Franz Ronneberger
Franz Ronneberger (*15. März1913 inAuma; †30. März1999 inNürnberg) war ein deutscherJurist undSozialwissenschaftler mit Lehr- und Forschungsschwerpunkten inKommunikationswissenschaft,Politikwissenschaft,Verwaltungswissenschaft und in derSüdosteuropa-Forschung. Während desNationalsozialismus arbeitete er in maßgeblicher Funktionnachrichtendienstlich. In derBundesrepublik Deutschland begründete er die Kommunikationswissenschaft und entwickelte eine Theorie derPublic Relations.
Biografie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Frühe Jahre
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ronnebergers Vater, derInstallateur und Fabrikbesitzer Karl Konrad Ronneberger, fiel im August 1915 imErsten Weltkrieg. Nach derVolksschule inAuma besuchte Ronneberger bis zur erneuten Heirat seiner Mutter dasGymnasium inWeimar, anschließend dieOberrealschule inPößneck, wo er 1932 dasAbitur ablegte. Als Stipendiat derStudienstiftung des Deutschen Volkes begann er anschließend ein Studium derRechtswissenschaft an derUniversität Kiel. Er schloss sich noch im selben Jahr demNationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSStDB) an, in dem er sich schon bald fürVolkstumspolitik engagierte. Ein Schulungslager derDeutschen Studentenschaft weckte sein Interesse anSüdosteuropa, so dass er 1934 nachMünchen wechselte, wo er sich bessere wissenschaftliche Möglichkeiten erhoffte.
1935 wurde Ronneberger wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigenSüdost-Institut und knüpfte enge Kontakte mitFritz Valjavec. Zugleich übernahm Ronneberger das Außenamt der Studentenschaft derUniversität München. Das Außenamt schulte Studenten vor und für Auslandsaufenthalte. In der „Außenstelle Süd/Ost“ etwa bereiteten Ronneberger und Valjavec Studenten darauf vor, im Rahmen sogenannter „Landdienste“ mit wissenschaftlicher Tarnung deutsche Minderheiten imDonauraumnationalsozialistisch zu indoktrinieren.[1] Mit Valjavec baute Ronneberger außerdem 1936 einen „Süd-Ost-Pressebericht“ auf, bei dem es um die systematische Auswertung der Auslandspresse und der Publikationen der deutschstämmigen Minderheiten in Südosteuropa ging.[2]
1937 wurde Ronneberger Leiter der „Außenstelle Südost“ derReichsstudentenführung und trat in dieNSDAP ein (Mitgliedsnummer 5.152.299). Seit März 1933 hatte er bereits dem NSDStB und derSA angehört.[3] 1938 übernahm er außerdem die Leitung der „Deutschen Akademischen Auslandsstelle“ in München, die dort studierende Ausländer kulturell betreute.
Wissenschaftlich widmete sich Ronneberger der Südosteuropaforschung unter nationalsozialistischen Vorzeichen. 1935/36 reichte er die gemeinsam mit vier Kommilitonen verfasste StudieDie ordnende Kraft der völkischen Idee im südosteuropäischen Raum beim 1. Reichsleistungskampf der Studenten ein. Dadurch entstand zugleich ein Kontakt zum Organisator des Wettbewerbs,Franz Six. 1935 legte er auch das Erste juristischeStaatsexamen ab. 1938promovierte er mit einer Arbeit überSüdosteuropa im politischen Ordnungsbild Bismarcks, die 1941 in der Schriftenreihe desDeutschen Auslandswissenschaftlichen Instituts erschien. Darin stellte erOtto von Bismarcks Außenpolitik als Vorwegnahmevölkischer Großraumpolitik dar.
Im Zweiten Weltkrieg
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ronneberger unterhielt enge persönliche Kontakte zu den nationalsozialistischen Bewegungen innerhalb der deutschen Volksgruppen inRumänien, derSlowakei undUngarn. Im Frühjahr 1939 berief ihnReichsstatthalterArthur Seyß-Inquart in seinenWiener Mitarbeiterstab. Hier wurde Ronneberger mit dem „Aufbau einer Dienststelle zur Erforschung des Pressewesens in Südosteuropa und der laufenden Presse- und politischen Berichterstattung“ beauftragt, für das er ein Netz von Verbindungsleuten in Südosteuropa organisierte.
