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Ganerbenburg

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EineGanerbenburg ist eine meist größereBurganlage, die gleichzeitig von mehreren Familien oder Familienzweigen bewohnt und verwaltet wurde.

Ganerbenburgen und Ganerbschaften

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Eines der frühesten belegbaren Beispiele einer Ganerbschaft: die rekonstruierte Hohkönigsburg im Elsass
Eine der größten Burgruinen Frankens: dieBurg Altenstein bei Maroldsweisach
Die „Mehrfamilienburg“Eltz an der Mosel
Der Grundriss der fränkischen Salzburg über Bad Neustadt

Ganerbenburgen entstanden oft durch Erbteilungen (Ganerbschaft). Jeder Familienzweig erbaute sich meist ein eigenes Wohngebäude innerhalb einer gemeinsamenRingmauer. Manchmal wurden diese Wohnsitze zu regelrechten eigenständigen Burgen innerhalb der Gemeinschaftsburg ausgebaut.

Der Begriff erscheint bereits im 9. Jahrhundert alsgeanervo, worin die später zusammengezogenen beiden Präfixe („ge-an-Erbe“) noch gut erkennbar sind. Da das Präfixge-, heute nur noch für Partizipien gebraucht, ursprünglich v. a. Gemeinschaft oder Beteiligung vermittelte, bezeichnet der Begriff somit die gemeinschaftlich an einer Erbschaft Teilhabenden (mittellateinischcohaeres, Sg.). Ganerben erscheinen sowohl in Wolfram von Eschenbachs VersromanParzival (um 1200) als auch imSachsenspiegel, dem bedeutenden niederdeutschen Rechtskodex (fr. 13. Jh.). Erst im Verlaufe des Mittelalters engte sich der Begriff auf typischerweise adlige Burg- und Herrschaftsgemeinschaften ein.[1] Historisch belegbare Ganerbschaften erscheinen erstmals im 13. Jahrhundert imElsass (Hohkönigsburg, 1255), mitBurg Nassau an der Lahn und vor 1268 mit derBurg Eltz.

Die Burgen großerFeudalherren wurden oft von Anfang an als Ganerbenburgen geplant. Jedem „Burgmann“ oblag dieVerwaltung undVerteidigung eines Burgabschnittes. Dies hatte zum einen praktische Gründe, zum anderen wollte der Hochadel die Machtfülle seiner „Dienstmannen“ begrenzen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die fränkischeSalzburg beiBad Neustadt an der Saale, eineLehensburg derWürzburger Bischöfe. Andere Ganerbenburgen entstanden durch Erbvertrag wieBurg Eltz oder durch gemeinsame Eroberung eines befestigten Platzes, den die Sieger unter sich aufteilten, oder durch Veräußerung von Burgteilen aus Geldnot oder Verpfändung eines Burgteiles. DasSchloss Oelber lag genau auf der Territorialgrenze zwischen demHochstift Hildesheim und demHerzogtum Braunschweig-Lüneburg, sodass die beiden Landesherren ihre jeweilige Hälfte des Schlosses an zwei verschiedene Adelsfamilien als Lehnsnehmer vergaben, die dann ihre Hälften noch teilten, sodass das Schloss bis ins 18. Jahrhundert Sitz von vier Rittergütern mit entsprechenden Hofstellen und Landgütern war.

Andere „gewachsene Ganerbenburgen“ wurden manchmal mit Gewalt derLehenshoheit mächtigerer Feudalherren unterworfen. Der Würzburger ChronistLorenz Fries benennt in seiner Bischofschronik gleich drei solcher Beispiele. 1458 verweigerten etwa die Ganerben dem Bischof den Zugang zu ihrerBurg Steckelberg beiSchlüchtern und versuchten, die Befestigungsanlagen der Burg zu modernisieren. BischofJohann III. von Grumbach konnte sich nach einer militärischen Auseinandersetzung schließlich durchsetzen. In derFehde der Herren von Schauenburg mit Bernhard von Baden um dieSchauenburg wiederum unterlag letzterer nach Belagerung vor Gericht.

