DasEuropean Center for Constitutional and Human Rights e. V. (ECCHR; deutschEuropäisches Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte) ist eine alsVerein organisierte,gemeinnützige und unabhängigeMenschenrechtsorganisation, die sich mit juristischen Mitteln dafür einsetzt, dass die Verantwortlichen von Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden. Gegründet wurde das ECCHR 2007 von dem Berliner RechtsanwaltWolfgang Kaleck, unterstützt von einer Gruppe internationalerRechtsanwälte.
Ziel des ECCHR ist es, dieMenschenrechte, die in derAllgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie anderenMenschenrechtsdeklarationen undVerfassungen garantiert werden, mit juristischen Mitteln zu schützen und durchzusetzen.[1] Anstoß für die Gründung des ECCHR war die Einschätzung, dass die Verantwortlichen für schwere Menschenrechtsverletzungen oft über Grenzen hinweg auf internationalem Terrain operieren.
Das ECCHR hat seinen Sitz in Berlin. Es ist beimAmtsgericht Charlottenburg registriert und beim zuständigen Finanzamt für Körperschaften als gemeinnütziger Verein anerkannt.
Das ECCHR initiiert, führt und unterstützt juristische Verfahren als strategisches Mittel, um staatliche und nichtstaatliche Akteure für schwerwiegende Verletzungen von Menschenrechten zur Verantwortung zu ziehen. Es konzentriert sich dabei auf Fälle, bei denen vor allem europäisches und internationales Recht angewendet werden kann und die geeignet sind, alsPräzedenzfälle den Schutz von Menschenrechten in Europa und in der Welt voranzubringen. Das ECCHR beteiligt sich am wissenschaftlichen Diskurs und stellt auch eigene Ermittlungen an. Darüber hinaus hilft das ECCHR bei der Koordinierung und Entwicklung von Prozess- und Verteidigungsstrategien.[2]
Die Arbeit des ECCHR konzentriert sich auf drei Bereiche: Völkerstraftaten und rechtliche Verantwortung[3], Migration[4], sowie Wirtschaft und Menschenrechte.[5]
Die Aktivisten waren im März 2019 an der Gründung einer sogenannten „Wahrheitskommission“ beteiligt, die die Aufarbeitung desVölkermords an den Herero und Nama zwischen 1904 und 1908 aufarbeiten soll.[13]
Das ECCHR initiiert und unterstützt beispielhafte justizielle Verfahren, um staatliche und nicht-staatliche Akteure für die von ihnen begangenen Menschenrechtsverletzungen verantwortlich zu machen. Es konzentriert sich dabei auf ausgewählte Fallbeispiele, die geeignet sind, alsPräzedenzfälle den Menschenrechtsschutz in Europa und in der Welt voranzubringen. Das ECCHR kooperiert dabei weltweit mit Anwälten und Organisationen. So unterstützte das ECCHR etwa die Klage vonKhaled al-Masri gegen die Bundesrepublik Deutschland[21] sowie die Strafanzeigen in Deutschland gegen den ehemaligen US-VerteidigungsministerDonald Rumsfeld[22] und den früherenUS-PräsidentenGeorge Bush[23]. Mit dem Vorwurf der Folter mitWaterboarding wurde 2017 die stellvertretendeCIA-DirektorinGina Haspel angeklagt und ein internationaler Haftbefehl beantragt.[24]
Aktuelle Fälle der Organisation beschäftigen sich zum Beispiel mit einer Klage gegen den TextilfabrikantenKiK,[25] der Verantwortung europäischer Waffenzulieferer für den Krieg im Jemen[26], illegalen Push-Backs an den spanischen Grenzen zu Marokko[27] und der Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen in derColonia Dignidad.[28]
Im Jahr 2021 gründete ECCHR gemeinsam mit der RechercheorganisationForensic Architecture ein Recherchezentrum namensInvestigative Commons in Berlin.[30]
Das ECCHR will durch Öffentlichkeitsarbeit einen Beitrag zur Diskussion um den Schutz der Menschenrechte und ihrer Fortentwicklung leisten. Dazu werden Konferenzen und andere öffentliche Veranstaltungen organisiert und eigene Publikationen und Internet-Angebote herausgegeben. Das ECCHR bietet zudem Veranstaltungen und Workshops für Anwälte, Juristen und Studierende an. Außerdem bietet das ECCHR ein Trainee-Programm an, wodurch Referendaren und jungen Anwälten die Möglichkeit geboten wird einen Einblick in die Arbeit der Organisation zu bekommen und gemeinsam mit ECCHR-Mitarbeitern an Fällen und Verfahren zu arbeiten. 2013 wurde zusätzlich das ProgrammBertha Global Exchange ins Leben gerufen, das es erlaubt, Kollegen „von internationalen Partnerorganisationen […] für einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten zu einem intensiven Erfahrungsaustausch nach Berlin“ einzuladen. „Ziel des Global Exchange ist das gemeinsame Lernen und das Entwickeln von transnationaler juristischer Arbeit“.[31]
Carolijn Terwindt und Christian Schliemann:Tricky Business: Space for Civil Society in Natural Resource Struggles, Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.), Berlin 2017[32]
Andreas Schüller:Litigating Drone Strikes: Challenging the Global Network of Remote Killing, Berlin 2017[33]
ECCHR:CIA – »Extraordinary Rendition« Flights, Torture and Accountability – A European Approach, Berlin 2009 (2. Auflage),ISBN 978-3-00-026794-9
Wolfgang Kaleck und Miriam Saage-Maaß:Transnationale Unternehmen vor Gericht. Über die Gefährdung der Menschenrechte durch europäische Firmen in Lateinamerika, Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 2008,ISBN 978-3-927760-78-3
Wolfgang Kaleck und Miriam Saage-Maaß:Unternehmen vor Gericht: Globale Kämpfe für Menschenrechte. Wagenbach, Berlin 2016,ISBN 978-3-8031-2748-8
Das ECCHR veröffentlicht einenJahresbericht und mehrmals im JahrNewsletter in deutscher und englischer Sprache.
Lebensgeschichtliches Interview mit Wolfgang Kaleck vom 15. Oktober 2013, in: Quellen zur Geschichte der Menschenrechte, herausgegeben vom Arbeitskreis Menschenrechte im 20. Jahrhundert.
↑Themen. In: ecchr.eu. Abgerufen am 12. April 2019.
↑10 Jahre ECCHR – Menschenrechte mit juristischen Mitteln durchsetzen. ECCHR, 2018, Kapitel II. – Gerhard Werle, Baher Azmy, Manfred Nowak, Bernhard Docke, Anwar al-Bunni, Ben Wizner, Susann Aboueldahab:Völkerstraftaten und rechtliche Verantwortung,S.38–51 (ecchr.eu [PDF;2,0MB; abgerufen am 23. Oktober 2019]).