
UnterEntscheidung versteht man die Wahl einerHandlung aus mindestens zwei vorhandenen potenziellen Handlungsalternativen unter Beachtung der übergeordnetenZiele.[1] Mit derEvaluation der Konsequenzen von Entscheidungen befasst sich dieEntscheidungstheorie.
Entscheidungen werden im Alltag vonnatürlichen Personen getroffen, die man Entscheidungsträger nennt. Entscheidungsträger können Entscheidungen für sich (etwa jemand kauft sich ein Buch) oder fürOrganisationen (Unternehmen,Behörden) treffen. Im letzteren Falle treffenFührungskräfte im Rahmen ihrerFührungskompetenz und andere Mitarbeiter im Rahmen ihrerDurchführungskompetenz Entscheidungen, die für oder gegen ihre Organisation wirken. DieseEntscheidungskompetenz wurde den Entscheidungsträgern durchDelegation ausdrücklich übertragen.Computer entscheiden nicht selbst, sondern nur aufgrund vonComputerprogrammen, die von Menschen geschaffen wurden.
Im Alltag tauchen Entscheidungssituationen täglich sehr häufig auf, ohne dass man sich hierüber bewusst ist. DerFahrer muss entscheiden, ob er dieFahrtrichtung geradeaus wählt oder rechts abbiegt. Die Auswahl von einer dieser beiden Handlungsalternativen hängt vom Fahrtziel ab, so dass also selbst bei dieser simplen Entscheidung wiederum das Ziel für die Auswahl der richtigen Handlungsalternative von Bedeutung ist. Der Fahrer muss kurzfristig entscheiden, während sich etwa einRichter während eines langwierigenGerichtsverfahrens für dasUrteil bis zumVerkündungstermin Zeit lassen kann. Eine Entscheidung kann oft bis zum spätesten möglichen Zeitpunkt hinausgeschoben werden, wobei in der Zwischenzeit weitereInformationen eingehen und den Informationsgrad erhöhen.[2] Informationen – deren Quantität und Qualität – sind essentiell für das Treffen richtiger Entscheidungen. Der Informationsgrad misst die Unvollkommenheit von Informationen:
Vollkommene Information liegt demnach bei 100 % vor, unvollkommene Information zwischen 0 und 100 % und vollkommeneIgnoranz bei 0 % vor.
Bei der Entscheidung aus mehreren Handlungsalternativen wird diejenige ausgewählt, die sich im Hinblick auf ein Ziel als die beste erweist.[3] Diese Alternativen ergeben sich aus derEntscheidungsvorbereitung, für die meist der BegriffPlanung Verwendung findet.[4] Handlungsalternativen können allgemein aus einem bestimmtenHandeln oder einemUnterlassen bestehen. Erkennt etwa der Einkaufsleiter im Unternehmen, dass ein bestimmterRohstoff kurzfristig zu teuer geworden ist, so unterlässt er einen geplanten Kauf; auch dies ist eine Entscheidung.Spontane, also ungeplante Entscheidungen (Entschlüsse), sind keine echten Entscheidungen im Sinne der Entscheidungstheorie.
Die Eigenschaft, ohne Verzögerung zu entscheiden und dabei zu bleiben, wird alsEntschiedenheit bezeichnet (vgl.Führung oderStarrsinn). DieStatistik undÖkonomie befasst sich in der Entscheidungstheorie mit der Frage nach der optimalen Entscheidung.Etymologisch stammt dasVerb „entscheiden“ von demgermanischen Wort „skaipi“ (Plural von „skeidir“ fürSchwertscheide) für zwei getrennte Holzplatten, die einSchwert schützten. ImAlthochdeutschen wurde dieser Wortstamm zu „sceidan“ und dann zu „intsceidôn“ für „aus der Scheide ziehen, trennen“ weiterentwickelt.[5] Dasmittelhochdeutsche Wort „entscheiden“ bedeutete „absondern, aussondern, bestimmen und richterlich ein Urteil fällen“. Die Aussagen und Ansichten mussten durch denRichter voneinander getrennt werden („scheiden“), um zur richtigen Einsicht zu gelangen.[6] Ein etymologisches Wörterbuch leitete im Jahre 1819 das Wort Entscheidung vom Verb „scheiden“ ab, weil der Entscheidungsträger mehrere Alternativen voneinander zu trennen hat.[7]
Jeder Entscheidung geht ein Entscheidungsprozess voraus. Er umfasst die PhasenDiagnose,Zielsetzung,Problemdefinition,Informationsbeschaffung und -auswertung, Suche nach Handlungsalternativen,Antizipation erwünschter und unerwünschter Folgen,Prognose der Konsequenzen hieraus, Handhabung der Prognoseunsicherheit, Bewertung und Vergleich von Entscheidungsalternativen, Umsetzung der Entscheidung und Umsetzungskontrolle.[8] Der Entscheidungsträger erkennt die Notwendigkeit irgendeiner Entscheidung (Diagnose) und sammelt daraufhin entscheidungsrelevante Informationen undDaten, die er sukzessive filtert und reduziert, um hieraus die Handlungsalternativen abzuleiten. Es schließt sich die Phase der Bewertung aller gefundenen Alternativen an, aus denen die Wahl zu Gunsten einer bestimmten Handlungsalternative getroffen wird. Dieser Entschluss wird schließlich durchgesetzt, die Entscheidung wird umgesetzt; es folgt die Umsetzungskontrolle.[9] Es gibt auch diverseEntscheidungsfindungsmethoden und -systeme für Gruppen.