Die mächtigeReichsstadtNürnberg musste ab 1478 trotz eines kaiserlichen Mandates dulden, dassPfalzgrafOtto II. von Mosbach die überSchnaittach gelegeneBurg Rothenberg an eine Gemeinschaft aus 44 fränkischen Rittern verkaufte. DieRitterschaft wollte hier offenbar ein starkes Bollwerk gegen die reiche bürgerliche Konkurrenz errichten, der man grundsätzlich misstraute. Bezeichnenderweise war auch dem Hochadel das Miteigentum verwehrt, unter den Ganerben wurden nur Mitglieder der wichtigsten fränkischen Niederadelsfamilien geduldet.

Teilung von Burganlagen mittels Schiedsmauer

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Im Jahr 1434 gelangte dieBurg Lauterstein in den Besitz der Freiberger Patrizierfamilievon Berbisdorf. Die von Berbisdorf ließen 1497 die bisherige Herrschaft Lauterstein in Oberlauterstein und Niederlauterstein teilen, also eine Erbteilung vornehmen. Man teilte dabei auch die Burg Lauterstein, indem man in dieser eine „Schiedsmauer“ errichtete.[2]

Rechtliche Grundlagen

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Eine rechtliche Voraussetzung zur Entstehung einer Ganerbschaft war die Belehnung zur „gesamten Hand“. Alle Lehensnehmer befanden sich also gleichberechtigt im Besitz desLehens alshantgemal. Allen stand die gleicheGewere am Erbe zu, man führte einen gemeinsamen Haushalt und bestimmte gegebenenfalls gemeinsame Amtleute und Richter.

Mit demhantgemal waren besonders die gesellschaftlichen Privilegien und Standesvorrechte desAdels verbunden. Eine Ganerbschaft sicherte allen Familienmitgliedern diesen Sonderstatus zu und verhinderte ihren gesellschaftlichen Abstieg.

Mit zunehmender Anzahl der Miterben wurden jedoch Besitzanteile und Rechte festgelegt und zugewiesen. Nach außen trat die Gemeinschaft allerdings weiterhin geschlossen auf, die Teilung war also mehr ideeller Art. Den Anteil jedes Erben nannte manMarzahl. Die Anteile konnten hier unterschiedlich groß ausfallen. AlsMutschierung (früher auchMutscharung genannt[3]) bezeichnete man eineTeilung der Nutzungsrechte als interne Abmachung. Jeder Mitbesitzer konnte so eine eigene Wirtschaft führen, der Gesamtverband blieb jedoch erhalten.

Die Gesamtbelehnung wurde in einigen Territorien bis in das 15. Jahrhundert hinein praktiziert, danach handelte durchgehend ein Lehensmann als Gesamthänder.

Andere Ganerbschaften wurden erst durchBurgfriedensverträge begründet, etwa nach dem Ankauf oder der gewaltsamen Eroberung eines Besitzes. Solche Verträge konnten auch wieder aufgelöst werden. Die Ganerbschaft war ebenfalls beendet, wenn es einem Vertragspartner gelang, das gesamte Gut in seinen Besitz zu bringen.

Einigte man sich intern auf eineRealteilung des Gesamtbesitzes, erlosch die Ganerbschaft meist weitgehend. Diese „Totteilung“ (Watschar,Watschierung), ermöglichte jedem ehemaligen Teilhaber die uneingeschränkte Verfügung über seinen Besitzanteil. Er verlor aber im Gegenzug die Rechte am zurückgebliebenen Gemeinschaftsgut. Die Verteidigungsbereitschaft der Gesamtanlage musste allerdings weiterhin gewährleistet sein.

Das oft nicht ganz reibungslose Zusammenleben der Bewohner wurde im sogenannten Burgfrieden geregelt. Oft nutzten die Ganerben die zentralen Einrichtungen der Burgen gemeinsam, etwa denBergfried oder dieBurgkapelle. Die Gemeinschaft bestimmte meist einen der Burgmannen zum Baumeister und richtete eine Gemeinschaftskasse ein, aus der nötige Ausgaben zur Instandhaltung des Gesamtbesitzes finanziert wurden. Ähnlich wie eine moderneEigentümergemeinschaft versammelte man sich jährlich zu einer Besprechung anstehender Probleme.

