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Freikirche

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Der BegriffFreikirche bezeichnete ursprünglich eine evangelischeKirche, die – im Gegensatz zu einerStaatskirche – vomStaat unabhängig war. Infolge der mittlerweile in Europa überwiegend vollzogenenTrennung von Religion und Staat lässt sich die Wortbedeutung nicht mehr eindeutig fassen. Der BegriffFreikirche wird heute dazu verwendet, eine bestimmte Kirche gegenüberVolkskirchen abzugrenzen. Dabei wird das Attribut „frei“ unterschiedlich verstanden, etwa im Sinne von freiwilliger Zugehörigkeit, organisatorischer Unabhängigkeit, auch im Hinblick auf eine vom Staat erhobeneKirchensteuer, oder als Hinweis auf eine bestimmtetheologische Einstellung. In Deutschland beläuft sich die gesamte Mitgliederzahl der Freikirchen auch nach optimistischer Schätzung auf unter einer Million.[1]

Traditionelle Kategorien von Freikirchen

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Dieser Artikel oder Absatz stellt dieSituation in Deutschland dar. Bittehilf uns dabei, die Situation in anderen Staaten zu schildern.

Unter den Freikirchen im ursprünglichen Sinne unterscheidet man folgende Kategorien (wobei sich nicht alle Freikirchen eindeutig in dieses Schema einordnen lassen):

Die meistenaltkonfessionellen Kirchen, zu denen dieAltkatholische Kirche, dieSelbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) und verwandte altkonfessionelle lutherische Kirchen zählen, sind nach ihrem Selbstverständnis keine Freikirchen, da für sie „im Unterschied zu den klassischen Freikirchen, die ihre Existenz einem neuen (theologischen und/oder spirituellen) Reformansatz verdanken, … gerade das Festhalten am Überkommenen charakteristisch [ist], auch wenn sie sich im Laufe ihrer Geschichte durchaus als zu Wandlungen fähig erwiesen.“[2] DieEvangelisch-Altreformierte Kirche[3] und dieEvangelisch-Lutherische Freikirche (ELFK) bezeichnen sich dagegen auch als Freikirche.

Freikirchen-Begriff

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Die zunehmende Trennung von Kirche und Staat setzt ein Anliegen der Freikirchen um. Dadurch erhalten alle Kirchen einen Status, der dem von „Freikirchen“ entspricht. So wird es schwieriger, die Gemeinsamkeit der traditionellen Freikirchen eindeutig zu definieren. Durch eine Rückbesinnung auf das Wesen von „Freikirche“ wird versucht, diese eindeutig von anderen Kirchenformen abzugrenzen.

Eine ganze Reihe christlicher Kirchen und Gemeinden führen das WortFreikirche in ihrem Namen. Beispiele dafür sind dieFree Church of Scotland, dieEglise évangélique libre du Canton de Vaud, dieFreie Kirche Uster, dieChiesa Libere bei den italienischen Waldenser-Freikirchen, derBund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, derBund Freikirchlicher Pfingstgemeinden, derFreikirchliche Bund der Gemeinde Gottes, dieFreikirchen in Österreich sowie im lutherischen Umfeld dieFríkirkja und dieHannoversche evangelisch-lutherische Freikirche.

Freikirche als Resultat einer bestimmten theologischen Grundhaltung

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Freikirchen wollen das reformatorischeAllein Christus radikal umsetzen: Sie verneinen, dass die Rettung in der Zugehörigkeit zu einer bestimmten äußeren Kirchenorganisation liegt. Sie lehnen deshalb den Zwang ab, der jeweiligen „Staatskirche“ anzugehören, und auch den Anspruch exklusiverSekten, dass das Heil nur bei ihnen zu finden ist.[4]

Im deutschsprachigen Raum sind viele Freikirchen in theologischer Hinsicht alsevangelikal einzustufen; es gibt jedoch ein breites Spektrum, das vonfundamentalistisch bisliberal reicht.

Freikirche als Freiwilligkeitskirche

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Freiwilligkeitskirchen grenzen sich vonVolkskirchen dadurch ab, dass sie von ihren Mitgliedern im religionsmündigen Alter eine bewusste Entscheidung für den Eintritt in die jeweilige Kirche erwarten. Das lässt sich als Konsequenz aus dem Prinzip „Allein Christus“ verstehen.

