Franz Anton Beckenbauer (*11. September1945 inMünchen; †7. Januar2024 inSalzburg) war eindeutscherFußballspieler,-trainer und-funktionär. Er gilt als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten in derGeschichte des Fußballs und als einer der besten Fußballer des 20. Jahrhunderts. Bereits früh erhielt er den Spitznamen „Kaiser“ und wurde häufig als „Lichtgestalt des deutschen Fußballs“ bezeichnet. Auf seiner Position desLibero setzte Beckenbauer mit seiner offensiven und leichtfüßigen Spielweise Maßstäbe.
Beckenbauer stieß 1959 als Jugendspieler zumFC Bayern München, wo er 18 Jahre blieb und maßgeblich zum Aufstieg des Vereins als erfolgreichster deutscher Fußballclub beitrug. Als Spieler reifte er zumMannschaftskapitän und gewann mit dem FC Bayern national sowie international die wichtigsten Titel im Vereinsfußball. Seine Karriere ließ er beiNew York Cosmos und beimHamburger SV ausklingen.
Er ist nebenMário Zagallo undDidier Deschamps der einzige, der sowohl als Spieler als auch als Trainer Weltmeister wurde. Nach seinem Rücktritt als Teamchef der deutschen Nationalmannschaft konzentrierte sich Beckenbauer verstärkt auf seine Funktionärslaufbahn, kehrte aber zwischenzeitlich beiOlympique Marseille und dem FC Bayern München für kurzfristige Engagements auf die Trainerbank zurück.
Der Spiegel machte im Oktober 2015Korruptionsvorwürfe gegen Beckenbauer im Zusammenhang mit der Vergabe der WM 2006 publik, die ihn in die Kritik brachten. In den letzten Jahren seines Lebens hatte er sich, gesundheitlich angeschlagen, aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.
Im 4. Stock des Hauses Bonifatiusplatz 2 in München-Giesing (später in Zugspitzstraße 6 umbenannt) wuchs Franz Beckenbauer auf. Unmittelbar gegenüber (im Bildvordergrund) liegt der Sportplatz des SC München von 1906 (hier war der St. Bonifatiusplatz).[1]
Franz Anton[2] Beckenbauer wurde 1945 als zweiter Sohn desmittlerenPostbeamten und gelernten Maschinenschlossers Franz Beckenbauer (1905–1977) und dessen Frau Antonie Hupfauf (* 23. Juni 1913; † 11. Januar 2006) in derMaxvorstadt in München geboren[3] und wuchs gemeinsam mit seinem 1941 geborenen Bruder Walter Beckenbauer in München-Giesing auf.[4][5]
Es war die Mutter und Hausfrau Antonie Beckenbauer – so Walter Beckenbauer –, die die Erziehung in die Hand genommen hatte. Ihre Maxime sei gewesen: Es zähle nur der Mensch, es zähle nicht die Hautfarbe, die Konfession, die sexuelle Neigung etc.[6]Die Mutter war ein gläubiger Mensch und bis ins hohe Alter regelmäßige Kirchgängerin. Sie vermittelte den Kindern christliche Werte und den katholischen Glauben. Franz Beckenbauer war in der FolgeMessdiener in der Pfarrei derHeilig-Kreuz-Kirche in München-Obergiesing und machte auch bei der Katholischen Jugend mit.[7][8]
Beckenbauer besuchte mit sechs Jahren zuerst die Volksschule an der St.-Martin-Straße und nach zwei Jahren die Volksschule Silberhorn (später aufgegangen in der Ichoschule) in München-Obergiesing und machte dort seinen Hauptschulabschluss. Danach absolvierte er ab 1959 eine Berufsausbildung alsVersicherungskaufmann[9] bei derAllianz Versicherungs AG in München. Als Versicherungskaufmann war er dort zunächst auch tätig, allerdings verhinderte diese Vollzeit-Berufstätigkeit ein umfangreicheres Fußball-Training, so dass er sich für den Fußball entschied.[10][11] Sein OnkelAlfons Beckenbauer war ebenfalls für denFC Bayern München aktiv und Spieler der deutschenArbeiternationalmannschaft.[12]
Beckenbauer war dreimal verheiratet und Vater von fünf Kindern. Aus einer kurzen Liaison mit der Versicherungsangestellten Ingrid Grönke stammt ein Sohn (* 1963).[17] Aus der Ehe (1966–1990) mit derIngolstädter Sekretärin Brigitte Wittmann (1945–2021) stammen zwei weitere Söhne (* 1966, * 1968); der jüngere SohnStephan war Fußballprofi und starb 2015.[18] Von 1977 bis 1988 war Beckenbauer mit der Fotografin Diana Sandmann zusammen.[19] Die Ehe mit derDFB-Sekretärin Sybille Weimer dauerte von 1990 bis 2002.[20] Mit Heidrun Burmester, Sekretärin des FC Bayern, die er Ende der 1990er Jahre kennengelernt hatte und mit der er ab 2006 verheiratet war,[21] bekam er einen weiteren Sohn (* 2000) und eine Tochter (* 2003).[22]
Franz Beckenbauer hatte in seinen letzten Lebensjahren gesundheitliche Probleme. 2016 wurden ihm bei einer Herzoperation sechsBypässe gelegt,[23] und einAugeninfarkt ließ ihn 2019 auf dem rechten Auge nahezu erblinden.[24] Beckenbauer, der nach Auskunft vonHans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt zuletzt an derParkinson-Krankheit litt,[25] starb am 7. Januar 2024 im Alter von 78 Jahren im österreichischen Salzburg.[26] Er wurde im Grab seiner Eltern auf demFriedhof am Perlacher Forst⊙48.1007511.597278 in München beigesetzt.[27][28] Sein 2015 verstorbener Sohn Stephan liegt schräg gegenüber in einem anderen Grab.[29]
Am 19. Januar 2024 veranstaltete der FC Bayern in der MünchnerAllianz Arena eine groß angelegte Gedenkfeier, an der neben dem BundespräsidentenFrank-Walter Steinmeier, der eine Trauerrede hielt, eine Vielzahl Sportler, Weggefährten und Freunde Beckenbauers, Politiker, Künstler und rund 20.000 weitere Trauergäste teilnahmen.[30]
Beckenbauer lernte das Fußballspielen beimSC 1906 München, dessen Vereinsgelände im Stadtteil Giesing in unmittelbarer Nähe seines Elternhauses liegt. Als 12-Jähriger plante er 1958 den Wechsel zumTSV 1860 München. Als er während eines Spiels gegen eben jenen Verein mit dem Gegenspieler Gerhard König aneinandergeriet und dieser ihm eine Ohrfeige gab, änderte Beckenbauer seine Pläne und wechselte stattdessen zumFC Bayern München.[31]
Im Alter von 18 Jahren debütierte Beckenbauer in der ersten Mannschaft des FC Bayern am 1. Spieltag derAufstiegsrunde zur Bundesliga (6. Juni 1964) gegen denFC St. Pauli. Das Spiel endete 4:0, und Beckenbauer erzielte dabei sein erstes Pflichtspieltor.[32][33]
1964 begann die langjährige Zusammenarbeit mit seinem ManagerRobert Schwan.[34]
Als Linksaußen oder im Mittelfeld spielte er in seiner ersten Saison in der Regionalliga Süd 1964/65 ab dem 8. Spieltag in der Stammformation des FC Bayern. Am 20. September 1964 erzielte er mit dem 4:1 und 5:1-Endstand gegen denESV Ingolstadt-Ringsee seine ersten Regionalliga-Tore; insgesamt gelangen ihm 16 Tore, davon fünf perElfmeter. Am Ende der Saison belegte Bayern München mit 55:17 Punkten und 146:32 Toren Platz 1 und stieg durch den Gruppensieg in der Aufstiegsrunde in die Bundesliga auf. Ab derRegionalliga Süd spielte er zusammen mitSepp Maier undGerd Müller, mit denen er in den Folgejahren den deutschen Fußball bestimmte.
In der ersten Bundesliga-Saison verlor der FC Bayern München am 14. August 1965 am ersten Spieltag das ersteMünchner Stadtderby derBundesliga-Geschichte gegen denTSV 1860 München mit 0:1 und hatte am Ende der Saison als Dritter drei Punkte Rückstand auf dieSechziger.[35] Dafür gewannen die Bayern am 4. Juni 1966 dasFinale um denDFB-Pokal, wobei Beckenbauer das Tor zum 4:2-Endstand gegen denMeidericher SV erzielte. Beckenbauer war auch der erste Spieler der Bayern, der in der neuen Bundesliga einenStrafstoß verwandelte,[36] nachdem er zuvor beim ersten überhaupt zugesprochenen anTilkowski gescheitert war.[37]
1967 gewann Beckenbauer mit dem FC Bayern als zweiter deutschen Mannschaft denEuropapokal der Pokalsieger und verteidigte denDFB-Pokal. DieSaison 1967/68 verlief für ihn und seine Mannschaft eher enttäuschend: in der Bundesliga wurde der 5. Platz erreicht, imDFB-Pokal schied man im Halbfinale beim ZweitligistenVfL Bochum aus.
In derSaison 1968/69 gewann Beckenbauer erstmals die deutsche Meisterschaft mit dem FC Bayern München. Im selben Jahr gewann er mit der Mannschaft auch denDFB-Pokal und damit dasDouble. Im Wettbewerb desEuropapokals der Landesmeister scheiterte das Team in der ersten Runde nach einem 2:0 und 0:3 gegen denAS Saint-Étienne.
In dieser Zeit wechselte Beckenbauer von der Position desMittelfeldspielers auf denLiberoposten, wobei er diese Position sehr offensiv ausübte und sich oft in das Angriffsspiel seines Teams mit einbrachte. Insbesondere die Doppelpässe mitGerd Müller sorgten immer wieder für Verwirrung in der gegnerischen Abwehr. Zudem öffnete er durch lange Pässe das Spiel, wobei er dasAußenristspiel perfektionierte. 1971 wurde erneut derDFB-Pokal gewonnen, in der Bundesliga konnte die erstmalige Titelverteidigung durchBorussia Mönchengladbach nicht verhindert werden. Am letzten Spieltag wurde durch ein 0:2 in Duisburg die Meisterschaft verspielt.
1972,1973 und1974 gelangen dem FC Bayern mit Beckenbauer als erstem deutschen Verein drei Meistertitel in Folge. 1974 war Beckenbauers erfolgreichstes Jahr. Zunächst konnte am 33. Bundesliga-Spieltag der Meistertitel gesichert werden, dann gewann er mit dem FC Bayern als erster deutschen Mannschaft denEuropapokal der Landesmeister. Zudem wurde er mit der Nationalmannschaft Weltmeister im eigenen Land.1975 und1976 verteidigte er mit den Bayern den Europapokal der Landesmeister und gewann 1976 denWeltpokal.
1977 wechselte er – auch aus privaten Gründen – zuNew York Cosmos in dieNorth American Soccer League. Seine damalige Ehekrise und die Beziehung zu der Sportfotografin Diana Sandmann wurden von derBild-Zeitung, für die er später alsKolumnist tätig war, „ausgeschlachtet“, da sowohl für Bild als auch für einige DFB-Funktionäre ein geschiedener Nationalmannschaftskapitän zu jener Zeit nicht akzeptabel war. In denUSA spielte er an der Seite vonPelé, wurde dreifacher NASL-Meister (1977, 1978, 1980) und in dieNational Soccer Hall of Fame aufgenommen.[38] Beckenbauer lebte imApartment-Hotel Navarro in New York City.[39]
Nachdem Beckenbauer am 23. Mai 1980 einen Vertrag beimHamburger SV unterschrieben hatte,[40] kehrte er nach dem Vertragsablauf in New York am 31. Oktober 1980 in die Bundesliga zurück.[41] Sein HSV-Debüt hatte er gegen denVfB Stuttgart am 15. November 1980.[42] Seine Bundesliga-Laufbahn beendete er beim HSV in derSaison 1981/82 mit seinem fünften deutschen Meistertitel.[43]
Im Laufe seiner Bundesligakarriere absolvierte Beckenbauer 424 Bundesligaspiele, davon 396 für den FC Bayern München und 28 für den Hamburger SV. Alle 44 Bundesligatore erzielte er für die Bayern. Mit vierEigentoren belegte er lange Platz drei in der ewigen Eigentorschützen-Tabelle der Bundesliga und teilt sich Anfang 2024 den sechsten Platz mit 15 weiteren Spielern.[44] Beckenbauer traf nur bei drei von sechs Elfmeterschüssen für den FC Bayern München.[45]
1983 kehrte er in die Vereinigten Staaten zurück, um nochmals eine Saison für New York Cosmos zu spielen. Das letzte Pflichtspiel in seiner Karriere als Spieler bestritt Beckenbauer am 12. September 1983 im NASL-Viertelfinale gegen Le Manic de Montréal (0:1).
Das Nationaltrikot trug Beckenbauer erstmals am 8. März 1964 für dieDFB-Jugendauswahl, die inLörrach durch seine beiden Tore mit 2:1 gegen die Schweiz gewann.[46] Für diese Auswahlmannschaft wirkte er auch in zwei Gruppenspielen desUEFA-Juniorenturniers am 26. und 30. März 1964 mit: In Enschede gewann die deutsche Auswahl (mit einem Treffer von ihm) gegenSchweden mit 2:1 und in Apeldoorn ging das Spiel gegen den Gastgeber mit 1:3 verloren. Für dieB-Nationalmannschaft debütierte er am 10. März 1965, als er in Hannover gegen die Niederlande (1:1) fürGünter Netzer eingewechselt wurde. Sein zweiter und letzter Einsatz für das B-Team fand am 1. September 1965 in Köln beim 3:0 gegen die Sowjetunion statt.
