Enzyklika
AlsEnzyklika (Plural:Enzykliken; veraltet auchEncyclica,lat.epistula encyclica, vonencyclicus „einen Kreis bildend“ undepistula „Brief“, dieses vonaltgriechischἐγκύκλιοςenkýklios „was im Kreis herumgeht“ undἐπιστολήepistolḗ „Brief“) bezeichnet man ein belehrendes, ermutigendes oder ermahnendesRundschreiben derrömisch-deutschen Kaiser oder derPäpste an ihre Untertanen und Getreuen. Kaiserliche Enzykliken waren in der RegelKrönungsberichte. Päpstliche Enzykliken sind bis heute eine wichtige Verlautbarungsform deskirchlichen Lehramtes derrömisch-katholischen Kirche. Sie werden gewöhnlich nach den ersten Worten des lateinischen Textes benannt.
Päpstliche Enzykliken
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die päpstliche Enzyklika ist alsRundschreiben an die Bischöfe desErdkreises charakterisiert und wendet sich an die ganze Kirche. Manche Enzykliken, beginnend mit der Friedensenzyklika PapstJohannes XXIII. von 1963Pacem in terris, sind nicht nur an die Gläubigen, sondern „an alle Menschen, die guten Willens sind“, gerichtet.
Gebräuchlich sind Enzykliken in derLateinischen Kirche seit PapstBenedikt XIV., der die moderne Form dieserBriefgattung alsLehrschreiben 1740 mit der EnzyklikaUbi primum etabliert hat. Bekannt ist auch seine EnzyklikaVix pervenit (1745), in der er massiv gegenZins undWucher Stellung bezieht. PapstLeo XII. verurteilte 1824 in seiner ebenfalls mitUbi primum beginnenden Enzyklika den religiösenIndifferentismus;Pius VIII. wehrte sich in seinem kurzen Pontifikat mitTraditi humilitati nostrae gegen angebliche Geheimgesellschaften, insbesondere dieFreimaurer, die er als Gefahr für den Kirchenstaat ansah. Die intransigente Richtung setzteGregor XVI. fort, der mitMirari vos 1832 den Indifferentismus undRationalismus verurteilte und 1834 denLiberalismus verwarf (gegenLamennais). Wenn auch zunächst in defensiver Haltung, so beginnt unter Gregor XVI. doch das Ringen der katholischen Kirche um die angemessene Distanz von der Staatspolitik, zunächst noch restaurativ als Abwehr gegen jedweden politischenNaturalismus formuliert.
Seit Gregor XVI. (1831–1846) haben die Päpste regelmäßig Enzykliken herausgegeben. Ihren bis heute anhaltenden Aufschwung nahm die päpstliche Lehrtätigkeit mitPius IX. seit demI. Vatikanum von 1870.Leo XIII. (1878–1903) verfasste insgesamt fast 90,Pius XI. genau 30,Pius XII. 41 Enzykliken.
SeitPaul VI. werden päpstliche Lehrschreiben häufiger als zuvor auch in weniger feierlicher Form abgefasst. DieExhortatio apostolica etwa ist formal kein Rundschreiben, sondern einoffener Brief des Papstes an alle oder eine bestimmte Gruppe von Gläubigen. Ein solches Mahnschreiben kann zum Beispiel im Anschluss an eineBischofssynode in Form eines nachsynodalenApostolischen Schreibens verfasst werden. Die noch kürzere Form des päpstlichen Briefes, dasBreve, ist für Lehraussagen allerdings ungebräuchlich.
Enzykliken können grundsätzlichen Themen derGlaubensverkündigung gewidmet sein oder auch speziellepastorale Fragen aufgreifen. Ihnen kommt typischerweise eine disziplinäre Lehrautorität zu, ohne dass sie die päpstlicheUnfehlbarkeit in Anspruch nehmen. Daraus ergibt sich, dass sie Lehrmeinungen der Päpste wiedergeben, die im geschichtlichen Kontext der jeweiligen religiösen und gesellschaftlichen Situation zu verstehen sind.
Päpstliche Enzykliken werden mit dem sogenanntenIncipit zitiert, den ersten zwei oder drei Anfangsworten des ersten Satzes (seltener auch nur das erste Wort, z. B. bei der EnzyklikaLibertas Papst Leos XIII. von 1888, oder mit mehr als drei Worten wieGraves de communi re Leos XIII. von 1901).
Beispielhaft sei die (im Original auf Deutsch veröffentlichte) EnzyklikaMit brennender Sorge (lat.:Ardenti cura) genannt, die Papst Pius XI. angesichts der Situation imDeutschen Reich am 14. März 1937 herausgab und die sich gegen dienationalsozialistische Ideologie richtete. Am 19. März desselben Jahres erschien auch eine Enzyklika, die den Kommunismus verurteilte (Divini redemptoris), und wenig später eine Enzyklika zur Lage in Mexiko (Nos es muy conocida). Drei Enzykliken innerhalb zweier Wochen blieb der Rekord in der gesamten Geschichte des Papsttums.
