Fingerstyle
Fingerstyle (eigentlichFingerstyle Guitar) ist – wie der häufig synonym gebrauchte BegriffFingerpicking – eine aus demangloamerikanischen Sprachgebrauch übernommene Bezeichnung für eine Spieltechnik auf derGitarre, bei der dieSaiten im Gegensatz zum sogenanntenFlatpicking nicht mit einemPlektrum, sondern primär mit den Fingern und dem Daumen angeschlagen werden.

Begriffsdefinition
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die BezeichnungFingerstyle wird auch als Oberbegriff für jegliche Form der Gitarrentechnik genutzt, bei der die Saiten nicht ausschließlich mit einem Plektrum und auch nicht nur mit dem Daumen angeschlagen werden. Unter den Begriff fällt dann, wie beim angloamerikanischen Verständnis vonFingerstyle, nicht nur der Einsatz dieser Spielweise in Folk, Country undBlues, sondern auch in anderen Stilrichtungen, wie derklassischen Musik und imFlamenco. Hierzu zählen auch der „Fingerstyle Jazz“ von Gitarristen wieJoe Pass,Charlie Byrd undBaden Powell oder in derRockmusik die Spielweisen vonMark Knopfler,Sonny Landreth oderJeff Beck. Im angloamerikanischen Sprachraum bezeichnetFingerstyle daher in der Regel eine von bestimmten Musikstilen unabhängige Spieltechnik.
Spieltechnik
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Beim Fingerstyle werden dieSaiten der Gitarre mit einzelnen Fingern der Hand angeschlagen. Die Spieltechnik unterscheidet sich damit vomFlatpicking mitPlektrum. Grundlage des Fingerstyle ist der Anschlag der einzelnen Saiten mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger durch eine vom jeweiligen Grundgelenk ausgehende Bewegung in Richtung der inneren Handfläche. Die Bewegung des Daumens geht ebenfalls vom Grundgelenk aus, hier allerdings nach unten in Richtung des Zeigefingers. Diese Zupftechnik kann mit den Fingerkuppen, mit den Fingernägeln oder auch mitFingerpicks erfolgen.
Hybridpicking
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Eine Mischform aus Flatpicking und Fingerstyle ist dasHybridpicking.
Unterschiede zur modernen Technik der Konzertgitarre
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Während im englischsprachigen RaumFingerstyle auch auf die moderne „klassische“ Spieltechnik beziehen kann, wirdFingerstyle im deutschsprachigen Raum meist enger gefasst und als Bezeichnung für eine Spielweise verstanden, die sich an der insbesondere inNordamerika erhalten gebliebenen und dort weiterentwickelten Spieltechnik des frühen 19. Jahrhunderts orientiert und sich von den im Verlauf des 20. Jahrhunderts überwiegend durchspanische Gitarristen in Europa undLateinamerika etablierten Normen der modernenKonzertgitarre unterscheidet:
- Die mitFingerstyle assoziierte Musik wird vorwiegend auf mit Stahlsaiten bespannten akustischen Gitarren oder aufHollowbody-Jazzgitarren (Tuck Andress,Martin Taylor) gespielt, und nur gelegentlich auf Konzertgitarren mit Nylonsaiten (David Qualey, Muriel Anderson).
- Neben der Standardstimmung (E-A-d-g-h-e´) werden häufig auch sogenannteoffene Stimmungen verwendet.
Die Tradierung der Fingerstyle-Spieltechnik beruht oftmals auf informellen und selbstorganisierten Lernprozessen, die nicht nur eine Vielzahl stark individuell geprägter Spielweisen hervorbringen, sondern in der Regel auch einige charakteristische Unterschiede zum Spiel formell ausgebildeter Konzertgitarristen aufweisen:
- Im Unterschied zur Haltung der Konzertgitarristen liegt das Instrument beim Spiel in der Regel mit der Einbuchtung der unterenZarge auf dem rechten Oberschenkel (bei Rechtshändern) und bildet mit dem Körper des Spielers mehr oder weniger einen rechten Winkel (sowohl bei Links- als auch bei Rechtshändern).
- Die Anschlagshand wird oftmals mit dem kleinen Finger auf derGitarrendecke abgestützt.
- Die Basssaiten werden häufig mit dem Handballen der Anschlaghand abgedämpft (palm muting), um Bass und Oberstimmen klanglich zu differenzieren.
- Durch das Aufstützen der Anschlagshand und die häufige Verwendung despalm muting ist der von Spielern der Konzertgitarre aus Gründen der Klangqualität häufig verwendeteangelegte Anschlag technisch nicht ausführbar – abgesehen davon, dass den meisten Fingerstyle-Spielern die Technik des Anlegens weitgehend unbekannt ist.
- Aufgrund der im Vergleich zur modernen Konzertgitarrenhaltung weniger steilen Halsposition und der zumeist schmaleren Griffbretter von Gitarren mit Stahlsaiten können die tieferen Saiten bei Bedarf auch mit dem Daumen der Greifhand verkürzt werden.
Die Notation von Lehrmaterialien und Kompositionen für dieFingerstyle Guitar in angloamerikanischer Tradition erfolgt zumeist in Form vonTabulaturen, das Erlernen vonAkkordgriffen wird in der Regel überGriffbrettdiagramme und die damit verknüpftenAkkordsymbole vermittelt.
Ursprung und Entwicklung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Als Ursprung der Spieltechnik wird die Übertragung des Wechselbasses der Ragtime-Pianisten auf die Gitarre durch Musiker wieBlind Blake undReverend Gary Davis in den 1920er-Jahren angesehen. Die Rolle der linken Hand des Pianisten übernimmt auf der Gitarre der Daumen der Anschlaghand.
Die Wiederentdeckung von Musikern wieMississippi John Hurt, sowie der Folk-Boom der 1960er-Jahre führten zu einer Neubelebung, und die Spieltechnik verbreitete sich bei fast allen Musikern der Folk-Bewegung. Stilbildend und einflussreich waren in den USA ab Mitte der 1950er JahreChet Atkins, sowie der 2001 verstorbeneJohn Fahey. Sie übertrugen früh die Fingerstyle-Spieltechnik der Country Blues- und Ragtime-Gitarre auf andere Musikstile. Der von Fahey geförderte und wesentlich erfolgreichereLeo Kottke, der Fingerstyle in den 1970er-Jahren prägte, war damals ein Referenzpunkt in Sachen Virtuosität. Eine ähnlich prägende Rolle spielten in den 1960er-JahrenDavey Graham,John Renbourn undBert Jansch in Großbritannien. Ein bedeutender „Fingerstylist“ der 1980er-Jahre war aufgrund seiner innovativen Spieltechnik der US-AmerikanerMichael Hedges. Er nahm Einfluss auf die Spielweise vieler jüngerer "Fingerstylisten", wie beispielsweiseAndy McKee oderThomas Leeb. Als einer der weltbesten Vertreter des Genres gilt seit vielen Jahren der zweifach für einenGrammy nominierte australische GitarristTommy Emmanuel.[1]
Entwicklung in Deutschland
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Viele Gitarristen in Deutschland haben das Fingerpicking durch die Gitarrenschulen vonPeter Bursch kennengelernt. Einflussreiche Gitarristen waren in den 1970er und 1980er Jahren neben anderenWerner Lämmerhirt undPeter Finger sowie in der DDRSteffen Basho-Junghans.Klaus Weilands Titel „Das Loch in der Banane“, der vom NDR in den 1980er Jahren als Pausenmusik eingesetzt wurde, ist vermutlich das bekannteste Fingerstyle-Stück in Deutschland.
Die seit Mitte der 1990er-Jahre erscheinende ZeitschriftAkustik Gitarre beschäftigt sich mit Interpreten und Spieltechniken des Fingerstyle und hat damit zur Belebung der inzwischen wieder sehr vielfältigen Szene beigetragen.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Fingerstyle lernen Infos und Tipps zum Thema Fingerstyle Gitarre
- Fingerstyle Anleitung und Demonstrationsvideo zu Fingerstyle
- Fingerpicker.de Deutschsprachige Informationsseite über Fingerstyle/Fingerpicking
- Homepage der Zeitschrift "Akustik Gitarre"
- Homepage der Zeitschrift "Acoustic Guitar" (englisch)
- Acoustic Guitar Resources (englisch)
- Informative US-amerikanische Seite zur Fingerstyle-Gitarre (Java, englisch)
- acoustic-music.de Label vonPeter Finger.