Sein erstes Spiel für die A-Nationalmannschaft bestritt Beckenbauer am 16. Februar 1965 inDuisburg in einem so genannten Probespiel vor 30.000 Zuschauern gegen denFC Chelsea.[47]
Zu seinem A-Länderspiel-Debüt kam er am 26. September 1965 inStockholm im WM-Qualifikationsspiel gegen dieSchwedische Fußballnationalmannschaft nach sechs Bundesliga-Spielen.[48] Mit dem 2:1-Sieg konnte sich Deutschland für dieWeltmeisterschaft 1966 inEngland qualifizieren. In seinem fünften Länderspiel am 23. März 1966 gegen dieNiederlande schoss er seine ersten beiden Tore für die Nationalmannschaft (Endstand 4:2).
Bei der WM in England 1966 spielte der 20-jährige Beckenbauer ein überragendes Turnier. Obwohl im defensiven Mittelfeld positioniert, interpretierte er diese Position sehr offensiv. Im ersten Spiel gegen dieSchweiz, das mit 5:0 gewonnen wurde, schoss er zwei Tore. Im gesamten Turnier erzielte er insgesamt vier Tore und belegte mit drei anderen Spielern den dritten Platz in der Torschützenliste. Im Endspiel gegen England wurde er von NationaltrainerHelmut Schön gegenBobby Charlton, den damaligen Superstar der Engländer, als Manndecker positioniert. Auch Charlton wurde vom TeamchefAlf Ramsey so aufgestellt, direkt gegen Beckenbauer zu spielen, um so das offensive Umschaltspiel von Beckenbauer zu unterbinden. Dadurch „neutralisierten“ sich beide Spieler über das gesamte Spiel. Am Ende gewann England jedoch dasWM-Finale mit 4:2 n. V. und wurde zum ersten MalWeltmeister.
Beckenbauer wurde in diesem Jahr zu DeutschlandsFußballer des Jahres gewählt. Diesen Titel errang er auch 1968, 1974 und 1976. Am 1. Juni 1968 gewann Deutschland durch ein Tor von Beckenbauer erstmals gegen England und 15 Tage später erstmals gegen Brasilien.
Bei derWeltmeisterschaft 1970 in Mexiko war Beckenbauer Stammspieler, spielte aber nicht alsLibero, das übernahmenWilli Schulz und späterKarl-Heinz Schnellinger. Im Viertelfinale gegen England leitete Beckenbauer durch sein Anschlusstor zum 1:2 die Wende ein (Endstand 3:2 n. V.). Im Halbfinale, das imJahrhundertspiel gegen Italien 3:4 n. V. verloren wurde, zog er sich eine schwere Schulterverletzung zu und musste, da das Auswechselkontingent erschöpft war, mit verbundener Schulter weiterspielen.[49] Im Spiel um den 3. Platz kam er nicht mehr zum Einsatz. Bereits im ersten Spiel nach der WM stand er wieder in der Mannschaft und bestritt zwischen dem 9. September 1970 und 23. Februar 197760 Länderspiele in Folge, was noch von keinem Spieler übertroffen wurde.[50]
Ab dem EM-Qualifikationsspiel am 25. April 1971 wurde er von BundestrainerHelmut Schön permanent auf der Liberoposition eingesetzt und führte beim Spiel inIstanbul gegen die Türkei erstmals die Nationalmannschaft alsKapitän aufs Feld. Als Nachfolger des Trägers der Kapitänsbinde vonUwe Seeler war zunächstWolfgang Overath vorgesehen, so dass Beckenbauer nur dann als Kapitän auflaufen konnte, wenn Overath nicht spielte. Als Overath 1972 verletzungsbedingt einige Spiele fehlte, festigte Beckenbauer seine Rolle als Mannschaftskapitän und behielt diese Position auch, als Overath zurückkehrte.
Mit seinem 73. Länderspiel am 24. November 1973 in Stuttgart (Deutschland – Spanien 2:1) wurde erRekordnationalspieler desDFB. Er überbot damit den Rekord von Uwe Seeler und wurde erst am 17. November 1993 vonLothar Matthäus abgelöst.
1974 führte Beckenbauer bei seiner drittenWeltmeisterschaft die Mannschaft bis ins Endspiel. Nach anfänglichen Schwierigkeiten in den Gruppenspielen, u. a. einem 0:1 im einzigen Länderspiel überhaupt gegen dieDDR, motivierte er seine Mannschaft in der sogenanntenNacht von Malente zu einer Leistungssteigerung in der erstmals ausgetragenen Zwischenrunde (2. Finalrunde), so dass nach Siegen gegen Jugoslawien, Schweden und Polen das Finale gegen dieNiederlande erreicht und mit 2:1 gewonnen wurde.
1976 führte er die Nationalmannschaft erneut ins Endspiel derEuropameisterschaft. Dort unterlag die Mannschaft in seinem100. Länderspiel gegen dieTschechoslowakei in derNacht von Belgrad im Elfmeterschießen. Dennoch wurde er nochmals mit demBallon d’Or alsEuropas Fußballer des Jahres ausgezeichnet. Es war seine vierte Endspielteilnahme mit der Nationalmannschaft. Beckenbauer ist der bisher einzige Spieler (Stand 2024), der in je zwei EM- und WM-Endspielen stand.
Der Wechsel in dieUSA 1977 zu Cosmos New York bedeutete das Ende seiner Zeit als Nationalspieler, da zu dieser Zeit im Ausland tätige Spieler nach den Erfahrungen bei der WM 1974, als ein nicht austrainierterGünter Netzer vonReal Madrid zur WM kam, nicht berücksichtigt wurden. Das galt umso mehr angesichts des Rufs der US-amerikanischen Liga als „Operettenliga“ (so DFB-PräsidentHermann Neuberger). Zudem erhielt Beckenbauer von Cosmos keine Freigabe für die WM 1978. So war sein 103. Länderspiel am 23. Februar 1977 (0:1 gegen Frankreich) sein letztes.
In den zwölf Jahren als Nationalspieler bestritt er 103 Länderspiele und schoss 14 Tore. Er kam dabei in 91 % der ausgetragenen Spiele zum Einsatz. Kein anderer Spieler mit 80 oder mehr Länderspielen erreichte diese Quote. In all seinen Länderspielen stand er in der Startaufstellung und wurde lediglich sechsmal ausgewechselt.[51]
Teamchef der deutschen Fußballnationalmannschaft (1984 bis 1990)
Nachdem bei derEuropameisterschaft 1984 eine deutsche Mannschaft bei einem Turnier erstmals bereits in der Gruppenphase ausgeschieden war, übernahm Beckenbauer die Verantwortung für die deutsche Nationalmannschaft als Nachfolger des zurückgetretenenJupp Derwall. Da er keine anerkannte Trainerlizenz besaß, fungierte er in der neu geschaffenen Position alsTeamchef, wobei ihm ein Bundestrainer alsCo-Trainer zur Seite gestellt wurde. Diese Funktion übernahm zunächstHorst Köppel, späterHolger Osieck. Das erste Spiel der von ihm betreuten Nationalmannschaft fand am 12. September 1984 inDüsseldorf statt und wurde mit 1:3 gegen Argentinien verloren. Damit war er der erste Teamchef, dessen Mannschaft das erste Spiel verlor. Dennoch schaffte er mit der Mannschaft gegenPortugal, Schweden und die Tschechoslowakei dieQualifikation zur WM, musste aber, nachdem die Qualifikation schon erreicht war, mit einem 0:1 gegen Portugal am 31. Oktober 1985 in Stuttgart[52] die erste Niederlage einer deutschen Nationalmannschaft in einem WM-Qualifikationsspiel einstecken.[53]
Die von Beckenbauer zusammengestellte Mannschaft fuhr ohne große Erwartungen zur Weltmeisterschaft1986. Trotz mäßiger Spiele, beispielsweise einem 0:2 gegen Dänemark in der Vorrunde, gelangte die Mannschaft ins Endspiel. Dort zeigte die Mannschaft gegen Argentinien eines ihrer besten Spiele dieses Turniers. Sie glich einen 0:2-Rückstand kurz vor dem Ende des Spiels aus, um in den Schlussminuten mit 2:3 zu verlieren.
Während der WM kam es zu einem Eklat im deutschen Lager, als Beckenbauer von ErsatztorhüterUli Stein in Anspielung auf seine frühere Werbetätigkeit für die FirmaKnorr als „Suppenkasper“ bezeichnet wurde (Suppenkasper-Affäre). Stein wurde daraufhin als erster Nationalspieler während einer WM aus dem Kader suspendiert und musste die Heimreise antreten.
Bei derEuropameisterschaft 1988 im eigenen Land galt Deutschland als einer der Titelfavoriten. Im Halbfinale gegen die Niederlande verlor die von Beckenbauer trainierte Mannschaft gegen den späteren Europameister mit 1:2.
DieQualifikation zur Weltmeisterschaft 1990 wurde erst im letzten Spiel gegenWales sichergestellt, als Deutschland mit dem Siegtreffer durchThomas Häßler 2:1 gewann. Die Mannschaft wurde in der Gruppe Zweiter hinter den Niederlanden.
Bei derWM in Italien traf die Nationalmannschaft im Achtelfinale auf die Niederlande. Durch einen 2:1-Sieg gelang die erfolgreiche Revanche für die EM-Halbfinalniederlage von 1988. Aufbauend auf mehreren Italien-Legionären hatte Beckenbauer für die Weltmeisterschaft eine spielstarke Mannschaft zusammengestellt, die ihr erstes Spiel gegen Jugoslawien mit einem überragenden Lothar Matthäus 4:1 gewann. Einen solch klaren Turnierauftakt hatte es bei früheren Wettbewerben noch nicht gegeben. Wie schon vier Jahre zuvor gelang es Beckenbauer, sein Team in das Finale zu führen, und wieder hieß der Endspielgegner Argentinien. In einem einseitigen Spiel, das von der deutschen Mannschaft bestimmt wurde, ließ Teamchef Beckenbauer den argentinischen TopstarDiego Maradona durchGuido Buchwaldmanndecken, so dass Maradona sich spielerisch kaum entfalten konnte.
Deutschland gewann durch einen verwandelten Elfmeter vonAndreas Brehme kurz vor Ende der regulären Spielzeit zum dritten Mal den Weltmeistertitel. Damit war Franz Beckenbauer nachMário Zagallo der zweite Fußballer, der sowohl als Spieler als auch als Teamchef Weltmeister wurde. In Erinnerung blieben insbesondere die Szenen, als er nach Ende des Spiels allein und in Gedanken verloren über den Platz wanderte, während die Spieler Ehrenrunden drehten. Nach der gewonnenen WM erhielt Beckenbauer vom DFB eine Trainerlizenz ehrenhalber.[54] Er trat als erster Teamchef nach einem gewonnenen Pflichtspiel (dem WM-Endspiel) zurück.
Trainer und sportlicher Direktor in Vereinen (1990 bis 1996)
Im November 1990 wurde Beckenbauer mit demBambi ausgezeichnet
Im September 1990 holteBernard Tapie Beckenbauer zuOlympique Marseille.[55] Zunächst wurde Beckenbauer als Technischer Direktor angekündigt,[56] allerdings trat der Trainer der Mannschaft,Gérard Gili, kurz nach Beckenbauers Ankunft zurück, da er Kompetenzgerangel mit dem Deutschen befürchtete.[57]
Beckenbauer war fortan Trainer. Da weder er noch sein Assistent Holger Osieck über die in Frankreich geforderte Lizenz verfügte und der französische Trainerverband mit einer Klage drohte, bekleidete ab Oktober 1990 auf dem PapierMichel Hidalgo das Traineramt in Marseille.[58]
Beckenbauer beklagte im Dezember 1990 die im Verein herrschende Unruhe, es stand bereits Beckenbauers Abschied aus Marseille im Raum,[59] er wechselte dann kurz vor Weihnachten 1990 ins Amt des technischen Leiters. Als Trainer hatte er Marseille zu acht Siegen und fünf Niederlagen geführt.[60] Im weiteren Saisonverlauf erreichte die dann vonRaymond Goethals als Trainer betreute Mannschaft[61] das Endspiel des Europapokals der Landesmeister gegenRoter Stern Belgrad, das nach einem 0:0 n. V. mit 3:5 im Elfmeterschießen verloren wurde.
NachdemErich Ribbeck beurlaubt worden war, übernahm Beckenbauer am Jahresende 1993 beim FC Bayern München für den Rest der Saison das Training und die Verantwortung über die erste Mannschaft. Der Verein gewann in dieser Saison die deutsche Meisterschaft. Als im April 1996 TrainerOtto Rehhagel freigestellt wurde, übernahm Beckenbauer erneut das Training der Mannschaft und gewann mit ihr das Endspiel imUEFA-Pokal gegenGirondins Bordeaux.
Am 25. November 1991 wurde Beckenbauer zum Vizepräsidenten des FC Bayern München gewählt. Von 1994 bis 2009 war erPräsident des Vereins.
