Franz-Josef Sontag
Franz-Josef Sontag (häufig verkürztFranz Sontag, PseudonymJunius Alter) (*23. April1883 inWarsleben; †1. Dezember1961 inBergisch-Neukirchen) war ein deutscher Journalist und politischer Schriftsteller. ImDeutschen Kaiserreich sowie derWeimarer Republik zählte er zu den einflussreichstenmonarchistisch orientierten Publizisten. Nach demZweiten Weltkrieg beteiligte er sich an der Gründung verschiedenernationalkonservativer Parteien.
Publizistische und politische Tätigkeit
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Sontag wuchs inStendal auf, wo er das humanistische Gymnasium besuchte. Von 1903 bis 1914 arbeitete er für dieNeue Preußische Zeitung undDie Post. Politisch war Sontag zunächst bei denFreikonservativen beheimatet, trat aber bald zurDeutschkonservativen Partei über. In den Geschäftsstellen beider Parteien war er festangestellt. Im Sommer 1914 übernahm er als NachfolgerErnst Graf zu Reventlows die Leitung derAlldeutschen Blätter. Bis 1917 war er Privatsekretär vonHeinrich Claß sowie Geschäftsführer desAlldeutschen Verbandes. Während desErsten Weltkriegs gehörte Sontag zur Opposition von ReichskanzlerTheobald von Bethmann Hollweg, dessen Bemühungen um einenVerständigungsfrieden mit den Kriegsgegnern mehreren Parteien zu schwach erschienen. Von 1917 bis 1918 war Sontag Chefredakteur derDeutschen Zeitung. Das vom Alldeutschen Verband erworbene Blatt entwickelte sich nach derNovemberrevolution unter Sontags NachfolgerReinhold Wulle zum Organ des alldeutsch-völkischen Flügels derDNVP.
Seit 1919 gab Sontag die an ein anspruchsvolleres Publikum gerichtete ZeitschriftDie Tradition heraus, die neben alt- auchjungkonservativen sowie alldeutschen undvölkischen Stimmen ein Forum bot. 1920 beteiligte er sich amKapp-Putsch. Nach dessen Scheitern spielte Sontag 1920/21 vorübergehend eine wichtige Rolle bei der Vernetzung und Neuformierung der radikalen Rechten. Er unterhielt enge Kontakte zu führenden alldeutschen und konservativen Politikern[1] und fungierte außerdem als Berliner VertrauensmannErich Ludendorffs, nachdem dieser nachMünchen übergesiedelt war.[2] Innerhalb der DNVP plädierte Sontag für eine enge Kooperation mit den außerhalb der Partei verbliebenen völkischen Gruppen, da er nach dem Kapp-Putsch zu der Überzeugung gekommen war, dass jeder Vorstoß gegen die Republik ohne Massenbasis außerhalb der bürgerlichen Milieus konservativer und nationalliberaler Prägung zum Scheitern verurteilt war. Dabei geriet auch dieNSDAP früh in Sontags Blickfeld. Am 9. Juni 1921 suchteAdolf Hitler Sontag in dessen Berliner Büro auf. Über diesen Besuch informierte Sontag am nächsten Tag den DNVP-PolitikerKuno Graf von Westarp:
„Gestern hat sich hier bei mir ein Herr Hitler aus München gemeldet, der Führer der dortigen national-sozialen Arbeiterbewegung. Der Mann ist von einem glühenden Nationalismus beseelt, ist Arbeiter, ein intelligenter Kopf, anscheinend von zündender Beredsamkeit, ein geschickter Taktiker und in seinem sozialen Programm ungefährlich. Ich habe ihn heute Dr.Steiniger vorgeführt, der der Meinung war, dass man diese Kraft agitatorisch unbedingt in Norddeutschland auszuwerten versuchen müsse.“[3]
Sontag übersiedelte 1921/22 für einige Monate nach München und zeigte sich anschließend „von den dortigen politischen Verhältnissen begeistert“[4]. Nach seiner Rückkehr warb er in Berlin für die Neugründung einer – wie er am 17. Juli 1922 an Ludendorff schrieb – „Freiheits-Partei mit ausgesprochenem völkischen und sozialen Charakter“[5]. Die im Dezember 1922 gegründeteDeutschvölkische Freiheitspartei unterstützte Sontag in derTradition publizistisch.[6]
Besonders intensiv korrespondierte Sontag seit 1922 mit PrinzOskar von Preußen, den er mehrfach als Führer des „nationalen Lagers“ ins Gespräch zu bringen versuchte. Ab 1925 war Sontag für den PressekonzernAlfred Hugenbergs tätig. 1926 trat er demStahlhelm bei und wurde 1927 Chefredakteur des wöchentlich erscheinenden gleichnamigen Verbandsorgans.[7]
1930 veröffentlichte Sontag das bis 1932 mehrfach aufgelegte BuchNationalisten, in dem er in 13 Porträts „Deutschlands nationales Führertum der Nachkriegszeit“ vorstellte, darunter neben Claß, Ludendorff,Seldte und Hugenberg auch Hitler. Letzteren bezeichnete er als „große und echte Persönlichkeit, (...) zweifellos eine der größten, die wir überhaupt im politischen Leben Deutschlands besitzen.“[8] Die „ureigenste Bedeutung und große Aufgabe“ der NSDAP sah Sontag darin, eine „immer breitere Masse für den nationalen Gedanken zu mobilisieren“[9]:
„Nur die Zukunft freilich vermag zu erweisen, ob es ihm [Hitler] vergönnt sein wird, dem Marxismus jenes Cannae zu bereiten, das ihm vorschwebt, und über dessen Gefilde einzig und allein der Weg in Deutschlands Zukunft führen wird.“[10]
Sontag äußerte sich einige Monate nach der Machtübergabe an die NSDAP anerkennend über die „Leistungen“ der Partei.[11] In den folgenden Jahren war er, wie viele prominente konservative Autoren, nur noch eingeschränkt publizistisch tätig. Seit 1936 lebte er in Bergisch-Neukirchen, wo seine Ehefrau, die nach denNürnberger Gesetzen als „Halbjüdin“ galt, eine Glasfabrik besaß. In den 30er Jahren reiste Sontag mehrfach zu Unterredungen mitWilhelm II. bzw. dessen Söhnen nachDoorn.