Bei Volkskirchen ist die Säuglingstaufe üblich; jene Freiwilligkeitskirchen, die ebenfalls die Säuglingstaufe praktizieren, sehen diese jedoch nicht als hinreichend für die volle Mitgliedschaft an (so z. B. in derEvangelisch-methodistischen Kirche).

Die Freiwilligkeit ist kein so eindeutiges Unterscheidungsmerkmal mehr, da auch in Volkskirchen die Mitgliedschaft auf Freiwilligkeit beruhen kann. EinKirchenaustritt ist möglich (wenngleich im Selbstverständnis etwa derkatholischen Kirche auch Ausgetretene Mitglieder bleiben, aufgrund des durch dieTaufe vermitteltenunauslöschlichen Merkmals). Soweit die Mitgliedschaft in einer Volkskirche nicht auf einer eigenen, freiwilligen Entscheidung beruht, bleibt der Aspekt der Freiwilligkeit ein mögliches Unterscheidungsmerkmal von „Freikirchen“ (siehe oben zu den traditionellen „prinzipiellen Freikirchen“). Wer in Bezug auf eine Kirchenmitgliedschaft nie eine eigene, aktive Entscheidung trifft, wird natürlich auch nicht Mitglied einer Freikirche; er kann aber sehr wohl – wenn er als Säugling getauft wurde – Mitglied seiner Volkskirche bleiben, wie es viele inaktive Mitglieder von Volkskirchen „tun“. Hier bleibt ein praktischer Unterschied zwischen Frei- und Volkskirchen bestehen, trotz der Austrittsmöglichkeit.

Freikirche als Minderheitskirche

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Als typisch für Freikirchen wird gelegentlich ihre im Vergleich zu Volkskirchen geringere Mitgliederzahl angesehen. Demnach ist eine Freikirche eine zahlenmäßig kleine Alternative zu einer oder mehrerenVolkskirchen. Eine solche Betrachtungsweise passt nur in Ländern mit solchen Volkskirchen, die den Großteil oder zumindest einen großen Teil der Bevölkerung erfassen, nicht aber in einer konfessionell stark durchmischten Landschaft, wie z. B. denVereinigten Staaten von Amerika.

Die Aussagekraft einer auf die formelle Mitgliederzahl bezogenen Messgröße ist dadurch eingeschränkt, dass sich bei Volkskirchen nur ein Bruchteil der Mitglieder aktiv am Gemeindeleben beteiligt (in den Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland besuchen etwa 2–3 % der Mitglieder den Sonntagsgottesdienst[5]). Dagegen ist bei Freikirchen die Zahl der aktiven Mitglieder und Freunde im Allgemeinen ähnlich groß wie die formelle Mitgliederzahl. Bei einer Betrachtung der in den einzelnen Kirchen tatsächlich aktiven Menschen ist dann der Unterschied in der Größe bereits deutlich geringer (z. B. im evangelischen Raum ca. 500.000 Gottesdienstbesucher der EKD zu 300.000–700.000 Mitgliedern bzw. Gottesdienstbesuchern in freikirchlichen Gemeinden in Deutschland).

In einer Minderheiten-Situation befinden sich nicht nur Freikirchen, sondern auch Sondergemeinschaften (früher oft „Sekten“ genannt). Auch das zeigt, dass die Feststellung einer vergleichsweise geringen Größe das Wesen einer Freikirche nur oberflächlich erfasst.

