Das Element wurde erstmals 1880 vom Schweizer ChemikerJean Charles Galissard de Marignac entdeckt. Er untersuchte dabei die Bestandteile vonSamarskit und ihre unterschiedliche Löslichkeit inKaliumsulfat-Lösungen. Es bildeten sich je nach Löslichkeit mehrere Fraktionen. In einer der Fraktionen fand er imAbsorptionsspektrum dieSpektrallinien eines unbekannten Elements. Dieses nannte er, da er nicht ausreichend Material für eine exakte Bestimmung erhalten konnte, Yα. Daneben fand er in einer weiteren Fraktion das ihm ebenfalls unbekannte Yβ, hierbei stellte sich jedoch schnell heraus, dass es sich um das schon vonMarc Delafontaine undPaul Émile Lecoq de Boisbaudran gefundeneSamarium handelte.[10] Nachdem die Existenz von Yα vonWilliam Crookes[11] und Paul Émile Lecoq de Boisbaudran bestätigt werden konnte, nannte Lecoq de Boisbaudran am 19. April 1886 das neue Element in Absprache mit MarignacGadolinium, zu Ehren des finnischen ChemikersJohan Gadolin, mit dem Symbol Gd.[12][13]
Das Element kommt in vielenMineralen der Seltenerdmetalle in unterschiedlichen Gehalten vor. Besonders hoch ist der Gadoliniumgehalt in Mineralen derYttererden wieXenotim. In Xenotimvorkommen ausMalaysia beträgt der Gadoliniumanteil etwa 4 %. Aber auchMonazit enthält je nach Lagerstätte 1,5 bis 2 % des Elements, inBastnäsit ist der Anteil mit 0,15 bis 0,7 % dagegen geringer.[17] Es ist nur ein einziges Mineral bekannt, in dem Gadolinium das Seltenerdmetall mit dem höchsten Anteil ist. Dabei handelt es sich um das sehr selteneUranylcarbonatLepersonnit-(Gd) mit der chemischen Zusammensetzung Ca(Gd,Dy)2(UO2)24(SiO4)4(CO3)8(OH)24 · 48H2O.[18]
Aufgrund der nur geringen Mengen des in den Erzen enthaltenen Gadoliniums und der Ähnlichkeit mit den anderen Lanthanoiden ist dessen Separierung schwierig. Nach demAufschluss der Ausgangsmaterialien wie Monazit oder Bastnäsit mitSchwefelsäure oderNatronlauge sind verschiedene Wege zur Abtrennung möglich. NebenIonenaustausch ist besonders ein auf derFlüssig-Flüssig-Extraktion basierendes Verfahren wichtig. Dabei wird bei Bastnäsit als Ausgangsmaterial zunächst dasCer in Form vonCer(IV)-oxid abgetrennt und die verbleibenden Seltenen Erden inSalzsäure gelöst. Daraufhin werden mit Hilfe einer Mischung vonDEHPA (Di(2-ethylhexyl)phosphorsäure) undKerosin in Flüssig-Flüssig-ExtraktionEuropium, Gadolinium,Samarium und die schwereren Seltenerdmetalle von den leichten getrennt. Ersteres lässt sich chemisch durch Reduktion zu zweiwertigem Europium und Fällung als schwerlöslichesEuropium(II)-sulfat abtrennen. Für die Trennung von Gadolinium, Samarium und dem Rest wird wiederum die Flüssig-Flüssig-Extraktion genutzt. Die Mischung wird in verdünnter Salzsäure gelöst, mit einer Mischung von DEHPA undTrimethylbenzolen (Shellsol A) behandelt und in einerMixer-Settler-Apparatur getrennt.[19][17]
Neben dieser Hochtemperaturphase sind mehrere Hochdruckphasen bekannt. Die Abfolge der Phasen entspricht dabei der der anderen Lanthanoide (außer Europium und Ytterbium). Auf die hexagonale Struktur folgt (jeweils bei Raumtemperatur) bei Drücken über 1,5 GPa eine Struktur vomSamarium-Typ, oberhalb von 6,5 GPa ist eine doppelt-hexagonale Kristallstruktur stabil. Eine kubisch-flächenzentrierte Packung ist bei Drücken zwischen 26 und 33 GPa am stabilsten. Bei noch größeren Drücken sind noch eine doppelt-kubisch-flächenzentrierte Struktur sowie dasmonokline Gd-VIII bekannt.[22][23]
Aufgrund dieser magnetischen Eigenschaften hat Gadolinium auch eine sehr stark temperaturabhängige Wärmekapazität. Bei tiefen Temperaturen (unter 4 K) dominiert zunächst, wie bei Metallen üblich, die elektronische WärmekapazitätCel (wobeiCel = γ·T mit γ = 6,38 mJ·mol−1·K−2 undT der Temperatur[25][26]). Für höhere Temperaturen ist dieDebyesche Wärmekapazität (mit der Debye-Temperatur ΘD = 163,4 K[25]) ausschlaggebend. Knapp unterhalb der Curie-Temperatur nimmt die Wärmekapazität stark zu, was auf dasSpinsystem zurückzuführen ist. Sie erreicht 56 J·mol−1·K−1 bei 290 K, um bei höheren Temperaturen sprunghaft auf unter 31 J·mol−1·K−1 einzubrechen.[27]
Gadolinium ist Bestandteil keramischer Hochtemperatur-Supraleiter des Typs Ba2GdCu3O7-x mit einerSprungtemperatur von 94,5 K.[28]Das reine Element ist nichtsupraleitfähig.[29]
Gadolinium hat mit 49.000barn wegen seines enthaltenen Isotops Gd-157 (mit 254.000 barn) den höchstenEinfangquerschnitt für thermischeNeutronen aller bekannten stabilen Elemente. Nur das radioaktiveXe-135 erreicht mit 2,65 Millionen barn reichlich das Zehnfache von Gd-157. Die hoheAbbrandrate (burn-out-rate) schränkt eine Verwendung alsSteuerstab inKernreaktoren aber erheblich ein.
