Ernst Mach


Ernst Waldfried Josef Wenzel Mach[1] (*18. Februar1838 inChirlitz beiBrünn,Kaisertum Österreich; † 19. Februar1916 inVaterstetten,Königreich Bayern) war einösterreichischerPhysiker,Sinnesphysiologe,Philosoph undWissenschaftstheoretiker sowie ein Pionier der gerade entstehendenWissenschaftsgeschichte. Nach Ernst Mach ist dieMach-Zahl benannt, welche dieGeschwindigkeit im Verhältnis zurSchallgeschwindigkeit beschreibt.
Durch Experimente belegte Mach den zu dieser Zeit noch umstrittenenDoppler-Effekt. Neben Problemen in der Physik und deren Lösungen beschäftigte er sich auch mit Fragen derPhilosophie. Er gilt als einer der einflussreichsten Vertreter oder Mitbegründer desEmpiriokritizismus. In der Sinnesphysiologie machte er wichtige Experimente zumGleichgewichtssinn des Menschen, zu Reizschwellen und zu optischen Täuschungen (Machsche Streifen). In derPsychologie wurde er ein Wegbereiter derGestaltpsychologie bzw.Gestalttheorie.
Leben und Werk
Herkunft und Ausbildung
Ernst Mach, 1838 in Chirlitz bei Brünn geboren und in Turas (Tuřany) getauft, gehörte einerdeutschmährischen Familie an. Auch seine Mutter Josepha Lanhaus (1813–1869) und seine Schwester Octavia stammten aus Chirlitz. Sein Vater Johann Mach (1805–1879) war Hauslehrer und verdiente nach dem Erwerb eines Gutshofes inUntersiebenbrunn das Einkommen der Familie als Bauer.[2] Weitere Vorfahren der väterlichen Linie waren Kleinbauern und Weber, vermutlich bis 1848 inErbuntertänigkeit. Die Linie der Mutter bestand aus Kirchenbeamten, Ärzten, Anwälten und Offizieren.[3]
Die Schulbildung von Ernst Mach bestand bis zum 15. Lebensjahr im Wesentlichen aus dem Unterricht durch seine Eltern. In seinen ersten zehn Lebensjahren wurde Mach ausschließlich von seinem Vater unterrichtet. Nachdem er 1848 für ein Jahr dasStiftsgymnasium Seitenstetten besucht hatte, ging er nochmals bei seinem Vater in die Schule, der ihn gleichzeitig in der Landarbeit unterwies. Zu dieser Zeit absolvierte er auch eine Lehre als Kunsttischler.[4] Dadurch wollte sich Mach auf eine geplante Auswanderung nach Nordamerika vorbereiten. Er übte dieses Handwerk jedoch nie aus. Im Selbststudium eignete er sich naturwissenschaftliche Kenntnisse an.[2] 1853 ging er zurück nach Mähren und trat in die 6. Klasse desPiaristen-Gymnasiums inKremsier ein. Dort erlangte er nach zwei Jahren dieMatura. Ab 1855 studierte erPhilosophie,Mathematik undPhysik beiAndreas von Ettingshausen undAugust Kunzek[5] an derUniversität Wien; er schloss 1859/60 mit einerDissertation „Über elektrische Ladungen und Induktion“ bei Ettingshausen als Doktor der Philosophie ab.[3]
Familie
Am 1. August 1867 heiratete Ernst Mach in Graz die sieben Jahre jüngere Vollwaise Ludovica Aloisia Carolina Marussig,[6] mit der er fünf Kinder hatte:[7]
- Ludwig Mach (* 1868 in Prag, † 1951 in Vaterstetten bei München, als Arzt und Physiker langjähriger Mitarbeiter seines Vaters);
- Caroline Mach (1873–1965), zog zu ihrem Sohn in die USA;
- Heinrich Mach (1874–1894, studierte Chemie);
- Felix Johann Mach (* 1879 in Prag, † 1933 inPietzing,Landkreis Rosenheim, akademischer Maler) und
- Viktor Mach (* 1881 in Prag, † 1940 inKirchseeon,Landkreis Ebersberg, Feinmechaniker).
Akademische Laufbahn
1861 habilitierte sich Ernst Mach an der Universität Wien und lehrte dort anschließend alsPrivatdozent ohne Besoldung.[3] Als er sich um dieProfessur seines erkranktenDoktorvaters in Wien bewarb, wurde ihm diese jedoch nicht zugesprochen. Daraufhin nahm Mach 1864 einen Ruf als Mathematikprofessor an derUniversität Graz an, während er sich dabei immer wieder am Gutshof der mittlerweile nach Veliki Slatnik beiNovo Mesto in derUnterkrain im heutigenSlowenien gezogenen Eltern aufhielt,[8] wo sein Vater eineSeidenraupenzucht betrieb.[9] Er lehrte in Graz bis Sommer 1867; ab 1866 alsOrdinarius für Physik.