Geschichtlicher Überblick

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Der Kirchenbegriff der Reformation und die freikirchliche Alternative

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DieReformation übernahm ihrenStaats- undKirchenbegriff als Erbe aus derpost-konstantinischenSpätantike und demMittelalter; sie kannte deshalb nur den einen Kirchentyp – dasStaatskirchentum. Dieser beruhte auf der Einheitlichkeit derWeltanschauung, die nur eine absolute, das Leben der Herrscher und aller Untertanen umfassende und zur Einheit verbindende religiöse Wahrheit kannte. Es war für dieses Verständnis folgerichtig, dass Staat und Kirche sich verbanden, um alle Staatsangehörigen in dieser absoluten Wahrheit zu erziehen – auch wenn es in der Praxis häufig Konflikte zwischen Staat und Kirche gab. Aber grundsätzlich andere religiöse Überzeugungen, welche etwa zur Abtrennung von der Staatskirche geführt hätten, konnten weder vom Staat noch von der Kirche geduldet werden. Zwar hat die Reformation diesen Grundkonsens in gewisser Weise aufgeweicht, indem sie neben der sich als universell verstehenden katholischen Kirche eine andere Kirchengemeinschaft begründete. In dieser Kirche – so die Auffassung der Reformatoren – war die religiöse Wahrheit von menschlich-geschichtlichen Zusätzen befreit und trat deshalb reiner und ursprünglicher in Erscheinung als in der althergebrachten. Dennoch blieb für die Reformation der Grundsatz, dass in einem Staat nur eine Kirche bestehen kann, bestehen und führte schließlich zu dem bekannten Kompromisscuius regio, eius religio (wessen das Land, dessen [ist] die Religion) desAugsburger Religionsfriedens von 1555 zwischen Katholiken undLutheranern, der dann imWestfälischen Frieden (1648) für die folgenden Jahrhunderte (jetzt unter Einbeziehung derReformierten) festgeschrieben wurde. Das Staatskirchenwesen wurde durch die Reformation und ihre Erben sogar noch verstärkt, indem an die Stelle des alten, eng verflochtenen Nebeneinanders von weltlicher und geistlicher Obrigkeit die Unterstellung der Kirche unter den Staat trat. Das Prinzip des Staatskirchentums ist im europäischen Raum erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts allmählich durchbrochen worden – bedingt durch den Wandel des Staatsbegriffs und dieDemokratisierung der Gesellschaft.

Titelseite der täuferischenSchleitheimer Artikel

Die Freikirchen, denen durch denwestfälischen Frieden kein Existenzrecht zugesichert war, orientierten sich nicht an diesem Staatskirchenmodell, sondern an der nach ihrem Verständnisneutestamentlichen Gemeindeform. Sie verstanden die Gemeinde als Gemeinschaft der Gläubigen, die „Gott mehr gehorchen wollte als den Menschen“ und „dem Kaiser“ nur das zu geben bereit war, was ihm aufgrund derBibel zustand. Diese Auffassungen brachten die freikirchlichen Bewegungen immer wieder in einen starken Gegensatz zum Staat und seiner Kirche. Viele Mitglieder der Freikirchen – man denke zum Beispiel an dieTäufer – bezahlten ihre Überzeugungen mit Verfolgung und demMärtyrertod.Amerika undRussland wurden für viele Freikirchen des 17. und 18. Jahrhunderts zu einer neuen Heimat, in der sie gemäß ihren Glaubensüberzeugungen leben konnten. Während ihnen imzaristischen undorthodoxen Russland nur sehr eingeschränkteReligionsfreiheit gewährt wurde, erlebten sie Amerika (insbesondere dieUSA) als das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Hier wirkten sie maßgeblich am Aufbau der jungen Staaten mit. So entwarf der BaptistRoger Williams um 1643 eineVerfassung fürRhode Island, in der zum ersten Mal in der Geschichte die völligeTrennung von Staat und Kirche verankert war. Diese Verfassung wurde später zur Grundlage derVerfassung der Vereinigten Staaten.

Historische Entwicklungen

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Gründungsversammlung der separatistischenFree Church of Scotland (1843)

DieWaldenser entstanden im 12. Jahrhundert aus einer Laienbewegung inFrankreich und Norditalien. Die historischen Wurzeln derMennoniten liegen in der teilweise radikalenTäuferbewegung des 16. Jahrhunderts, welches durch sein Ausbrechen aus den etablierten Kirchen heftige Reaktionen und Verfolgungen auslöste. Unter den Freikirchen, die sich – wenn auch in geringer Zahl – in Kontinentaleuropa über Jahrhunderte hinweg behauptet haben, nehmen die Mennoniten eine besondere Stellung ein.

InEngland undSchottland kam es im 17. Jahrhundert zu betontcalvinistisch-reformierten Abspaltungen von deranglikanischen Kirche wie denPuritanern, aus denen sich diePresbyterianer,Kongregationalisten undBaptisten entwickelten. Nicht immer blieben solche Spaltungen überall Freikirchen. So wurde die presbyterianische Kirche in Schottland zur Staatskirche (womit dieschottischen Anglikaner zur Freikirche wurden), und die Puritaner gründeten Kolonien inMassachusetts, in denen sie die Rolle der Staatskirche übernahmen. Auch in der Zeit desCommonwealths unterOliver Cromwell genossen die Puritaner den Schutz des englischen Staats. 1843 spaltete sich in dersogenannten „disruption“ dieFree Church of Scotland auf Grund der Ablehnung desKirchenpatronats von der ebenfalls calvinistisch-reformierten, staatlicherseits privilegiertenChurch of Scotland ab. In England bildeten sich unterGeorge Fox dieQuäker.

Imdeutschen Sprachraum sind neben den schon genannten Mennoniten freikirchliche Gemeindegründungen vor allem aus demPietismus hervorgegangen, so dieHerrnhuter Brüdergemeine unterNikolaus Graf von Zinzendorf.

Im 18. Jahrhundert entstand in England hauptsächlich durchCharles undJohn Wesley diemethodistische Bewegung als weit reichende Reform-,Erweckungs- undHeiligungsbewegung zunächst innerhalb derAnglikanischen Kirche. Ende 1784 wurde in den USA dieBischöfliche Methodistenkirche gegründet. In der Folgezeit kam es in den USA und England zu weiteren methodistischen Kirchengründungen. Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts gründeten Rückkehrer aus den Vereinigten Staaten und Missionare aus England methodistische Gemeinden im deutschsprachigen Raum. Heute gibt es drei internationale methodistische Kirchen im deutschsprachigen Raum: dieEvangelisch-methodistische Kirche, dieKirche des Nazareners und dieWesleyanische Kirche. Sie gehören alle zumWeltrat methodistischer Kirchen, der 1881 gegründet wurde.

Gewissermaßen als eine Spätfolge der revolutionären angelsächsischen Freikirchen-Bewegung zu Anfang des 19. Jahrhunderts und der damit einhergehenden Zersplitterung in mehrere kongregationalistische Gruppen entstanden zuerst imVereinigten Königreich und später auch inDeutschland die ersten so genanntenBrüdergemeinden (nach einem ihrer BegründerJohn Nelson Darby auchDarbysten genannt).

Einer der Pioniere der neueren baptistischen freikirchlichen Bewegung, die sich im 19. Jahrhundert entwickelte, warJohann Gerhard Oncken, der 1834 inHamburg die erste deutsche Baptistengemeinde begründete, die in der Folgezeit zur Keimzelle der meisten europäischen Baptistenkirchen wurde.

InElberfeld (heute ein StadtteilWuppertals) gründete sich 1854 unterHermann Heinrich Grafe aus Protest gegen die liberale Abendmahlspraxis der evangelischen Landeskirchen die ersteFreie evangelische Gemeinde, die das baptistische Taufverständnis derGläubigentaufe übernahm, aber von bereits als Kind getauften Gläubigen nicht verlangte, sich erneut taufen zu lassen.

Am Beginn des 20. Jahrhunderts entstand in den USA aus der sogenanntenHeiligungsbewegung (ihre Wurzeln liegen imMethodismus) diePfingstbewegung, die Kirchenfamilie der Christenheit, die derzeit das höchste Wachstum verzeichnet. In derZeit des Nationalsozialismus bildeten diezerstörten Kirchen der Bekennenden Kirche ebenfalls eine Art Freikirche.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es vermehrt zur Entstehung sogenannternondenominationeller oderunabhängiger Freikirchen. Auch manche innerkirchliche Erneuerungsbewegungen entwickelten sich im 20. Jahrhundert zu eigenständigen Freikirchen (siehe zum BeispielEvangelische Gesellschaft für Deutschland).