In trockener Luft ist Gadolinium beständig, in feuchter Luft bildet es eine nichtschützende, lose anhaftende und abblätternde Oxidschicht aus. Mit Wasser reagiert es langsam. In verdünntenSäuren wird es gelöst. Stäube von metallischem Gadolinium sind feuer- und explosionsgefährlich.
Gadolinium wird zur Herstellung von Gadolinium-Yttrium-Granat fürMikrowellenanwendungen verwendet. Oxysulfide dienten zur Herstellung von grünem Leuchtstoff fürnachleuchtende Bildschirme (Radar).
Zusätze von 1 % Gadolinium erhöhen die Bearbeitbarkeit und die Hochtemperatur- und Oxidationsbeständigkeit vonEisen- undChromlegierungen. Entsprechende Gadolinium-Eisen-Kobalt-Legierungen können zur optomagnetischen Datenspeicherung eingesetzt werden.
Gadolinium könnte, da es einenCurie-Punkt nahe derZimmertemperatur besitzt, inKühlgeräten, die nach dem Prinzip deradiabatischen Magnetisierung funktionieren, Verwendung finden. Solche Kühlgeräte würden ohneOzonschicht-schädigendeFluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) auskommen und besäßen keineverschleißenden mechanischen Teile. Umgekehrt lässt sich ein Motor durch Versorgung mit warmem und kaltem Wasser betreiben. Dadurch ließe sich z. B. die Restenergie aus warmen industriellen Abwässern gewinnen.[30]
Gadolinium wird in Form von Gadoliniumoxid in modernenBrennelementen als abbrennbares Absorbermaterial verwendet, das nach einem Brennelementewechsel zu Beginn des Betriebszyklus die durch einen Überschuss anKernbrennstoff entstehende zu hoheReaktivität desReaktors begrenzt. Mit zunehmendem Abbrand der Brennelemente wird auch das Gadolinium abgebaut.[31] DurchNeutroneneinfang werden dabei immer schwerere Isotope des Gadoliniums gebildet bis schließlichTransmutation erfolgt.
Intravenös injizierte Gadolinium(III)-Verbindungen wieGadopentetat-Dimeglumin dienen alsKontrastmittel bei Untersuchungen imKernspintomographen. Durch die sieben ungepaartenElektronen in derf-Schale sind Gadoliniumionen starkparamagnetisch. Das Kontrastmittel ermöglicht so den umgebendenProtonen – im Wesentlichen Wasser – schneller zu relaxieren. Dies erhöht die Kontrastunterschiede zwischen verschiedenenGeweben in einerMRT-Aufnahme erheblich. Gadolinium wird bspw. intravenös verabreicht, um Tumoren und entzündliche Veränderungen im Gehirn darzustellen.Bei Störungen der Blut-Liquor-Schranke kommt es zu einer Anreicherung im verdächtigen Bereich und liefert somit wichtige diagnostische Informationen.
Wegen der hohenGiftigkeit von freien Gadolinium-Ionen werden in MRT-KontrastmittelnKomplexierungsmittel mit hoher Komplexierungskonstante verwendet, wie dieChelateDTPA (Diethylentriaminpentaessigsäure) undDOTA (1,4,7,10-Tetraazacyclododecan-1,4,7,10-tetraessigsäure), vgl. auch mitGadotersäure.Gadolinium kann sich nach Angaben der US-amerikanischen ArzneimittelbehördeFDA im Gehirn ablagern[33]. Der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner (BDN) rät, die Mittel vorerst nur bei unvermeidbaren Untersuchungen einzusetzen.[34]
Freie Gadolinium-Ionen verhalten sich ähnlich wieCalcium-Ionen, das heißt, sie werden vorwiegend in derLeber und imKnochensystem eingebaut und können dort über Jahre verbleiben. Freies Gadolinium beeinflusst außerdem als Calciumantagonist – dieIonenradien von Calcium und Gadolinium sind nahezu gleich – die Kontraktilität desMyokards und hemmt dasGerinnungssystem.[35]
Intravenös applizierte Lösungen von freien Gadolinium-Ionen wirken akut toxisch. Von der Toxizität betroffen sind unter anderem die glatte und die quergestreifte Muskulatur, die Funktion der Mitochondrien und die Blutgerinnung.[36]
Die Toxizität von freiem Gadolinium ist als hoch einzustufen. Inkomplexierter Form, so wie das Gadolinium in den zugelassenenKontrastmitteln vorliegt, ist es dagegen unter Berücksichtigung der Kontraindikationen im Allgemeinen gut verträglich. Seit 2006 gibt es zunehmend Berichte, dass es bei niereninsuffizienten Patienten nach Gabe verschiedener Chelate des Gadoliniums, insbesondere Gd-DTPA, zum Krankheitsbild dernephrogenen systemischen Fibrose kommen kann. Eine neue Studie liefert Hinweise darauf, dass Gadolinium in Kontrastmitteln nach mehrmaligenMRTs zu Ablagerungen und eventuell auch Strukturschädigungen im Gehirn führen könnte.[37][38] Ob es wirklich zu einer Schädigung kommt, konnte jedoch noch nicht festgestellt werden.
Seit 2018 ruht die Zulassung einiger gadoliniumhaltiger Präparate in der EU.[39]
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