Franz Blücher

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springenZur Suche springen
Dieser Artikel befasst sich mit dem Politiker Franz Blücher. Zum Generalmajor sieheFranz Blücher von Wahlstatt.
Franz Blücher, 1950

Franz Blücher (*24. März1896 inEssen; †26. März1959 inBad Godesberg) war eindeutscherPolitiker (FDP,FVP undDP). Er war von 1949 bis 1953Bundesminister für Angelegenheiten des Marshallplanes. Dieses Amt behielt er unter der geänderten BezeichnungBundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit weiter bis 1957. Während seiner gesamten Ministertätigkeit war er zudem auchVizekanzler derBundesrepublik Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung und Beruf

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Blücher, derrömisch-katholischen Glaubens war, bestand 1914 seinAbitur am späterenEssener Burggymnasium. Von 1914 bis 1918 war er Soldat u. a. in der Funktion einesRegimentsadjutanten. Zuletzt hatte er den DienstgradOberleutnant der Reserve. Nach dem Ersten Weltkrieg war er bis 1920 in französischerKriegsgefangenschaft. Er begann ein Studium der Geschichte und der Staatswissenschaften, brach dieses aber aus finanzieller Not ab. Er absolvierte eine kaufmännische Lehre beimAllgemeinen Bauverein Essen. Ab 1921 war er dort Handlungsbevollmächtigter. Von 1922 bis 1926 arbeitete er in der Industrie. Von 1926 bis 1935 hatte er eine leitende Stellung bei der WohnungsgesellschaftGAGFAH in Essen inne, zuletzt als Geschäftsführer und von 1935 bis 1938 war er Leiter der Vermögensverwaltung vonHochtief in Essen. Von 1938 bis 1943 war er Prokurist des Bankhauses J. H. Vogeler in Düsseldorf und von 1943 bis 1946 Direktor derNational-Bank in Essen.

Partei

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

In derWeimarer Republik gehörte Blücher keiner Partei an und hielt sich auch nach 1933 von derNSDAP fern. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte er mitHans Wolfgang Rubin undHans-Wilhelm Beutler zu den Mitbegründern der Liberal-Demokratischen Partei in Essen, des späteren dortigen FDP-Kreisverbandes. Als am 7. Januar 1946 inOpladen die liberale Partei für die britische Besatzungszone gegründet wurde, schlug er den Namen Freie Demokratische Partei vor, der sich schließlich durchsetzte. Am 18. Mai 1946 wurde er inBad Pyrmont als NachfolgerWilhelm Heiles zum Vorsitzenden der FDP in der Britischen Besatzungszone gewählt. Von 1948 bis 1949 war er stellvertretender Bundesvorsitzender und von 1949 bis 1954 Bundesvorsitzender der FDP. Im Flügelstreit zwischen den Anhängern der Nationalen Sammlung umAugust-Martin Euler,Friedrich Middelhauve undArtur Stegner auf der einen und denentschiedenen Liberalen (so die Selbstbezeichnung des linken Parteiflügels in der Bundestagsfraktion) umOtto Bezold,Willy Max Rademacher undReinhold Maier auf der anderen Seite verhielt er sich eher indifferent und versuchte zwischen den Parteiflügeln zu vermitteln. Von 1947 bis 1956 war er auch Präsident der deutschen Gruppe der „Liberalen Weltunion“ (heute:Liberale Internationale).

Im Februar 1956 trat Blücher aus Protest gegen das Verhalten seiner nordrhein-westfälischen Parteifreunde (Koalitionswechsel von derCDU zurSPD) aus der FDP aus und zählte zu den Mitbegründern derFVP, die sich bereits nach einem guten Jahr derDeutschen Partei anschloss.

Unterlagen über Blüchers Tätigkeit für die FDP befinden sich imArchiv des Liberalismus derFriedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit inGummersbach.

