Ernst-Reuter-Platz

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B2B5 Ernst-Reuter-Platz
Platz in Berlin
Ernst-Reuter-Platz
Ernst-Reuter-Platz mit derOtto-Suhr-Allee, 2007
Basisdaten
OrtBerlin
OrtsteilCharlottenburg
Angelegt18. Jahrhundert
Neugestaltet1955
Hist. NamenAm Knie(bis 1953)
Einmündende Straßen
Straße des 17. Juni,
Marchstraße,
Otto-Suhr-Allee,
Bismarckstraße,
Hardenbergstraße
Bauwerkesiehe→ Charakteristika
Nutzung
NutzergruppenFußgänger,Radfahrer,Auto

DerErnst-Reuter-Platz (vorher:Knie oderAm Knie) ist ein Verkehrsknotenpunkt imBerliner OrtsteilCharlottenburg (Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf). Der Platz erhielt am 3. Oktober 1953 seinen Namen zu Ehren des vier Tage zuvor verstorbenenRegierenden BürgermeistersErnst Reuter.

Inhaltsverzeichnis

Lage

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DerPlatz befindet sich auf der großenOst-West-Achse Berlins im Berliner BezirkCharlottenburg-Wilmersdorf, Ortsteil Charlottenburg. Er liegt im Bereich desCampus Charlottenburg (Wissenschaftsstandort:TU Berlin,Universität der Künste,Physikalisch-Technische Bundesanstalt etc.) und im Gebiet derCity West.

Auf den großenKreisverkehr führen fünf Straßen:

Unter dem Platz verläuft dieLinie U2 derBerliner U-Bahn mit demBahnhof Ernst-Reuter-Platz.

Die Mittelinsel des Rondells ist begrünt, mit Bänken, Bäumen, Blumenbeeten und einemSpringbrunnen gestaltet. Sie kann unterirdisch über die U-Bahn-Station erreicht werden. Die meisten Besucher der vom Verkehr umfahrenen Mitte des Rondells nehmen allerdings den kurzen Weg quer über die Fahrspuren.[1]

Geschichte des Platzes

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Lage desKnies imPharus-Plan Berlin von 1902
Luftaufnahme mit Blickrichtung West (1895): Die breite, von Bäumen gesäumte,Berliner Straße verläuft vom mittleren Bildrand unten nach oben rechts über das charakteristischeKnie, von dem die Marchstraße zumLandwehrkanal (ganz rechts) führt. VomKnie geradeaus verläuft nach links oben die damals noch nicht ausgebauteBismarckstraße.
Blick um 1900 vomKnie nach Südosten auf das Gebäude zwischenKurfürsten-Allee (links, ab 1950Hertzallee) undHardenbergstraße (rechts). In den 1920er Jahren wurde dort dasHochhaus am Knie gebaut und nach dessen Zerstörung im Krieg von 1954 bis 1959 die Fakultät für Bergbau und Hüttenwesen derTU Berlin. Im Zuge der Neuplanung des Platzes entfiel die Einmündung der Hertzallee.

Zwischen demBerliner Stadtschloss und dem vor den Toren der Stadt gelegenenSchloss Charlottenburg verlief ein Fahrweg über dieCharlottenburger Chaussee (seit 1953:Straße des 17. Juni) und – ab Stadtgrenze Charlottenburg amLandwehrkanal – die damaligeBerliner Straße. Diese knickte beim Ernst-Reuter-Platz nach Nordwesten in dieOtto-Suhr-Allee ab. Der Knick hieß zunächstUmschweif und ab 1831Am Knie.

Am 22. Juni 1865 wurde dieerste deutsche Pferdebahn in Betrieb genommen, die vomBrandenburger Tor überCharlottenburger ChausseeBerliner StraßeKnie bis nach Charlottenburg führte. Um 1900 war dasKnie der Kreuzungspunkt mehrerer Linien derBerliner Straßenbahn, unter anderem zumBahnhof Zoologischer Garten, nachAlt-Moabit und zumSophie-Charlotte-Platz. Im Dezember 1902 eröffnete unter dem Platz dieStation Knie derHochbahngesellschaft (heute:U-Bahn Berlin).

Zu jener Zeit gingen von dem Platz sechs Straßen ab. Der Verkehr floss jedoch im Wesentlichen nach Nordwesten RichtungSpandau und zur im Aufbau befindlichenSiemensstadt. Ab 1905 sollte daher – als Verlängerung vonCharlottenburger Chaussee /Berliner Straße – die damals noch schmaleBismarckstraße eine Verbindung nach Westen schaffen und zu einer Prachtstraße und Paradeweg ausgebaut werden. Dazu wurde über mehr als zehn Kilometer eine breite Schneise durch die gerade erst gebauten Stadtteile geschlagen; das Vorbild waren dieBoulevards (genauer:Avenuen) vonParis.

