Dieser Artikel behandelt die Sammelbezeichnung. Zur Ausrüstung sieheEssgeschirr (Militär).
Gedeckter Esstisch für fünf Personen, dem Lebensstil einer gutbürgerlichen, friesischen Familie um 1900 nachempfunden
Essgeschirr (auch nurGeschirr) ist die Sammelbezeichnung für Gebrauchsgegenstände, in denen Mahlzeiten serviert werden, vor allemTeller,Tassen undSchüsseln, daher auch die BezeichnungService für dem Zweck und dem Material nach zusammengehörendes Essgeschirr.[1] Man unterscheidet beim Essgeschirr grundsätzlich in Tafelservice, Kaffeeservice und Teeservice.[2][3] DasEssbesteck und die Trinkgläser zählen nicht zumGeschirr.[2]
Essgeschirr kann aus verschiedenen Materialien gefertigt sein, heute sind vor allemPorzellan,Steinzeug,Steingut,Kunststoff, Holz undGlas üblich. Bei Naturvölkern finden und fanden auch Elfenbein und Horn, Geflechte aus Schilf, Palmblättern etc. Verwendung, sowie halbierte große Nuss-Schalen (z. B.Kokosnuss) oder Eier von großen Vögeln. In den Industriestaaten sind diese Materialien für Geschirr eher exotisch. Daneben wird heute z. B. für den Verzehr unterwegs auchEinweggeschirr aus Pappe, Aluminium, Kunststoff oder aufgeschäumtem Kunststoff verwendet, teilweise auch aus verzehrbaren (z. B.Waffeln) oder kompostierbaren, natürlichen Materialien wie Holz oder Blättern.
Trinkgefäße, Krüge und Schüsseln sind bereits in der Frühzeit der Menschheit verwendet worden.Teller in der heutigen Form mit einer Vertiefung in der Mitte werden in Europa dagegen erst seit dem 16. Jahrhundert benutzt, und zwar zunächst nur an adligen Höfen. Auch derAdel benutzte vorher als Unterlage für Speisen flache Essbrettchen aus Holz oder Platten ausZinn. Aus den Schriften desErasmus von Rotterdam geht hervor, dass sich auch in vornehmen Häusern meistens zwei Esser eine Speiseunterlage und auch das Trinkgefäß teilten.
Die Trinkbecher waren bis in die Neuzeit hinein meist aus Metall. Gegen Ende des Mittelalters bestand das gehobene Tafelgeschirr aus Servierplatten aus Zinn oder Silber, Essbrettchen, Gewürzbehältern und Trinkbechern. Das einfache Volk besaß oft auch keine Essbretter, sondern verwendete Brotscheiben als Speiseunterlage oder aß direkt aus dem Kochtopf oder einer gemeinsamen Schüssel. Heutzutage ist auch Geschirr aus Zuckerrohr und Palmblatt verbreitet und auch im Alltag wie gewohnt einsetzbar, da es sowohl ofen- als auch mikrowellengeeignet ist.
Die in Europa damals neuen HeißgetränkeTee,Kaffee undSchokolade machten die Einführung anderer Trinkgefäße notwendig, denn die vorher üblichen Metallgefäße erwiesen sich als ungeeignet. Zum einen verfälschten sie den Geschmack, zum anderen konnte man sich durch die Wärmeleitung leicht den Mund und die Finger verbrennen. Daher wurden von den Adelshäusern aus China Trinkschalen ausPorzellan importiert, wie sie dort bereits benutzt wurden. Sie hatten keine Henkel und wurden auchKoppchen genannt. Da man sich auch daran die Finger verbrennen konnte, kamen in EuropaTassen mit Henkel auf, wobei sich im Laufe der Zeit unterschiedliche Formen für Tee, Kaffee und Schokolade entwickelten. 1708 entstand in Deutschland die erste eigene Fabrikationsstätte inMeißen, so dass man von China unabhängig wurde.
Schon im 18. Jahrhundert kamen zu den Tassen dieUntertassen hinzu, die nicht nur „Unterteller“ waren, denn es war zu dieser Zeit in allen Schichten üblich, den heißen Kaffee aus der Untertasse zu trinken, damit er schneller abkühlte. Etwa zeitgleich mit den Tassen kamen auch dieKaffeekannen auf, die zunächst meist aus Metall hergestellt wurden, ausSilber,Zinn undMessing, auf dem Land auch aus emailliertemBlech. Diese Kannen konnten auf dem Herd warm gehalten werden. Adel und Bürgertum führten bald die Kanne aus Porzellan ein, die auf denKaffeetisch gestellt wurde. Für den Alltag wurden im 18. Jahrhundert beheizbare Metallkannen entwickelt, die teilweise alsKaffeemaschine bezeichnet wurden. In Norddeutschland hießen sie auchKranenkanne, da sie keine Ausgusstülle hatten, sondern kleine Hähne (Krane) oberhalb des Bodens. Zum Warmhalten wurden Metallgefäße mit glimmenden Kohlen darunter gestellt, ab 1900 gab es auch Modelle, die elektrisch betrieben wurden.