Im Laufe des Jahres 1940 wurde das „Büro Ronneberger“ auf Grund seiner langjährigen Verbindungen in Südosteuropa vomAuswärtigen Amt übernommen und im Rahmen eines neu aufgebauten Südost-Dienstes mit nachrichtendienstlichen Aufgaben und der Erstellung von Stimmungsberichten betraut. Für sein Netz von Verbindungs- und Vertrauensleuten unternahm Ronneberger auch zahlreiche Reisen, um persönliche Kontakte zu pflegen. Ronnebergers Korrespondenzstelle wertete Agentenberichte aus, erstellte Presseschauen südosteuropäischer Zeitungen mit Übersetzungsdienst, führte eine Personen- und Sachkartei von Institutionen und politischen Organisationen in Südosteuropa, unterhielt eine Spezialbibliothek und erstellte politische Wochenberichte über Südosteuropa und auf Anfrage Analysen für Ministerien, Geheimdienste und dasReichssicherheitshauptamt (RSHA). Ronnebergers Materialsammlungen dienten dem Auswärtigen Amt unter anderem bei den Verhandlungen zumWiener Schiedsspruch und als Nachrichtenressource für den „Donausender“, einen Propagandasender in derSlowakei.[4]
Für dieSüdosteuropa-Gesellschaft gab Ronneberger vertrauliche Wirtschaftsnachrichten heraus, die nicht zuletzt von deutschen Unternehmen bezogen wurden. Zu Tarnungszwecken war Ronneberger offiziell Leiter der Presse- und Informationsabteilung „im Grenzlandamt der NSDAP-Gauleitungen von Wien und Niederdonau“ unterHelmut Triska sowie Gauhauptstellenleiter der NSDAP.[5] Bei der im Dezember 1941 gegründetenUnion Nationaler Journalistenverbände (UNJ) arbeitete Ronneberger im „Institut zur Erforschung und Förderung des internationalen Pressewesens“ mit.
Im Mai 1944 wurde Ronnebergers Pressedienststelle mit der vonWilfried Krallert geleitetenPublikationsstelle Wien derSüdostdeutschen Forschungsgemeinschaft vereinigt. Ronneberger wurde Krallerts Vertreter in Wien, der im November 1943 die Leitung der Gruppe VI G (wissenschaftlich-methodischer Forschungsdienst) im Amt VI (Auslandsnachrichtendienst) des RSHA übernommen hatte.
Seit April 1940 nahm Ronneberger außerdem einen Lehrauftrag der „Südost-Stiftung desMitteleuropäischen Wirtschaftstages Berlin“ an derHochschule für Welthandel in Wien wahr. Am 28. September 1944habilitierte er sich an der Hochschule mit einer ArbeitWege staatswissenschaftlicher Forschung in Südosteuropa beiHellmut Georg Isele,Erich Preiser undHermann Gross fürStaatswissenschaften. Ursprünglich hatte er die Grundlagen eines neuen „Volksgruppenrechts“ erarbeiten wollen, davon aber abgesehen, weil ihm dies zu sehr an den Grundlagen desVölkerrechts zu rütteln schien.[6]
Zu Beginn desZweiten Weltkriegs war Ronneberger vomReferendariat freigestellt worden und arbeitete zunächst für die Dienststelle desAmtes Ausland/Abwehr beim Stellvertretenden Generalkommando desXVII. Armeekorps. Bereits 1939 hatte er die Aufnahme in dieSS beantragt, die am 15. Januar 1942 im Rang einesSS-Untersturmführers erfolgte (Mitgliedsnummer 415.905). Im April 1942 wurde er durch denSD-Leitabschnitt Wien als hauptamtlicher Mitarbeiter übernommen, für den er bereits mindestens seit 1940 inoffiziell gearbeitet hatte. Er gehörte zur „Akademischen Legion“ beimHöheren SS- und Polizeiführer Wiens und wurde am 20. Januar 1945 ins RSHA kommandiert.[7]
Nach Berlin sollte Ronneberger aber nicht mehr gelangen. Er hatte gegen Kriegsende die Verlegung der Publikations-Stelle in die vorgesehene „Ausweichstelle“ im 1938 von der SS beschlagnahmtenBenediktinerstift imsteiermärkischenSankt Lambrecht zu organisieren, wo Bücher und Materialien der Publikations-Stelle untergebracht werden sollten. In Sankt Lambrecht wurde Ronneberger am 30. Mai 1945 von britischen Soldaten verhaftet und später inSandbostel beiBremervörde interniert.