Zum Wintersemester 1867/68 erreichte Ernst Mach der Ruf derKarl-Ferdinands-Universität inPrag, wo er zugleich auch Direktor des physikalischen Instituts wurde. 1872/73 wurde er Dekan der Philosophischen Fakultät und in den Jahren 1879/80 sowie 1883/84 Rektor der Universität. In diese Zeit fiel die sprachliche Teilung derKarls-Universität Prag (1882), in deren Umfeld der Deutschmährer Mach eine liberale Haltung einnahm. In Prag entstanden seine klassischen Arbeiten auf dem Gebiet der Physik, der Sinnenpsychologie, der historisch kritischen Arbeiten und die Formulierungen einer Erkenntnislehre. Er wird oft als Mitbegründer des modernenPositivismus und Wegbereiter desEmpiriokritizismus bezeichnet. Ernst Mach wirkte bis 1895 an der Universität Prag.[10][3]
Er pflegte einen freundschaftlichen Briefwechsel mit dem tschechischen PhysikerAugust Seydler (1849–1891). Machs politische Einstellung und charakterlicheMentalität verzögerten seine Berufung an dieUniversität Wien auf die neugeschaffene Professur für „Philosophie, insbesondere Geschichte der induktiven Wissenschaften“ um einige Jahre. Diese Professur trat Mach 1895 an. Er war dort bis zu seinem Schlaganfall 1898 tätig, 1901 trat er in den Ruhestand.[10][3]
Politische Einstellung
Wie sich schon in den Auseinandersetzungen um die Teilung der Karls-Universität Prag in einen tschechischen und deutschen Sprachzweig zeigte, hatte Mach von seinem Elternhaus eine tief liberale und demHumanismus zuneigende Einstellung übernommen. Angesichts dieses Konflikts konstatierte Mach „eine bedauerliche Borniertheit und einen furchtbaren Rückschritt durch die Nationalitätsidee“.[11] Später wandte er sich, unüblich für seinen Stand als Universitätslehrer, derSozialdemokratie zu. Möglicherweise hat sein liberal geprägtes Elternhaus dazu beigetragen. Sein Werk wurde, insbesondere die Erkenntnistheorie, in Russland nicht unvoreingenommen rezipiert, weil einige von Machs Anhängern politische GegnerLenins waren.[12][13]
Ernst Mach war mitVictor Adler, dem Vorsitzenden derösterreichischen Sozialdemokraten, befreundet. Den Ausgang der österreichischenParlamentswahlen im Jahre 1897 kommentierte er so: „Die Wiener haben wie die Trottel gewählt. Überall haben die Pfaffen gegen die Sozialdemokraten gewonnen.“[14] Ihm wurde eine zumAtheismus oderAgnostizismus tendierende Geisteshaltung nachgesagt.
Lebensabend

Nach einem Schlaganfall im Sommer 1898 ließ Machs Kraft allmählich nach.[15] 1913 zog er zu seinem ältesten Sohn, dem ErfinderLudwig Mach, nachVaterstetten beiMünchen. Dort starb er am 19. Februar 1916.