Neben seinen Engagements für den FC Bayern München war er von 1998 bis 2010 einer der Vizepräsidenten desDFB. Als Vorsitzender des Bewerbungskomitees[62] unterstützte er erfolgreich die Bewerbung Deutschlands um die Weltmeisterschaft 2006 und wurde anschließend Leiter des Organisationskomitees für dieFußball-Weltmeisterschaft 2006.[63]
Beckenbauer (2. v. l.) in Costa Rica (2006)
Beckenbauer kündigte Anfang 2005 an, bei der nächsten Wahl um das Präsidentenamt derUEFA zu kandidieren. Nachdem die UEFA-Kommission imestnischenTallinn am 21. April 2005 entschieden hatte, die Wahl von 2006 auf 2007 zu verschieben, stand der Kandidatur von Franz Beckenbauer, der noch bis Ende 2006 Präsident desOrganisationskomitees der WM 2006 war, nichts mehr im Wege. Allerdings hatte Beckenbauer stets betont, nicht gegen den damaligen PräsidentenLennart Johansson anzutreten, falls dieser nochmals kandidieren sollte. Bei der Wahl am 26. Januar 2007 in Düsseldorf trat Johansson erneut an und Beckenbauer kandidierte nicht. Gegenkandidat von Johansson war der ehemalige französische Fußballnationalspieler und FunktionärMichel Platini. Platini gewann die Wahl mit 27 zu 23 Stimmen.
Von April 2011 bis Oktober 2012 war Beckenbauer Vorsitzender derFIFA Task Force Football 2014, die sich mit der Entwicklung und Zukunft des Fußballs beschäftigte.[65] Weitere Mitglieder waren unter anderemPelé undBobby Charlton.[66][67]
Ab 1966 war Beckenbauer in den Medien und in der Werbung präsent. U. a. nahm er eine Schallplatte mit dem TitelGute Freunde kann niemand trennen auf. Mit dieser Single kam er Ende 1966 in dendeutschen Singlecharts bis auf den 31. Platz.[68] Der Titel wird auch heute gelegentlich eingespielt, wenn über ihn berichtet wird.
Für den LebensmittelherstellerKnorr machte er Werbung für Suppen (Slogan: „Kraft in den Teller – Knorr auf den Tisch“) im Vertragswert von 12.000 Mark.[69] 1971 spielte er in der FernsehkomödieOlympia-Olympia unter der Regie vonKurt Wilhelm mit, zwei Jahre später erschien der halbdokumentarische FilmLibero in den Kinos.
Nach seiner aktiven Zeit als Sportler und Teamchef nutzte Beckenbauer seine Popularität als Fernsehkommentator sowie für eine Kolumne in derBild und warb im In- und Ausland für zahlreiche Produkte. Das Motto „Ja, is’ denn heut’ scho’ Weihnachten?“ aus dem Werbespot des MobilfunknetzbetreibersE-Plus lief drei Jahre im deutschen Fernsehen und wurde geradezu sprichwörtlich. Ein weiterer bekannter Werbeslogan ist „Da legst di nieder“, der in derO2-Werbung verwendet und darüber hinaus Gegenstand eines Rechtsstreits zwischenO2 Germany und E-Plus wurde.[70]
Im Juni 2000 prägte er in seiner Kolumne den BegriffRumpelfußball für unter anderem das schlechte Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei derEM 2000, der zu einem festen Fußballbegriff wurde und wofür er vomPons-Verlag, gemeinsam mit einer Journalistin, für dieseWortneuschöpfung eine Auszeichnung erhielt.[71] Beckenbauer wurde zu seinem 60. Geburtstag mit einer Gala imZDF geehrt.[72]
DieÖsterreichische Post gab am 12. April 2006 eine Briefmarke für 75 Cent zu Beckenbauers Ehren heraus (Michel-Nr. 2579). Das für die Marke verwendetePorträt, eine mehrfarbigeLithographie, war vonAndy Warhol 1977 während Beckenbauers Zeit bei Cosmos New York gestaltet worden.[73] Die Post in Malta brachte eine Briefmarke mit dem Porträt Beckenbauers im Nationaltrikot für 27 Cent anlässlich der Fußball-WM 2006 heraus.[74]
Der 90-minütige ARD-DokumentationsfilmBeckenbauer zeichnet Franz Beckenbauers Leben nach; Prominente und ehemalige Weggefährten kommen hierbei in Interviews zu Wort. Zufällig war die Erstausstrahlung des Films für den Abend des 8. Januar 2024 geplant – wenige Stunden vor dem Sendetermin wurde Franz Beckenbauers Tod bekanntgegeben. Der Film wurde wie geplant gesendet.[76]
Botschafter des Verbandes russischer Gasproduzenten
Ende Mai 2012 wurde Beckenbauer zum Global Ambassador des Verbandes russischer Gasproduzenten (RGO), der vom russischen ErdgaskonzernGazprom geführt wird. Beckenbauers Auftrag war, die Rolle des russischen Erdgases in Europa populärer zu machen.[77] Der finanzielle Rahmen des Vertrags wurde nicht mitgeteilt.[78]
Nach Beckenbauers Angaben wurde sein Management erstmals Mitte 2011 von RGO angesprochen, um einen Vertrag anzubahnen.[79]Bereits im Juni 2010 vor Vergabe derFußball-Weltmeisterschaften 2018 und2022 durch dasFIFA-Exekutivkomitee hatte es Hinweise gegeben, dass Beckenbauer Botschafter für Gazprom werden könnte.[80]
2007 wurde vom FC Bayern München ein Turnier mit demFranz-Beckenbauer-Cup nach ihm benannt, in dessen weiterem Verlauf es 2010 zu einem nachträglichen Abschiedsspiel Beckenbauers kam. Er führte den Anstoß aus, nahm jedoch nicht regulär am Spiel teil.[88]
Die Anschrift derAllianz Arena sollte ursprünglich ab dem ersten Todestag Beckenbauers, dem 7. Januar 2025, in Franz-Beckenbauer-Platz 5 geändert werden – im Gedenken an Beckenbauer und mit dessen Rückennummer „5“.[89] Die Änderung der Anschrift ist zum 1. Mai 2025 vollzogen worden.[90] Die offizielle Einweihung der Beschilderung erfolgte am 5. Mai 2025 in Anwesenheit der Familie Beckenbauers sowie von Vertretern des FC Bayern, Weggefährten und Mitgliedern des Stadtrats von München.[91]
Auf der Jahreshauptversammlung am 8. Dezember 2024 gab der FC Bayern bekannt, Franz Beckenbauers Rückennummer „5“ im Gedenken an ihn zukünftig nicht mehr zu vergeben.[92]
Ab der Austragung im Jahr 2025 trägt derDFL-Supercup den Namen Franz-Beckenbauer-Supercup.[93]