Nachkriegszeit
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In seinemEntnazifizierungsverfahren 1947 gelang es Ronneberger, sich als unpolitischen Wissenschaftler darzustellen. Seinen Beitritt zur NSDAP stellte er als Überführung aus dem NSDStB dar, seine SS-Mitgliedschaft als rein formal. Nach einem Freispruch wurde er im Revisionsverfahren 1948 lediglich wegen „Zugehörigkeit zur SS in Kenntnis von deren Verbrechen“ zu einer Geldstrafe in Höhe von 5000,-RM verurteilt, die durch die Internierungszeit als verbüßt angesehen wurde. Er galt derSpruchkammer als „ein lediglich [in] seinen Forschungen und wissenschaftlichen Arbeiten lebender Mann, der zwar mit der Politik vom wissenschaftlichen Sektor her betrachtet nicht unerheblich in Berührung gekommen ist, der sich jedoch mit außerhalb seiner Forschungen liegenden Dingen nicht näher befasst hat.“[8] Allerdings entzog dieRepublik Österreich Ronneberger dieLehrberechtigung, die er an der Hochschule für Welthandel erworben hatte.
1948 nahm er Kontakt mit dem Herausgeber und Chefredakteur derWestdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ),Erich Brost, auf. Bei der WAZ arbeitete er bis 1958 als Leiter des Ressorts Dokumentation, Wissenschaftsredakteur, Kommentator und Ausbilder der Volontäre. Ab 1952 lehrte er außerdem Staatsrecht undSoziologie an derVerwaltungs- und Wirtschaftsakademie inBochum. Unter dem PseudonymStefan Lambrecht veröffentlichte er 1958 das BuchDie Soziologie.
1958 wurde Ronneberger Referent für Hochschulfragen und akademische Nachwuchsförderung beimStifterverband für die Deutsche Wissenschaft inEssen, an dessenÖffentlichkeitsarbeit er zugleich mitentwickelte. Über den vom Stifterverband und demBundesverband der Deutschen Industrie organisierten „Gesprächskreis Wissenschaft und Wirtschaft“ unterbreitete Ronneberger 1961 derSüdosteuropa-Gesellschaft (SOG) „Vorschläge zur Einordnung der Südosteuropa-Forschung in die Aufbaupläne der deutschen Hochschulen“, in denen er Lehrstühle für Südosteuropaforschung an westdeutschen Universitäten forderte. Ergebnis dieser Lobbyarbeit war unter anderem die Berufung von Hermann Gross auf den 1962 neu geschaffenen Lehrstuhl für Wirtschaft und Gesellschaft Südosteuropas an der Universität München.
Ronneberger habilitierte sich 1960 mit seinen PublikationenVerwaltung im Ruhrgebiet als Integrationsproblem undStaatsverfassungstendenzen der Südoststaaten seit 1945 an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät derUniversität Münster für Verfassungs- und Verwaltungslehre. Bis 1964 war erPrivatdozent für Verfassungs- und Verwaltungslehre an der Universität Münster und gleichzeitig ordentlicher Professor fürSoziologie undSozialpädagogik an derPädagogischen Hochschule Bielefeld. Dann wurde er als Leiter des Instituts für Publizistik an derUniversität Erlangen-Nürnberg berufen, das er zum Institut für Politik- und Kommunikationswissenschaft umbenannte. Zum Institut gehörte einOrdinariat, das er bis zu seinerEmeritierung 1980 innehatte. In enger Zusammenarbeit mitCarl Hundhausen, dessen Bibliothek das Institut übernahm, richtete Ronneberger seinen Lehrstuhl stärker auf „Public Relations“ (PR) aus. 1979 gründete er mitHeinz Flieger die „Vereinigung zur Förderung der Public-Relations-Forschung“. Nach seiner Emeritierung übernahm Ronneberger an derKatholischen Universität Eichstätt den Auftrag, das Fach und den StudiengangJournalistik aufzubauen. Die Universität verlieh ihm 1993 die Würde eines Ehrensenators. Im März 2023 veröffentlichte der Senat der Universität jedoch eine Stellungnahme, in welcher sich von dieser Verleihung distanziert wird.[9]
Ronneberger hielt zeit seines Lebens eine Reihe von Ehrenämtern. Er stand von 1966 bis 1969derDeutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft vor, in deren Auftrag er die ZeitschriftPublizistik herausgab. Er war Mitglied derDeutschen Public Relations Gesellschaft, derInternational Public Relations Association, desFernsehrats des ZDF, des Kuratoriums derStiftervereinigung der Presse, der Jury desGruner + Jahr-Preises für Mediaforschung und der Jury des von derAkademie für Publizistik inHamburg verliehenen Akademie-Preises fürWirtschaftsjournalisten.