Entscheidungen können in Bezug auf den Entscheidungsgegenstand unterteilt werden:
| Entscheidungsgegenstand | Konsequenzen | Betrifft, Betroffene | Beispiel |
| Wahl einer Handlungsalternative | Handlung und ihre Folgen | Dinge, Sachen, Menschen, Aufgaben, Anweisungen, Aufträge | Handlungsentschluss von Individuen, Gruppen. Demokratische Gesellschaften oder deren legitimierten Vertreter begründen staatliches Handeln oder beschließen steuernde Eingriffe in dasselbe. |
| Meinungsbildung | Eine Beurteilung wird durch die gewählte Meinung abgeschlossen. | kognitive und soziale Prozesse der Meinungsbildung | |
| Zielfindung | Künftige Entscheide und Handlungen richten sich an diesen Zielen aus. | Präferenzen der Entscheidungsträger und Betroffenen | Beschluss von strategischen Zielsetzungen, Entscheid für einen bestimmten Weg und die damit verbundenen Anstrengungen |
| Eingehen oder Beenden einer sozialen Beziehung | Entscheid zu Veränderung von sozialen Beziehungen mit inhärenter Veränderung künftiger Entscheidungssituationen. | Soziale Dynamik | Kontaktaufnahme, -vertiefung, -abbruch zu anderen Entscheidungsträgern mit Bildung einer Dyade bzw. einer Gruppe. Kontaktanbahnung, Annahme einer Offerte, Schließen eines Vertrages, Eintritt oder Austritt aus einer Kooperationsbeziehung |
| künftige Entscheidungsverfahren | Verfahrensfestlegung | Organisationen | Festlegung von Verfahren zu Entscheidungsverfahren |
Entscheidungen lassen sich in eine Vielzahl von Arten einteilen:[10]
Unterkybernetischer Betrachtung bilden die Entscheidungen eines Systems (oder einerEntität) einen zeitdiskreten Regelungskreislauf, in dem das System mit der Systemumwelt interagiert. Die gleiche Entscheidung kann z. B. mehrmals oder immer wieder getroffen werden (z. B. Verlasse ich eine mittelmäßige Party oder bleibe ich noch?). Wichtig ist in dem Zusammenhang auch die Frage, ob ein Entscheid unbewusst getroffen werden kann und wer oder was überhaupt die Fähigkeit zum Entscheiden hat.
Im weiten Sinn setzt ein Entscheid nicht notwendig einBewusstsein voraus, so wie die entscheidende Entität nicht notwendig ein Mensch sein muss. So kann ein Lebewesen oder auch eine Maschine, ein technisches Gerät bzw. eine Anlage Entscheidungen treffen. Software ist hier auch als programmierter Automat und virtuelle Maschine zu verstehen, die in hoher Frequenz Entscheidungen trifft.
So entscheidet sich eineAmöbe, ob sie sich auf eine Reizquelle hin oder von ihr weg bewegt und eine Heizungsregelung stellt den Brenner an, wenn der Thermostat eine Temperatur unterhalb des unteren Schwellwertes misst. In praktisch jeder Software bestehenbedingte Anweisungen, welche sich anhand eines logischen Ausdrucks für eine von zwei alternativen Folgeanweisungen entscheiden.
Auch menschliche Entscheide sind oft unbewusst und instinktartigautomatisiert. Ein Mensch trifft i. d. R. tausende von Entscheidungen täglich, ohne lange zu überlegen, die oft in Sekundenbruchteilen erledigt sind (Spontankauf). Dem KybernetikerHeinz von Foerster zufolge hat der Mensch jedoch einen besonderen Entscheidungsbereich: „Nurdie Fragen, die prinzipiell unentscheidbar sind, könnenwir entscheiden.“[21]
Die meisten Computerprogramme dienen der Unterstützung von menschlichem Entscheiden. Es gibt aber durchaus auch Programme, die autonome Entscheidungen treffen, von denen unser Leben abhängen kann (Beispiel:ABS-Bremse). Bewusstsein und Willensfähigkeit scheinen aber die Voraussetzung zu sein für komplexe Entscheidungen. In verschiedenen gesellschaftlichen Teilsystemen wie Politik, Unternehmen, Medien laufen unterschiedliche komplexe Entscheidungsprozesse, welche für diese Teilsysteme charakteristisch und deren Ziele oft nicht alle transparent sind.
In der wissenschaftlichen Analyse erweist sich der Entscheidungsprozess meist als mehrstufig. Grundsätzlich resultiert das Verhalten des Menschen aus einer Abfolge von Entscheidungen im Abstand von Sekundenbruchteilen oder Minuten. Er kann sie bewusst oder unbewusst, sofort oder in Form eines längeren Abwägungsprozesses fällen, sie können Aktivität oder Passivität zur Folge haben, können alsrichtig oderfalsch bewertet werden. Als Alternativen kann das Gehirn nur Informationen verwerten, die gelernt und in den Speichern abgelegt wurden. Hinzu kommt der Einfluss von zahlreichen unbewussten Faktoren: Stimmungen, Körperbefindlichkeit, Erfahrungen.
Jede Einzelentscheidung kann als einAbwägungsprozess in den neuralen Netzen des Gehirns aufgefasst werden. Die „Gewichtung“ der Argumente erfolgt (auf der neurowissenschaftlichen Ebene) durch biochemische oder bioelektrische Vorgänge. Auf der neurologischen Ebene hatAntónio Damásio herausgestellt, dass der Mensch jedem Begriff und jeder Erinnerung einen Artsomatischen Marker zuordnet, durch diese könnenheterogene Informationen beschleunigt zu einer Entscheidung verarbeitet werden.
Die emotionalen Marker bewirken im Alltag eine automatische Bevorzugung von vorteilhaften (meist egoistischen)Argumenten und helfen bei der Vermeidung von Gefahren. Es handelt sich um eine entwicklungsgeschichtlich sehr alte Funktion, die jedem Tier mit hinreichender Gehirnkapazität entscheidende Überlebensvorteile bietet. (Gedächtnis undMandelkerne sind nötig.) Der Mensch nutzt diese Bewertungsfunktion bevorzugt für unbewusste oder spontane Reaktionen „aus dem Bauch heraus“. In den emotionalen Markern sind also die persönlichen Erfahrungen abgebildet. Aus dieser (Lebens-)Erfahrung erwächst dieIntuition.
Mit dem Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert gewann der Begriff der Entscheidung philosophisch an Bedeutung. Mit der Evolutionstheorie, den Ausläufern derSäkularisierung und dem Siegeszug der Naturwissenschaften lösten sich die etablierten theologischen Handlungs- und Entscheidungsvorgaben auf und verschoben die Rolle des Menschen in der Welt. In der Folge der veränderten Stellung seiner geschichtlichen Existenz wurden die Existenzielle neu aufgeworfen: Gibt es dem Menschen eine übergeordnete Instanz (Transzendentes, Göttliches, Metaphysisches) oder ist er selbst das Höchste und Einzige in der Welt.[22] Im ersten Fall wären alle Entscheidungen dieser übergeordneten Instanz vorbehalten, im zweiten Fall wäre der Mensch für alle Entscheidungen selbst zuständig und verantwortlich. Diese Fragen wurden unterschiedlich beantwortet und reichen vonMax Webers Theorie zur charismatischen Entscheidung über dieAnthropologien vonArnold Gehlen,Helmuth Plessner oderKarl Jaspers bis hin zum Existenzialismus vonSøren Kierkegaard oderJean-Paul Sartre.
Vor allem durch die ArbeitenCarl Schmitts zumDezisionismus wurde die Theorie zur Entscheidung stark politisiert, da Schmitt einen engen Zusammenhang zwischen Entscheidung undAusnahme herstellte. Diese fand mit seinem Aufsatz 1934 „Der Führer schützt das Recht“[23] unmittelbar Eingang in die politische Wirklichkeit. Dieses historische Erbe lud die theoretische Arbeit zum Begriff der Entscheidung mit einer existenziellen und politischen Brisanz auf und machte ihn zum theoretischen und politischen Kampfbegriff:
Man kann zwar nicht leugnen, dass es Begriffe gibt, die gefährlich, weil gegen Missbrauch nicht eo ipso geschützt sind. Ihre Schärfe, die sie brauchbar macht, ist dann von der Unschuld der Waffen. Der Begriff der Entscheidung ist brauchbar und sogar unentbehrlich.[24]
Analytisch und ideengeschichtlich weist der philosophische Begriff der Entscheidung eine Verwandtschaft zum Begriff desCharisma auf,[25] zumPositivismus und zum Dezisionismus. Seit den 1990er Jahren wurde der Begriff der Entscheidung stückweise rehabilitiert. So identifizierteStefan Gosepath ihn beispielsweise als Voraussetzung des Rationalismus:
Die Vernunft kann nicht durch sich selbst gerechtfertigt werden. Eine rationalistische Einstellung ist dadurch charakterisiert, dass sie der Begründbarkeit größte Bedeutung beimisst. Aber diese rationalistische Einstellung lässt sich selber nicht begründet, denn nur Menschen, die auf Gründe zu hören bereit sind, also bereits rational sind, werden eine rationale Argumentation akzeptieren. Die rationalistische Einstellung muss zuerst eingenommen werden, bevor Gründe sinnvoll angeführt werden können. […] Die rationalistische Einstellung ist letztlich ein unbegründbarer Glaube an die Vernunft. Den Vernunftgebrauch kann man nicht begründen, sondern nur zu ihm erziehen. […] Man könnte meinen, dass das Zugeständnis einer dezisionistischen Komponente … dem radikalen Begründungsanspruch des Rationalismus widerspräche. […] Dezisionismus widerspricht keineswegs dem Prinzip der Autonomie oder des Rationalismus.[26]
Für wichtige Entscheidungen zieht der Mensch zusätzlichrationale (verstandesmäßige) Informationen hinzu, deren objektive oder vermutete Bedeutung er virtuell in seinem „Vorstellungsraum“ vergleichen kann. Hierunter fällt auch alles, was ihm eindringlich genug gelehrt wurde: ethische Gebote, Gesetze aller Art einschließlich der Ermahnungen zumAltruismus. Er benutzt für den Vergleich sein sog. Kurzzeitgedächtnis, eine Funktion, mit der er zwei oder wenige Informationsinhalte einigermaßen gleichzeitig im „Vorstellungsraum“ präsentieren und auf die er sich dann konzentrieren kann (Zeit, Vorstellungskraft, gutes Kurzzeitgedächtnis, gute Informationen sind gute Voraussetzungen).

Bei wichtigen Problemstellungen verläuft der Entscheidungsprozess nach heutiger Lehrmeinung zweistufig. In einem ersten Schritt wird das Ziel festgelegt (siehe nebenstehende Abbildung): Der den Prozess auslösenden Vorgaben (Ursache zum grundsätzlichen Handlungsplan) werden mittels der Intelligenzfunktion (Suchfunktion) Alternativen zur Seite gestellt. Sie haben eine rational begründende Bedeutung (Gewicht) für die Entscheidung, sind aber auch mit wertenden emotionalen Markern verknüpft. Als Beispiel sei angenommen, dass jemand eine Einladung zu einer Bergwanderung erhält und nun entscheiden will, ob er teilnimmt. In den Speichern des Gehirns findet die Intelligenz sofort zustimmende Argumente wie Erinnerungen an frühere entsprechende Unternehmungen oder begeisterte Schilderungen anderer. Dagegen mag der aktuelle Wetterbericht und das Problem geeigneten Schuhwerks sprechen. Alternativen für eine eventuell sinnvollere Nutzung des Tages dürfte die Erinnerung an den Terminkalender aufzeigen oder das schlechte Gewissen an nicht erledigte gesellschaftliche Verpflichtungen. Die Gedächtnisspeicher des Gehirns enthalten eine Unmenge positiver und negativer Argumente, deren eindrucksvollste einer Person „durch den Kopf schießen“, ihr also bewusst werden, von denen viele aber auch nur unbewusst einen gewissen (meist emotionalen) Akzent hinzufügen.