In einem Nachruf fassteAlbert Einstein 1916 in derPhysikalischen Zeitschrift Machs Bedeutung zusammen:[16]
„Mach war seiner geistigen Entwicklung nach nicht ein Philosoph, der sich die Naturwissenschaften als Objekt seiner Spekulationen wählte, sondern ein vielseitig interessierter, emsiger Naturforscher, dem die Erforschung auch abseits vom Brennpunkte des allgemeinen Interesses gelegener Detailfragen sichtlich Vergnügen machte.“
Die Urne von Ernst Mach wurde auf Wunsch der Hinterbliebenen in einem Sammelgrab auf dem MünchnerNordfriedhof beigesetzt.[18] In seinem Gedenkstein zwischen den südlichen und nördlichen Arkaden, beim Gräberfeld 94, befindet sich die Asche seines Sohnes Ludwig.[19]
Nachlass
Ein Großteil des wissenschaftlichen Nachlasses von Ernst Mach wird imArchiv des Deutschen Museums in München verwahrt. Dazu gehören Korrespondenzen und Publikationen sowie 53 Notizbücher und 942 Fotoplatten mit Aufzeichnungen physikalischer Experimente, die 1998 vom Freiburger Ernst-Mach-Institut demDeutschen Museum übergeben wurden.Ein Teilnachlass aus dem Besitz von Ludwig Mach befindet sich im Philosophischen Archiv derUniversität Konstanz.[20]
Wissenschaftliche Leistungen
Mach behandelte bereits 1872 in seinem FrühwerkDie Geschichte und die Wurzel des Satzes von der Erhaltung der Arbeit alle wichtigen Themen, die sein wissenschaftliches Programm ausmachten:[4]
- Bedeutung und Funktion wissenschaftlicher Theorien
- Erkenntnistheoretische Bedeutung von Physiologie und Sinnespsychologie für die Naturwissenschaften
- Prinzip der Denkökonomie
- Unzulänglichkeiten der Newtonschen Mechanik
- Kritik an Atomtheorie, klassischer Kausalität, an einem physikalischen Reduktionismus, insbesondere dem Mechanismus
- Kritik amMaterialismus
- Kritik an „metaphysischen Spekulationen“
- Methode der historischen Analyse
Die meisten seiner Werke entstanden in seiner Prager Zeit, darunter seine bedeutendsten Werke zurPhysik und zurSinnesphysiologie. Zu seinen Lehrern auf dem Gebiet der „physikalischen Physiologie“ gehörte der MedizinerCarl Ludwig.[21] In Prag begann Mach, sich mit Fragen derErkenntnistheorie und der Geschichte der Physik zu beschäftigen. Wichtige Forschungsgebiete Machs waren:
Dopplereffekt
Direkt nach seinem Studium bestätigte Mach 1860 denDopplereffekt experimentell[22] und beendete damit die Debatte um die Richtigkeit der Theorie. Dadurch legte Mach die Grundlagen für den Nachweis desoptischen Dopplereffekts.[23] In diesem Zusammenhang schlug er dem Mitbegründer der Spektralanalyse,Gustav Robert Kirchhoff, brieflich vor, auch die Relativbewegung von Fixsternen spektroskopisch zu bestimmen. Er wandte sich auf diesem Wege an Kirchhoff, weil es ihm unmöglich erschien, für diese Idee „in Wien Unterstützung zu finden, um sie selbst auszuführen“.[24] Allerdings versickerten diese Bemühungen und wurden erst Jahrzehnte später vonEdward Charles Pickering undHermann Carl Vogel umgesetzt.
„Arbeiten über Erscheinungen an fliegenden Projektilen“

Die beiden vertikalen Linien sind zwei fixierte Drähte und stellen kein Strömungsphänomen dar.[25]
Im Sommer 1886 gelang es Ernst Mach gemeinsam mitPeter Salcher erstmals, mittels der vonAugust Toepler entwickeltenSchlierenfotografie undMomentfotografie Verdichtungskegel aus Luft vor Projektilen sichtbar zu machen. Damit bestätigte Mach experimentell Theorien desBallistikersLouis Melsens, der seine Hypothesen nicht validieren konnte.[26] Er experimentierte im Anschluss auch mit Kanonenkalibern, dies allerdings nicht mehr in seinem Institut, sondern am 18. August 1888 inMeppen auf demSchießplatz der Firma Friedrich Krupp AG und in der kaiserlichen und königlichen Marineakademie von Fiume (heuteRijeka).[27]
Zur Verbesserung der Messung entwickelte er zusammen mit seinem SohnLudwig Mach, der ihm als Assistent diente, dasMach-Zehnder-Interferometer. Aus den damit gewonnenen Daten konnte Mach zeigen, dass die Stoßwelle um das bis zu 50-fache verdichtet wird. Auch belegte er die Existenz einerSchwanzwelle hinter dem Projektil neben derKopfwelle vor dem Projektil.[28]
Spätestens mit der „Umkehrung“ des Versuchs im Jahre 1889/90, d. h. durch die Idee, Luft auf ein stillstehendes Projektil zu blasen, schuf Mach so die Grundlagen derGasdynamik, die dann vonLudwig Prandtl weiterentwickelt wurde. Die militärischen Aspekte dieser Forschungen beunruhigten Mach, worauf er in vielen Vorträgen hinwies.