Werk
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Während des Nationalsozialismus
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Während derZeit des Nationalsozialismus verstand sich Ronneberger als Vertreter einer „kämpfenden“ statt einer objektiven Wissenschaft. Im Sinne der „Gegnerforschung“ plante Ronneberger noch im Juli 1944 gemeinsam mitLeonhard Oberascher, sämtliche „wissenschaftlichen Arbeiten, Institute und Bestrebungen im Südosten“ zu erfassen, „die in irgendeiner Kampfstellung gegenüber den deutschen politischen und wissenschaftlichen Intentionen stehen“.[10] Bereits 1941 hatte er Pläne für die Neuordnung Südosteuropas entwickelt. In einem geheimen Entwurf vom 11. Dezember 1941 beschrieb er den Donau- undBalkanraum als „die unerlässliche Flankensicherung für die Oststellung“ und „als ein entwicklungsfähiges Überschussgebiet von lebensnotwendigen Rohstoffen“, das es zu sichern gelte. Darunter verstand Ronneberger die „Beseitigung der völkischen Spannungen“, wobei er zwischen „einordnungsbereite[n] und der deutschen Führung widerstrebende[n] Völker[n]“ unterschied. Die kommende Ordnungsaufgabe für die deutsche Führung sollten dieVolksdeutschen übernehmen. „Umsiedlungen in grösserem Ausmass“ erschienen ihm etwa zur Abdrängung derSerben von der Donau unumgänglich.[11]
NebenAntikommunismus warAntisemitismus ein bestimmendes Element von Ronnebergers Argumentationen. So behauptete er 1943, dass die politische Führung der südosteuropäischen Staaten durchJuden mit dem Mittel desKapitalismus „systematisch … zersetzt und erobert“ worden sei, und begrüßte, dass manche Staaten inzwischen zur „radikalen Lösung der Judenfrage“ geschritten seien, wonach sinnvoller Weise die „Ausmerzung des jüdisch-kapitalistischen Geistes“ erfolgen könne.[12]
Daneben arbeitete Ronneberger als politischerJournalist. Er veröffentlichte regelmäßig politische Leitartikel in der Wiener Ausgabe des „Völkischen Beobachters“ und weiteren Publikationen nationalsozialistischer Volksgruppen-Führungen wie demGrenzboten, einer Tageszeitung derDeutschen Partei in der Slowakei, in den vonFranz Karmasin herausgegebenenDeutschen Stimmen, in der rumänischenVolk im Osten unter Leitung vonAndreas Schmidt und in der vonFranz Anton Basch in Ungarn herausgegebenenSüdostdeutschen Rundschau. Ronneberger arbeitete außerdem für dieDonauzeitung unter Leitung von Oberascher inSerbien, fürVolkstum im Südosten, das er ab 1943 auch gemeinsam mitFelix Kraus herausgab, für das Monatsblatt des Auswärtigen AmtesBerlin-Rom-Tokio, für die von Franz Six herausgegebeneZeitschrift für Politik und für die vonGiselher Wirsing herausgegebene ZeitschriftDas XX. Jahrhundert. In seinen Beiträgen legitimierte Ronneberger die NS-Ethnopolitik[13] und befürwortete unter anderem 1942 die „Gesamtaussiedlung des Judentums“.[14]
In der Bundesrepublik Deutschland
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In der Bundesrepublik Deutschland gilt Ronneberger als Wegbereiter einer interdisziplinär ausgerichtetenKommunikationswissenschaft, die sich im Gegensatz zu ihrer prädisziplinären Konstituierung soziologisierte und empirisch ausrichtete.[15] Er entwickelte den Begriff der „Kommunikationspolitik“. In Anlehnung anOtto B. Roegele definierte er diese als „all jene Handlungen, die zur Erhaltung der Funktionstüchtigkeit der von der Verfassung gewollten Kommunikationsordnung in einem Lande dienen“.[16] Kommunikationspolitik wird weder als Staats- noch als Medienpolitik im engen Sinne verstanden, sondern als ein soziales Handeln, das ohne Rücksicht auf strukturelle Zusammenhänge auf eine Ordnung von Kommunikationsvorgängen und Kommunikationsprozessen gerichtet ist. Sie sei deshalb sowohl in der Staatssphäre als auch im gesellschaftlichen Raum anzutreffen und werde nicht nur von den klassischen Staatsorganen, sondern auch von Parteien, Interessengruppen und Unternehmen betrieben.[17]
Nach Vorarbeiten wieSozialisation durch Massenkommunikation (1971) legte Ronneberger 1977 mitLegitimation durch Information einePublic-Relations-Theorie in der Tradition desStrukturfunktionalismus vor, die zugleich eine erste Weiterentwicklung der PR-TheorieEdward Bernays’ war. Nach Ronneberger erfüllt PR die Aufgabe, hochkomplexe Gesellschaften auf der Basis von Minimalkonsens zu integrieren, da in demokratisch verfassten politischen Systemen Interessen durch öffentliche Darstellung und Diskussion demokratische Legitimation erhalten. Statt einen Interessenausgleich zu erreichen, stellt PR die unterschiedlichen Interessen und Standpunkte dar und erzielt dadurch eine öffentliche Interessendarstellung, welche die Funktion der politischen System ermöglicht.[18] Gemeinsam mitManfred Rühl publizierte Ronneberger 1992 einensystemtheoretischen Entwurf einer gesellschaftsorientierten PR-Theorie mit einem interdisziplinären Ansatz.
Die Kritik an Ronnebergers Modell konzentriert sich auf dessen Prämisse, dass sich alle Interessen öffentlich artikulieren. Dagegen wird auf die ungleiche gesellschaftliche Verteilung der Chancen und Ressourcen zur Kommunikation verwiesen. Ronneberger behaupte eine vollkommen unrealistische Symmetrie zwischen Kommunikator und Rezipient, um die Fiktion rationaler Konsensbildung völlig gleichberechtigter Partner zu stützen. Massenmedien und PR haben in diesem Modell kein manipulatives Potential. Die Möglichkeit, dass PR zur Zerstörung oder Verhinderung von Demokratie beitragen kann, existiert bei Ronneberger nicht.[19]
DerPolitikwissenschaftlerPeer Heinelt sieht Ronnebergers PR-Theorie verbindende Elemente zwischen dessen Auffassungen im Nationalsozialismus und seinem von antimarxistischen und antiliberalen Vorstellungen geprägten politischen Denken, das letztlich als autoritär, affirmativ, antiemanzipatorisch und antidemokratisch charakterisiert werden müsse. Völkische Auffassungen seien zwar nach 1945 in den Hintergrund getreten, aber etwa in Ronnebergers Äußerungen zur bundesdeutschen Ausländerpolitik virulent geblieben.[20]
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Einführung in die politischen Probleme Südosteuropas. Heidelberg 1940.
- Bismarck und Südosteuropa.Dissertation. Junker u. Dünnhaupt, Berlin 1941.
- Griechenland, Schicksal und Verschulden. In:Zeitschrift für Politik. 31 (1941) 1941, S. 267–276.
- Staatliche Souveränität. Vortrag … [Sovranità statale]. In:Deutsch-Italienische Studentenkongresse (deutsche Ausgabe). 2, 1941, S. 51–64, 45–57.
- Der nahe Osten. NSDAP. Gau Wien Gauschulungsamt, Wien 1942.
- Der Weg Jugoslawiens zur Katastrophe. In:Volk im Osten. 4, Nr. 10, 1943, S. 11–24.
- Die Kriegsleitung des Volksdeutschtums. In:Zeitschrift für Politik. 33 (1943) 1943, S. 184–191.
- Gedanken zum Volksgruppenproblem. In:Donaueuropa. 3 (1943) 1943, S. 191–197.
- Fünf Jahre slowakischen Staat. In:Zeitschrift für Politik. 34 (1944) 1944, S. 95–100.
- Erziehung am Wendepunkt. Bechauf, Bielefeld 1957.
- Verwaltung im Ruhrgebiet als Integrationsproblem. Kohlhammer, Stuttgart/Köln 1957.
- Aufstieg der Begabten. Stifterverb. für d. Deutsche Wiss.), (Essen-Bredeney 1958.
- Die Soziologie. Aufstieg einer Wissenschaft. Ein Leitfaden für Praxis und Bildung. Stefan Lambrecht. Seewald, Stuttgart-Degerloch 1958.
- Zehn Jahre Stifterverband. 1949–1959. [Franz Ronneberger]. Stifterverband f. d. deutsche Wissenschaft, Essen-Bredeney 1959.
- Die Gesellschaftsbilder von heute. Franz Ronneberger. Dt. Industrieverlag-Ges, Köln 1961.
- Das Verfassungsproblem in den Entwicklungsländern. In:Der Staat. 1, Nr. 1, 1962, S. 39–77.
- Vorschläge zur Einordnung der Südosteuropa-Forschung in die Aufbaupläne der deutschen Hochschulen. Südosteuropa-Verlag-Ges., München 1962.
- Die politischen Funktionen der Massenkommunikationsmittel. In:Publizistik. 9, Nr. 4, 1964, S. 291–304.
- Regionalbewußtsein und Regionalverwaltung im Ruhrgebiet. (= Schriftenreihe Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk. Nr. 3). Essen 1966.
- Theorien zur politischen Entwicklung. In:Entwicklungspolitik. 1966, S. 305–334.