Wichtige Komponenten des Abwägungsprozesses sind natürlich Erörterungen über das Risiko (der Zielerreichung) oder den persönlichen Wert, zu denen allein es eine Fülle wissenschaftlicher Arbeiten gibt (z. B. von John William Atkinson). Ferner können ungezählte zeitlich zurückliegende Informationen wie die drastische Ermahnung der Großmutter oder ein Film über Gefahren der Berge in unkalkulierbarer Intensität Einfluss gewinnen. Unbewussteangeborene Motivationen wie Bewegungsdrang, Neugier oder starke Zuneigung zu einem Mitglied der wandernden Gruppe wirken immer mit ein, und andererseits haben immer auch aktuelle körperliche Befindlichkeiten (Müdigkeit, Kopfschmerzen) ihr Gewicht bei der Entscheidung. Das Resultat aller Abwägungen kann grundsätzliche Zustimmung sein. Das Individuum hat mit dieser „Rubikon-Entscheidung“ (eine „Intention“ nach Heinz Heckhausen) ein Ziel generiert. Viele Ursachen haben Einfluss genommen und das Ziel letztlich „determiniert“.
In einem zweiten Schritt wird nun über die Art der Durchführung entschieden. In dem vorstehenden Beispiel: Wie lange, welche Kleidung, welcher Proviant, welche häuslichen organisatorischen Planungen müssen erledigt werden? Bis diese zweite Entscheidung getroffen wird, dürfte nachUdo Rudolph bereits dieWillensstärke wirken, die die Intention gegen Zweifel, Bedenken, Versuchungen u. ä. abschirmt. Dieser Wille wird zumDurchsetzungsvermögen wenn nach der zweiten Entscheidung (über die Art der Durchführung) der Entschluss zum Bergwandern feststeht. Wille und Durchsetzungsvermögen sind anlagebedingt unterschiedlich stark ausgeprägt, helfen nun aber, neu auftretende Widerstände zu überwinden oder Ablenkungen zu ignorieren. Auch zu dieser Phase existieren vielseitige wissenschaftliche Untersuchungen. In dieser naturwissenschaftlichen Erklärung der „Willensbildung“ kommt einfreier Wille, der derKausalität nicht unterworfen ist, nicht vor.
Der oben dargestellte Entscheidungsprozess kann auch mit Hilfe eines Rahmenmodells dargestellt werden. Hierbei handelt es sich nicht um eine Theorie, da dasModell weder Entscheidungen erklärt noch vorhersagt. Allerdings ist es möglich Theorien und Phänomene darin einzuordnen. Im Modell wird zwischen den drei Entscheidungsphasen präselektionale Phase, selektionale Phase und postselektionale Phase unterschieden, wobei sich in der selektionalen Phase die eigentliche Entscheidung abspielt.[27]
Im Folgenden werden diese Phasen zur Übersicht über den Entscheidungsprozess näher erläutert.
Diese Phase ist der Beginn des Entscheidungsprozesses und steht vor dem eigentlichen Entscheiden, denn in der präselektionalen Phase werden die unterschiedlichenOptionen generiert und es wird nach entscheidungsrelevanten Informationen gesucht. Zudem findet die grundlegende Identifikation der Entscheidungssituation in dieser Phase statt.
In alltäglichen Entscheidungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass einem alle Optionen undKonsequenzen bekannt sind und daher muss man lautHerbert A. Simon von der rationalen Entscheidungsregel (Maximierungsregel) derNutzentheorie absehen. Er setzt hierbei auf das Verhaltensmodell. Dieses Modell geht von der begrenztenRationalität des Menschen aus.[28] Unter begrenzter Rationalität ist ein Modell menschlichen Entscheidens von Simon zu verstehen, das aufzeigt, dass Menschen trotz der eingeschränkten Information und Verarbeitungskapazität, sowie anderen Faktoren, dazu in der Lage sind ihre Entscheidungen so zu treffen, dass am Ende ein recht gutes Ergebnis steht. Der Grund dafür liegt in einer Folge von Vorgängen, unter anderem in der Verwendung von einfachen Entscheidungsstrategien.[28]Zu diesen Entscheidungsstrategien gehört die:
Wie eine Entscheidung letztlich getroffen wird hängt von der Situation ab und ist meist das Ergebnis aus unterschiedlichen Strategien der Informationsbeschaffung.[29]
In dieser Phase wird die eigentliche Entscheidung getroffen, wofür zuerst die gegebenen Informationen gesichtet werden müssen und eine Bewertung vorgenommen werden muss. Für die Untersuchung dieses Entscheidungsprozesses wird meist dasLotterieparadigma eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine Untersuchungsmethode, bei der die Optionen, deren Werte und Konsequenzen, sowie die Wahrscheinlichkeiten angegeben werden und sich derProband mit Hilfe dieser Angaben entscheiden muss. Es ist daher keine Informationssuche notwendig.
Um die Ergebnisse von Bewertungen und Entscheidungen erklären und vorhersagen zu können, verwendet man dieNutzentheorie.[30] Diese wurde axiomatisiert, um die Prinzipien des rationalen Entscheidens präzise herauszuarbeiten.