Abgeordneter

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

1946/47 war BlücherMitglied des Landtages vonNordrhein-Westfalen und desZonenbeirats für die britische Besatzungszone. Als Vertreter des Landes Nordrhein-Westfalen gehörte er 1947 bis 1949 demWirtschaftsrat der Bizone inFrankfurt am Main an, in dem er Fraktionsvorsitzender der FDP-Fraktion war und den Wirtschaftsausschuss leitete. Nach seiner Wahl in den Wirtschaftsrat legte er am 14. Juli 1947 sein Landtagsmandat nieder.

Von1949 bis zur Niederlegung seines Mandates am 28. Februar 1958 war BlücherMitglied des Deutschen Bundestages. Am 23. Februar 1956 verließ er gemeinsam mit der sogenannten Euler-Gruppe die FDP-Bundestagsfraktion. Nach einer kurzen Zeit alsfraktionsloser Abgeordneter schloss er sich am 15. März 1956 der von der Euler-Gruppe gebildeten „Demokratischen Arbeitsgemeinschaft“ an, aus der am 26. Juni 1956 die Bundestagsfraktion derFreien Volkspartei (FVP) hervorging. Ab dem 14. März 1957 war er Mitglied der durch eine Fusion mit derDP-Fraktion gebildeten DP/FVP-Bundestagsfraktion. In den dritten Deutschen Bundestag zog er1957 durch eine Wahlabsprache mit der CDU, die keinen eigenen Bewerber aufstellte, als direkt gewählter DP-Kandidat desWahlkreises Göttingen–Münden ein, zuvor wurde er stets über dieLandesliste Nordrhein-Westfalen in denBundestag gewählt.

Öffentliche Ämter

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Vom 10. September 1946 bis zum 17. Juni 1947 war BlücherFinanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen in der vonMinisterpräsidentRudolf Amelunxen geleiteten Landesregierung.

Nach derBundestagswahl 1949 wurde er am 20. September 1949 zumBundesminister für die Angelegenheiten des Marshallplanes in die vonBundeskanzlerKonrad Adenauer geführteBundesregierung berufen. Gleichzeitig wurde er zumStellvertreter des Bundeskanzlers ernannt. Von 1949 bis 1951 vertrat er die Bundesrepublik in derInternationalen Ruhrbehörde. Er war am 2. Juni 1953 der offizielle Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei derKrönung von Elisabeth II. in London. Nach derBundestagswahl 1953 wurde er am 20. Oktober 1953Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und wiederum Stellvertreter des Bundeskanzlers. Der Aufgabenbereich war hauptsächlich aufEuropa beschränkt. In der Abstimmung des Bundestages über dasAbkommen zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über das Statut der Saar votierte Blücher mit wenigen anderen FDP-Abgeordneten entgegen einem vorherigen Fraktionsbeschluss mit „ja“[1]. Aus diesem Grund bot er dem Bundeskanzler seinen Rücktritt an[2].

Von 1955 bis 1957 war Blücher stellvertretender Präsident des Ministerrates der OEEC (heute:OECD). Nach der Bundestagswahl schied er am 29. Oktober 1957 aus der Bundesregierung aus.

Von Januar 1958 bis zu seinem Tode war er Mitglied der Hohen Behörde derMontanunion, in der er für denKohlenbergbau und damit zusammenhängendeKartellfragen zuständig war.

Ehrungen

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Das Grab von Franz Blücher auf demFriedhof Bredeney in Essen

Blücher wurde 1954 derEhrendoktortitel derFU Berlin und 1957 der Ehrendoktortitel derUniversity of the Punjab inLahore verliehen. 1954 erhielt er das Großkreuz desBundesverdienstkreuzes und das Griechische Großkreuz desOrdens Georg I., 1955 das Großkreuz desVerdienstordens der Italienischen Republik und 1956 dasGroße Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich[3].

Siehe auch

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Veröffentlichungen

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  • Bundesregierung und Parlament, Bad Harzburg 1955.

