Filmmusik

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Für das AlbumFilmmusik der Band Haindling sieheFilmmusik (Album).

Filmmusik, im Englischen auchSoundtrack oderScore genannt, ist die speziell für einenFilm neukomponierte, oder aus bereits vorhandenenklassischen,populären und anderen musikalischen Quellen speziell für einen Film neu zusammengestellteMusik (siehe AbschnittTechniken). Charakteristisch ist eine funktionale und inhaltliche Verbindung zwischen Bild und Musik. Filmmusik soll die Stimmungs- und Gefühlsebene in einem Film beeinflussen und dessen Handlungsführung unterstützen.

Filmmusik ist kein festerGenrebegriff, sondern in vielen Fällen vielmehr eine Zusammenführung unterschiedlichster Strömungen. So fußen viele harmonisch-melodische Prozesse in der Filmmusik (z. B.Modalharmonik, teils exzessiverMediantengebrauch, spezielleMotivik) im Besonderen auf einer Symbiose derMusik der spätromantischen Ära, des Expressionismus/Impressionismus, sowie späterer Avantgarde und nicht zuletzt auch unterschiedlichsten Einflüssen aus populär-kontemporärer Musik wie Jazz, Pop, Blues oder elektronischer Musik.

Inhaltsverzeichnis

Produktionsprozess

Üblicherweise wird eine Filmmusik in derPostproduktion nach der Anfertigung einesRohschnitts erstellt.Regisseur undFilmkomponist gehen diese erste Schnittfassung eines Films durch und entscheiden, welche Stellen des Films musikalisch untermalt werden sollen und welcher Art diese Musik sein soll. Abhängig vom Regisseur wird schon im Schnitt eine vorläufige Musikspur aus bereits existierender Musik angelegt, ein sogenanntertemp track. Nicht selten passiert es bei dieser Arbeitsweise jedoch, dass statt einer Originalkomposition dann die eigentlich vorläufige Musik beibehalten wird (so geschehen z. B. bei „2001: Odyssee im Weltraum“, zu dem ursprünglichAlex North die Filmmusik schreiben sollte[1]). Bei Fernsehproduktionen wird häufig mit musikalischem Archivmaterial gearbeitet, um die Kosten und das Risiko neuerMusikaufnahmen zu sparen.

Die Stellen, in denen im Film Musik erscheinen soll, werden in einemcue sheet mit Anfangs- und Endzeiten festgehalten. Ausgehend von diesen Informationen komponiert der Filmkomponist dann seine Musik, die bei einemSpielfilm durchaus eine Länge von über eineinhalb Stunden haben kann. Die konkrete Arbeitsweise variiert dabei von Komponist zu Komponist und ist auch abhängig von der Zeit, die dem Komponisten zur Verfügung steht. Meist erstellt der Komponist einParticell mit den Melodien und mehr oder minder detaillierten Anweisungen zurInstrumentierung. Diese Particells werden dann von Orchestratoren zu einerPartitur ausgeführt. Manche Komponisten wieEnnio Morricone oderJames Horner orchestrierten ihre Partituren vielfach selbst, andere wieHans Zimmer übernehmen diese Aufgabe grundsätzlich nicht.Kopisten extrahieren dann aus der Partitur die einzelnen Stimmen für die einzelnen Instrumente. Dieser zeitraubende Vorgang musste in früherer Zeit von Hand ausgeführt werden; heute werden die Partituren vielfach mit einemNotensatzprogramm erstellt. Auch viele andere Arbeitsschritte von der Niederschrift bis zur Musikaufnahme finden heute computerunterstützt statt.

Schließlich wird die Musik von einem Orchester synchron zum Film aufgenommen. Dabei leitet derDirigent das Orchester, während er auf einer Leinwand oder einem Monitor den Film parallel sehen und so die gewünschte Synchronität zum Film herstellen kann. Häufig dirigiert der Komponist das Orchester dabei selbst. Das Orchester besteht entweder aus nur für diese Aufnahmesitzung engagierten Musikern (ein sogenanntessession orchestra), die entweder fest in einem Orchester angestellt oder freiberuflich tätig sind. Vielfach wird aber auch ein festes Orchester für diesen Zweck engagiert. Beispiele hierfür sind dasDeutsche Filmorchester Babelsberg, dasLondon Symphony Orchestra und dasBBC Concert Orchestra, welche bereits zahlreiche Filmmusiken eingespielt haben.

