Entwicklung. Sie sind Gucklöcher zu molekularen Mechanismen von Krankheiten.
Ruth L Seal, Bryony Braschi, Kristian Gray, Tamsin E M Jones, Susan Tweedie, Liora Haim-Vilmovsky, Elspeth A Bruford:Genenames.org: the HGNC resources in 2023. In:Nucleic Acids Res 51, D1, 2023: D1003–D1009.PDF. → Diese Datenbank enthält 2023 für das menschliche Genom über 43 000 anerkannte Gen-Symbole: 19.200 davon codieren Proteine, 14.000 bezeichnen Pseudogene und beinahe 9000 sind nicht-codierende RNA-Gene.
↑Gregor Mendel:Versuche über Pflanzen-Hybriden. In:Verhandlungen des naturforschenden Vereines in Brünn.BandIV, 1865,S.3–47 (mpg.de [abgerufen am 20. Dezember 2021]).
↑Franz Weiling (Hrsg.):Versuche über Pflanzenhybriden: Gregor Mendel. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1970.ISBN 3-528-09106-1. → S. 100f, Erörterung in Fußnote 69: „Es ist jedoch auch möglich, daß die Kreuzungspartner in hypostatischen Genen heterozygot und unterschiedlich waren.“
↑Wilhelm Ludwig Johannsen:Elemente der exakten Erblichkeitslehre mit Grundzügen der biologischen Variationsstatistik. 1913 (Onlinefassung).
↑Paul Diepgen,Heinz Goerke:Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1960, S. 55.
↑Wilhelm Johannsen:Elemente der exakten Erblichkeitslehre. Dritte deutsche, neubearbeitete Auflage. Gustav Fischer, Jena 1926. → S. 643: „Wir wissen also nichts über die Natur der Gene.“ – S. 653: „Sie sind für uns zunächst Rechnungseinheiten, Ausdrücke vonRealitäten unbekannter Natur, aber mitbekannten Wirkungen.“
↑August Weismann:Vorträge über Deszendenztheorie. 2 Bände; zweite verbesserte Auflage. Gustav Fischer, Jena 1904.
↑Wilhelm Waldeyer:Ueber Karyokinese und ihre Beziehungen zu den Befruchtungsvorgängen. In:Arch Mikr Anat 32. 1888: 1–122. → S. 27: „Ich möchte mir den Vorschlag erlauben, diejenigen Dinge, welche mit Boveri als „chromatische Elemente“ bezeichnet wurden, … mit einem besonderen terminus technicus „Chromosomen“ belegen. Sie sind so wichtig, dass ein besonderer kürzerer Name wünschenswert erscheint. Ist die von mir vorgeschlagene Bezeichnung praktisch verwendbar, so wird sie sich wohl einbürgern, sonst möge sie bald der Vergessenheit anheimfallen.“
↑Theodor Boveri:Über mehrpolige Mitosen als Mittel zur Analyse des Zellkerns. In:Verh Physikal Med Ges' Würzburg N F 35, 1902: 67–90.
↑Theodor Boveri:Über die Konstitution der chromatischen Kernsubstanz. In:Verh Zool Ges13, 1903: 10–33.
↑Theodor Boveri:Ergebnisse über die Konstitution der chromatischen Substanz des Zellkerns. Gustav Fischer, Jena 1904.PDF.
↑Walter Sutton:On the morphology of the chromosome group in Brachystola magna. In:Biol Bull 4, 1902: 24–39.
↑Walter F Sutton:The chromosomes in heredity. In: Biol Bull 4, 1903: 231–251.
↑Thomas Hunt Morgan:Die stoffliche Grundlage der Vererbung. Vom Verfasser autorisierte deutsche Ausgabe vonHans Nachtsheim. Borntraeger, Berlin 1912. Original:The physical basis of heredity. 1910.
↑Oswald T Avery, Colin M Macleod, Maclyn McCarty:Studies on the chemical nature of the substance inducing transformation of pneumococcal types: Induction of transformation by a desoxyribonucleic acid fraction isolated from Pneumococcus type III. In:J Exp Med 79, 2, 1944: 137–158.PDF.
↑James Shapiro, L Machattie, L Eron, G. Ihler, K Ippen, Jonathan Beckwith:Isolation of pure lac operon DNA. In:Nature 224, 5221, 1969: 768–774.
↑E. H. McConekey:How the Human Genome works. Jones & Bartlett, 2004,ISBN 0-7637-2384-3,S.5 (englisch).
↑abN. Shiga u. a.:Disruption of the Splicing Enhancer Sequence within Exon 27 of the Dystrophin Gene by a Nonsense Mutation Induces Partial Skipping of the Exon and Is Responsible for Becker Muscular Dystrophy. In:J. Clin. Invest.Band100, 1997,S.2204–2210,PMID 9410897 (englisch).
↑abM. Matsuo:Duchenne muscular dystrophy. In:Southeast Asian J Trop Med Public Health.Band26, 1995,S.166–171,PMID 8629099 (englisch).
↑A. F. Wright, N. Hastie:Genes and Common Diseases. Genetics in Modern Medicine. Cambridge University Press, 2007,ISBN 0-521-83339-6 (englisch).
↑I. Bottillo u. a.:Functional analysis of splicing mutations in exon 7 of NF1 gene. In:BMC Medical Genetics.Band8, 2007,PMID 17295913 (englisch,biomedcentral.com).
↑abB. Górski u. a.:Usefulness of polymorphic markers in exclusion of BRCA1/BRCA2 mutations in families with aggregation of breast/ovarian cancers. In:J. Appl. Genet.Band44, 2003,S.419–423,PMID 12923317 (englisch,poznan.pl [PDF;43kB]).
↑M. Kappler:Molekulare Charakterisierung des IAP Survivin in Weichteilsarkomen. Bedeutung für Prognose und Etablierung neuer Therapiestrategien. Universität Halle-Wittenberg, 2005 (uni-halle.de [PDF;1,4MB] Dissertation).
↑A. R. Carvunis, T. Rolland u. a.:Proto-genes and de novo gene birth. In:Nature. Band 487, Nummer 7407, Juli 2012, S. 370–374.doi:10.1038/nature11184.PMID 22722833,PMC 3401362 (freier Volltext).
↑Jorge Ruiz-Orera, Jessica Hernandez-Rodriguez, Cristina Chiva, Eduard Sabidó, Ivanela Kondova:Origins of De Novo Genes in Human and Chimpanzee. In:PLOS Genetics.Band11,Nr.12, 31. Dezember 2015,ISSN1553-7404,S.e1005721,doi:10.1371/journal.pgen.1005721,PMID 26720152,PMC 4697840 (freier Volltext).
↑John K. Colbourne et al.:The Ecoresponsive Genome of Daphnia pulex. In:Science. Vol. 331,Nr.6017, 4. Februar 2011,S.555–561,doi:10.1126/science.1197761.