Kritik an der Newtonschen Mechanik
Mach hinterfragte intensiv vompositivistischen undempiristischen Standpunkt aus die Grundlagen derNewtonschenMechanik und stieß dabei auf Fragen, die er mittels desMachschen Prinzips zu lösen versuchte. Im Zuge dessen entstanden viele bekannte Bücher, u. a. das wohl bekannteste BuchDie Mechanik in ihrer Entwicklung (1883), dessen 7. Auflage 1912 erschien. Hier spricht er, entgegen dem Zeitgeist, der Mechanik ihre universelle Gültigkeit ab und versucht, die Mechanik konsequent auf Beobachtungen zurückzuführen.[29] So formulierte er dasTrägheitsgesetz in seinem Machschen Prinzip um:
„Statt nun einen bewegten Körper K auf den Raum (auf ein Koordinatensystem) zu beziehen, wollen wir direkt sein Verhalten zu den Körpern des Weltraumes betrachten, durch welches jenes Koordinatensystem allein bestimmt werden kann. Voneinander sehr entfernte Körper, welche in bezug auf andere ferne festliegende Körper sich mit konstanter Richtung und Geschwindigkeit bewegen, ändern ihre gegenseitige Entfernung der Zeit proportional […] Die eben angestellten Betrachtungen zeigen, daß wir nicht nötig haben, das Trägheitsgesetz auf einen besonderen absoluten Raum zu beziehen. Vielmehr erkennen wir, daß sowohl jene Massen, welche nach der gewöhnlichen Ausdrucksweise Kräfte aufeinander ausüben, als auch jene, welche keine ausüben, zueinander in ganz gleichartigen Beschleunigungsbeziehungen stehen, und zwar kann man alle Massen als untereinander in Beziehung stehend betrachten. […] Wenngleich auch ich erwarte, daß astronomische Beobachtungen zunächst nur sehr unscheinbare Korrektionen notwendig machen werden, so halte ich es doch für möglich, daß der Trägheitssatz in seiner einfachen Newtonschen Form für uns Menschen nur örtliche und zeitliche Bedeutung hat.“[30]
Machs Aussagen führten dazu, dass einige ihn als Wegbereiter derallgemeinen Relativitätstheorie sehen.[31] 1872 entdeckte er, dass sich die Trägheit eines Körpers nur feststellen lässt, wenn es im Universum andere Massen als Bezugsgröße zur Messung der Beschleunigung gibt. Erst die Anwesenheit anderer Massen erzeugt Trägheit (Mach’sches Prinzip).[32] Albert Einstein selbst bezeichnete sich anfangs als „Schüler“ Machs, distanzierte sich allerdings später von dessen philosophischen Ansichten.
Mach verfolgte stets das Ziel, neue Forschungsmethoden zu entwickeln.[33] Seinem sehr großen Einfluss in Wissenschaft und Öffentlichkeit ist es zu verdanken, dass gerade in Wien und Österreich viele und wichtige Forschungsprojekte durchgeführt wurden. DasElektron und dasQuant waren für Mach ideale, da messbare und dimensionierteObjekte der physikalischen Forschung, die den beschreibenden und reduktionistischen Anspruch Machs an die Physik voll erfüllten.
Sinnespsychologie und Philosophie

Als glühender Anhänger derAufklärung und entschiedener Gegner jeder Form derMetaphysik plädierte Mach für eine methodischeDenkökonomie, worunter er eine größtmögliche Sparsamkeit in begrifflicher und spekulativer Hinsicht versteht. Naturerkenntnis hat ihr Fundament in der Erfahrung – entweder direkt über Sinneseindrücke oder über Messinstrumente vermittelt. Er ist daher alsEmpirist anzusehen.[35] Des Weiteren wird Mach als Vertreter desPositivismus gesehen. Für Mach bedeutete der Positivismus im Wesentlichen:[36]
- Die Quelle aller menschlichen Erkenntnis ist das „Gegebene“.
- Gegeben ist nur eine Mannigfaltigkeit von Sinneseindrücken (Empfindungen).
- Nicht gegeben ist alles, was zusätzlich zu den Inhalten der sinnlichen Wahrnehmung die „Welt“ konstituiert.
- Die Unterscheidung zwischen Ich und Welt ist haltlos.
- Es gibt keine metaphysische Erkenntnis über außersinnliche Realität.