Ein anderes Verfahren ist eine relativ frühe Einbeziehung des Komponisten in die Regiearbeit. Der Regisseur des Filmes bespricht den Charakter der Musik und die notwendigen Filmmusiksequenzen, der Komponist fertigt schon früh eine Musikversion an. Diese Musik dient später dem Schnitt als Vorlage. Bestimmte Filmsequenzen werden direkt auf die Musik geschnitten. Dadurch wird eine direkte Einbeziehung der Musik in das filmische Geschehen und eine höhere Musikalität der Schnittfolge erreicht.

Die Produzenten entscheiden bei der abschließendenTonmischung über die endgültige Verwendung der Musik und ihr Verhältnis zu den fertiggestellten Dialogen, Geräuschen und elektronischen Effekten.

Geschichte

Stummfilmzeit

Die frühen, vor der Erfindung desTonfilms hergestellten Filme werden zwar alsStummfilme bezeichnet, waren jedoch in der damaligen Aufführungspraxis nicht „stumm“, da sie üblicherweise mit begleitender Musik oder Geräuschen aus einer außerfilmischen Quelle vorgeführt wurden.[2] Bereits 1895 stellten dieGebrüder Lumière in Paris erstmals kurze Filme vor, die von einemPianisten live untermalt wurden. Es wurden in der filmgeschichtlichen Forschung verschiedene Überlegungen zu den Gründen angestellt, aus denen man begann Filme mit Musik zu unterlegen:

  • Die Tonlosigkeit wurde vom Publikum als irritierend empfunden, da der Film zwar eine bildliche Wiedergabe der physischen Realität lieferte, jedoch durch fehlenden Ton von der Wirklichkeitserfahrung der Zuschauer abwich.[3]
  • Da dieFilmprojektoren um 1900 noch sehr schlecht waren, mussten die Vorführräume vollkommen abgedunkelt werden. Die Musik sollte die unheimliche Stimmung vertreiben und es den einander fremden Zuschauern mittels vertrauter Musik behaglicher machen.[4]
  • Das Rattern des Filmprojektors sollte übertönt werden.[5]
  • Das Publikum war anSchauspielmusik gewöhnt, die damals verbreiteter war als heute.
  • Wie auch heutzutage hatte sie eine erzählerische oder die Stimmung unterstützende Funktion.

Als Begleitmusik wurden zunächst bereits bekannte Musikstücke etwa ausOpern und Operetten verwendet. Für bestimmte Handlungsmomente setzte man dabei oft standardmäßig Musikstücke ein (z. B. denHochzeitsmarsch vonFelix Mendelssohn Bartholdy für Hochzeitsszenen oder denLiebestraum vonFranz Liszt für Liebesszenen). Notensammlungen mit für die Filmuntermalung zusammengestellten Musikstücke, sogenannteKinotheken, wurden herausgegeben. Später wurde in seltenen Fällen auch Musik individuell für einen bestimmten Film geschrieben. DieNoten für die Musiker lagen derFilmkopie beider Distribution bei.

Zu Beginn begleiteten nur einzelne Pianisten,Geiger oderFlötisten die Stummfilme. Erst die Aufführungen in großen Sälen boten Platz für mehr Musiker. Es gab eigeneKinoorgeln, die neben zahlreichenKlangfarben auch über Geräuscheffekte (Pferdegetrappel, Wind usw.) verfügten und auch für kleine Lichtspielhäuser geeignet waren. AuchOrchestrions oderPhonographen wurden eingesetzt.

Vor dem Ersten Weltkrieg wurde es Mode in großen Kinosälen der Metropolen, insbesondere in den großenPremierentheatern, die Aufführungen mit eigenenKinoorchestern von bis zu 80 Musikern zu begleiten. Insbesondere in den Jahren nach dem Krieg setzte sich diese Methode der Musikbegleitung mit eigens komponierter synchroner Orchestermusik, auch Originalmusik genannt, durch (z. B. 1924 beiF.W.MurnausDer letzte Mann, Musik vonGiuseppe Becce, 1926 beiSergej EisensteinsPanzerkreuzer Potemkin mit Musik vonEdmund Meisel oder 1927 beiNapoleon vonAbel Gance). Diese Ensembles mussten gutvom Notenblatt spielen und schnell reagieren können, weil auf das Zeichen desDirigenten hin sofort zum nächstenTakt oder sogar zum nächsten Stück gewechselt wurde.