Die vier zentralen Prinzipien rationalen Entscheidens sind:
Untersuchungen von Slovic, Fischhoff und Lichtenstein zeigten allerdings, dass Menschen dazu neigen, diese Prinzipien zu verletzen.[31] Dies wird im Folgenden dargestellt:
Die Kritik für den nutzentheoretischen Ansatz ist aufgrund der großen Anzahl an benötigten Informationen (Optionen, Konsequenzen, Werte und Wahrscheinlichkeiten) für das Erreichen des höchsten zu erwartenden Nutzens nachvollziehbar. Es handelt sich daher um einen eingeschränkten Geltungsbereich, da im Alltag die Optionen, sowie die Konsequenzen meist selbst gesucht werden müssen.[33]
In dieser Phase findet die Entscheidungsendbewertung statt.
Auf all unsere Entscheidungen folgen oft Konsequenzen, die Auswirkungen auf unsere Umwelt haben, von der wir dann eine Rückmeldung erhalten. Die Konsequenzen unserer Entscheidungen, welche das Feedback darstellen, wirken sich auf kommende Entscheidungen aus. Anhand der effektiv bewirkten Folgen des Entscheids kann zu einem späteren Zeitpunkt der Erfolg einer Entscheidung gemessen werden. DieEntscheidungsgüte (Qualität) kann u. a. daran gemessen werden, wie gut die Auswirkungen der Entscheidung dem gewünschten Ziel nahekommen undRandbedingungen erweitern oder verengen. Aus der rückblickenden Bewertung der Qualität der Entscheidung kann für folgende Entscheide gelernt werden. Einintelligentes System oder Individuum kann grundsätzlich aus vergangenem Agieren und Verhalten lernen und danach zu zielführenden Entscheidungen kommen. So zeigt dasEffektgesetz, dass die positiven Konsequenzen einer Entscheidung den Menschen dazu bringen, diese Entscheidung zu wiederholen und im Gegensatz hierzu negative Konsequenzen dazu führen, dass eine diesbezügliche Entscheidung in Zukunft gemieden bzw. nochmals überdacht wird. Daher hat eine Entscheidung immer eine Vergangenheit und eine Zukunft.[34] Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Umweltfaktoren und Wirkmechanismen, welche die Entscheidungssituation und die auf die Entscheidung folgenden Konsequenzen bestimmen, immer auch etwas verändern.
Es ist möglich, bei sich wiederholenden Entscheidungen auf eine bereits gewonneneRoutine zurückzugreifen. Aus der Vergangenheit abgeleiteteLerneffekte (Erfahrungen) können das Entscheidungsverhalten nur dann verbessern, wenn die aktuelle Entscheidungssituation mit den vergangenen Situationen vergleichbar ist. Bei einer wiederholten Entscheidung kann man die schon bekannte Option wählen oder man entscheidet sich für eine neue Option, deren Ausgang noch unbekannt ist. Die Gefahr, dass bei einer solchen wiederholten Entscheidung, mit der Möglichkeit auf den Rückgriff bereits routinierter Verfahren, neue Informationen nicht beachtet werden, ist sehr hoch. Damit Routinen aufgegeben werden, muss es erst häufige negative Rückmeldungen gegeben haben und selbst dann besteht die Möglichkeit eines Rückfallfehlers. Routinen können positiv und negativ gewertet werden: ein positiver Effekt ist der vermeintlich effektivere Umgang mit kognitiven Ressourcen. Negativ zu bewerten ist die einseitige Informationssuche zur Stützung der gewählten Hypothese, der sogenannteBestätigungsfehler.[35]
Entscheidend ist auch, sich für den Reflexionsprozess genug Zeit zu nehmen und die Fähigkeit, reflektieren zu können bzw. sich Reflexion von Anderen zu holen. Die andere Sicht der Anderen ist wichtig, um die eigeneWahrnehmungsverzerrung auszugleichen, Irritationen zu erkennen, um der Realität so nahe wie möglich zu kommen.
Besonders nach wichtigen Entscheidungen haben Personen häufig mit der sogenanntenkognitiven Dissonanz zu tun. Damit ist gemeint, dass jede Option positive und negative Konsequenzen mit sich bringt. Nach der Entscheidung befindet man sich dann in einem Konflikt, da die negativen Konsequenzen der gewählten Option mit den positiven Konsequenzen der nicht gewählten Option dissonant zur Entscheidung sind.[36] Dieses Phänomen ist auch der Grund dafür, weshalb Entscheidungen im Nachhinein oft aufgewertet werden – dadurch versucht der Entscheider sich aus diesem Spannungskonstrukt zu lösen.[37]
Eine Studie kam 2022 zu der Erkenntnis, dass veränderte materielle Ausgangsoptionen die Entscheidung der Teilnehmenden um lediglich 20 Prozent beeinflussten und diese stattdessen maßgeblich durch kognitive Vorentscheidungen soziale Normen beeinflusst war.[38]
Der Mensch trifft täglich Entscheidungen. Die meisten davon, die Alltagsentscheidungen, werden eher routiniert und automatisiert getroffen: Was ziehe ich heute an? Was koche ich? Was kaufe ich ein? Sie sind in Relation zu großen „Lebensentscheidungen“ von untergeordneter Natur. Diese existenziellen Entscheidungen fallen uns schwerer, da sie nicht täglich getroffen werden müssen und daherErfahrung undRoutine fehlen. Sie betreffen etwa die Frage desArbeitsplatzwechsels oder derFamilienplanung. Sie haben einen erheblichen Einfluss auf unser Leben. Daher spielen bei diesen Entscheidungen Ängste, mangelndes Selbstvertrauen oder die Gegenüberstellung von Bauchgefühl zu Logik und Fakten eine Rolle. Anders ausgedrückt: die Angst davor, eine falsche Entscheidung zu treffen und vor den daraus resultierenden möglichen Konsequenzen.[39] Maßgeblich hierfür ist nicht nur das individuelleSelbstvertrauen. Es ist zwar ausschlaggebend dafür, ob und wie lange wir zögern, eine Entscheidung zu treffen, wie lange wir uns damit beschäftigen, sollte sie sich als eine schlechte herausstellen und den damit folgenden Umgang.[39] Eine ebenso große Rolle spielen dieGefühle, die mit den Zukunftsszenarien und möglichen Konsequenz der zu treffenden Entscheidung verbunden sind. Denn Entscheidungen können immer Konsequenzen haben, im positiven wie im negativen Sinne.