In der Psychologie profilierte sich Mach durch die These, dass der Mensch immer den ökonomischstenWahrnehmungsprozess auswähle.[37]
„Alles menschliche Handeln und Trachten ist vom Verlangen nach Selbsterhaltung bestimmt. Durch die Ausbildung der höheren intellektuellen Funktionen werden gerade jene angeborenen Eigenschaften und Reflexe ersetzt, die den niederen Organismen ihr Dasein ermöglichen.“
In der Wissenschaftstheorie verstand er die Wissenschaften als Mittel, die Welt und die Empfindungen der Menschen möglichst einfach und neutral zu beschreiben. Außerdem verlangte er alsLeitkultur derWissenschaft einenReduktionismus ohne Kompromisse. Aus diesem Grunde sah er als eigentliche Grundlage eines aufgeklärten Weltverständnisses diePhysik und diePsychologie an. Physikalische Theorien seien, ähnlich wie psychologische, nur mathematisch organisierte Naturbeschreibungen. Diskussionen über denWahrheitsgehalt vonTheorien seien daher überflüssig. Allein der Nutzen sei relevant. Wahrheit existiere nicht für sich, sondern als eine temporäre Diskussions-Wahrheit, die nach evolutionären Gesetzen zustande kommt: Nur die stärksten, also ökonomischsten und empirisch klarsten, Ideen setzen sich durch.
Wirkung und Nachwirkung
Rezeption
Ernst Mach wurde sechsmal für denPhysik-Nobelpreis und einmal für denChemie-Nobelpreis nominiert.[38]
Die Auseinandersetzung mit Machs Ideen, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts populär waren und oft diskutiert wurden, erfolgte in unterschiedlichen Kreisen.Max Planck beispielsweise kritisierte seine evolutionsbiologische Ideenlehre alsmetaphysische Spekulation.[39] Albert Einstein, der sich ausführlich mit Ernst Mach befasst hat, formulierte 1918 dasMachsche Prinzip. AuchWolfgang Pauli undWerner Heisenberg waren von Mach beeinflusst.[40]
Mach wurde vonMarxisten wieLenin studiert, der in seinem WerkMaterialismus und Empiriokritizismus die philosophischen Ideen Machs einer fundamentalen Kritik unterzog, indem er u. a.solipsistische Implikationen von Machs Theorie behauptete.
Das Buch Lenins ist auch eine Kritik anAlexander Bogdanow,Pawel Juschkewitsch,Wladimir Basarow undNikolai Walentinow sowie an ihren philosophischen LehrernRichard Avenarius und Mach, die laut Lenin in ihren Werken versucht hatten, einen verfeinerten Idealismus auszuarbeiten, als Gegengewicht zum dialektischen Materialismus. Lenin gelangt in seinem Buch zu folgenden Schlussfolgerungen gegen den seiner Meinung nach philosophisch-theoretischenRevisionismus von Avenarius und Mach:
- „Eine immer raffiniertere Verfälschung des Marxismus, immer raffiniertere Unterschiebungen von antimaterialistischen Lehren unter den Marxismus – das kennzeichnet den modernen Revisionismus sowohl in der politischen Ökonomie als auch in den Fragen der Taktik und in der Philosophie überhaupt.“[41]
- „Die ganze Schule von Mach und Avenarius marschiert zum Idealismus.“[42]
- „Unsere Machisten stecken alle tief im Idealismus.“[43]
- „Man kann nicht umhin, hinter der erkenntnistheoretischen Scholastik des Empiriokritizismus den Parteienkampf in der Philosophie zu sehen, einen Kampf, der in letzter Instanz die Tendenzen und die Ideologie der feindlichen Klassen der modernen Gesellschaft zum Ausdruck bringt.“[44]
- „Die objektive, die Klassenrolle des Empiriokritizismus läuft ganz und gar hinaus auf Handlangerdienste für die Fideisten (Reaktionäre, die dem Glauben vor der Wissenschaft den Vorzug geben), in deren Kampf gegen den Materialismus überhaupt und gegen den historischen Materialismus insbesondere.“[44]
- „Der philosophische Idealismus ist … ein Weg zum Pfaffentum.“[45]
Die Rezeption von MachsBeiträgen zur Analyse der Empfindungen durchChristian von Ehrenfels führte zur Ausformulierung derGestalttheorie. DerWiener Kreis (vormals Ernst-Mach-Gesellschaft) mit u. a.Rudolf Carnap,Kurt Gödel stützte sich nebenLudwig Wittgenstein auch auf Mach.[46]Hermann Bahr popularisierte Mach in seinem Aufsatz „Das unrettbare Ich“[47] und auch Literaten wieHugo von Hofmannsthal,Arthur Schnitzler undRobert Musil – der sogar über Mach promovierte[48] – sowie Albert Einstein erkannten seine Bedeutung.[49]
Mitgliedschaften in Akademien
Mach war seit 1873 Mitglied derLeopoldina[50] und Mitglied derAkademie der Wissenschaften zu Göttingen. 1890 wurde er als korrespondierendes Mitglied in dieBayerische Akademie der Wissenschaften aufgenommen.[51]
Namensgeber


Nach Mach wurden benannt:
Im Jahr 1919 wurde in Wien-Leopoldstadt (2. Bezirk) derMachplatz nach ihm benannt; 1960 wurde die Verkehrsfläche inMachstraße umbenannt.