Der frühe Tonfilm

1927 präsentiertenWarner Bros. mitDer Jazzsänger den ersten langen Tonspielfilm. Es verlagerte sich die Ausführung der Musik von den Kinosälen in die Studios. Tonfilme hatten den Vorteil, dass die Studios Filmmusik gezielter und einheitlicher für einen bestimmten Film einsetzen konnten. Der Stil dieser Filmmusik orientierte sich dabei an der Orchestermusik des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Der so entstehende charakteristische Hollywoodsound wurde besonders geprägt durch aus Europa, vor allem Deutschland, Österreich und Russland, ausgewanderte an der europäischen Musik orientierte Komponisten, wieBernhard Kaun,Erich Wolfgang Korngold,Dimitri Tiomkin oderMax Steiner.

Die Produktion verlief meist unter großem Zeitdruck. In der Regel gab es eine Arbeitsteilung zwischen Komponisten undArrangeuren. Die Partituren wurden häufig nach der Tonaufnahme vernichtet und müssen heute im Falle einer Wiederaufführung aufwendig restauriert werden.

Während der Nachkriegszeit wandelte sich die Filmmusik: Neue Einflüsse aus dem Jazz und der Unterhaltungsmusik kamen hinzu. Repräsentanten dieser neuen Richtung waren unter anderemHenry Mancini undJohn Barry. Ab dieser Zeit stieg auch die Bedeutung für denWiedererkennungseffekt mit Filmmelodien wie z. B. der Zither-Musik zu „Der dritte Mann“ (1949) oder dem gepfiffenen Marsch in „Die Brücke am Kwai“ (1957).

Filmmusik im Zeitalter des Fernsehens

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Um 1950 wurdenRock-,Pop- undJazzmusik populärer; in der Filmindustrie erkannte man dies. Komponisten wieAlex North („A Streetcar Named Desire“, dt. „Endstation Sehnsucht“) undElmer Bernstein („Der Mann mit dem goldenen Arm“) integrierten Elemente der Jazzmusik in ihresinfonischen Kompositionen.

Mitte der 1950er Jahre erkannten Filmmusik-Produzenten eine zusätzliche Einnahmequelle und gabenTitelmelodien in Auftrag, die später als Einzeltitel oder Soundtrack vermarktet wurden. Äußerst populäre Stücke wie seinerzeitMoon River vonHenry Mancini/Johnny Mercer wurden mehr als eine Million Mal verkauft.[6]

Den entscheidenden Anstoß, das große sinfonisch besetzte Orchester nicht mehr als Regelfall, sondern vielmehr in Abhängigkeit von den inhaltlichen und dramaturgischen Anforderungen eines konkreten Films zu verwenden, gabBernard Herrmanns Partitur zuHitchcocksPsycho (1960), in der er sich auf ein Streichorchester beschränkte. Herrmann hatte bereits in einigen Filmen der 1950er Jahre das Prinzip der Auswahlinstrumentation angewandt und so den Weg für eine ästhetische Maxime vorbereitet, nach der jeder Film einen ihm eigenen, unverwechselbaren Sound erhalten sollte.

Mit der Auflösung derMusic Departments und der Orientierung der US-Filmindustrie auf neue, junge Zuschauerschichten trat um 1960 an die Stelle orchestraler Filmmusik vielfach die jeweils aktuelle Popularmusik. Ein bekanntes Beispiel für den Einsatz von teils bereits vorhandenen, teils speziell für einen konkreten Film geschriebenen Songs war die Musik vonSimon & Garfunkel für den FilmDie Reifeprüfung (1967). Es wurden für die Filmmusik nicht nur eigens dafür entworfene Kompositionen verwendet, sondern auch Songs von damaligen Interpreten derRock- undPopmusik. Beispiele hierfür sind der Kult-FilmEasy Rider (1969) mit einem Soundtrack aus derWoodstock-Ära oder der FantasyfilmHighlander – Es kann nur einen geben (1986), zu dem die RockbandQueen acht Songs beisteuerte. Besonders das Genre desRoadmovies bediente sich dieser Möglichkeit.