- Ziele und Formen der Kommunikationspolitik. In:Publizistik. 11, Nr. 3/4, 1966, S. 399–406.
- mit Jürgen Walchshöfer:Verwaltung und Öffentlichkeit. Eine sozialwissenschaftliche Untersuchung über Verwaltungsreform und soziales Verhalten in Nordrhein-Westfalen. Essen 1970.
- Konzentration und Kooperation in der deutschen Presse aus kommunikationspolitischer Sicht. In:Publizistik. 16, Nr. 1, 1971, S. 5–38.
- Sozialisation durch Massenkommunikation. Enke, Stuttgart 1971,ISBN 3-432-01728-6.
- und Gertrud Krallert:Abriß der Bevölkerungsentwicklung Südosteuropas und Tabellen zur Bevölkerungs- und Agrarstatistik. Hoppenstedt; Südosteuropa-Ges. Darmstadt, München 1972.
- mit Hermann Gross:Prof. Dr. Hermann Gross. Laudatio. In:Mitteilungen der Südosteuropa-Gesellschaft. 13, Nr. 1/2, 1973, S. 41–45.
- als Hrsg.:Sozialer Wandel in Jugoslawien. Genossenschaften als Träger sozialistischer Reformpolitik auf dem Lande. Verlag Wissenschaft u. Politik, Köln 1974.
- Strukturprobleme des lokalen Parteiensystems. Eichholz-Verl, Bonn 1975,ISBN 3-87198-045-5.
- mit Jürgen Walchshöfer:Parteien als Kommunikationssysteme. In:Strukturprobleme des lokalen Parteiensystems. Eichholz-Verlag, Bonn 1975,ISBN 3-87198-045-5, S. 115–160.
- Legitimation durch Information. Die Übers. d. bearb. Fassung ins Engl. besorgte D. H. Walker. Econ-Verlag, Düsseldorf/Wien 1977,ISBN 3-430-17824-X.
- Medienpolitik. In:Wirtschaftswissenschaftliches Studium. 6, Nr. 2, 1977, S. 54–59.
- als Hrsg.:Türkische Kinder in Deutschland.Referate und Ergebnisse. Verlag d. Nürnberger Forschungsvereinigung e. V., Nürnberg 1977,ISBN 3-921453-08-9.
- als Hrsg.:Public Relations des politischen Systems.Staat Kommunen u. Verbände. von d. Nürnberger Forschungsvereinigung e. V. hrsg. Nürnberger Forschungsvereinigung, Nürnberg 1978.
- Privatisierung.Ein Weg zur Sanierung der Staatsfinanzen?Schlankheitskur für den Staat. Seewald, Stuttgart 1979,ISBN 3-512-00533-0, S. 249–275.
- Kommunikationspolitik als Gesellschaftspolitik. v. Hase & Koehler, Mainz 1980,ISBN 3-7758-0994-5.
- mit Rudolf Vogel (Hrsg.):Gastarbeiterpolitik oder Immigrationspolitik. im Auftr. d. Südosteuropa-Ges. e. V. Olzog, München/Wien 1982,ISBN 3-7892-9889-1.
- Public Relations zur Zukunftssicherung.Hinweise zur Überlebensstrategie d. techn.-wiss. Zivilisation. Franz Ronneberger. Verlag für Dt. Wirtschaftsbiographien Flieger, Düsseldorf 1982.
- Das Syndrom der Unregierbarkeit und die Macht der Medien. Abschiedsvorlesung in der Wirtschafts- und Sozialwiss. Fakultät d. Friedrich-Alexander-Univ. Erlangen-Nürnberg am 17. Mai 1983. Nürnberger Forschungsvereinigung, Nürnberg 1983.
- Politische Herrschaft und politische Ordnung. v. Hase & Koehler, Mainz 1983,ISBN 3-7758-1045-5.
- Politische Systeme in Südosteuropa. G. Olzog, München 1983,ISBN 3-7892-9895-6.
- Unentbehrlichkeit des Staates. Verlag Recht Verwaltung Wirtschaft, Regensburg 1983,ISBN 3-88938-003-4.
- Kommunikationspolitik als Medienpolitik. v. Hase & Koehler, Mainz 1986,ISBN 3-7758-1108-7.
- als Hrsg.:Zwischen Zentralisierung und Selbstverwaltung. Bürokratische Systeme in Südosteuropa. Südosteuropa-Ges, München 1988,ISBN 3-925450-07-6.
- Öffentlichkeitsarbeit. Braumüller, Wien 1991,ISBN 3-7003-0934-1.
