Fingertang

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springenZur Suche springen
Fingertang

Fingertang (Laminaria digitata)

Systematik
ohne Rang:Stramenopile (Stramenopiles)
ohne Rang:Braunalgen (Phaeophyceae)
ohne Rang:Laminariales
Familie:Laminariaceae
Gattung:Laminaria
Art:Fingertang
Wissenschaftlicher Name
Laminaria digitata
(Huds.)J. V. Lamouroux
Laubwechsel
Tangwald aus Fingertang
Bestand bei tiefem Niedrigwasser

DerFingertang (Laminaria digitata) ist eineBraunalgenart aus der Ordnung derLaminariales. Er bildet an den Küsten im Nordatlantik ausgedehnte Bestände (Tangwälder) und kommt auch in der Nordsee und Ostsee vor. Er wird zur Gewinnung vonAlginat wirtschaftlich genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Der Fingertang ist ein stattlicher, mehrjährigerTang von palmenähnlichem Habitus, der mehr als 2 m lang werden kann. DerSporophyt ist mit einem kräftigen krallenartigen Haftorgan (Rhizoid) am felsigen Untergrund befestigt. Oberhalb davon gliedert sich derThallus in einen Stiel (Cauloid) und eine blattartige Fläche (Phylloid) und weist differenzierte Gewebe auf.

Der Stiel ist abgeflacht, elastisch und besitzt eine glatte Oberfläche, die meist frei von Epiphyten ist. Die Länge des Stiels erreicht abhängig von der besiedelten Wassertiefe etwa 20 bis 40 cm, sein Durchmesser beträgt etwa 2 cm. Er besteht aus einer Rindenschicht und einem Zentralkörper, in dem echte Leitungsbahnen verlaufen. Das braune bis dunkelbraune, lederartig derbe Phylloid mit einer Länge bis 1,5 m und einer Breite bis 50 cm ist fingerförmig geteilt und verbreitert sich ohne Ausrandung unmittelbar über dem Stiel.

Der Fingertang unterscheidet sich vom ähnlichenPalmentang (Laminaria hyperborea) durch seinen abgeflachten, biegsamen, glatten Stiel sowie die dunklere Blattfläche mit allmählich verbreiterter Blattbasis. Außerdem ist das Rhizoid nicht konisch.[1]

Laubwechsel

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Das Blatt des Fingertangs wird in jedem Jahr erneuert. Bereits im Winter werden dazu die im alten Laub gespeicherten Reservestoffe in die Wachstumszone transportiert. Mit zunehmendem Licht wächst im Frühling von der Blattbasis her ein neues Phylloid heran, dem das vorjährige Blatt noch bis Anfang Mai aufsitzt, während es an den Enden degeneriert.

Entwicklung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Beim Fingertang tritt einGenerationswechsel mit zwei sehr verschiedenen Generationen auf. Der sichtbare Tang ist derdiploideSporophyt. Von Juni bis Oktober werden auf dem Phylloid in unregelmäßigen dunkleren Flecken (Sori) die schlauchförmigen Sporangien gebildet. In jedemSporangium entstehen durchMeiose 32 beweglicheZoosporen. Diese wachsen zumhaploidenGametophyt heran, der aus mikroskopisch kleinen, verzweigten Zellfäden besteht. Ausgelöst durch blaues Licht und niedrige Temperaturen werden hier die Eizellen und Spermatozoiden gebildet. Die Spermatozoiden werden durch dasPheromonLamoxiren von der Eizelle angelockt.[2] Nach der Befruchtung setzt dieZygote sich fest und keimt zu einem jungen Sporophyten aus. Die Jungpflanzen werden mit zwei oder drei Jahren erstmalsfertil.

Ökologie

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Das Wachstumsoptimum des Fingertangs liegt bei (5) 10 bis 17 °C, die Art ist also ankaltgemäßigte Meere angepasst. In den extrem warmen Sommern 2003 und 2006 wurden bei Helgoland keine Meiosporen freigesetzt, obwohl Sori vorhanden waren. Daher wird der vielerorts zu beobachtende Rückgang der Laminarien als Folge derglobalen Erwärmung angesehen.[2]

Seeigel der GattungStrongylocentrotus, die sich nachÜberfischung massenhaft vermehrt haben, können ganze Bestände des Fingertangs abfressen und völlig zerstören, so dass nur der nackte Grund übrigbleibt.[2] Auch dieGraue Kreiselschnecke (Gibbula cineraria), dieGebänderte Grübchenschnecke (Lacuna vincta) sowie dieAsselIdotea granulosa fressen den Fingertang. Da sie die Sori gegenüber den vegetativen Strukturen bevorzugen und auch häufig in Massen vorkommen, können sie die Vermehrung des Fingertangs stark beeinträchtigen.[2]

Vorkommen

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Der Fingertang ist vor den Küsten desNordatlantik verbreitet. In Europa ist er vonIsland undSpitzbergen bis nachSpanien und zu denKanaren zu finden. Er kommt auf geeignetem Substrat auch in derNordsee undOstsee vor,[3] beispielsweise beiHelgoland. Außerdem wächst er vorGrönland und an der Atlantikküste vonNordamerika bis nachCape Cod.[1]

Er besiedelt das obereSublitoral und bildet auf felsigem Untergrund dichteTangwälder, beziehungsweise niedrigere „Tangwiesen“. In der Nordsee wächst er bis 1,5 m Tiefe unterhalb der Niedrigwasserlinie. Bei sehr tiefem Wasserstand können die Bestände auch kurzzeitig frei liegen.