Ab den 1970er Jahren wurde in Hollywood wieder mehr mit großen Sinfonieorchestern undLeitmotiv-Technik gearbeitet. Großen Anteil daran hatten dieRCA-Filmmusik-Schallplattenveröffentlichungen durchCharles Gerhardt und demNational Philharmonic Orchestra, die wesentlich zur Wiederentdeckung klassischer Hollywood-Kompositionen der 1930er und 1940er Jahre beitrugen.[7] Dies veranlasste junge Regisseure wieSteven Spielberg undGeorge Lucas, sich wieder auf diese Form der musikalischen Begleitung der Handlung zu besinnen. Als wichtige Marksteine für die Rückkehr klassischer sinfonischer Filmmusik geltenJohn Williams’ Kompositionen fürDer weiße Hai und dieStar-Wars-Filme ab 1977. Die Musik sollte neben all den bombastischen Bildern als eine Art Anker funktionieren, die dem Zuschauer vertraute Klänge bietet und tiefgründige Gefühle vermittelt.

Filmmusik ist heute auch fester Bestandteil desMarketings eines Filmes, wobei das Angebot von Tonträgern über die Möglichkeit desHerunterladens aus dem Internet bis hin zuKlingeltönen für Mobiltelefone reicht.

Techniken

Allgemein wird zwischen drei KompositionstechnikenLeitmotiv-Technik (sinnvermittelnd),Underscoring undMood-Technik (stimmungsvermittelnd) unterschieden. Im Vergleich zur Mood-Technik kommen die Leitmotiv-Technik und das Underscoring heute eher weniger zum Einsatz.[2]

Leitmotiv-Technik

Hauptartikel:Leitmotiv-Technik

Dieses aus derOper und insbesondere den Musikdramen Richard Wagners bekannte Verfahren hat zur Aufgabe, Personen, Gegenstände der Handlung oder Erzählstränge, die im Film eine zentrale Rolle einnehmen, musikalisch zu repräsentieren. Dazu werden wichtigen Charakteren, Handlungsgegenständen oder Erzählsträngen eigene Motive, sogenannteLeitmotive zugeordnet, die dann je nach den Erfordernissen der Geschichte in die Gesamtkomposition eingebaut, wiederholt und variiert werden. So können auch Vorahnungen, Situationsveränderungen oder Rückverweise, die die Filmhandlung betreffen, vermittelt werden.

Underscoring

Hauptartikel:Underscoring

DasUnderscoring ist eine Kompositionstechnik, die die auf der Leinwand dargestellten Geschehnisse und Gefühle annähernd synchron nachvollzieht. Die Musik dient dabei der Untermalung bis zur Unterstützung und Verstärkung der optischen Eindrücke.[8] Eine extreme Form ist dasMickey-Mousing. Dabei akzentuiert der Filmkomponist einzelne Bewegungen der Akteure im Film, etwa einzeln gesetzte Schritte, durch eine musikalische Verdopplung. Der Name rührt von der intensiven Verwendung dieser Technik inCartoons. Der komische Eindruck, den diese Technik hervorruft, ist hier beabsichtigt. Abgesehen vonZeichentrickfilmen undKomödien wird dasUnderscoring heutzutage eher selten angewendet.[2]

Mood-Technik

Hauptartikel:Mood-Technik

DieMood-Technik unterlegt Filmsequenzen mit musikalischen Stimmungsbildern, die der Sequenz einen der Musik eigenen, expressiven Stimmungsgehalt hinzufügen (englischmood, auf Deutsch: „Stimmung“). Sie wird häufig als dem Underscoring entgegengesetzte Kompositionsstrategie bezeichnet, da sie eine Szene nicht nur musikalisch „verdoppelt“, sondern „einfärbt“.[8]

Formen

Der Schweizer MusikwissenschaftlerHansjörg Pauli veröffentlichte 1976 ein Modell zur Untersuchung von Filmmusik anhand ihrer Formen, verwarf es allerdings 1994 als unzureichend[9], mit der Veröffentlichung eines neuen Modells. Trotzdem ist sein Modell von 1976 eines der am meisten verwendeten. Es unterscheidet drei Formen der Filmmusik:

  • Paraphrasierung: „Als paraphrasierend bezeichne ich eine Musik, deren Charakter sich direkt aus dem Charakter der Bilder, aus den Bildinhalten, ableitet.“[10] – Die Musikparaphrasiert das Geschehen auf der Leinwand, indem sie es verdoppelt und nachvollzieht. Eine extreme Paraphrasierung wird durch die Kompositionstechnik desMickey-Mousings erreicht.
  • Polarisierung: „Als polarisierend bezeichne ich eine Musik, die kraft ihres eindeutigen Charakters inhaltlich neutrale oder ambivalente Bilder in eine eindeutige Ausdrucksrichtung schiebt.“[10] – Die Musikpolarisiert das Geschehen auf der Leinwand, indem sie durch einen eigenen Sinn- oder Stimmungsgehalt seinen Sinn- oder Stimmungsgehalt verschiebt. Sie leistet mehr als bloße Paraphrasierung, indem sie eine Filmsequenz „in ein gewisses Licht rückt“.
  • Kontrapunktierung: „Alskontrapunktierend bezeichne ich eine Musik, deren eindeutiger Charakter dem ebenfalls eindeutigen Charakter der Bilder, den Bildinhalten klar widerspricht.“[10] – Die Musik vermittelt den entgegengesetzten Sinn- und Stimmungsgehalt des Leinwandgeschehens. Damit ironisiert sie das Geschehen und hat einenVerfremdungseffekt.

Funktionen

Filmmusik ist funktional, d. h., sie wird genutzt, um Visuelles klanglich zu unterstützen und zu verdeutlichen sowie die Wahrnehmung und Emotionen des Zuschauers zu beeinflussen.[11] Für eine Systematik der Funktionen gibt es verschiedene Ansätze, im Folgenden die Unterteilung nach Kloppenburg.[12]

Syntaktische Funktion

Die Syntaktische Funktion ermöglicht uns ein leichteres strukturelles Verstehen des Geschehens. So werden Sequenzen akustisch zueinander in Beziehung gesetzt. Mittels Musik wird z. B. ein weicher Übergang von der einen zur nächsten Sequenz geschaffen oder es wird eine starke Abgrenzung der Sequenzen voneinander bewirkt. Im zweiten Fall hilft die Musik dem Zuschauer, Handlungsstränge voneinander zu trennen. Filmmusik kann des Weiteren Einstellungswechsel verdeutlichen (z. B. Point of View Protagonist A – Wechsel zu Point of View Protagonist B).

Expressive Funktion

Die Expressive Funktion ist wohl die uns am meisten bewusste und wichtigste Funktion der Filmmusik. Sie verstärkt und intensiviert unsere Wahrnehmung des Geschehens. Filmmusik hat einen expressiven Charakter, der z. B. im Film gezeigte Gefühle unterstützt und hervorhebt. Sie ist es, die den Zuschauer dazu bewegt, die jeweilige Szene als noch romantischer oder noch trauriger oder noch angestrengter etc. zu empfinden. Es findet durch die Filmmusik eine Intensivierung des Situationserlebens statt. Diese Funktion der Filmmusik spiegelt sich besonders gut wider in den Kompositionstechniken wie Mood-Technik oder Underscoring, welche auch eine bestimmte Stimmung hervorrufen können. Allein über die visuelle Ebene ist beim Rezipienten das vom Filmemacher gewünschte Empfinden nicht zu erreichen. Die Musik hilft dem Rezipienten, Gesehenes auf die gewünschte Weise zu verstehen und zu interpretieren. Nach Nick und Ulner wird Musik eingesetzt, um „die Atmosphäre des Films zu generieren, zu verdichten und den Schauplatz vertiefend zu charakterisieren.“[13]

Dramaturgische Funktion

Die Dramaturgische Funktion lässt sich sehr gut am Beispiel der Motivtechnik belegen und erklären. Filmmusik hat die Aufgabe, Personen zu charakterisieren. Sie verkörpert eine Person allgemein und drückt zugleich die jeweilige Stimmung der Protagonisten aus oder wird stellvertretend für die Person eingespielt, beispielsweise, wenn es thematisch um sie geht oder sie gleich selber auf der visuellen Ebene zu sehen sein wird. Neben den Stimmungen kann sie natürlich auch Spannungen erzeugen, indem sie sich z. B. bedrohlich anhört. Dadurch kann sie Einfluss in die Interpretation des Rezipienten bezüglich der Handlung nehmen. Sie gibt quasi einen Kommentar ab, wie es Kloppenburg (2000) nennt. Durch das, was die Musik ausdrückt, kann ein Eingriff in die gegenwärtige Handlung stattfinden, sie kann den Zuschauer auf Kommandos aufmerksam machen oder auch auf etwas Zurückliegendes verweisen.