Die Veröffentlichung der Enzykliken erfolgt normalerweise aufLatein imAmtsblatt des Heiligen Stuhls. Häufig ist zugleich eine amtliche Übersetzung in anderer Sprache beigegeben. Die beiden Enzykliken Pius’ XI.Mit brennender Sorge undNos es muy conocida wurden ausnahmsweise unmittelbar in der Zielsprache Deutsch bzw.Spanisch veröffentlicht und werden auch so zitiert.
Besondere Enzykliken
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Antrittsenzyklika
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Mit der ersten Enzyklika desseligen Papstes Pius IX. (Qui pluribus von 1846), die ähnlich wie eineThronrede oderRegierungserklärung programmatische Aussagen über die Ziele und Vorhaben des beginnenden Pontifikats enthielt, wurde ein neuer Typ Enzyklika begründet. Seitdem nennt man die erste Enzyklika eines Papstes nach seinem AmtsantrittAntrittsenzyklika. So veröffentlichte PapstJohannes Paul II. zum Beginn seines päpstlichen Amtes 1979 die EnzyklikaRedemptor Hominis („Erlöser des Menschen“), in der er sein theologisches Programm der Rückbesinnung auf Christus als Zentrum des Glaubens darlegte, und PapstBenedikt XVI. überschrieb seine im Januar 2006 veröffentlichte AntrittsenzyklikaDeus caritas est („Gott ist Liebe“).
Einen ungewöhnlichen Sonderfall stellt die erste Enzyklika vonPapst Franziskus dar, die unter dem TitelLumen fidei („Licht des Glaubens“) am 29. Juni 2013 veröffentlicht wurde. Sie basierte auf einem Entwurf seines Vorgängers Papst Benedikt XVI. Franziskus bezeichnete sie deshalb als „Lehrschreiben der vier Hände“.[1]
Marianische Enzyklika
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]AlsMarianische Enzyklika werden Enzykliken bezeichnet, die schwerpunktmäßig derMarienverehrung gewidmet sind. Die Erneuerung der Marienverehrung wurde besonders durch Papst Pius IX. angestoßen, der am 8. Dezember 1854 mit derpäpstlichen BulleIneffabilis Deus dasDogma über dieUnbefleckte Empfängnis verkündete. Auf den Höhepunkt gelangte die Marienverehrung mit dem am 1. November 1950 durch Papst Pius XII. verkündetenDogma über die Aufnahme Mariens in den Himmel. Von den Päpsten des 20. Jahrhunderts, die sich als eifrige Marienverehrer erwiesen, stammen eine Reihe von Enzykliken zu marianischen Themen, zuletztRedemptoris Mater (1987) von Johannes Paul II.
Missionsenzyklika
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Im kirchlichen Sprachgebrauch umfasst der BegriffMission nicht allein die „Weltmission“ im Sinne der Missionierung Nichtgläubiger in fernen Ländern (Erstevangelisierung), sondern dieEvangelisierung (Verkündigung und Verbreitung des Evangeliums) als Ganzes, was auch die etwa in Form derVolksmission betriebene Verkündigungs- und Evangelisierungsarbeit unter getauften Christen einschließt (Neuevangelisierung). Beginnend mit der ersten bekannten MissionsenzyklikaSancta Dei civitas (1880) von Papst Leo XIII. haben die Päpste im vergangenen Jahrhundert diverse Lehrschreiben zum Thema Mission und Evangelisierung veröffentlicht; sie alle befassen sich mit dem Missionsauftrag der Kirche und dem christlichen Verständnis der Missionsarbeit. Mit dem KonzildekretAd gentes (1965) hat auch das2. Vatikanische Konzil eine eigene Verordnung über die Missionstätigkeit der Kirche verabschiedet. Das Apostolische SchreibenEvangelii nuntiandi (1974) von Papst Paul VI. gilt alsMagna Charta der missionarischen Tätigkeit der Kirche und wird deshalb oft mit unter den BegriffMissionsenzykliken gerechnet.
Rosenkranzenzyklika
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Praxis, im Monat Oktober denRosenkranz zu beten, entwickelte sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Der für seine Marienfrömmigkeit bekannte Papst Leo XIII. förderte die Verehrung derGottesmutter, indem er die Gläubigen zum ständigen Gebrauch des Rosenkranzes anregte und alleine sieben Enzykliken zum Thema des Rosenkranzgebetes verfasste, darunterSupremi apostolatus officio (1883),Superiore anno (1884),Magnae Dei matris (1892),Laetitiae sanctae (1893) undIucunda semper expectatione (1894). Diese von Leo XIII. und seinen Nachfolgern veröffentlichten Lehrschreiben, darunter in neuerer ZeitIngravescentibus malis (1937) von Papst Pius XI.,Marialis rosarii (1961) von Papst Johannes XXIII. undChristi matri rosarii (1966) von Papst Paul VI., werden oft unter dem Begriff „Rosenkranz-Enzykliken“ zusammengefasst. Zuletzt erschien 2002 das Apostolische SchreibenRosarium Virginis Mariae von Papst Johannes Paul II.