Der ursprüngliche Zweck der Ganerbschaft, der ungeteilte Erhalt einesBesitzes, ließ sich in der Praxis schon bald nicht mehr aufrechterhalten. Ganerbenburgen hatten manchmal bis zu 50, in Einzelfällen über 80 verschiedene Anteilseigner, die natürlich nicht alle auf der Burg Platz fanden. Im Falle einerFehde musste der Angreifer genau darauf achten, dass er nur den Burgteil seines Feindes belagerte und die Rechte der neutralen Miteigner nicht verletzte.

Viele Ganerbschaften wurden im Nachmittelalter inFideikommisse überführt. Ein Mitglied des Familienverbandes oder der Vertragsgemeinschaft war hier Inhaber des ungeteilten und unveräußerlichen Gesamtbesitzes, seine Verfügungsgewalt jedoch stark eingeschränkt.

Verbreitung

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Die fünf Burgsitze der Oberstadt von Chauvigny
DieTours de Merle im Limousin

Ganerbenburgen finden sich hauptsächlich inMitteleuropa. In den territorial am stärksten zersplitterten Gebieten Franken,Hessen, dem Rheintal undSchwaben entstanden die meisten Ganerbenburgen. In Baden, Württemberg und dem Elsass war die Ganerbschaft ebenfalls stark verbreitet. In den Gebieten, in denen die Gesamtbelehnung bzw. „gesamte Hand“ wie zum BeispielSchlesien,Mecklenburg,Holstein unüblich war, lassen sich keine Ganerbschaften nachweisen.

InFrankreich undEngland hingegen waren die großen Burganlagen in der Regel in den Händen einzelner mächtiger Feudalherren. Dies liegt vor allem an der von dortigen Verhältnissen verschiedenen Entwicklung des Lehnswesens in diesen Ländern. Einige Beispiele großer „Mehrfamilienburgen“ haben sich vor allem in Südfrankreich und demZentralmassiv erhalten. An erster Stelle sind hier dieTours de Merle (Saint-Geniez-ô-Merle,Département Corrèze) zu nennen. Ebenfalls imLimousin liegt die kleinere BurgChâteau de Saint-Hilaire et des Plas vonCuremonte. Aber auch in Nord- und Zentralfrankreich entstanden durch Besitzteilung einige sehr große Burganlagen, wie etwa die riesige BurgChauvigny (Département Vienne).

Bekanntestes Beispiel einer mitteleuropäischen Ganerbenburg ist dieBurg Eltz an der Mosel. Hier errichteten die drei Linien drei getrennte Wohntürme, nutzten aber den Rittersaal und die Kapelle gemeinsam.Burg Vetzberg beiGießen war im 14. Jahrhundert im Besitz von 34 Ganerben.[4] Weitere Beispiele sind dieBurg Lichtenstein, dieBurg Altenstein und dasSchloss Sternberg in Unterfranken, dieBurg Wallenburg im Thüringer Wald, dieBurg Windeck bei Bühl in Baden, dieBurg Salzburg in Bad Neustadt an der Saale, dieBurg Liebenstein am Rhein, dieBurg Leonrod in Dietenhofen und dieBurg Lindheim in derWetterau.

Literatur

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Weblinks

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Wiktionary: Ganerbenburg – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23,[1] abgerufen am 27. September 2023.
  2. Hans und Doris Maresch: Sachsens Schlösser und Burgen, Husum Verlag 2004,ISBN 3-89876-159-2, Burgruine Lauterstein in Niederlauterstein/Erzgebirge S. 167–168, Schiedsmauer auf S. 168.
  3. mutscharen. In: Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Hrsg.):Deutsches Rechtswörterbuch.Band 9, Heft 7/8 (bearbeitet von Heino Speer u. a.). Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1995,ISBN 3-7400-0982-9 (adw.uni-heidelberg.de).  oderMutscharung. In: Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Hrsg.):Deutsches Rechtswörterbuch.Band 9, Heft 7/8 (bearbeitet von Heino Speer u. a.). Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1995,ISBN 3-7400-0982-9 (adw.uni-heidelberg.de). 
  4. Winfieed Dolderer:Was ist eigentlich eine Ganerbenburg? In:Monumente 2021, Nr. 6, S. 19.
Normdaten (Sachbegriff):GND:4155932-0(lobid,OGND,AKS)
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