Freikirchen im deutschen Sprachraum

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Viele Freikirchen im deutschsprachigen Raum können auf eine längere Geschichte zurückblicken. Sie haben entsprechend ihrer jeweiligenEkklesiologie Organisationsstrukturen entwickelt und arbeiten auf verschiedenen Ebenen ökumenisch zusammen, so in derArbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland bzw.der Schweiz, in derDeutschen, derÖsterreichischen bzw. derSchweizerischen Evangelischen Allianz, in derVereinigung Evangelischer Freikirchen, demVerband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden in der Schweiz oder denFreikirchen in Österreich. Die Mitgliederzahlen der Gemeinden der nachstehenden Liste belaufen sich auf ca. 300.000 bis 400.000 in Deutschland. Zahlreiche Freikirchen organisieren sich jedoch nicht in konfessionellen oder überregionalen Bünden und werden demnach in der nachstehende Liste nicht aufgeführt; auch deren Mitgliederzahlen lassen sich nur schwer schätzen.

Liste von traditionellen Freikirchen im deutschsprachigen Raum

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Neue freikirchliche Gemeindegründungen

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Seit den 1970er Jahren haben sich – vor allem in den Großstädten – sogenannteunabhängige Gemeinden entwickelt, die durchaus freikirchliche Strukturen besitzen, denklassischen Freikirchen aber nicht angehören. 2003 erklärte der baptistische TheologeHeinrich Christian Rust, dass es mittlerweile mehr Christen in diesen freien Gemeinden gebe als in den klassischen Freikirchen, die zurVereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) zusammengeschlossen sind. Rust geht von über 300.000 Mitgliedern in diesen freien Gemeinden aus. Vor allem Einflüsse der amerikanischenPfingstbewegung (teilweise durch gezielte Gemeindegründungsaufträge) haben zu dieser Entwicklung beigetragen. Sie sind meist ohne jegliche Bindung, gehören meist aber irgendeinem Netzwerk an (z. B. D-Netz). In jüngster Zeit entstehen vor allem aus Hauskreisen oder durch Spaltungen immer mehr unabhängige und kleine Gemeinden.

Ein weiteres Phänomen sind Gründungen von Gemeinden und Gemeindebünden unterschiedlicher Art unterAussiedlern.

Es lassen sich bei diesen sogenanntentransdenominationellen Gemeinden folgende Typen ausmachen:

  • Gemeinden mit pfingstlich-charismatischer Prägung
  • Gemeinden mit evangelikal-missionarischer Prägung
  • Gemeinden mit evangelikal-konservativer Prägung
  • Gemeinden mit neo-calvinistischer Prägung[6]
  • Hauskirchen-Bewegung
  • Jugend-Trendbewegungen
  • Freikirchliche Gemeinden, die aus der Arbeit überkonfessioneller Missionswerke (zum BeispielJugend mit einer Mission) entstanden sind.[7]

Zusammenschlüsse und Verbände

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Ablehnung der Kirchensteuer und Finanzierung

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Ein Kritikpunkt mancher Freikirchen an denevangelischen Landeskirchen und derkatholischen Kirche in Deutschland ist deren Finanzierung durch die Kirchensteuer, die durch staatliche Behörden gegen Aufwandserstattung eingezogen wird (so inDeutschland und überwiegend in derSchweiz; in Österreich heben die Kirchen denKirchenbeitrag selbst ein). Freikirchliche Gemeinden befürworten eine Trennung von Kirche und Staat. Sie lehnen demgemäß den Einzug von Kirchensteuern durch staatliche Organe ab und finanzieren sich aus freiwilligen Beiträgen ihrer Mitglieder und Freunde. Im Allgemeinen besteht kein formeller Abgabenzwang, so dass es auf der Basis der Selbsteinschätzung sowohl „Nullzahler“ gibt als auch Mitglieder, die erhebliche Beiträge leisten. In manchen Fällen wird der so genannte „BiblischeZehnte“ (10 % des Einkommens – das in der Regel nicht näher definiert wird) als Maßstab genannt. Es gibt allerdings einige wenige Freikirchen, die Kirchensteuern erheben.

Ökumenische Zusammenarbeit von Freikirchen

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Die grüne Kirche verweist in Deutschland aufVEF-Gemeinden; Ausnahme:Adventgemeinde (blaue Kirche)[8]

Die ökumenischen Bewegungen sind vielfach durch freikirchliches Engagement in die Wege geleitet und in ihren Entwicklungen entscheidend geprägt worden. Freikirchen sind der Überzeugung, dass dieGemeinde Jesu größer ist als die eigene Denomination. Deshalb sind sie im Regelfall für den interkonfessionellen Dialog offen und suchen oft bewusst die Begegnung und Zusammenarbeit mit anderen Christen. DieVereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) in Deutschland und derVerband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden in der Schweiz sind dafür besondere Belege. In Österreich haben sich fünf evangelische Freikirchen zum DachverbandFreikirchen in Österreich zusammengeschlossen und konnten so die staatliche Anerkennung als Kirchengemeinschaft erlangen. Viele (auch nicht-evangelikale) Freikirchen engagieren sich auch in derArbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland bzw.der Schweiz. Ein besonderes Forum, bei dem sichevangelikale freikirchliche Christen gemeinsam mit solchen aus den evangelischen Landeskirchen engagieren, ist dieEvangelische Allianz. Darüber hinaus führen verschiedene Freikirchen (zum Beispiel Baptisten, Methodisten und Pfingstler) mit anderen Konfessionen Konvergenzgespräche über theologische Differenzen. Die Evangelisch-methodistische Kirche hat als Unterzeichner derLeuenberger Konkordie die volle Kirchengemeinschaft mit den Gliedkirchen derEKD und den anderen beteiligten Kirchen hergestellt.

Geschichtsschreibung von und über Freikirchen

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Die Einzelgemeinde

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Eine Freikirchen betreffende Geschichtsschreibung geht von den betreffenden Freikirchen selbst aus: Ein Mitglied schreibt für andere Mitglieder. Am Beginn steht oft ein Erfolgsbewusstsein: Die betreffende Freikirche kann bereits auf ein beträchtliches Wachstum zurückblicken. Das kleinste Objekt solcher Geschichtsschreibung ist die einzelne Ortsgemeinde. Anlass für den Rückblick auf die eigene Geschichte ist oft ein Jubiläum.Franz Graf-Stuhlhofer beschreibt neunSpannungsfelder beim Schreiben einer Gemeindegeschichte und setzt diese in Frageform:

„Objektiv beschreiben oder subjektiv bewerten? Geschichte darstellen oder mit geschichtlichem Material predigen? Pastorendienstzeiten als oberstes Gliederungsprinzip verwenden? Vollständigkeit anstreben oder bewertend auswählen? Probleme offen darstellen oder versöhnlich zudecken? Rückschau aus der Warte der gegenwärtigen Gemeinde(leitung)? Chronologisch darstellen oder thematisch erfassen? Den Quellen vertrauen oder sie kritisieren? Die Vergangenheit verstehen oder die Gegenwart als Maßstab verwenden?“[9]

Diese Fragen verweisen auf Spannungsfelder, in denen der Historiker steht und in denen er sich entscheiden muss, inwiefern er welcher Tendenz folgt.

Als Gemeinde-Bund

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Die nächste Ebene ist erreicht durch die (meist: Selbst-)Reflexion über die Geschichte einer Freikirche oder eines Gemeindebundes. DerVerein für Freikirchenforschung widmet sich besonders der Geschichte. Die Symposien und Arbeitstagungen stehen jeweils unter einem bestimmten Thema; im Jahr 2011 z. B. wurden die einzelnen Freikirchen in der Weimarer Republik sowie in der NS-Zeit betrachtet. Die Referate werden im darauffolgenden Jahrbuch (die genannten Themen im Jahr 2012) veröffentlicht. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit zu vergleichender Betrachtung der Freikirchen im Rahmen des jeweiligen Zeitgeschehens.In seinerSkizze einer frei-evangelischen Historik beschreibt Andreas Heiser unterschiedliche Geschichtsverständnisse, die ihm im historischen Schrifttum derfreien evangelischen Gemeinden begegneten: In der Kirchengeschichte kann primärFortschritt oder primärDekadenz gesehen werden. Es kann eine Gegenüberstellung vonWelt- und Heilsgeschichte im Vordergrund stehen, und es gibt einenpersonengeschichtlichen sowie einenmentalitätsgeschichtlichen Zugang.[10]DieQuellenlage und Methodenfragen zur Geschichte österreichischer Freikirchen untersucht Franz Graf-Stuhlhofer.[11] Den Umbrüchen in der Geschichte der Freikirchen wendet er besondere Aufmerksamkeit zu; in der Geschichte der österreichischen Baptisten meint er mehrere Verschiebungen und Umbrüche wahrnehmen zu können, etwa eine Internationalisierung (um 1960), Interkonfessionalisierung (nach 1970) und ein Egalisierungs-Schub (um 1980). Eine vergleichende Freikirchengeschichte wäre nötig, um zu erkennen, inwieweit solche Veränderungen quer durch die Freikirchen ungefähr gleichzeitig erfolgten.