- als Hrsg.:Die Wiedervereinigung.Aufzeichnungen 1989/91. Verlag der Komm.-Wiss. Forschungsvereinigung, Nürnberg 1991,ISBN 3-921453-36-4.
- Legitimation durch Information.Ein kommunikationstheoretischer Ansatz zur Theorie der PR.Öffentlichkeitsarbeit. Braumüller, Wien 1991,ISBN 3-7003-0934-1, S. 8–19.
- mit Manfred Rühl:Theorie der Public Relations. Ein Entwurf. Westdt. Verl, Opladen 1992,ISBN 3-531-12118-9.
- Institutionen und institutioneller Wandel in Südosteuropa. 1994,ISBN 3-925450-45-9.
- Der Staat als Institution in Südosteuropa. Seine Rolle im Transformationsprozeß. Institutionen und institutioneller Wandel in Südosteuropa. 1994,ISBN 3-925450-45-9, S. 55–62.
Festschriften
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Manfred Rühl, Jürgen Walchshöfer (Hrsg.):Politik und Kommunikation. Festgabe für Franz Ronneberger zum 65. Geburtstag. Verlag des Nürnberger Forschungsvereinigung, Nürnberg 1978,ISBN 3-921453-12-7.
- Manfred Rühl, Heinz-Werner Stuiber (Hrsg.):Kommunikationspolitik in Forschung und Anwendung. Festschrift für Franz Ronneberger. Droste, Düsseldorf 1983,ISBN 3-7700-4038-4.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Carsten Klingemann:Franz Ronneberger. Sozialwissenschaft – Publizistik – Nachrichtendienst. Zum Verhältnis von 'Intelligence' und Wissenschaft. In: Holtz-Bacha, Kutsch, Langenbucher, Schönbach (Hrsg.):Fünfzig Jahre Publizistik.VS Verlag, Wiesbaden 2006,ISBN 3-531-14467-7, S. 144–175.
- Peer Heinelt:„PR-Päpste“. Die kontinuierlichen Karrieren von Carl Hundhausen,Albert Oeckl und Franz Ronneberger. Berlin 2003,ISBN 3-320-02936-3. (online).
- Peer Heinelt:Portrait eines Schreibtischtäters. Franz Ronneberger (1913–1999). In:Wolfgang Duchkowitsch u. a. (Hrsg.):Die Spirale des Schweigens. Zum Umgang mit der nationalsozialistischen Zeitungswissenschaft. Wien 2004,ISBN 3-8258-7278-5, S. 193–218.
- Wolfgang Höpken:Wissenschaft – Politik – Biografie. Die deutsche Südosteuropaforschung und ihre Akteure am Beispiel von Franz Ronneberger (1930er bis 1990er Jahre). De Gruyter Oldenbourg, Berlin/Boston 2020,ISBN 978-3-11-073891-9. (=Südosteuropäische Arbeiten 163)
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Franz Ronneberger im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
- Eintrag im Deutschen Online-Museum für Public Relations
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Peer Heinelt:„PR-Päpste“. Die kontinuierlichen Karrieren von Carl Hundhausen, Albert Oeckl und Franz Ronneberger. Karl Dietz Verlag, Berlin 2003 (zugleich Marburg, Univ., Diss., 2002), S. 132.
- ↑Gerhard Seewann:Das Südost-Institut 1930–1960. In:Mathias Beer und Gerhard Seewann (Hrsg.):Südostforschung im Schatten des Dritten Reiches. Institutionen – Inhalte – Personen. Oldenbourg, München 2004,ISBN 3-486-57564-3. (= Südosteuropäische Arbeiten 119), S. 59 f.
- ↑Peer Heinelt:„PR-Päpste“. Die kontinuierlichen Karrieren von Carl Hundhausen, Albert Oeckl und Franz Ronneberger. Karl Dietz Verlag, Berlin 2003 (zugleich Marburg, Univ., Diss., 2002), S. 135, 163.
- ↑Peer Heinelt:Portrait eines Schreibtischtäters. Franz Ronneberger (1913–1999). In: Wolfgang Duchkowitsch u. a. (Hrsg.):Die Spirale des Schweigens. Zum Umgang mit der nationalsozialistischen Zeitungswissenschaft. Lit-Verlag, Münster 2004, S. 197f.
- ↑Peer Heinelt:Portrait eines Schreibtischtäters. Franz Ronneberger (1913–1999). In: Wolfgang Duchkowitsch u. a. (Hrsg.):Die Spirale des Schweigens. Zum Umgang mit der nationalsozialistischen Zeitungswissenschaft. Lit-Verlag, Münster 2004, S. 198–201.