Komponisten

Hauptartikel:Filmkomponist

Für den Film komponierten seit der Stummfilmära zahlreiche Komponisten. Eine der ersten Originalmusiken für das junge Lichtspiel (ohne Verwendung von Fremdmusik) schrieb der berühmte französische KomponistCamille Saint-Saëns für einen sogenannten „Kunstfilm“ der Film d’Art-Gesellschaft 1907. Die Besetzung für den etwa zwölfminütigen FilmDie Ermordung des Herzogs von Guise ähnelt jener des damaligen Salonorchesters. Weitere innovative Komponisten der Stummfilmzeit warenGiuseppe Becce,Hans Erdmann,Leo Spies,Ernst Krenek,Wolfgang Zeller,Hugo Riesenfeld. In der deutschen Filmmusik hatten Komponisten wie Hans Erdmann (Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (1921)),Gottfried Huppertz (Die Nibelungen (1924), undMetropolis (1927)) die Technik der Leitmotivik Richard Wagners bereits sehr früh angewandt. Vor allem in der Frühzeit des Tonfilms mit seinen noch nicht standardisierten Produktionsbedingungen gab es neben der dominierenden Mitarbeit von Operetten- und Schlagerkomponisten sowie ehemaligen Kinokapellmeistern (wie z. B. Giuseppe Becce) auch unter den klassisch ausgebildeten jungen Komponisten ein großes Interesse an den neuen künstlerischen Möglichkeiten dieses modernen Mediums. In Frankreich waren es Mitglieder der Gruppe Le Six wieAuric,Milhaud oderHonegger, die künstlerisch anspruchsvolle Partituren für den Film schrieben, in TschechienMartinů. In Deutschland wären vor 1933 Musiker wieKarol Rathaus,Walter Gronostay,Paul Dessau undHanns Eisler zu nennen. Für die sowjetischen Komponisten empfahl sich der Film als ein Medium, Musik für die Massen zu schreiben und so deren Kunstgeschmack zu verbessern. Neben Branchenspezialisten (wie z. B.Nikolaj Krjukow) waren nahezu alle klassischen Musiker, die vor allem Opern, Sinfonien oder Ballette schrieben, auch als Filmkomponisten tätig.Sergei Prokofiev (Alexander Newski) oderDmitri Schostakowitsch (Hamlet,King Lear) waren hierbei die prominentesten Vertreter.

In Großbritannien gelang es dem DirigentenMuir Mathieson ab den 1930er Jahren bekannte Komponisten zum Schreiben von Filmmusik zu bewegen, darunterRichard Addinsell,William Alwyn,Malcolm Arnold,Arthur Bliss,Clifton Parker,Ralph Vaughan Williams undWilliam Walton. Später kamen unter anderemJohn Addison,Ron Goodwin undJohn Scott hinzu.

Während der 1930er-Jahre wurde der spezifische Hollywood-Klang vor allem durch emigrierte europäische Komponisten geprägt. Nicht zuletzt Komponisten aus dem deutschsprachigen Raum (vor allem Deutschland und Österreich) wieMax Steiner (King Kong und die weiße Frau),Bernhard Kaun (Frankenstein),Franz Waxman (Frankensteins Braut) oderErich Wolfgang Korngold (Robin Hood, König der Vagabunden) leisteten wichtige Arbeit bei der Übertragung der wagnerschen Leitmotivtechnik auf die noch junge amerikanische Filmmusik. Herrmann wie Steiner gehören zu den großenGolden Age-Komponisten (Der Schatz der Sierra Madre,King Kong).

Der UngarMiklós Rózsa (Ivanhoe – Der schwarze Ritter,Ben Hur,El Cid) schrieb nach seiner Ausbildung am Konservatorium inLeipzig 1937 seine erste Filmmusik. Komponisten wieElmer Bernstein undMaurice Jarre arbeiteten in bis zu sechs verschiedenen Jahrzehnten in Hollywood. Weitere Vertreter der Zeit von 1945 bis 1965 waren unter anderem der US-AmerikanerAlfred Newman, der deutschstämmigeHugo Friedhofer, der RusseDimitri Tiomkin und der New YorkerBernard Herrmann.

Bekannte Vertreter zeitgenössischer Filmmusik sind unter anderemEnnio Morricone,Lalo Schifrin,John Williams,Howard Shore,Alan Silvestri,James Newton Howard,Danny Elfman,James Horner,Thomas Newman,Hans Zimmer,Rachel Portman,Alexandre Desplat,John Powell oderMichael Giacchino.