Im Rahmen der Christenheit

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Auf der nächsten Ebene kommt es zur Einbindung der Geschichte einzelner oder aller Freikirchen in eine breit angelegte Kirchengeschichte. In solchen werden Freikirchen jedoch oft ignoriert, insbesondere in Österreich, wo die Freikirchen eine geringe Mitgliederzahl haben. So widmet etwaGustav Reingrabner zwar den Täufern des frühen 16. Jahrhunderts ein eigenes Kapitel seiner Geschichte derProtestanten in Österreich (1981), erwähnt darin jedoch keine neueren Freikirchen wie Baptisten oder Methodisten. Hier wird also „Protestantismus“ weitgehend auf die Evangelische Kirche eingeschränkt. Aber auch in der umfangreichen Gesamtdarstellung einerGeschichte des Christentums in Österreich (2003) werden neuere Freikirchen bloß einmal namentlich aufgezählt, ohne jede Beschreibung.[12]

Siehe auch

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Portal: Freikirchen – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Freikirchen

Literatur

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  • Bibliographie zur Geschichte der Freikirchen, jährlich (seit 1992) in:Freikirchenforschung, hrsg. vom Verein für Freikirchenforschung, z. B. Nr. 20, 2011,ISBN 978-3-934109-12-4 (jeder Jahrgang enthält die Bibliographie für das Vorjahr).
  • Erich Geldbach:Freikirchen – Erbe, Gestalt und Wirkung (= Bensheimer Hefte, Band 70). 2. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005,ISBN 3-525-87157-0.
  • Franz Graf-Stuhlhofer:Freikirche zwischen Volkskirche und Sekte. Versuch einer Definition anhand dreier Kennzeichen. Begriffe und Kriterien. In: Freikirchenforschung 17 (2008), S. 290–296 (drei Kennzeichen:Christus allein, Individualität, Staatsdistanz).
  • Wolfgang E. Heinrichs:Freikirchen – eine moderne Kirchenform. Entstehung und Entwicklung von fünf Freikirchen im Wuppertal. Brunnen Verlag, Gießen 1989 (2. Aufl. 1990).
  • Reinhard Hempelmann:Die „neuen“ evangelischen Freikirchen. In: Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, 2002, Heft 6, S. 161–167,ISSN 0721-2402 (Kurzfassung).
  • Hans Krech, Matthias Kleiminger (Hrsg.):Handbuch religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen. Freikirchen, pfingstlich.charismatische Bewegungen und weitere unabhängige Gemeinden, christliche Sekten, Neuoffenbarer, Neuoffenbarungsbewegungen und Neureligionen, esoterische und neugnostische Weltanschauungen und Bewegungen, religiöse Gruppen und Strömungen aus Asien, Anbieter von Lebenshilfen und Psycho-Organisationen. Herausgegeben im Auftrag der Kirchenleitung derVELKD. 6., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2006,ISBN 978-3-579-03585-7.
  • Hans-Martin Niethammer:Kirchenmitgliedschaft in der Freikirche. Kirchensoziologische Studie aufgrund einer empirischen Befragung unter Methodisten. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1995,ISBN 3-525-56541-0 (= Kirche und Konfession, Bd. 37; Dissertation).
  • Hans Schwarz:Freikirche. In:Theologische Realenzyklopädie, Bd. 11, 1983, S. 550–563.
  • Vereinigung Evangelischer Freikirchen (Hrsg.):Freikirchenhandbuch. Informationen – Anschriften – Berichte. Wuppertal 2000,ISBN 3-417-24154-5 („Texte und Dokumente“ noch nicht überholt durch die Auflage 2004).
  • Vereinigung Evangelischer Freikirchen (Hrsg.):Freikirchenhandbuch. Informationen. Anschriften. Texte. Berichte. Wuppertal 2004,ISBN 3-417-24868-X.
  • Karl Heinz Voigt:Freikirchen in Deutschland (19. und 20. Jahrhundert). Evangelische Verlags-Anstalt, Leipzig 2004,ISBN 3-374-02230-8 (Reihe Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen III/6).
  • Gunnar Westin:Geschichte des Freikirchentums. Der Weg der freien christlichen Gemeinden durch die Jahrhunderte. Oncken-Verlag, Kassel 1958.
  • Friedrich Schneider:Freikirchen und Medien. In: Michael Klöcker, Udo Tworuschka (Hg.):Handbuch der Religionen. Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften in Deutschland und im deutschsprachigen Raum. Olzog, Landsberg am Lech 2018, 58. Ergänzungslieferung, XIV – 3.1.2.2.

