DieFleischflosser (Sarcopterygii), auchMuskelflosser, sind eine der zweiKlassen derKnochenfische (Osteichthyes). Der wissenschaftliche Name diesesTaxons leitet sich von einem gemeinsamen Merkmal seiner Vertreter ab, dem Sarcopterygium (Gr.:sarx, sarko- = Fleisch,pterygion,Diminutiv vonpteryx = Flügel, Flosse), einemFlossentyp mit fleischigem Stiel.
Die Fleischflosser haben ihre Bedeutung vor allem dadurch, dass unter ihren fossilen Vertretern die Vorfahren derLandwirbeltiere (Tetrapoda) zu finden sind. Kladistisch gesehen beinhalten die Fleischflosser somit auch alle Landwirbeltiere (Tetrapoda) einschließlich der Säugetiere, wie die Menschen. Heute existieren noch zwei Gruppen, dieLungenfische (Dipnoi) mit sechs Arten und dieQuastenflosser (Coelacanthimorpha) mit zwei Arten. Im Sinne derKladistik sind die Fleischflosserparaphyletisch (keine geschlossene Abstammungsgemeinschaft), wenn der Begriff die Landwirbeltiere (Tetrapoda) nicht mit einschließt.
Die Blütezeit der Fleischflosser ist, sieht man von den Landwirbeltieren ab, bereits lange vorüber.Fossil lassen sich die Sarcopterygii seit dem OberenSilur vor 415 Millionen Jahren nachweisen. ImDevon waren die ursprünglich marinen Fleischflosser weltweit verbreitet und besiedelten mehrmals unabhängig voneinander das Süßwasser. DieOnychodontiformes, diePorolepiformes (von denen allerdings dieDipnoi abstammen dürften) und dieElpistostegalia starben am Ende des Devons aus, dieRhizodontiformes am Ende desKarbons und dieOsteolepiformes am Ende desPerms.
Namensgebendes Kennzeichen der Fleischflosser ist der fleischige Flossenlobus der paarigen Flossen, der allerdings auch, mit einer völlig anderen inneren Anatomie, bei denFlösselhechten und einigen fossilenStrahlenflossern (Actinopterygii) auftritt. Alsgemeinsames Merkmal der Klasse gilt der Bau des Flossenskeletts, das eine einzige, zum Körper verlaufende, monobasale, knöcherne Achse hat, die mit demSchulter- und demBeckengürtel verbunden ist und an der seitlich Radialia liegen. Dieser Knochen entspricht demOberarmknochen (Humerus) undOberschenkelknochen (Femur) bei den Landwirbeltieren, ist zu ihnen alsohomolog. Bei denQuastenflossern gilt dieser Flossenaufbau auch für die zweiteRückenflosse und dieAfterflosse.
Das Skelett fossiler Formen war stärker verknöchert als das der heutigen. Viele besaßen sogarWirbelkörper. Der hohe Knorpelanteil im Skelett derrezenten Arten ist also sehr wahrscheinlich sekundär.
Neu ist auch dieVena cava caudalis, die untere Hohlvene, in der das Blut des Hinterkörpers in Richtung Herz fließt. Die ursprünglichenVenae cardinales sind reduziert.
Fleischflosser habenKosmoidschuppen. DieCosminschicht besteht ausSchmelz undDentin und war bei den fossilen Formen von Porenkanälen durchzogen. Der einschichtige Schmelz zeigte, ebenfalls nur bei den fossilen Formen, auf seiner Unterseitehexagonale Abdrücke derEpidermiszellen.
Der Schädel der Fleischflosser entspricht dem der ursprünglichen Landwirbeltiere. Eine Ausnahme ist der derLungenfische (Dipnoi), dessen Anatomie so verschieden ist, dass man die Einzelknochen des Lungenfischschädels kaum mit den Einzelknochen der sonstigen Sarcopterygierschädel homologisieren kann. Um das Auge haben die Fleischflosser einen Knochenring aus mindestens fünf Einzelknochen.
Außer den Lungenfischen und Landwirbeltieren haben seit jeher alle Fleischflosser einen zweigeteilten Schädel: ein vorderer Teil war gegenüber dem hinteren vorne hebbar, damit mit dem Maul besser nach Beute geschnappt werden konnte. Das Gelenk verlief hinter derHypophyse etwa auf Höhe desTrigeminus-Austritts quer durch den Kopf. Das Gehirn war meist zu klein, um davon betroffen zu sein. Ein eigenes Muskelpaar (M. basicranialis) sorgte für die Absenkung, die Rückkehr in die Ausgangslage, beim Zubeißen. Die Hebung des Vorderteils geschah mittelbar durch die Maul-Öffnung, wobei dieSuspensorien vom Gaumen her nach oben drückten. Bei den Strahlenflossern wird ähnliches „eleganter“ durch Aufwärtsdrehung (vorne) des ganzen Schädels erreicht – die Fleischflosser vermieden aber durch die Schädel-Zerlegung sozusagen das „Schwindeligwerden“, da die Labyrinthe desGleichgewichtsorgans sich im hinteren Schädelabschnitt befinden. Für aktive Schwimmer ist ein zerlegter Schädel (als „Bug“) hingegen unbrauchbar, ebenso für Fische mit Quetschgebiss (Lungenfische) und für Landtiere.
Das (fossilisierte) Gelenk machte allerdings große Deutungsschwierigkeiten. Man hielt es zuerst für ein Artefakt, das heißt Bruch an einer Schwachstelle, oder dann für eineFehlanpassung. Zwei Jahre vor Entdeckung derLatimeria stand 1936 aber durch Hermann Aldinger fest, dass diese Sarcopterygier einen durch ein großes Gelenk zweigeteilten Schädel hatten. Das Ausmaß dieser Beweglichkeit mag unterschiedlich gewesen sein.Erik Jarvik vertrat die Ansicht, dass diesesCranialgelenk über keine Beweglichkeit verfüge, nachdem er bei demRhipidistierEusthenopteron solche Basicranialmuskeln rekonstruierte. Diese Rekonstruktion ist anerkannt, während seine Annahme über die fehlende Beweglichkeit nicht geteilt wird.
Die innere Systematik der Fleischflosser ist nicht unumstritten. Genetische Untersuchungen sowie die Existenz einesLymphatischen Systems bei beiden Taxa deuten darauf hin, dass die Lungenfische den Landwirbeltieren näher stehen als die Quastenflosser. Die fossilen, zu den Landwirbeltieren führenden Formen werden alsRhipidistia bezeichnet.
Das folgende Kladogramm zeigt die wahrscheinlichen Verwandtschaftsverhältnisse (nach Yu Xiaoboet al. (2010)[1] und Brian Swartz (2010))[2] (Rezente Taxa in Fettschrift):
Peter Ax:Das System der Metazoa III. Ein Lehrbuch der phylogenetischen Systematik. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg • Berlin, 2001,ISBN 3-8274-1179-3.
↑Yu Xiaobo, Zhu Min & Zhao Wenjin:The Origin and Diversification of Osteichthyans and Sarcopterygians: Rare Chinese Fossil Findings Advance Research on Key Issues of Evolution. Bulletin of the Chinese Academy of Sciences, Paleoichthyology, Vol. 24 No. 2 2010.