Gefühle – oder auchEmotionen – sind Empfindungen, die teilweise angeboren sind – Grundgefühle – oder durch Erlebtes geprägt werden.[39] Diese unterschiedlichen bzw. unterschiedlich gemachten Erfahrungen sind mitunter der Grund, warum die Fähigkeit, eine Entscheidung zu treffen oder einen Entschluss zu fassen, bei jedem Einzelnen auch entsprechend unterschiedlich ausgeprägt ist. Im Grunde ist jede Entscheidung auch von unseren Gefühlen beeinflusst, da diese auf den bereits gemachten Erfahrungen basieren. Jedes Ereignis, jede Erfahrung, ganz gleich ob positiv oder negativ, haben wir zusammen mit dem entsprechenden Gefühl gespeichert. Bei einer neu zu treffenden Entscheidung werden diese Gefühle abgerufen und Bilder von möglichen Zukunftsszenarien eingeblendet. Hieraus entsteht eineTendenz, welche zu einer Entscheidung führt. Dieser Vorgang hat eine, unser Leben stark vereinfachende, Wirkung und läuft größtenteilsunterbewusst ab, da unser Gehirn auf diese bereits gespeicherten Daten zurückgreift. Handlungen und Geschehnisse werden, je nach Erfahrung oder Situation, positiv oder negativ bewertet.[39]
Beim Treffen einer logischen Entscheidung werden Gefühle weitgehend ausgeblendet, um ausschließlich rationale, teilweise sogar mathematische Methoden der Entscheidungsfindung anzuwenden. Im Gegensatz dazu können emotionale Entscheidungen zu einem gewissen Maße Logik beinhalten, dennoch ist ihre Hauptantriebskraft das Gefühl.[40] Dieses überwiegt die Logik. In anderen Fällen wird eine Art Pseudo-Logik gebraucht, um eine emotionale Entscheidung zu bekräftigen oder zu unterstützen. Zudem kann eine emotionale Entscheidung, die mit der Logik begonnen wird, für die schlussendliche Entscheidung auch auf die Emotion zurückgreifen.[40]
DieIntuition basiert aufWissen, welches aus Erfahrungen gezogen wird; sie begründet eine Entscheidung aber eher unterbewusst.[41] Die Stimmungseffekte von Menschen lassen sich nach Isen und Kollegen mit dem Ziel, gute Stimmung zu erhalten und schlechte Stimmung zu vermeiden, begründen. Auch schwache Gefühle haben einen Einfluss auf den Entscheidungsprozess, selbst wenn sie nicht im direkten Zusammenhang mit dem Ausgangsproblem stehen.[42]
AuchStimmungen undAffekte sind Emotionen und damit ebenfalls Meinungs- und Entscheidungsbildner. Während Affekte von kurzer Dauer aber hoher Intensität sind, ist es bei den Stimmungen genau umgekehrt. Hier ist die Intensität geringer, jedoch sind sie von längerer Dauer. Stimmungen und Affekte sind von geringerObjektivität, da sie unmittelbar auftreten und Logik und Fakten nicht in Betracht nehmen.[43]
In der Entscheidungsforschung gibt es vier verschiedene Ansätze zu den Rollen von Gefühlen: Gefühle alsEpiphänomene des Entscheidens, Gefühle als Prozessdeterminanten, Gefühle als Entscheidungskriterium des kognitiv vermittelnder Einfluss sowie Gefühle als Entscheidungskriterium des direkten Einflusses.[44]
Im ersten Ansatz spricht man von Gefühlen als so genannte Epiphänomenen des Entscheidens. Aus der Sicht der rationalen Perspektive versteht man hier die Gefühle als ein Nebenprodukt, eine Begleiterscheinung ohne Eigenwirkung: sie entfaltet aus eigener Kraft keine Wirkung, kommt in bestimmten Kontexten vor. Als vermeintliche Begleiterscheinung wird den Gefühlen hier kein ursächlicher Einfluss auf die Entscheidungsbildung zugestanden.
Gefühle als Prozessdeterminanten beschreiben den zweiten Ansatz der Entscheidungsforschung. In diesem Ansatz wird ermittelt, wie der Prozess des Entscheidensvon den Gefühlen beeinflusst wird. In der Handlungssteuerung können Gefühle eine bedeutungstragende Rolle übernehmen. Durch Gefühle wird der Organismus über Veränderungen der inneren und äußeren Umwelt informiert. Die negativen Gefühle steuern zum einen die Aufmerksamkeit und motivieren das Individuum zugleich, sich mit neuen und dringlichen Aufgaben zu befassen. Gefühle können Entscheidungsaufgaben unterbrechen und die Bearbeitung von neuen Aufgaben beeinflussen. Negative Gefühle sind unter anderem Enttäuschung – wenn z. B. das gewünschte Resultat einer einst getroffenen Entscheidung ausgeblieben ist – oder Bedauern – wenn man das Gefühl hat, aus zwei Optionen die vermeintlich doch „schlechtere Wahl“ getroffen zu haben.
Der dritte Ansatz beinhaltet das Entscheidungskriterium als kognitiv vermittelnden Einfluss. Hier ist nicht das Gefühl von Bedeutung, sondern die kognitive Repräsentation des Gefühls in der spezifischen Situation. Durch ein bestimmtes Erfahrungsrepertoire lernt der Mensch, dass Konsequenzen zu bestimmten Emotionen führen können. Gefühle lehren uns die Erfahrung aus bestimmten Situationen. Emotionen können antizipiert werden und als Entscheidungskriterium für zukünftige Entscheidungen gelten. Die Stärke der Emotionen wird oft über- oder unterschätzt.
Bei dem letzten Ansatz handelt es sich um den direkten Einfluss, den die Gefühle als Entscheidungskriterium tragen können. Dieser Ausgangspunkt ist in der Entscheidungsforschung erst seit wenigen Jahren relevant. Er besagt, dass Gefühle die zentralen Determinanten der Entscheidungen darstellen. Somit haben Gefühle einen direkten Einfluss auf unsere Entscheidungen.
Der NeurowissenschaftlerAntónio Damásio,University of Southern California, deutet den präfrontalenCortex als eine ArtMittler zwischen Gefühl und Verstand und vertritt die Ansicht, dass der präfrontale Cortex die Gefühlsregion deslimbischen Systems mit den rationalen Abwägungen derGroßhirnrinde verbindet.[45]
António Damásio beschäftigte sich u. a. auch mit Untersuchungen an Patienten mit Schädigungen im Bereich des orbitofrontalen Cortex, welchem eine wichtige Rolle bei der Gefühlsvermittlung im Entscheidungsprozess zugeschrieben wird. Auch wenn für die Entstehung von Gefühlen vor allem das limbische System verantwortlich ist, so haben Patienten mit Schädigungen des orbitofrontalen Cortex schwere Defizite im emotionalen Erleben und massive Probleme bei der Handlungsplanung sowie dem Treffen von Entscheidungen.
Für Damásio steht fest, dass Entscheidungen emotionale Regungen brauchen: Aus purem Verstand heraus könne der Mensch nicht handeln.
Die Entscheidung entsteht durchgeistigeArbeit eines oder mehrererEntscheidungsträger, welche für den Entscheidlegitimiert sind. Ein Entscheid ist immer auch geprägt durch die subjektiven Grundlagen der Entscheidungsträger, durch derenPräferenzen,Gefühle,Vorlieben,Abneigungen,Wertvorstellungen,Erfahrungen und Risikobereitschaft (Risikoaversion oderRisikoaffinität). Auf Grund dieser Einflüsse unterliegt eine Entscheidung in der Regel nur einerbeschränkten Rationalität (englischBounded Rationality). Ein Entscheid zieht geplante, oft aber auch unerwarteteKonsequenzen nach sich, für welche sich die Frage stellt, wieweit dieseVerantwortung von den Entscheidungsträgern zu tragen ist.
Entscheidungsparameter (exogene und endogene) sind diejenigen Größen, die eine Entscheidung zwar beeinflussen, aber als von ihr unabhängig angesehen werden. Die Entscheidung selbst ist einAktionsparameter, der Entscheidungsträger hat aber bei seiner Auswahl der besten Handlungsalternative auch Reaktionen imUnternehmen und derUmwelt außerhalb des Unternehmens alsReaktionsparameter zu berücksichtigen (Fremdentscheidungen). Auch – zumindest kurzfristig – durch die getroffene Entscheidung nicht beeinflussbare Größen (Datenparameter) muss er einbeziehen.
Um richtige Entscheidungen treffen zu können, benötigt der Entscheidungsträger Informationen und Daten, die für die Entscheidung relevant sind. Ihre Beschaffung kannInformationskosten auslösen, die dieGesamtkosten eines Unternehmens erhöhen. Der Entscheidungsträger muss nun abwägen, welche und wie viele Informationen er benötigt und ob im Hinblick auf den Informationsnutzen die Kosten angemessen sind. Unter Informationsnutzen versteht man die Veränderung desZielerreichungsgrades, die durch die Berücksichtigung einer zusätzlichen Information bei der Entscheidungsfindung herbeigeführt werden kann.[46]
DieEntscheidungsfolgen bestimmen die Konsequenzen und Auswirkungen einer Entscheidung, ob sie allenfalls rückgängig gemacht oder abgeändert werden kann oder ob sie unwiderruflich ist. Oft bringt ein Entscheid durch Veränderung der Situation die Notwendigkeit von Folgeentscheidungen. Besonders wichtig sind Entscheidungen, die normative und langfristige Folgen haben und die verschiedene menschliche Gemeinschaften betreffen, z. B. politische Entscheidungen.
Im sozialen, gesellschaftlichen und politischen Kontext sind neben den Entscheidungsträgern oft auch andere Menschen von den Folgen eines Entscheides betroffen. Diese haben nur einen begrenzten oder gar keinen Einfluss auf das Entscheidungsverfahren. Dennoch ist es für denZusammenhalt der Gruppen bzw. die Stabilität der Gesellschaftsordnung wichtig, dass zumindest eine Mehrheit der Betroffenen einen Entscheid und seine Folgen akzeptiert. OhneAkzeptanz einer Entscheidung und des oder der Entscheidungsträger kommt es oft zuKritik,Protest,Streit oderStreik. In der modernenGesellschaft sind deshalb derEntscheidungs- undHandlungsfreiheit der Individuen durch die staatlicheRechtsordnung Schranken gesetzt. So wie sich die Entscheidungsträger für manche Entscheidungen legitimieren müssen, muss sich oft auch der Gegner eines Entscheides für die Anfechtung legitimieren.