- ↑Peer Heinelt:„PR-Päpste“. Die kontinuierlichen Karrieren von Carl Hundhausen, Albert Oeckl und Franz Ronneberger. Karl Dietz Verlag, Berlin 2003 (zugleich Marburg, Univ., Diss., 2002), S. 153 f.
- ↑Peer Heinelt:„PR-Päpste“. Die kontinuierlichen Karrieren von Carl Hundhausen, Albert Oeckl und Franz Ronneberger. Karl Dietz Verlag, Berlin 2003 (zugleich Marburg, Univ., Diss., 2002), S. 163.
- ↑Peer Heinelt:Portrait eines Schreibtischtäters. Franz Ronneberger (1913–1999). In: Wolfgang Duchkowitsch u. a. (Hrsg.):Die Spirale des Schweigens. Zum Umgang mit der nationalsozialistischen Zeitungswissenschaft. Lit-Verlag, Münster 2004, S. 208.
- ↑Senat der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt: Stellungnahme zu Franz Ronneberger. In: Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt. März 2023, abgerufen am 5. Februar 2024.
- ↑Peer Heinelt:„PR-Päpste“. Die kontinuierlichen Karrieren von Carl Hundhausen, Albert Oeckl und Franz Ronneberger. Karl Dietz Verlag, Berlin 2003 (zugleich Marburg, Univ., Diss., 2002), S. 166.
- ↑Peer Heinelt:„PR-Päpste“. Die kontinuierlichen Karrieren von Carl Hundhausen, Albert Oeckl und Franz Ronneberger. Karl Dietz, Berlin 2003 (zugleich Marburg, Univ., Diss., 2002), S. 149.
- ↑Peer Heinelt: „PR-Päpste“. Die kontinuierlichen Karrieren von Carl Hundhausen, Albert Oeckl und Franz Ronneberger. Karl Dietz, Berlin 2003 (zugleich Marburg, Univ., Diss., 2002), S. 152f.
- ↑Michael Fahlbusch:Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik? Die »Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften« von 1931–1945. Nomos, Baden-Baden 1999, S. 527.
- ↑Peer Heinelt:Portrait eines Schreibtischtäters. Franz Ronneberger (1913–1999). In: Wolfgang Duchkowitsch u. a. (Hrsg.): Die Spirale des Schweigens. Zum Umgang mit der nationalsozialistischen Zeitungswissenschaft. Lit-Verlag, Münster 2004, S. 204.
- ↑Christian Filk:Episteme der Medienwissenschaft. Systemtheoretische Studien zur Wissenschaftsforschung eines transdisziplinären Feldes. transcript Verlag, Bielefeld 2009, S. 184f.
- ↑Peer Heinelt:Portrait eines Schreibtischtäters. Franz Ronneberger (1913–1999). In: Wolfgang Duchkowitsch u. a. (Hrsg.):Die Spirale des Schweigens. Zum Umgang mit der nationalsozialistischen Zeitungswissenschaft. Lit-Verlag, Münster 2004, S. 212.
- ↑Jan Tonnemacher:Kommunikationspolitik in Deutschland. Eine Einführung. UVK, Konstanz 2003, S. 20.
- ↑Claudia Mast:Unternehmenskommunikation. Ein Leitfaden. 3. Auflage. Lucius & Lucius, Stuttgart 2008, S. 32.
- ↑Michael Kunczik:Public Relations. Konzepte und Theorien. 4. Auflage. Böhlau, Köln 2002, S. 207–209.
- ↑Peer Heinelt:Portrait eines Schreibtischtäters. Franz Ronneberger (1913–1999). In: Wolfgang Duchkowitsch u. a. (Hrsg.):Die Spirale des Schweigens. Zum Umgang mit der nationalsozialistischen Zeitungswissenschaft. Lit-Verlag, Münster 2004, S. 209, 217.
Personendaten | |
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NAME | Ronneberger, Franz |
ALTERNATIVNAMEN | Lambrecht, Stefan (Pseudonym) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politik- und Kommunikationswissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 15. März 1913 |
GEBURTSORT | Auma |
STERBEDATUM | 30. März 1999 |
STERBEORT | Nürnberg |
- Sozialwissenschaftler
- Verwaltungsjurist
- SD-Agent
- SD-Personal
- NSDAP-Mitglied
- SA-Mitglied
- SS-Mitglied
- Hochschullehrer (Bochum)
- Hochschullehrer (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
- Ehrensenator der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
- PR-/Medienberater
- Hochschullehrer (Wirtschaftsuniversität Wien)
- Jurist (Nationalsozialismus)
- Jurist im auswärtigen Dienst
- Deutscher
- Geboren 1913
- Gestorben 1999
- Mann