PlanungenAlbert Speers im Rahmen der „Welthauptstadt Germania“ zur Umgestaltung des Platzes als Teil der neuenOst-West-Achse konnten nicht vollends verwirklicht werden. Der Reichsschatzmeister der NSDAPFranz Xaver Schwarz kaufte 1939 das am Platz befindlicheGrand Hotel am Knie (Bismarckstraße 1) und ließ es umbauen. Während desZweiten Weltkriegs befand sich dort von 1941 bis zur Zerstörung durch einenalliierten Luftangriff am 22. November 1943 der Sitz derDienststelle Rosenberg.[2] Die Ruinen rund um den Platz wurden nach dem Krieg durchTrümmerfrauen und den Einsatz vonTrümmerbahnen abgeräumt.

Der vomKnie nach Osten führende Abschnitt derBerliner Straße erhielt am 22. Juni 1953 seinen heutigen NamenStraße des 17. Juni, der Platz selbst am 3. Oktober 1953 den Namen nach Ernst Reuter und der nach Nordwesten führende Straßenzug wurde am 3. September 1957 zurOtto-Suhr-Allee.

DerBerliner Senat ließ nach der Trümmerbeseitigung an Stelle des altenKnies ein großzügiges Rondell anlegen. Die Idee einer Verkehrsinsel umzingelt von lose gruppierten Einzelbauten, anstatt einer geschlossenen Platzwand, stammt vonLudwig Mies von der Rohe. Dies sollte einen Eindruck von Leichte und Unbeschwertheit erzeugen.[1] Von Mitte der 1950er bis in die 1970er Jahre hinein entstanden die Gebäude, die im 21. Jahrhundert von Fakultäten der TU Berlin und Unternehmen wie derDeutschen Telekom und derTeles AG genutzt werden. In den 1960er Jahren diente der Platz oft als Vorzeigeobjekt desNeuen Berlin.[3]

Charakteristika

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Blick über den Platz am Abend von derStraße des 17. Juni aus nach Nordwesten: links dasTelefunken-Hochhaus, rechts an Einmündung derOtto-Suhr-Allee dasOsram-Haus, dahinter ein Gebäude derDeutschen Bank

Aufgrund starker Kriegszerstörungen wurde 1955 einstädtebaulicher Wettbewerbausgelobt. Über seine genauen Hintergründe ist wenig bekannt. Die fundiertesten Forschungen lieferte Dagmar Gausmann, der zufolge neben dem Siegerprojekt vonBernhard Hermkes ein weiteres Modell vonWilly Kreuer Eingang in die tatsächlich vorgenommene Gestaltung fand.

Der Ernst-Reuter-Platz mit einerlichten Weite zwischen 180 und 230 Metern und einer ihn umgebendenHochhausbebauung in lockerer Bauweise wird geprägt von einem Kreisverkehr mit gestalteter grüner Mittelinsel, in die zunächst noch die Gleise derStraßenbahn integriert waren, die bis 1967 über den Platz verkehrte. Er gilt neben demHansaviertel als eines der prägnantesten Beispiele des Städtebaus derNachkriegsmoderne im damaligenWest-Berlin, insbesondere desPostulats der „autogerechten Stadt“, sowie als Gegenpol zum stärker geschlossenenStrausberger Platz inOst-Berlin.

Die ursprünglich spitzwinkligen Anschlüsse der Otto-Suhr-Allee, Hardenbergstraße und Marchstraße wurden so verschwenkt, dass sie rechtwinklig in die Kreisbahn einliefen. DieHertzallee (vormals:Kurfürsten-Allee) störte das Konzept und wurde durch das von 1955 bis 1959 als erstes Gebäude am neu entstandenen Platz errichtete Institut für Bergbau und Hüttenwesen der TU Berlin des TU-ProfessorsWilly Kreuer abgeriegelt, ihr durch das TU-Gelände führender Abschnitt wurde bis zurFasanenstraße entwidmet. Das TU-Hochhaus (Ernst-Reuter-Platz Nr. 1) zwang Hermkes, der mit Kreuer in Fehde lag, seine Planungen darauf abzustimmen. Alle weiteren Bauten entstanden bis in die 1970er Jahre hinein nach Hermkes’ städtebaulichen Vorgaben und stehen seit den 1980er Jahren zusammen mit der Mittelinsel unterDenkmalschutz.

Weitere bedeutendeSolitärbauten sind unter anderem das 1956/1957 errichteteOsram-Haus (Nr. 8) von Bernhard Hermkes, dasTelefunken-Hochhaus (Nr. 7, 1958–1960,Technische Universität/Telekom) vonSchwebesSchoszberger, dasIBM-Haus (Nr. 2, 1960–1962) vonRolf Gutbrod, das Pepper-Haus (Nr. 9/10, 1960–1963,Gravis-Flagshipstore undSRH Hochschule;Karl Heinz Pepper war Bauherr desEuropa-Center) vonSobotkaMüller, das Gebäude der Architekturfakultät der TU (Straße des 17. Juni, Nr. 150–152, 1966–68) von Hermkes mit einem Anbau vonHans Scharoun (1970), das Bürohaus (Nr. 6, 1969–1974) vonBernhard Binder und schließlich dasRaiffeisenhaus (Nr. 3–5, 1971–1974, seitherSignal-Iduna-Direktion) vonRisse undGeber. Die Anordnung folgte der Konzeption Hermkes, eine freie und nicht geschlossene Platzform zu entwickeln, deren Gebäudeanordnung insbesondere als Bewegung aus dem fahrenden Auto heraus erlebt werden kann.

Blick vom Telefunken-Hochhaus über den Ernst-Reuter-Platz auf die Hardenbergstraße (links das Institut für Bergbau und Hüttenwesen der TU Berlin), April 1960
(Foto:Willy Pragher)

Ein Denkmal des BildhauersBernhard Heiliger fürErnst Reuter, das heute vor dem Anbau des Architekturgebäudes der TU steht, entstand 1962/1963 mit dem TitelDie Flamme.[4] Die Einweihung der Skulptur erfolgte am 28. September 1963 durch den Regierenden BürgermeisterWilly Brandt, der in seiner Rede folgendes ausführte: „Das Aufwärtsstrebende dieser Skulptur ‚Flammzeichen‘ soll Sinnbild sein für das Leben und das Werk Ernst Reuters und für den immerwährenden Kampf um die Freiheit der Menschen.“[5] Anlässlich des 50. Todestages von Ernst Reuter 2003 wurden in den Platz 16 Scheinwerfer eingelassen, die die Baumkronen in der Dunkelheit anleuchten. Zur Einweihung war unter anderemEdzard Reuter anwesend.[6]

Brunnenanlage

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Brunnenanlage auf dem Ernst-Reuter-Platz

Mit der Namensgebung des Platzes ließ das Bezirksamt in dessen Zentrum eineSpringbrunnenanlage installieren, die bereits in den Architekturentwürfen von Hermkes enthalten war. Detailplanungen führteWerner Düttmann aus. Die Anlage besitzt zwei rechteckige Betonbecken, das westlich auf dem Platz gelegene ist mit 19 Meter Seitenlänge fast quadratisch, das östliche ist 30 Meter breit und 40 Meter lang.[7]

In jedem Becken sprudeln mehr als 20 Wasserfontänen von ein bis zwei Meter Höhe. Sie kommen aus rotierenden Metallplatten, sodass die Wasserstrahlen sich tänzelnd umeinander drehen. Im größeren Becken steigt aus fünf Einzeldüsen das Wasser einer Fontänengruppe bis zu acht Meter hoch. Anfang der 1990er Jahre stellte das Bezirksamt das Wasser der Brunnen ab. Die Becken waren unsauber, die Teile der Pumpenanlage marode. Die gesamte Grünfläche wurde nicht mehr gepflegt – „kein Geld in der Kasse“ lautete die lapidare Begründung. Die Inhaberin einer Pension in derBleibtreustraße, Isolde Josipovici, wollte diesen Zustand nicht hinnehmen und schaffte es,Edzard Reuter zu kontaktieren. Dieser war in den 1990er Jahren Vorstandsmitglied bei derDaimler-Benz AG, gleichzeitig derjenige, der die Namensrechte seines Vaters für den Platz vergeben hatte. Reuter erreichte über die Drohung, die Namensrechte zu entziehen, beim seinerzeitigen Regierenden Bürgermeister von Berlin,Eberhard Diepgen, dass der damaligeBezirk Charlottenburg das Geld zur Sanierung der gesamten Platzanlage einschließlich des Brunnensystems erhielt. An den Sanierungskosten beteiligten sich zusätzlich dieBerliner Wasserbetriebe. Die Pensionswirtin erreichte außerdem, dass dieWall AG seitdem die Betriebskosten der Fontänen übernimmt (Stand: 2014). Isolde Josipovici, die wegen sinkender Nachfrage ihre Herberge im Sommer 2014 schließen musste, bleibt den Anwohnern rund um den Ernst-Reuter-Platz damit als Brunnenretterin in Erinnerung.[1]

Literatur

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Weblinks

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Commons: Ernst-Reuter-Platz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. abcPetra Ahne:Eine Weile aus der Welt. In:Berliner Zeitung, 23. Juli 2014, S. 3.
  2. Reinhard Bollmus:Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. Stuttgart 1970, S. 252 und 265.
  3. Ernst-Reuter-Platz. Portal „Landschaftsarchitektur heute“ vombdla, abgerufen am 25. März 2014.
  4. Berliner Skulptour: Die Flamme 1962/63. Bernhard-Heiliger-Stiftung (Memento vom 20. August 2018 imInternet Archive).
  5. Berlins Vitalität. Presse- und Informationsdienst des Landes Berlin, Berlin 1965.
  6. Lichter für den Ernst-Reuter-Platz. In:Berliner Zeitung, 25. September 2003.
  7. Brunnen auf dem Ernst-Reuter-Platz. Auf:stadtentwicklung.berlin.de, abgerufen am 24. Juli 2014.

52.51277777777813.321666666667Koordinaten:52° 30′ 46″ N,13° 19′ 18″ O

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