Das 1972 eröffneteErnst-Mach-Gymnasium inHaar, in der Nähe seines Sterbeortes in Bayern, trägt ebenso seinen Namen wie seit 2004 das 1961 gegründeteErnst-Mach-Gymnasium Hürth und dasFraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut (EMI), Freiburg,Efringen-Kirchen undKandern.
Im Jahre 1970 wurde ein Mondkrater nach Ernst Mach benannt (Krater Mach) und am 28. August 1996 der am 20. Oktober 1985 entdeckteAsteroid(3949) Mach.
DieTschechische Akademie der Wissenschaften und Künste vergibt seit 1996 dieErnst-Mach-Ehrenmedaille in Physik. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW, IKT) veranstaltet seit 2003 das „ernst mach forum. wissenschaften im Dialog“.[53]
Weitere Ehrungen
Ernst Mach war seit 1885 Ehrenmitglied der Prager Universitäts-Sängerschaft „Barden“ (heute zu München), der damaligen Haus-Korporation der Prager Universität.
Zwischen 1938 und 1988 wurde an Machs Geburtshaus, einem ehemaligen Bischofsschlösschen, mehrfach eine Gedenktafel angebracht.[54]
Ausstellung
- 2016/2017:Licht und Schatten. Ernst Mach – Ludwig Mach.Deutsches Museum, München, Katalog.[55]
Veröffentlichungen (Auswahl)
- Über die Änderung des Tones und der Farbe durch Bewegung, Sitzungsberichte Wiener Akad. Wiss. Math.-Naturwiss. Klasse, Band 41, 1861, S. 543–560,Internet Archive
- Einleitung in die Helmholtz’sche Musiktheorie. Populär für Musiker dargestellt Graz 1866.Internet Archive
- Optisch-akustische Versuche. Die Spectrale und stroboskopische Untersuchung tönender Körper, Prag: J. Calve 1872.Internet Archive
- Die Mechanik in ihrer Entwickelung historisch-kritisch dargestellt. F.A. Brockhaus, Leipzig 1883. (Digitalisat und Volltext imDeutschen Textarchiv,Internet Archive)
- Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen. G. Fischer 1886 (alsBeiträge zur Analyse der Empfindungen), 9. Auflage 1922.Ausgabe 1922, Internet Archive,Ausgabe 1886, Internet Archive
- Grundriß der Naturlehre für die unteren Classen der Mittelschulen. Prag 1887.
- Grundriß der Naturlehre für die oberen Classen der Mittelschule. Wien/Prag/Leipzig 1891.
- Die Principien der Wärmelehre. 1896, Nachdruck: Salzwasser-Verlag 2012,ISBN 978-3-86444-540-8.Internet Archive
- Populär-wissenschaftliche Vorlesungen. 1896. (Online imProjekt Gutenberg-DE,Internet Archive)
- Erkenntnis und Irrtum. Skizzen zur Psychologie der Forschung. Wien 1905 (Online bei Zeno,Internet Archive).
- Die englische Übersetzung einiger Beiträge daraus erschien in The Monist, April 1901, Juli 1902, Oktober 1903, wieder abgedruckt in:Space and geometry in the light of physiological, psychological and physical inquiry, Chicago: Open Court 1906, Übersetzer Thomas McCormack,Internet Archive
- Kultur und Mechanik. W. Spermann, Stuttgart 1915; Neudruck Westhafen, Frankfurt am Main 2015,ISBN 978-3-942836-07-4.
- Die Prinzipien der physikalischen Optik. Historisch und erkenntnispsychologisch entwickelt, Leipzig: Barth 1921.Internet Archive
- Die Prinzipien der Wärmelehre, historisch-kritisch entwickelt. Mit einer Einleitung herausgegeben vonMichael Heidelberger und Wolfgang Reiter. xenomoi Verlag, 2016,ISBN 978-3-942106-42-9.
Gesamtverzeichnis Ernst Machs Werke in: Joachim Thiele:Ernst Mach—Bibliographie (=Centaurus, Band 8). Munksgaard, Copenhagen 1963,OCLC174202468, S. 189–237.