In derMikroökonomie wird das Menschenbild des rationalen Entscheiders (lateinischHomo Oeconomicus) entworfen, der sich seinerPräferenzen klar bewusst ist und mit jeder Entscheidung versucht, seinenNutzen zu maximieren. DieTheorie der rationalen Entscheidung wurde jedoch wegen ihrer Annahmen kritisiert. So verfügen dieWirtschaftssubjekte in der Regel nicht über dievollkommene Information über alle potenziell entscheidungsrelevanten Faktoren.
Die Theorie derbeschränkt rationalen Entscheidungen erweitert hier den Modellrahmen, indem diese Unvollständigkeiten im Wissen und in der Informationsverarbeitung mit einbezogen werden. Neben Eigennutz können Entscheide aber auch durch andereWertesysteme wieAltruismus, ethische Werte oderEmotionen bestimmt werden. Daher sind Entscheidungen oft umstritten, da jeder die verbleibende Unsicherheit mit anderen Annahmen belegt.
Die wichtigste Regel zum Treffen von Entscheidungen ist, dass die Entscheidung umso leichter fällt, je kleiner dieUnsicherheit ist – jede Entscheidung fällt leichter, wenn mehr Informationen zum Entscheidungsbedarf vorliegen.
In derEntscheidungstheorie werden Methoden wie z. B. die einfacheNutzwertanalyse (NWA) oder der präzisereAnalytic Hierarchy Process (AHP) angewandt, bei denen Kriterien im Sinne von Gesichtspunkten und Alternativen im Sinne von Lösungsvorschlägen gefunden, dargestellt, verglichen und bewertet werden, um die optimale Lösung zu einer Entscheidung oder Problemstellung zu finden. Die SystemikHolacracy gibt Entscheidungsfindung in großen Netzwerken und vielschichtigen Unternehmen(mit gewünschter Transparenz undpartizipativen Beteiligungsmöglichkeiten durch alle Ebenen hindurch) eine günstige Struktur.
In der Medizin entscheidet ein Arzt in einerDiagnose aufgrund der vorliegendeSymptome für eine von ggf. mehreren möglichenKrankheiten und stützt die Behandlung auf diesenDiagnoseentscheid ab. Der Diagnoseentscheid hat hier oft den Charakter einerHypothese. Spricht der Patient nicht auf die Behandlung an, müssen andere Hypothesen überprüft und ggf. der Diagnoseentscheid revidiert werden.
Psychologie als beratende Tätigkeit ist auf eine fundierte diagnostische Entscheidungsfindung angewiesen (z. B. hinsichtlich Bildungswegen, der Berufswahl, Personalselektion, Therapieindikation).Psychologische Diagnostik ist die Disziplin, Erkenntnisse der einzelnen Teildisziplinen der Psychologie für diese Entscheidungsfindung zu nutzen (Indikationsdiagnostik).
In derRechtsprechung sindEntscheidungen bestimmte Verdikte (vgl.Beschluss undUrteil). Beim Sport gelten die Entscheidungen desSchiedsrichters als unanfechtbar für die Zeit des Spiels (Tatsachenentscheidung).
FORDEC oder FOR-DEC bezeichnet eine Methode zur strukturierten Entscheidungsfindung, die vor allem in derLuftfahrt angewandt wird.
Eine Entscheidung ist das Ergebnis eines Preisvergleiches von Vor- und Nachteilen der jeweiligen Möglichkeit gegenüber deren Alternativen. Eine Unentschiedenheit resultiert aus erkanntem Unwissen bzw. Unklarheit über die Konsequenzen der favorisierten Möglichkeit (ein nicht bestimmbarer Preis). Entscheidungsschwäche resultiert aus der unbewussten Ablehnung der mit der Lösung verbundenen Nachteile. Vermeidung einer Entscheidung bedeutet, andere entscheiden zu lassen, wie beispielsweise nicht an einer Wahl teilzunehmen. Nichtentscheiden ist damit bereits die Entscheidung, die Entscheidung an andere zu übertragen.[47]
Betriebliche Entscheidungen können unter folgenden Kriterien systematisiert werden.[48]
EineFehlentscheidung beruht auf unzutreffenden Daten (falsche oder unzureichende Informationen) oder ausDenk- undRechenfehlern des Entscheidungsträgers bei der Datenauswertung und beim Treffen der Entscheidung. Erich Gutenberg ging 1962 davon aus, dass „Unvollständigkeit und Unzulänglichkeiten der Informationen erhöhen das Risiko von Fehlentscheidungen und Fehlschlägen“.[52] Sie verursacht – neben anderenKosten undSchäden – Friktionskosten. Das sindOpportunitätskosten schlechter Entscheidungen, die auf nicht verfügbarer oder qualitativ inadäquater Information beruhen und durch einenStandardeinsatz hätten verhindert werden können.[53] Entscheidungsträger sind daran interessiert, Fehlentscheidungen zu vermeiden, denn sie können deshalb wegen ihrerVerantwortung zurRechenschaft gezogen werden.[54]
Die Fachliteratur unterscheidet zwischen Fehlentscheidungen erster und zweiter Art.[55] EineFehlentscheidung erster Art liegt vor, wenn ein Unternehmen eineErweiterungsinvestition tätigt, deren Erfolgspotenzial als niedrig eingestuft wird. Von einerFehlentscheidung zweiter Art wird gesprochen, wenn eine Erweiterung derKapazitäten erfolgversprechend ist, aber entsprechende Erweiterungsinvestitionen nicht vorgenommen werden.