Neben Komponistenzeitgenössischer Musik, so etwaMichael Nyman,Philip Glass,John Corigliano,Elliot Goldenthal oderTan Dun, schreiben auch Vertreter der Pop- und Rockmusik zuweilen Filmmusik, darunterDaft Punk,Pink Floyd,Peter Gabriel,Jonny Greenwood,Mike Oldfield,Queen,Toto,Underworld,Vangelis undRick Wakeman.

Siehe auch

Literatur

  • Theodor W. Adorno,Hanns Eisler:Komposition für den Film. In: Th. Adorno:Gesammelten Schriften. Band 15. Mit einem Nachwort von Johannes C. Gall und einerDVD „Hanns Eislers Rockefeller-Filmmusik-Projekt“ im Auftrag der Internationalen Hanns Eisler Gesellschaft hrsg. von Johannes C. Gall. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2006,ISBN 3-518-58461-8.
  • Claudia Bullerjahn:Grundlagen der Wirkung von Filmmusik. Wissner, Augsburg 2001,ISBN 3-89639-230-1.
  • Michel Chion:Audio-Vision. Sound on Screen. Columbia University Press, New York 1994,ISBN 0-231-07899-4.
  • William Darby, Jack Du Bois:American Film Music. Major Composers, Techniques, Trends, 1915–1990. McFarland, Jefferson 1990,ISBN 0-7864-0753-0.
  • Didier C. Deutsch u. a.:Soundtracks – MusicHound. The Essential Album Guide to Film, Television and Stage Music. Visible Ink Press, Detroit/San Francisco/London/Boston/Woodbridge 2000,ISBN 1-57859-101-5.
  • Andreas Dorschel (Hrsg.):Tonspuren. Musik im Film: Fallstudien 1994–2001. Universal Edition, Wien / London / New York 2005,ISBN 3-7024-2885-2 (Studien zur Wertungsforschung 46).
  • Rainer Fabich:Musik für den Stummfilm. Peter Lang, Frankfurt am Main 1993,ISBN 3-631-45391-4.
  • Klaus-Dieter Felsmann:Klang der Zeiten: Musik im DEFA-Spielfilm. Eine Annäherung. Schriftenreihe derDEFA-Stiftung, Bertz + Fischer Verlag, Berlin 2013,ISBN 978-3-86505-402-9.
  • Barbara Flückiger:Sound Design. Die virtuelle Klangwelt des Films. Schüren, Marburg 2007,ISBN 3-89472-506-0.
  • Manuel Gervink und Matthias Bückle (Hrsg.):Lexikon der Filmmusik. Personen – Sachbegriffe zu Theorie und Praxis – Genres. Laaber-Verlag, Laaber 2012,ISBN 978-3-89007-558-7.
  • Josef Kloppenburg (Hrsg.):Musik multimedial. Filmmusik, Videoclip, Fernsehen. Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert. Band 11. Laaber-Verlag, Laaber 2000,ISBN 3-89007-431-6.
  • Josef Kloppenburg (Hrsg.):Das Handbuch der Filmmusik. Geschichte – Ästhetik – Funktionalität. Laaber-Verlag, Laaber 2012,ISBN 978-3-89007-747-5.
  • Anselm C. Kreuzer:Filmmusik – Geschichte und Analyse. Peter Lang, Frankfurt am Main 2001,ISBN 3-631-51150-7.
  • Philipp E. Kümpel:Filmmusik in der Praxis. PPV Medien, Bergkirchen 2008,ISBN 3-937841-70-9.
  • Georg Maas:Filmmusik. Klett, Leipzig/Stuttgart/Düsseldorf 2001–2006,ISBN 3-12-178960-0.
  • Georg Maas, Achim Schudack:Musik und Film – Filmmusik. Informationen und Modelle für die Unterrichtspraxis. Schott, Mainz 1994,ISBN 3-7957-0245-3.
  • Jessica Mertens:Semantische Beschriftung im Film durch „autonome“ Musik. Schott, Osnabrück 2001,ISBN 978-3-923486-35-9.
  • Peter Moormann (Hrsg.):Klassiker der Filmmusik. Reclam, Ditzingen 2009,ISBN 3-15-018621-8
  • Christopher Palmer:The Composer In Hollywood. Marion Boyars, London/New York 1993,ISBN 0-7145-2950-8.
  • Roy M. Prendergast:Film Music. A Neglected Art. A Critical Study Of Music In Films. Second Edition. Norton, New York/London 1992,ISBN 0-393-30874-X.
  • Peter Rabenalt:Filmmusik. Vistas, Berlin 2005,ISBN 3-89158-392-3.
  • Ullrich Rügner:Filmmusik in Deutschland zwischen 1924 und 1934. Georg Olms, Hildesheim 1988,ISBN 3-487-07621-7.
  • Mark Russell, James Young:Filmkünste – Filmmusik. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg 2001,ISBN 3-499-61143-0.
  • Enjott Schneider:Komponieren für Film und Fernsehen. Schott Musik International, Mainz 1997,ISBN 3-7957-8708-4.
  • Kurt Stromen:Die Ästhetisierung des Films. Filmmusik – Kunst muss schön sein. Rowohlt Taschenbuch, Darmstadt 2005,ISBN 3-494-01379-9.
  • Wolfgang Thiel:Filmmusik in Geschichte und Gegenwart. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1981.
  • Tony Thomas u. a.:Filmmusik. Die großen Filmkomponisten – ihre Kunst und ihre Technik. (Film Score). Heyne, München 1996,ISBN 3-453-09007-1.
  • Konrad Vogelsang:Filmmusik im Dritten Reich. Centaurus, Pfaffenweiler 1993,ISBN 3-89085-800-7.
  • Jürgen Wölfer, Roland Löper:Das große Lexikon der Filmkomponisten. Die Magier der cineastischen Akustik. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2003,ISBN 3-89602-296-2.
  • Ulrich Wünschel:Sergej Prokofjews Filmmusik zu Sergej Eisensteins ALEXANDER NEWSKI. Wolke, Hofheim 2006,ISBN 3-936000-63-8.

Online-Tutorials (Skripte, E-Books, Abstracts, Essays):

Weblinks

Wiktionary: Filmmusik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Hans Emons:Film – Musik – Moderne: Zur Geschichte einer wechselhaften Beziehung. Frank & Timme GmbH, 2014,ISBN 978-3-7329-0050-3,S. 180 (google.com [abgerufen am 9. Dezember 2014]). 
  2. abcFilmmusik (Memento vom 13. Oktober 2013 imInternet Archive). Kolloquium „Filmanalyse“ derUniversität Potsdam, 2004.
  3. Hans Christian Schmidt:„Spiel mir das Lied …“. Ein Überblick zur Filmmusik zum Kennenlernen und Gefallenfinden. In:Universitas. Zeitschrift für Wissenschaft, Kunst und Literatur 43 (1988). S. 408.
  4. H. C. Schmidt:„Spiel mir das Lied …“. S. 409.
  5. Kreuzer 2001: S. 20
  6. Die Geschichte der Filmmusik. (Memento vom 17. Oktober 2011 imInternet Archive; PDF; 89 kB) klassikradio.de
  7. Robert E. Benson:A four-decade friendship with Charles Gerhardt (Memento desOriginals vom 5. Januar 2007 imInternet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.classicalcdreview.com; abgerufen am 15. Dezember 2008
  8. abJosef Kloppenburg (Hrsg.):Musik multimedial. Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert. Band 11. Laaber-Verlag, Laaber 2000,ISBN 3-89007-420-0, S. 42 f.
  9. Elena Romana Gasenzer:Briefe aus meinem Musikzimmer. epubli, 2013,ISBN 978-3-8442-2994-3, S. 133.eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  10. abcHansjörg Pauli:Filmmusik – Ein historisch-kritischer Abriß. In: H.-Chr. Schmidt (Hrsg.):Musik in den Massenmedien Rundfunk und Fernsehen. Perspektiven und Materialien. Schott, Mainz 1976, S. 91–119.ISBN 3-7957-2611-5
  11. Marina Ostwald, Claudia Ziegenfuß:Kompositionstechniken und Funktionen. (Memento desOriginals vom 17. Januar 2018 imInternet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/server4.medienkomm.uni-halle.deMartin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medien, Kommunikation & Sport, 24. November 2004.
  12. Filmmusik. Stil – Technik –Verfahren – Funktionen. In: Josef Kloppenburg (Hrsg.):Musik multimedial. Laaber, 2000, S. 21–56.
  13. Edmund Nick, Martin Ulner:Filmmusik. In: Friedrich Blume (Hrsg.):Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Band 4. Kassel/Basel 1955.
Normdaten (Sachbegriff):GND:4017129-2(lobid,OGND,AKS) |LCCN:sh85088056 |NDL:00561783
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