1945 wurde Sontag von britischen Offizieren zum Bürgermeister in Bergisch-Neukirchen ernannt (Rücktritt im September 1946). Er schloss sich zunächst derDeutschen Aufbaupartei an und war nach deren Fusion mit derDeutschen Konservativen Partei im Sommer 1946 kurzzeitig Vorsitzender derDKP-DRP. Nachdem diese zerfallen war, trat er 1950 in dieDeutsche Partei ein und war dort bis 1953 im nordrhein-westfälischen Landesvorstand tätig. Bis zur Mitte der 50er Jahre war Sontag auch im 1951 wiedergegründeten Stahlhelm aktiv.
Sontags Nachlass, der auch das Manuskript seiner unveröffentlichten Erinnerungen enthält, befindet sich imBundesarchiv.
Veröffentlichungen (Auswahl)
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Das deutsche Reich auf dem Wege zur geschichtlichen Episode. Eine Studie Bethmann Hollwegscher Politik in Skizzen und Umrissen, 2. Auflage München 1919.
- Nationalisten. Deutschlands nationales Führertum der Nachkriegszeit, 2. Auflage Leipzig 1930.
- Nie wieder Krieg?! Ein Blick in Deutschlands Zukunft, Leipzig 1931.
- (als Hrsg.)Ein Armeeführer erlebt den Weltkrieg. Persönliche Aufzeichnungen des Generalobersten von Einem, Leipzig 1938.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Petronilla Ehrenpreis, Stefan Ehrenpreis: Sontag, Franz-Josef. In:Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010,ISBN 978-3-428-11205-0, S. 582 f. (Digitalisat).
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Franz-Josef Sontag im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
- Nachlass Bundesarchiv N 1064
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Siehe Striesow, Jan, Die Deutschnationale Volkspartei und die Völkisch-Radikalen 1918–1922, Frankfurt am Main 1981, S. 261.
- ↑Siehe Thoss, Bruno, Der Ludendorff-Kreis 1919–1923. München als Zentrum der mitteleuropäischen Gegenrevolution zwischen Revolution und Hitler-Putsch, München 1978, S. 241.
- ↑Zitiert nach Retallack, James, Zwei Vertreter des preußischen Konservatismus im Spiegel ihres Briefwechsels: Die Heydebrand-Westarp-Korrespondenz, in: Jones, Larry Eugene, Pyta, Wolfram (Hrsg.), „Ich bin der letzte Preuße“. Der politische Lebensweg des konservativen Politikers Kuno Graf von Westarp (1864–1945), Köln 2006, S. 33–60, S. 58.
- ↑Striesow, Deutschnationale Volkspartei, S. 325.
- ↑Zitiert nach Thoss, Ludendorff-Kreis, S. 242.
- ↑Siehe Striesow, Deutschnationale Volkspartei, S. 416.
- ↑Siehe Hering, Rainer, Konstruierte Nation. Der Alldeutsche Verband 1890 bis 1939, Hamburg 2003, S. 185.
- ↑Alter, Junius, Nationalisten. Deutschlands nationales Führertum der Nachkriegszeit, 2. Auflage Leipzig 1930, S. 139.
- ↑Alter, Nationalisten, S. 138.
- ↑Alter, Nationalisten, S. 139.
- ↑Siehe Hering, Konstruierte Nation, S. 437.
Personendaten | |
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NAME | Sontag, Franz-Josef |
ALTERNATIVNAMEN | Junius Alter |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher konservativer Journalist und politischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 23. April 1883 |
GEBURTSORT | Warsleben |
STERBEDATUM | 1. Dezember 1961 |
STERBEORT | Bergisch Neukirchen |