Weblinks

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Wikibooks: Freikirchen – Lern- und Lehrmaterialien
Wiktionary: Freikirche – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Die Mitglieder aller im AbschnittListe von traditionellen Freikirchen im deutschsprachigen Raum aufgeführten Freikirchen belaufen sich auf höchstens 400.000. Heiner Rust schätzt zudem, dass ca. 300.000 Menschen in Deutschland Mitglieder in Gemeinden sind, die sich nicht in konfessionellen oder überregionalen Bünden organisieren.
  2. Georg Hintzen:Altkonfessionelle Kirchen. In: Johann-Adam-Möhler-Institut (Hrsg.):Kleine Konfessionskunde. Paderborn 1996, S. 307 ff.
  3. Offizielle Seite der Altreformierten Kirche
  4. Graf-Stuhlhofer:Freikirche zwischen Volkskirche und Sekte.
  5. Evangelische Kirche in Deutschland: Statistik der EKD 2022. Juli 2024, abgerufen am 21. Juli 2025. 
  6. Liste calvinistisch geprägter Gemeinden (Memento vom 28. Januar 2016 imInternet Archive), abgerufen am 28. Januar 2016.
  7. Reinhard Hempelmann:Die „neuen“ evangelischen Freikirchen.
  8. Der ökumenische Gottesdiensthinweis steht an den Ortseingängen vonNorden (Ostfriesland). Die grüne Kirche stehthier für die örtlicheBaptistengemeinde, dieFreie evangelische Gemeinde, diePfingstgemeinde sowie für dieMennonitengemeinde. Die blaue Kirche verweist auf dieFreikirche der Siebenten-Tags-Adventisten
  9. Acht Spannungsfelder bei Franz Graf-Stuhlhofer (Hrsg.):Frisches Wasser auf dürres Land. Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Bundes der Baptistengemeinden in Österreich (= Baptismus-Studien; Bd. 7). Oncken, Kassel 2005, S. 34–37. Dazu ein neuntes Spannungsfeld bei Graf-Stuhlhofer:Freikirchen in Österreich, 2008/09, S. 278–282.
  10. Andreas Heiser:Wie man Geschichte schreiben soll. Historische Skizze einer frei-evangelischen Historik. In:Theologisches Gespräch. Freikirchliche Beiträge zur Theologie 16, 2012, S. 129–147.
  11. Franz Graf-Stuhlhofer:Freikirchen in Österreich seit 1846. Zur Quellenlage und zu Methodenfragen. In: Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 124/125 (2008/09), S. 270–302.
  12. Rudolf Leeb,Maximilian Liebmann,Georg Scheibelreiter,Peter G. Tropper:Geschichte des Christentums in Österreich. Von der Spätantike bis zur Gegenwart (ReiheÖsterreichische Geschichte, hrsg. vonHerwig Wolfram). Ueberreuter, 2003, S. 450.
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