Sozialenzyklika
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die gesellschaftlichen Umbrüche der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren Anlass für dierömisch-katholische Kirche und ihre Päpste, zu den drängendensozialen Problemen ihrer Zeit Stellung zu nehmen. Dabei ging es ihnen besonders darum, das christlicheMenschenbild und die soziale Verantwortung des Einzelnen im Kontext der durch dieIndustrialisierung bedingten sozialen Veränderungen zu unterstreichen. Die Lehrschriften der Päpste zu diesen Themen (Sozialenzykliken) spielten eine gewichtige Rolle für die Entwicklung der katholischenSoziallehre. Zu nennen sind hier insbesondere die EnzyklikaRerum Novarum (1891) von Papst Leo XIII. und deren zu runden Jahrestagen herausgegebenen FolgeenzyklikenQuadragesimo anno (1931) von Papst Pius XI.,Mater et magistra (1961) von Papst Johannes XXIII. undLaborem exercens (1981) sowieCentesimus annus (1991) von Papst Johannes Paul II. Darüber hinaus werden zu den Sozialenzykliken auchPacem in terris (1963), die die Bedeutung derMenschenrechte unterstreicht, sowiePopulorum progressio (1967),Sollicitudo rei socialis (1987),Caritas in Veritate (2009) undFratelli tutti (2020) gezählt. Papst Franziskus bezeichnete auch seine EnzyklikaLaudato si’ (2015) nicht nur als Umweltenzyklika, sondern darüber hinaus auch als Sozialenzyklika, mit der er für eine „ganzheitliche Ökologie“ aus Sicht der Ärmsten werbe.[2]
Nicht alle diese Enzykliken hatten einen ausgesprochenen sozialpolitischen Charakter, weshalb sich eine Einteilung in „große“ und „kleine“ Sozialenzykliken etabliert hat. Darüber hinaus gibt es auch wichtige Apostolische Schreiben, die inhaltlich und wirkungsgeschichtlich eine den Sozialenzykliken vergleichbare Bedeutung besitzen (etwaOctogesima adveniens (1971) von Papst Paul VI.) und die deshalb zumeist mit unter diesen Begriff gerechnet werden.
Erziehungs-Enzyklika
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]PapstPius XI. stellte inDivini illius magistri (1929) wichtige Voraussetzungen und Forderungen für die christlicheErziehung der Jugend dar. Dabei forderte er unter anderem, der Staat müsse das Recht der Familien auf christliche Erziehung schützen und notfalls das Recht der Kinder auf angemessene Erziehung sicherstellen, wenn die Eltern moralisch oder physisch versagen sollten. Gegen den Willen der Eltern dürfe jedoch dieSchulpflicht nicht durchgesetzt werden. DieSexualerziehung und dieKoedukation bezeichnete er als gefährlich und forderte katholischen Religionsunterricht sowieKatholische Schulen.[3]
Umweltenzyklika
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]MitLaudato si („Gelobt seist du“) vom 24. Mai 2015 veröffentlichte PapstFranziskus am 18. Juni 2015 eine Enzyklika, welche gänzlich unter seiner Feder erarbeitet wurde. Erstmals ist hier das Thema Umwelt in einer Enzyklika zentral. Franziskus entwickelt in dem in der kirchlichen und säkularen Öffentlichkeit als „Umweltenzyklika“[4] oder auch „Ökologieenzyklika“[5] bezeichneten Schreiben einen ganzheitlichen Ansatz derÖkologie. Diesem Rundschreiben wird das Potenzial eines enormen Impulses für die ökologische Bewegung in der Kirche zugeschrieben.[6]
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden:Kompendium der Soziallehre der Kirche. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau, 2006.ISBN 3-451-29078-2.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Enzykliken Papst Johannes Pauls II.
- Enzykliken Papst Benedikt XVI.
- Enzykliken Papst Franziskus
- weitere Enzykliken und Päpstliche Schreiben
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑KNA: „Lehrschreiben der vier Hände“. In: katholisch.de. 5. Juli 2013, abgerufen am 18. März 2014.
- ↑Die gesamte Tragweite erkennen. Papst Franziskus sieht "Laudato si" auch als Sozialenzyklika. In: domradio.de. 24. August 2021, abgerufen am 24. August 2021.
- ↑Deutscher Text vonDivini illius magistri
- ↑SoMisereor,katholisch.de,kath.ch,Cicero-Magazin,Herder-Verlag (Memento desOriginals vom 12. Oktober 2016 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.herder.de u. v. a.; alle Links abgerufen am 11. Oktober 2016.
- ↑Bildungswerk der Evangelisch-Methodistischen Kirche (Memento desOriginals vom 12. Oktober 2016 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.emk-bildung.de, Link abgerufen am 11. Oktober 2016.
- ↑Radio Vatikan:Österreich: Kardinal Schönborn würdigt Laudato Si’ (Memento vom 18. Juni 2015 imInternet Archive)