Mit Bezug auf sein 125. Vereinsjubiläum trug der FC Bayern zu Ehren Beckenbauers am 17. März 2025 ein einmaliges Legenden-Turnier unter dem NamenBeckenbauer Cup aus. Gastmannschaften waren die Legenden-Teams Veteranos Real Madrid, AC Milan Glorie, Borussia Dortmund Traditionsmannschaft, VfB Stuttgart Legenden sowie Ajax Amsterdam.[94][95] Die FC Bayern Legends gewannen im Finale mit 4:0 gegen die Veteranos Real Madrid.[96]
Anfang März 2025 wurde ein aus Glasgewebe gefertigtes überdimensionales Trikot mit der Aufschrift „Beckenbauer“ und dessen Rückennummer „5“ unters Dach der Allianz Arena gezogen. Somit wird Beckenbauer auch damit geehrt, dass seine Rückennummer „5“ beim FC Bayern nicht mehr vergeben wird.[97]
Am 12. September 2025 wurde vor der Allianz Arena die überlebensgroße, aus Bronze gefertigteFranz-Beckenbauer-Statue enthüllt.[98]
Seit 1968 wird Beckenbauer von den Medien und Fans als „Kaiser“ bezeichnet. Häufig wird fälschlicherweise[99] als Herkunft der Bezeichnung folgende Anekdote erzählt: Anlässlich eines Freundschaftsspiels[100] des FC Bayern München in Wien im Jahr 1971, im Zuge des Vereinsjubiläums vonAustria Wien, wurde er für Fotoaufnahmen in derHofburg neben einer Büste des früheren österreichischen KaisersFranz Joseph I. platziert.[101]
In einem von Sepp Graf verfassten Artikel wurde er als „Fußball-Kaiser“ bezeichnet, woraufhin sich die Bezeichnung „Kaiser“ rasch verbreitete und verselbstständigte. Diese Version bestätigt auch Manuel Neukirchner in einem Text in derFrankfurter Allgemeinen Zeitung. Über die Fotografie des österreichischen Fotografen Herbert Sündhofer schreibt er, dass sich „durch diese Aufnahme und ihre mediale Verbreitung die passendeMetapher für den Ausnahmefußballer mit der Aura des Unantastbaren gefunden“ hatte und es „von nun an ein sprachliches Etikett, das die Anmut seines Spiels und die Souveränität seines Auftritts adäquat auf den Punkt brachte“, gab.[102]
Diese Begründung für den Spitznamen von Franz Beckenbauer istlegendär und wurde von Beckenbauer auch gern erzählt. Ein Artikel derWelt am Sonntag beschreibt hingegen eine andere Version: Demnach habe die – ebenfalls aus demAxel Springer-Verlag stammende –Bild-Zeitung Beckenbauer am 10. Juni 1969 als „Kaiser der Nation“ in Anlehnung an seinenDoppelpasspartner Gerd Müller, genannt „Bomber der Nation“, bezeichnet, nachdem die Bayern erstmals Meister der Bundesliga geworden waren und Beckenbauer zum dritten Mal in Folge von Reportern die beste Saison-Durchschnittsnote aller Ligaspieler bekommen hatte. Dieser Titel verfestigte sich, als Beckenbauer am 14. Juni 1969 im Pokalendspiel gegen denFC Schalke 04 seinen GegenspielerReinhard Libuda, genannt der „König von Westfalen“, gefoult hatte, woraufhin ihn die Schalker Fans fortwährend ausbuhten. AlsProvokation jonglierte er vor ihrer Fankurve den Ball etwa 40 Sekunden in der Luft. Die Presse suchte eine Steigerung zum „König“ – der „Kaiser“ war geboren.[103] Populär wurde diese Bezeichnung wohl aber erst zwei Jahre später.[104]
Franz Beckenbauers ehemaliger Wohnsitz inOberndorf in Tirol befand sich am Kaiserweg; allerdings wurde die Straße nach demWilden Kaiser benannt, der sich in Sichtweite seinesTiroler Bauernhauses befindet.[105]
Beckenbauer warkatholisch. ZurFußball-WM 1990 in Italien wurden Beckenbauer und die deutsche Nationalmannschaft von demKapuzinerpater Matthias Doll begleitet.[106] Dieser erlebte Beckenbauer als gläubigen Menschen. Auf Beckenbauers Veranlassung hielt er einenGottesdienst für die Nationalmannschaft und segnete später Beckenbauers Haus mit einer Kerze aus demoberbayerischen MarienwallfahrtsortAltötting.[107] In seiner AutobiographieIch – Wie es wirklich war von 1992, an der derBild-KolumnistFranz-Josef Wagner alsGhostwriter beteiligt war,[108] schreibt Franz Beckenbauer, dass er anReinkarnation glaube.
Zum Ende seiner Profi-Karriere als Bundesliga-Spieler gründete er am 15. Mai 1982 in Hamburg dieFranz-Beckenbauer-Stiftung zur Unterstützung von Behinderten und Kranken und Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind. Zu den Einnahmen aus seinem Abschiedsspiel vom 1. Juni 1982 (Hamburger Sportverein versus Deutsche Fußballnationalmannschaft 2:4) von 800 000 DM gab er noch 200 000 DM für die Stiftung dazu.[109] Für seine Stiftung hatte er bis zum Ende seines Lebens mehr als 20 Millionen Euro gesammelt.[110]
Beckenbauer engagierte sich auch für das Team der AugsburgerBenefiz-FußballelfDatschiburger Kickers, die sich demFundraising für wohltätige Zwecke verschrieben hat. Die Stiftung trug dazu bei, aus Beckenbauer eine Sportmarke zu machen.[111] Ab 2013 war er zudem Botschafter des internationalen KindersozialprojektsFootball for Friendship.[112]
Im AnimeDetektiv Conan erhält Franz Beckenbauer in der Folge 516 eine Würdigung und tritt als Figur und dem Zitat „Nicht der Starke gewinnt, sondern der, der gewinnt, ist stark kurz“ auf.[113]
Als die Nationalelf beimVierländerturnier vor Ostern 1988 blamable Leistungen zeigte, bescheinigtePaul Breitner dem Teamchef Beckenbauer eine „Horror-Taktik“ und mutmaßte, der deutsche Fußball könne durch das dilettantische Wirken seiner einstigen Glanzfigur „größeren Schaden erleiden“. Für den „Riesenmist“ der deutschen Spieler sei in erster Linie der Teamchef verantwortlich, der die „Jungs“ so verunsichere, dass „anständiger Fußball gar nicht mehr möglich“ sei. Ein paar Tage später legteUdo Lattek nach. Die Nationalspieler sah Lattek „durch die übermächtige Stellung von Franz blockiert“. Sie würden spüren, dass Beckenbauer „sie verachtet, weil er ja (unbestritten) alles viel besser konnte“. Und: So viele schlechte Spiele wie zuletzt, da war sich Lattek sicher, hätte Beckenbauers Vorgänger Jupp Derwall, der im Juni 1984 wegen Erfolglosigkeit entlassen worden war, „nicht überlebt“.[114]