Systematik

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

DieErstbeschreibung des Fingertangs erfolgte 1762 durchWilliam Hudson unter dem NamenFucus digitatus (In:Flora anglica, S. 474).John Vincent Félix Lamouroux stellte die Art 1813 in die GattungLaminaria (In:Essai sur les genres de la famille des thalassiophytes non articulées. Annales du Muséum d’Histoire Naturelle, Paris 20, S. 42). Dies ist dieTypusart der GattungLaminaria (Lectotyp).[3]

Synonyme fürLaminaria digitata(Huds.) J. V. Lamouroux sindFucus digitatusHuds.,Gigantea digitata(Huds.) Stackhouse,Hafgygia digitata(Huds.) Kützing undSaccharina digitata(Huds.) Kuntze. Als weitere Synonyme geltenLaminaria apodaPostels & Ruprecht,Laminaria conicaBory de Saint-Vincent,Laminaria cucullata(Le Jolis) Foslie,Laminaria ensifoliaKützing,Laminaria flexicaulisLe Jolis,Laminaria intermediaFoslie,Laminaria latifoliaC. Agardh,Laminaria phycodendronde la Pylaie sowieLaminaria stenophylla(Harvey) J. Agardh.[3]

Laminaria digitata gehört zur FamilieLaminariaceae innerhalb der Ordnung derLaminariales.

Nutzung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Früher wurden die angespülten oder bei Niedrigwasser geernteten Tange alsDünger verwendet. Im Mittelalter war die Veraschung der Algen (Kelp) von wirtschaftlicher Bedeutung, um darausAlkalien zu gewinnen, welche für dieSeifen- undGlasherstellung benötigt wurden. Später kam die Tangveraschung noch einmal zur Erzeugung vonIod zur Blüte. Der Iod-Gehalt des Fingertangs beträgt 0,25 bis 5 % der Trockenmasse.[2]

Heute wird Fingertang in Frankreich (Bretagne) zur Produktion vonAlginat geerntet. Für das Jahr 2005 wird eine Erntemenge von 75.000 t angegeben.[2]

In Irland und Frankreich wird Fingertang auch in geringerem Umfang zur Herstellung von Tang-Gemüse genutzt.[1] Der Gehalt an Mineralien und Spurenelementen, insbesondereKalium (0,116 mg pro g Trockengewicht) undCalcium (10,05 mg pro g Trockengewicht) ist höher als bei den meisten essbaren Landpflanzen. DerProteingehalt ist mit 8 bis 15 % der Trockenmasse jedoch relativ niedrig.[2]

In der Gynäkologie wurden früherLaminariastifte aus Fingertang alsDilator verwendet.[4]

Quellen

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  • P. Kornmann, P.H. Sahling:Meeresalgen von Helgoland – Benthische Grün-, Braun- und Rotalgen. Biologische Anstalt Helgoland, Hamburg 1983,ISSN 0017-9957, S. 144–149. (Abschnitte Beschreibung, Laubwechsel, Entwicklung, Vorkommen, Nutzung)
  • Wolfram Braune:Meeresalgen. Ein Farbbildführer zu den verbreiteten benthischen Grün-, Braun- und Rotalgen der Weltmeere. Ruggell: Gantner, 2008,ISBN 978-3-906166-69-8, S. 194–195. (Abschnitte Beschreibung, Vorkommen, Nutzung)

Einzelnachweise

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  1. abcMichael Guiry:The Seaweed Site: information on marine algae: Laminaria digitata, abgerufen am 12. April 2012.
  2. abcdefgInka Bartsch, Christian Wiencke, Kai Bischof, Cornelia M. Buchholz, Bela H. Buck, Anja Eggert, Peter Feuerpfeil, Dieter Hanelt, Sabine Jacobsen, Rolf Karez, Ulf Karsten, Markus Molis, Michael Y. Roleda, Hendrik Schubert, Rhena Schumann, Klaus Valentin, Florian Weinberger & Jutta Wiese:The genus Laminaria sensu lato : recent insights and developments. In:European Journal of Phycology, 43:1, 2008, S. 1–86 (doi:10.1080/09670260701711376)
  3. abcMichael D. Guiry, G.M. Guiry:Laminaria digitata. In: Algaebase – World-wide electronic publication, National University of Ireland, Galway, abgerufen am 25. Dezember 2023.
  4. Beschreibung im „Medizinhistorisches Museum“ auf kugener.com.

Weblinks

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Commons: Fingertang (Laminaria digitata) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fingertang&oldid=247293014
Kategorien: