Fibrinolyse (Fibrinspaltung) ist die Bezeichnung für die körpereigene Auflösung eines Blutgerinnsels (Thrombus) durch dasEnzymPlasmin. Dabei spaltet Plasmin dieFibrinpolymere, welche den Thrombus zusammenhalten, in kleine Fibrinabbauprodukte und der Thrombus zerfällt.
Als wichtiger Teilaspekt derHämostase (Blutgerinnung) unterliegt die Fibrinolyse einer aufwendigen Regulierung durch gegenläufige biochemische Prozesse (Aktivierung, Inhibition der Aktivierung, Inaktivierung), um das physiologische Optimum zwischen den beiden unvorteilhaften ExtremenBlutung undThrombose zu erreichen.
Die Aktivierung der Fibrinolyse ist weit weniger komplex als die Aktivierungskaskade der Blutgerinnung und beinhaltet im Wesentlichen lediglich die Umwandlung (Aktivierung) des inaktiven VorläuferproteinsPlasminogen in die aktiveSerinprotease Plasmin. Die Fibrinolyse wird bereits gleichzeitig mit der Blutgerinnung aktiviert, setzt aber langsamer ein, was zur Regulation der Hämostase beiträgt.
Bei der Plasminogenaktivierung unterscheidet man zwischen der physiologischen Aktivierung durch körpereigene Aktivatoren sowie der nichtphysiologischen Aktivierung durch körperfremde Substanzen.
Es gibt zwei körpereigene Aktivatoren, dengewebespezifischen Plasminogenaktivator (tPA) und dieUrokinase (uPA). Die wichtigsten nichtphysiologischen Aktivatoren von Plasminogen sindStaphylokinase ausStaphylokokken undStreptokinase ausStreptokokken. Die beiden körpereigenen Aktivatoren sind ebenfallsProteasen, während die körperfremden Aktivatoren selber keine enzymatische Aktivität besitzen, sondern mit Plasminogen oder Plasmin einen Komplex bilden, welcher dann Plasminogen aktiviert.
Alle Aktivatoren können auch therapeutisch zurThrombolyse (Auflösung von Thromben) eingesetzt werden. Insbesondere werden gentechnisch hergestellter (rekombinanter) gewebespezifischer Plasminogenaktivator (rtPA,Alteplase) und Urokinase verwendet.
Bis jetzt konnten 4 verschiedeneInhibitoren von Plasminogenaktivatoren identifiziert werden, welche alle zu der Familie derSerpine gehören und als PAI-1 bis PAI-4 (Plasminogenaktivator Inhibitor) bezeichnet werden. Wichtigster Inhibitor ist PAI-1, welcher in normalemBlut sowohl den gewebespezifischen Plasminogenaktivator als auch Urokinase hemmt. PAI-1 ist ein 52000Dalton großesGlykoprotein, welches von denEndothelzellen hergestellt wird. Die Hemmung durch PAI-1 folgt dem allgemeinenReaktionsmechanismus der Serpine.Der größte Teil des PAI-1 (etwa 90 % des gesamten PAI-1 des Blutes) wird von denThrombozyten gespeichert. Werden die Thrombozyten aktiviert, setzen sie die PAI-1-Moleküle frei und sorgen so für eine stark erhöhte Konzentration von PAI-1 am Ort der Thrombusbildung, was die Stabilität des Thrombus gegenüber der Fibrinolyse erhöht.
Ist einmal aktives Plasmin entstanden, so bindet dieses an dasFibrin und spaltet die vernetzten Fibrinpolymere in lösliche Fibrinabbauprodukte (FDP, engl. fibrin degradation products). DieAminosäureketten von Fibrin enthalten diverse plasminsensitive Schnittstellen und es entstehen dabei verschiedene Abbauprodukte mit unterschiedlicher Struktur und Masse. Die löslichen Fibrinabbauprodukte werden durch die Blutzirkulation abtransportiert und anschließend aus dem Blutstrom entfernt.
Die Hemmung der Fibrinolyse beruht, nebst der Hemmung der Fibrinolyseaktivierung, hauptsächlich auf der Hemmung des aktiven Plasmins. Wichtigster Hemmer von Plasmin ist dasEnzymalpha-2-Plasmininhibitor (Antiplasmin). ImBlutplasma wird Plasmin praktisch sofort durch den alpha-2-Plasmininhibitor gehemmt und unschädlich gemacht, wogegen fibringebundenes Plasmin gegenüber dem alpha-2-Plasmininhibitor besser geschützt ist und eine viel längereHalbwertszeit hat. Während derBlutgerinnung wird aber der alpha-2-Plasmininhibitor durch das Enzym Faktor XIII an die Fibrinpolymere des Thrombus quervernetzt, wodurch der Thrombus gegenüber der Auflösung durch die Fibrinolyse stabilisiert wird. Zudem können auch Thrombozyten auf ihrer Oberfläche einekatalytische Umgebung bereitstellen, welche die Quervernetzung des alpha-2-Plasmininhibitors an den Thrombus ohne Einwirkung von Faktor XIII ermöglicht.Ein weiterer Inhibitor von Plasmin istMakroglobulin.
Künstliche Hemmer des Plasmin bzw. Plasminogen sind dieε-Aminocarbonsäurenε-Aminocapronsäure,para-Aminomethylbenzoesäure (PAMBA) undTranexamsäure. Alle diese Stoffe besitzen eine ähnliche räumliche Anordnung der beidenFunktionellen GruppenAmino- undCarboxygruppe wie dasLysin. Sie binden an den Lysinbindungsplatz des Plasmin, das damit inaktiviert wird.[1] AlsArzneistoffe zählen die ε-Aminocarbonsäuren daher zur Gruppe derAntifibrinolytika.
Die entstandenen Fibrinabbauprodukte (FDP) hemmenThrombin und verlangsamen damit die Umwandlung vonFibrinogen in Fibrin (verlangsamen also die Gerinnselbildung). Bei Patienten mit einer aktiven Fibrinolyse kann dieser Effekt mittels der TCT (Thrombin Clotting time) nachgewiesen werden. Gleichzeitige Heparintherapie beeinflusst allerdings die TCT und macht diesen Test damit unbrauchbar. FDPs hemmen außerdem die Thrombozytenfunktion.
D-Dimer, ein spezifisches FDP, kann mithilfe eines immunologischen Tests nachgewiesen werden. Damit kann das Bestehen einer Fibrinolyse erkannt werden. Ein weiterer Test zum Nachweis einer Fibrinolyse ist der Euglobulin Lyse Test (ELT).
Mit Thromboelastometrie (TEM) kann ein sehr rascher Nachweis einer bestehenden Fibrinolyse, insbesondere eine Hyperfibrinolyse, sogar bei heparinisierten Patienten durchgeführt werden.