Kritiker wiesen in der Vergangenheit wiederholt darauf hin, dass Beckenbauer Deutschland als optimalen Lebensmittelpunkt schildere, während er selbst Österreich als Lebensmittelpunkt wählte, und verwiesen in diesem Zusammenhang auf das österreichische Steuersystem.[115] Im Februar 2008 rügte u. a. der damalige deutsche FinanzministerPeer Steinbrück dieSteuerflucht gut betuchter Deutscher wie Beckenbauer,Michael Schumacher und anderer. Er mahnte ihre Verpflichtung an, der deutschen Gesellschaft, in der ihre Karrieren ermöglicht wurden, etwas zurückzugeben.[116]
In den 1970er Jahren musste Beckenbauer 1,8 MillionenDM Steuern nachzahlen, nachdem sich eine Steuerspar-Konstruktion als nicht vereinbar mit den deutschen Steuergesetzen erwiesen hatte.[117]
1986 wurde der Kanton Obwalden wegen illegaler Steuerabkommen unter „Steuervormundschaft“ gestellt und Franz Beckenbauer zu einer Buße und Steuernachzahlungen in Höhe von 1,8 Millionen D-Mark verurteilt, weil er versucht hatte mit Hilfe vonHans Hess über 1,2 MillionenSchweizer Franken am Finanzamt vorbeizuschleusen.[118][119]
Wegen der zynisch wirkenden Äußerung regte sich teils heftige Kritik.[122][123]
„Ich habe noch nicht einen einzigen Sklaven in Katar gesehen, also die laufen alle frei rum, weder in Ketten gefesselt und auch mit irgendwelcherBüßerkappe am Kopf, also das habe ich noch nicht gesehen. Also, wo diese Meldungen herkommen, ich weiß es nicht. Also, ich habe mir vom arabischen Raum […] ein anderes Bild gemacht und ich glaube, mein Bild ist realistischer.“
–Franz Beckenbauer
Mehrere Journalisten nahmen in ihrer Berichterstattung Bezug aufBerti Vogts. Zitat Florian Hagemann(Hessische/Niedersächsische Allgemeine): „Mit seinem jüngsten Zitat spielt Beckenbauer nun in einer Liga mit Berti Vogts, seinem einstigen Kollegen in der Nationalmannschaft und seinem Nachfolger als Bundestrainer. Während derWeltmeisterschaft 1978 bezeichnete Vogts das von einer Militärdiktatur regierte Gastgeberland Argentinien als ‚Land, in dem Ordnung herrscht. Ich habe keinen einzigen politischen Gefangenen gesehen.‘“[124][125]
Auch im Zuge der WM-Vergabe 2022 geriet Beckenbauer erneut unter Korruptionsverdacht.[126]
Im Oktober 2015 berichtete das MagazinDer Spiegel über ein Darlehen vonRobert Louis-Dreyfus an das Organisationskomitee der WM 2006 in Höhe von zehn Millionen Schweizer Franken, das lautSpiegel mutmaßlich zum Stimmenkauf verwendet wurde.[127]
Beckenbauer zufolge habe sich das Organisationskomitee das Geld 2002 geliehen, weil die FIFA im Gegenzug für die Zahlung eines Zuschusses in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken eine Zahlung in Höhe von zehn Millionen Schweizer Franken gefordert hätte.[128] Bei der internen Untersuchung des DFB wurde ein von Beckenbauer undJack Warner ausgehandelter Vertragsentwurf gefunden, in dem Warner umfangreiche Leistungen zugesagt wurden.[129]
Die Untersuchung durch die KanzleiFreshfields Bruckhaus Deringer ergab, dass das Geld auf ein Konto des katarischen Unternehmens Kemco, das sich im Besitz vonMohamed bin Hammam befindet, transferiert wurde. Die weitere Verwendung des Geldes konnte nicht rekonstruiert werden.[130]
Dieschweizerische Bundesanwaltschaft hat am 6. November 2015 ein Strafverfahren gegen Beckenbauer wegen des Verdachts auf Betrug, ungetreue Geschäftsbesorgung, Geldwäsche und Veruntreuung eingeleitet.[131] Am Ende des Jahres 2015 hat der DFB Güteanträge bei derÖffentlichen Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle gestellt, um die Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz zu verhindern.[132]
Die Ermittlungsakte sieht in Beckenbauer einen wesentlichen Drahtzieher eines Stimmenankaufs für die WM-Entscheidung.[133] Einer möglichen Anklage durch die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) im Jahr 2019 entging Beckenbauer aufgrund eines Attests seiner Ärzte. In diesem wird sein schlechter Gesundheitszustand ausgeführt, der eine Vernehmung ausschließe, da jede Anstrengung für ihn lebensgefährlich sein könne.[134]
Posthum wurde Franz Beckenbauer u. a. vonSepp Blatter,[135]Lothar Matthäus[136] undMatthias Sammer verteidigt; letzterer sagte: „Er hat die Weltmeisterschaft als Spieler und als Trainer gewonnen und dann alles getan, um sie auch nach Deutschland zu bringen. Wir alle haben Franz Beckenbauer vorgeschickt und alle wussten, mit welchem korrupten System, welchen Anforderungen, die dieses Fifa-Konzil in sich trägt, er es am Ende zu tun haben würde. Ich weiß nicht, wie er es am Ende geschafft hat, die WM 2006 nach Deutschland zu bringen. Ihn dann aber so zu attackieren, weil er dafür dieses System irgendwo bearbeiten musste, das ist Heuchelei.“[137] Ähnlich äußerten sich in Interviews die in der fraglichen Zeit zuständigen BundesministerJoschka Fischer,Bundesaußenminister (1998–2005).Wolfgang Schäuble,Bundesinnenminister (1989–1991, 2005–2009) undOtto Schily, Bundesinnenminister (1998–2005).[138]
Im September 2016 wurde durch Medienberichte bekannt, dass Franz Beckenbauer für seine Arbeit als Präsident des Organisationskomitees der WM 2006 insgesamt 5,5 Millionen Euro aus einem Werbevertrag mit der SportwetteODDSET desDeutschen Lotto- und Totoblocks erhalten hat. Bislang hatte der DFB behauptet, Beckenbauers Tätigkeit seiehrenamtlich gewesen. Erst nachdem das Finanzamt Frankfurt am Main vier Jahre später eine Betriebsprüfung beim DFB durchgeführt hatte, wurde das Honorar Ende 2010 durch den Verband versteuert. Beckenbauer erstattete später den ca. 20-prozentigen Vorabzugssteuerbetrag an den DFB zurück.[139]
Die FIFA übernahm 2005 die Zahlung von 1,7 Millionen Euro an Franz Beckenbauer,Fedor Radmann und Andreas Abold für deren Tätigkeit als Berater der südafrikanischen WM-Bewerbung vom südafrikanischen Fußballverband, obwohl sie Bewerbungskosten nicht erstatten darf. Das Geld für Beckenbauer floss dabei auf ein Konto in Gibraltar.[140]
Zwischen 2008 und 2011 zahlte die FIFA 5,4 Millionen Schweizer Franken, die als Löhne und Zulagen von Beckenbauer deklariert waren, auf ein Konto von Fedor Radmann, der anschließend die Hälfte auf ein Konto von Beckenbauer weiterleitete. Radmann soll seiner Bank verschwiegen haben, dass Beckenbauer der wahre Berechtigte des Geldes war, weshalb die schweizerische Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Urkundenfälschung und Geldwäsche gegen ihn einleitete.[141]
Am 13. Juni 2014 wurde Beckenbauer von der FIFA-Ethikkommission für 90 Tage gesperrt, weil er Fragen des Vorsitzenden der Untersuchungskammer,Michael J. Garcia, zur Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 nicht beantworten wollte.[142]
Nach der Beantwortung der Fragen wurde die Sperre am 27. Juni 2014 wieder aufgehoben.[143] Im Februar 2016 wurde er wegen des Verstoßes gegen drei Artikel des FIFA-Ethikreglements von der FIFA-Ethikkommission verwarnt und mit einer Geldstrafe in Höhe von 7000 Schweizer Franken belegt. Er galt dadurch FIFA-intern als vorbestraft.[144]
Die SingleDu allein aus dem Jahr 1966 enthält alsB-Seite das LiedGute Freunde kann niemand trennen, das als Grund für den Erfolg der Single angesehen wird und seitdem wiederholt in Zusammenhang mit Beckenbauer gespielt wurde. 1967 folgteDu bist das Glück. Beide Singles erschienen beiPolydor.[145]
Gerd Dembowski:Ja, is’ denn heut’ scho’ Weihnachten? Der Beckenbauer Franzl schaut einmal. In:Marvin Chlada/Gerd Dembowski (Hrsg.):Die neuen Heiligen 2. Reportagen aus dem Medienhimmel.Alibri, Aschaffenburg 2001,ISBN 978-3-932710-35-3.
Michael Horeni:Die Begnadeten: Schönheit, Schmerz und Einsamkeit: Fußballgötter und ihre Abstürze – Franz Beckenbauer, George Best, Diego Maradona, Mesut Özil, Michel Platini, Sócrates. C.Bertelsmann Verlag, München 2022,ISBN 978-3-641-28834-1.
Harald Irnberger:Franz Beckenbauer. Ein Bayer zwischen Wahn und Wirklichkeit. Werner Eichbauer Verlag, Wien 2002,ISBN 3-901699-28-7.
Silke Wiedemann:Franz Beckenbauer – der Erfolg spielt mit; die Biographie einer Sportler-Legende. Lehrach Dirk Verlag, Düsseldorf 2002,ISBN 3-9806151-6-2.
↑Erich Laschwanden:Wie Franz Beckenbauer mit einem Steuerfoul die Schweiz in Aufruhr brachte. In:NZZ. 29. März 2021 (nzz.ch [abgerufen am 9. Januar 2024]).
↑Alle z’samm. In: Der Spiegel 1980. 26. Oktober 1980, abgerufen am 14. Januar 2023: „Die Fußball-Bundesliga hat ihren alten Kaiser Beckenbauer wieder. Am 1. November fängt er beim HSV an.“
↑Raimund Hinko:Das Comeback des Kaisers. Hrsg.:Sport Bild.Nr.9, 2013.
↑Franz Beckenbauer: eine große Karriere in Zahlen. In: bundesliga.com. 10. Januar 2024, abgerufen am 14. Januar 2024: „Alles gelang aber selbst dem „Kaiser“ in München nicht, er verwandelte nur drei seiner sechs Strafstöße und traf viermal ins eigene Tor – keinem Bayern-Spieler unterliefen in der Bundesliga-Geschichte so viele Eigentore.“
↑Uwe Jean Heuser, marc Brost:Der sanfte Pate. In:Die Zeit. 1. Juni 2006,ISSN0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 9. Januar 2024]).
↑Der Friede ist eingekehrt. (PDF) In: Hamburger Abendblatt. 21. Dezember 1990, abgerufen am 17. November 2022.
↑Football: la crise des entraîneurs à Marseille „Raymond la science“ succède au „Kaiser“. In:Le Monde. 25. Dezember 1990 (lemonde.fr [abgerufen am 17. November 2022]).
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↑Beckenbauer zieht sich 2011 aus FIFA-Exko zurück. In: dfb.de. 11. November 2010, abgerufen am 14. Januar 2024: „Am 26. Januar 2007 ist Franz Beckenbauer auf dem UEFA-Kongress in Düsseldorf als europäischer Vertreter in das Exekutivkomitee des Fußball-Weltverbandes FIFA gewählt worden. … In einem Gespräch hat er FIFA-Präsident Joseph Blatter, UEFA-Präsident Michel Platini und DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger darüber informiert, sich im kommenden Jahr nicht zur Wiederwahl stellen zu wollen.“
↑Task Forces conclude their roles. In: fifa.com. 30. Oktober 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. April 2019; abgerufen am 3. April 2019 (englisch).
↑Die Wahl zum Ehrenpräsidenten erfolgte bei der Jahreshauptversammlung des FC Bayern München am 27. November 2009 (Beckenbauer Ehrenpräsident. fcbayern.de, abgerufen am 29. November 2009.)
↑Stephan Alexander Weichert:Die Alpha-Journalisten: Deutschlands Wortführer im Porträt. Herbert von Halem Verlag, 2007,ISBN 978-3-938258-29-3,S.365 (google.de [abgerufen am 18. Juni 2021]).
↑Julia Kramer:Metamorphosen im Sport. Die Wandlung des Spitzensportlers vom Helden zur Marke.Arnd Krüger,Swantje Scharenberg (Hrsg.):Zeiten für Helden – Zeiten für Berühmtheiten im Sport. Münster 2014, S. 195–212.
↑Jürgen Dahlkamp, Gunther Latsch, Jens Weinreich:(S+) Hat Katar die WM gekauft? Wie die Fifa den letzten Rest ihrer Würde in die Wüste jagte. In:Der Spiegel.Nr.46/2022, 11. November 2022,ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 13. November 2022]).
↑Jürgen Dahlkamp, Gunther Latsch, Udo Ludwig, Jörg Schmitt, Jens Weinreich:Sommer, Sonne, Schwarzgeld. In:Der Spiegel Nr. 43/2015. 17. Oktober 2015,S.10ff. (spiegel.de).