Literatur
- Bernhard Kleeberg (Einleitung):Special Issue: Ernst Mach und das Gedankenexperiment um 1900. In:Berichte zur Wissenschaftsgeschichte, März 2015, Volume 38, Issue 1, S. 1–101.doi:10.1002/bewi.v38.1/issuetoc
- John T. Blackmore,Klaus Hentschel (Hrsg.):Ernst Mach als Aussenseiter: Machs Briefwechsel über Philosophie und Relativitätstheorie mit Persönlichkeiten seiner Zeit. Auszug aus dem letzten Notizbuch (Faksimile) von Ernst Mach (=Philosophica. Band 3). Braumüller, Wien 1985,ISBN 3-7003-0612-1.
- Herbert R. Ganslandt:Ernst (Walafried Joseph Wenzel) Mach. In:Jürgen Mittelstraß,Gereon Wolters (Hrsg.):Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. 4 Bände. (Mannheim/)Stuttgart/Weimar (1984) 1995–1996; Nachdruck ebenda 2004; Band 2, S. 730–732.
- Anna-Katharina Gisbertz:Stimmung – Leib – Sprache. Eine Konfiguration in der Wiener Moderne. Fink, München 2009.ISBN 978-3-7705-4855-2.
- Rudolf Haller,Friedrich Stadler (Hrsg.):Ernst Mach – Werk und Wirkung. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1988,ISBN 3-209-00768-3.
- Michael Heidelberger:Ernst Mach. „Das Ich ist unrettbar“. In:Franco Volpi (Hrsg.):Großes Werklexikon der Philosophie (Studium fundamentale der Universität Witten-Herdecke). 2 Bände. Kröner, Stuttgart 1999, Band II, S. 966–968.
- Karl Daniel Heller:Ernst Mach: Wegbereiter der Modernen Physik. Mit ausgewählten Kapiteln aus seinem Werk. Biographie. Springer, Wien 1964,OCLC863918536; 2013,ISBN 3-7091-8113-5.
- Klaus Hentschel: Mach, Ernst. In:Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987,ISBN 3-428-00196-6, S. 605–609 (Digitalisat).
- Klaus Hentschel:Die Korrespondenz Duhem-Mach: Zur ‚Modellbeladenheit‘ von Wissenschaftsgeschichte. In:Annals of Science. 45 (1988), S. 73–91.
- Béla Juhos: Mach Ernst, Physiker und Philosoph. In:Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 5, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1972, S. 388 f. (Direktlinks aufS. 388,S. 389). (falscher Sterbeort).
- Wladimir Lenin:Aus dem philosophischen Nachlass.Dietz, Berlin 1954.
- Karl von Meÿenn:Die Großen Physiker. Von Maxwell bis Gell-Mann. Beck, München 1997,ISBN 3-406-41149-5.
- Robert Musil:Beitrag zur Beurteilung der Lehren Machs und Studien zur Technik und Psychotechnik. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1980,ISBN 3-498-04271-8; enthält unter anderem Robert Musils Dissertation an der Universität Berlin, Philosophische Fakultät, 1908, unter dem TitelBeitrag zur Beurteilung der Lehren Machs.
- Ulrich Schmitz:Das problematische Ich: Machs Egologie im Vergleich zu Husserl (=Epistemata – Reihe Philosophie, Band 362). Königshausen & Neumann, Würzburg 2004,ISBN 3-8260-2700-0 (Dissertation Universität Koblenz 2002, 246 Seiten).
- Heribert Sturm:Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Herausgegeben im Auftrag desCollegium Carolinum (Institut), Band II, Oldenbourg, München 1984,ISBN 3-486-52551-4.Ernst Mach. S. 528 f.; sein SohnLudwig Ernst Mach, S. 529 f., mit weiteren Literaturhinweisen.
- Joachim Thiele:Wissenschaftliche Kommunikation. Die Korrespondenz Ernst Machs. Henn, Kastellaun 1978,ISBN 3-450-21902-2.
- Jiří Procházka:Ernst Mach. 1838–1916. Genealogie Band I. Item, Brno 2007.ISBN 80-903476-3-0.
- Jiří Procházka:Ernst Mach. 1838–1916. Genealogie. Band II. Item. Brno 2009.ISBN 80-903476-7-3.
- Jiří Procházka:Ernst Mach. 1838–1916. Curriculum vitae. Item, Brno, Vienna 2014,ISBN 978-80-903476-7-0.
Englisch
- Erik C. Banks:Ernst Mach’s World Elements. A Study in Natural Philosophy. Springer Netherland, Berlin 2003,ISBN 1-4020-1662-X.
- John T. Blackmore:Ernst Mach – His Life, Work, and Influence. University of California Press, Berkeley, Los Angeles 1972.
- John T. Blackmore (Hrsg.):Ernst Mach a Deeper Look. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht 1992.
- John T. Blackmore, Ryoichi Itagaki, Setsuko Tanaka (Hrsg.):Ernst Mach’s Vienna 1895–1930. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht 2001.
- John T. Blackmore, Ryoichi Itagaki, Setsuko Tanaka (Hrsg.):Ernst Mach’s Science. Tokai University Press, Kanagawa 2006.
- John T. Blackmore, Ryoichi Itagaki, Setsuko Tanaka (Hrsg.)Ernst Mach’s Prague 1867–1895: As a Human Adventure. Sentinel Open Press 2011.
- Milič Čapek:Ernst Mach’s Biological Theory of Knowledge. In:Synthese. 18 (1968), S. 171–191.doi:10.1007/BF00413774
- Robert S. Cohen (Hrsg.):Ernst Mach. Physicist and Philosopher. Kluwer Academic Publishers, 1975,ISBN 90-277-0016-8.
- Klaus Hentschel:OnPaul Feyerabend’s version of Mach’s theory of research and its relation toAlbert Einstein. In:Studies in History and Philosophy of Science. 16 (1985), S. 387–394.
- Klaus Hentschel:Ernst Mach. In: Arne Hessenbruch (Hrsg.):Reader’s Guide to the History of Science. Routledge, London 2013: S. 427–428.
- Erwin N. Hiebert:Mach, Ernst. In:Charles Coulston Gillispie (Hrsg.):Dictionary of Scientific Biography.Band 8:Jonathan Homer Lane – Pierre Joseph Macquer. Charles Scribner’s Sons, New York 1973,S. 595–607.
Weblinks
- Literatur von und über Ernst Mach im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Ernst Mach in derDeutschen Digitalen Bibliothek
- Bibliographie der von 1860 bis 1916 publizierten Aufsätze und Bücher von Ernst Mach, kompiliert von Peter Mahr 2016
- Über das Machsche Prinzip, Erkenntnistheorie und Physik.
- Paul Pojman: Ernst Mach. In: Edward N. Zalta (Hrsg.):Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Nachlass Ernst Mach (1838–1916). Online-Findmittel. In: Deutsches Museum Digital. Abgerufen am 15. Juli 2024
- Wolfgang Burgmer:19.02.1916 - Todestag des Physikers Ernst MachWDRZeitZeichen vom 19. Februar 2021. (Podcast)
Einzelnachweise
- ↑Peter Salcher und Ernst Mach. (PDF; 1 MB), abgerufen am 13. März 2009.
- ↑abKarl-Eugen Kurrer: Zum 175. Geburtstag von Ernst Mach. In: momentum Magazin. 18. Februar 2013, abgerufen am 26. August 2015.
- ↑abcdeKlaus Hentschel: Mach, Ernst. In:Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987,ISBN 3-428-00196-6, S. 605–609 (Digitalisat).
- ↑abThomas Eckert: Ernst Mach – Lebenslauf. (PDF) Universität Marburg, abgerufen am 26. August 2015.
- ↑Otto Blüh:Ernst Mach – His Life as a Teacher and Thinker. In:Robert S. Cohen,Raymond J. Seeger (Hrsg.):Ernst Mach: Physicist and Philosopher (= Boston Studies in the Philosophy of Science.Band 6). Springer, Dordrecht 1970,S. 3,doi:10.1007/978-94-017-1462-4_1.
- ↑Trauungsbuch Graz-Hl.Blut, Bd. 22, S. 249
- ↑Mach, Ernst. In: Austria-Forum. TU Graz, abgerufen am 19. Februar 2016.
- ↑Gradovi v Slovenji – Veliki Slatnik., abgerufen am 30. Juli 2020.
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- ↑abPaul Pojman: Ernst Mach. In: Stanford Encyclopedia of Philosophy. 21. Mai 2008, abgerufen am 19. Februar 2016 (englisch).
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Personendaten | |
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NAME | Mach, Ernst |
ALTERNATIVNAMEN | Mach, Ernst Waldfried Josef Wenzel (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Physiker, Philosoph und Wissenschaftstheoretiker |
GEBURTSDATUM | 18. Februar 1838 |
GEBURTSORT | Chirlitz beiBrünn,Kaisertum Österreich |
STERBEDATUM | 19. Februar 1916 |
STERBEORT | Vaterstetten |
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