Das kompletteKaffeeservice bestand neben Kanne und Tassen noch ausMilchgießer undZuckerdose. Arbeiter- und Bauernfamilien besaßen bis ins 20. Jahrhundert hinein dagegen kein besonderes Kaffeegeschirr.
Ein komplettes Teeservice bestand neben den auch beim Kaffeeservice genutzten Teilen Kanne, Tassen, Untertassen, Milchgießer und Zuckerdose auch aus derSpülkumme und der Teeurne.
Kombiservice (Speise- und Kaffeeservice) für vier Personen
Ein komplettes Tafelgeschirr für mehrere Personen ist ein Satz zusammengehörender Geschirrteile mit einheitlicher Form und gleichen Mustern (Dekor). Es wird auchdas Service genannt ([zɛʁˈviːs] bzw. [sɛʁˈviːs]), eigentlich französisch fürDienstleistung.[1] Nach dem Hauptverwendungszweck werden unter anderemTafel-, Kaffee-,Tee- oderKombiservice unterschieden. Ursprünglich wurde einService nur zu festlichen Anlässen verwendet und war meist den reichen Oberschichten vorbehalten.[1] Nach dem Material unterscheidet man in Silber- oder Goldservice, die nur den Fürsten in deren Palästen zur Verfügung standen, während Porzellan- und Fayanceservice den reichen Bürgern, und Zinnservice bei den Handwerkern und in den Gasthäusern vergangener Jahrhunderte üblich war.[3]
Mit der Industrialisierung fand das Tafelgeschirr auch in bürgerliche Kreise Einzug und gehörte im 20. Jahrhundert zur Ausstattung der meisten Familienhaushalte in den industrialisierten Ländern. Im Handel erhältliche Sets enthalten meist komplette Gedecke für 2, 4, 6, 12 oder Vielfache von 12 Personen.
EinTeeservice enthält Teetassen, bestehend aus Ober- und Untertasse, eine Teekanne mitStövchen sowieMilchkännchen undZuckerdose oder -streuer, die ggf. auf einer gemeinsamen Platte stehen. Als inklusives oder optionales Zubehör gibt es mitunterTeebeutelteller[4].
EinKaffeeservice enthält neben Kaffeetassen, Kaffeekanne, Milchkännchen[3] auchKuchenteller.
Die Bestandteile einesMokkaservices ähneln dem Kaffeeservice, es hat aber kleinere Tassen. Daneben kann es in einer Kollektion auch weitere spezielle Tassen undBecher mit und ohne Henkel geben, die nicht als eigenes Service angeboten werden, z. B.Bols.ImFrühstücksservice ist mindestens eine Art von Tassen, meist mit passender Kanne, enthalten, danebenBrot- oderFrühstücksteller, selten-brettchen, und häufigEierbecher sowie manchmalMüslischalen und eineButterdose. Zubehör wie Honig- und Marmeladentöpfe oder Pfeffer- und Salzstreuer gehören selten zum Service.
Kompaktes Essgeschirr fürMilitär,Camping oderPicknick verbreitete sich im 20. Jahrhundert. DerHenkelmann war in den 1950er und 1960er Jahren ein verbreitetes, zusammensteckbares und tragbares Essgeschirr für Arbeiter, das gleichzeitig zur Aufbewahrung der Speisen diente, ebenso wie dieThermoskanne für Heißgetränke.
So genannteReiseservices gab es jedoch schon seit dem 17. Jahrhundert. Adlige führten auf Reisen bis ins 19. Jahrhundert hinein stets ihr eigenes Geschirr und Besteck in speziellen Koffern mit sich, da es in den Gasthäusern kein edles Geschirr gab und die Benutzung nicht standesgemäßer Teller, Trinkgefäße und Bestecke generell nicht in Frage kam. Einige dieser Koffer enthielten Tafelgeschirr für bis zu zwölf Personen. Enthalten waren auch diverse Utensilien wieEierbecher, Gewürzgefäße, Schüsseln und Servierplatten. Besonders edle Reiseausstattungen dienten jedoch auch der reinen Repräsentation und waren Geschenke der Fürsten untereinander. Reisebecher sind daran zu erkennen, dass sie einen Deckel hatten.
↑abcDuden – Das Herkunftswörterbuch: Etymologie der deutschen Sprache. Duden, 2020,ISBN 978-3-411-91291-9,S.59.
↑abRita Richter:Kreativ Kochen lernen Modul C - Service & Gästebetreuung. 4. Auflage. Europa-Lehrmittel, 2023,ISBN 978-3-7585-6274-7,S.23–28.
↑abcdJohann Georg Krünitz:Oekonomische Encyklopädie, oder, Allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirthschaft: in alphabetischer Ordnung. J. Pauli, 1830,S.365.
↑Claus Schünemann:Lernfelder der Bäckerei und Konditorei - Verkauf. Hauptband. Gildebuchverlag GmbH, 2011,ISBN 978-3-7734-0170-0,S.505.