Quellen

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  • Udo Wengst (Bearb.):FDP-Bundesvorstand. Die Liberalen unter dem Vorsitz von Theodor Heuss und Franz Blücher. Sitzungsprotokolle 1949–1954. 2 Bde. Droste, Düsseldorf 1990,ISBN 978-3-7700-5159-5.

Literatur

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  • Karl Furtok:Blücher, Franz, in:Udo Kempf und Hans-Georg Merz (Hrsg.):Kanzler und Minister 1949–1998. Biografisches Lexikon der deutschen Bundesregierungen. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2001,ISBN 3-531-13407-8, S. 143–146.
  • Friedrich Henning:Franz Blücher. Ein Porträt, in:Geschichte im Westen 11 (1996), S. 216–233.
  • Dirk van Laak:Franz Blücher, in:Torsten Oppelland (Hrsg.):Deutsche Politiker 1949–1969, Band 1, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1999, S. 117–128.
  • Anne Rüter:Blücher als Marshallplan-Minister und Parteivorsitzender – Mitstreiter für eine liberale Wirtschaftsordnung, in:Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung 20 (2008), S. 59–82.

Weblinks

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Commons: Franz Blücher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  1. Franz Blücher | Portal Rheinische Geschichte. Abgerufen am 30. Juli 2023. 
  2. Der Spiegel 11/1955, S. 7–19, insbes. S. 8.
  3. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB).

Franz Blücher(FDP/FVP, 1949–1957) |Ludwig Erhard(CDU, 1957–1963) |Erich Mende(FDP, 1963–1966) |Hans-Christoph Seebohm(CDU, 1966) |Willy Brandt(SPD, 1966–1969) |Walter Scheel(FDP, 1969–1974) |Hans-Dietrich Genscher(FDP, 1974–1982) |Egon Franke(SPD, 1982) |Hans-Dietrich Genscher(FDP, 1982–1992) |Jürgen Möllemann(FDP, 1992–1993) |Klaus Kinkel(FDP, 1993–1998) |Joschka Fischer(Grüne, 1998–2005) |Franz Müntefering(SPD, 2005–2007) |Frank-Walter Steinmeier(SPD, 2007–2009) |Guido Westerwelle(FDP, 2009–2011) |Philipp Rösler(FDP, 2011–2013) |Sigmar Gabriel(SPD, 2013–2018) |Olaf Scholz(SPD, 2018–2021) |Robert Habeck(Grüne, seit 2021)

Schatzminister der Bundesrepublik Deutschland

Franz Blücher(FDP/FVP/DP, 1949–1957) |Hermann Lindrath(CDU, 1957–1960) |Hans Wilhelmi(CDU, 1960–1961) |Hans Lenz(FDP, 1961–1962) |Werner Dollinger(CSU, 1962–1966) |Kurt Schmücker(CDU, 1966–1969)

Franz Blücher (1946–1947) |Heinrich Weitz (1947–1952) |Adolf Flecken (1952–1956) |Willi Weyer (1956–1958) |Artur Sträter (1958–1960) |Joseph Pütz (1960–1966) |Hans Wertz (1966–1975) |Friedrich Halstenberg (1975–1978) |Diether Posser (1978–1988) |Heinz Schleußer (1988–2000) |Peer Steinbrück (2000–2002) |Jochen Dieckmann (2002–2005) |Helmut Linssen (2005–2010) |Norbert Walter-Borjans (2010–2017) |Lutz Lienenkämper (2017–2022) |Marcus Optendrenk (2022– )

Kabinett Adenauer II – 20. Oktober 1953 bis 15. Oktober 1957
Personendaten
NAMEBlücher, Franz
KURZBESCHREIBUNGdeutscher Politiker (FDP, FVP, DP), MdL, MdB und Bundesminister
GEBURTSDATUM24. März 1896
GEBURTSORTEssen
STERBEDATUM26. März 1959
STERBEORTBad Godesberg, Nordrhein-Westfalen
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Franz_Blücher&oldid=252889825
Kategorien: