Elektrolyt
AlsElektrolyt (Maskulinum,[1] vonaltgriechischἤλεκτρονelektron, deutsch‚Bernstein‘, im übertragenen Sinne ‚elektrisch‘ undλυτικόςlytikós, deutsch‚auflösbar‘) bezeichnet man einechemische Verbindung, die im festen, flüssigen oder gelösten Zustand inIonendissoziiert ist und die sich unter dem Einfluss eineselektrischen Feldes gerichtet bewegt.[2] Oft wird mitElektrolyt auch das feste oder flüssige Material bezeichnet, das die beweglichen Ionen enthält. Dieelektrische Leitfähigkeit solcherIonenleiter ist geringer, als es fürMetalle typisch ist. Sie werden deshalb alsLeiter 2. Klasse bezeichnet.
Leiter 1. Klasse (mit Elektronen alsLadungsträgern) im Kontakt mit einem Ionenleiter heißenElektroden. An den Grenzflächen tretenelektrochemische Reaktionen auf, insbesondere beiStromfluss.
Elektrolyte sind für lebende Organismen (einschließlich des menschlichen Organkomplexes) und derenWasserhaushalt lebenswichtig. Elektrolytmangel kann so zu teils lebensbedrohlichenHitzeschäden führen und tritt oft zusammen mitFlüssigkeitsmangel auf, welcher wiederum häufig durch Durchfallerkrankungen induziert wird.
Einteilung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Elektrolyte sind im weitesten Sinne Stoffe, die zumindest teilweise als Ionen vorliegen.
Man unterscheidet dabei in
- gelöste Elektrolyte (zur Leitfähigkeit von gelösten Elektrolyten sieheElektrolytische Leitfähigkeit)
- starke Elektrolyte, die vollständig in Ionen gespalten werden, wenn sie gelöst werden, wie zum BeispielNatriumchlorid
- schwache Elektrolyte, die nur zum Teil in Lösung dissoziieren, wie zum BeispielEssigsäure
- Festkörper
- Einechter Elektrolyt ist ein Stoff, der im festenAggregatzustand ausIonenkristallen besteht und in Schmelze oder Lösung, in besonderen Fällen auch als Feststoff (sieheAbschnitt Festkörper), den elektrischen Strom leitet.
- In ungelöster Form bestehenpotentielle Elektrolyte aus elektrisch neutralen Molekülen mit halbpolaren bishomöopolaren Bindungen mit hohem Dipolmoment. Zu ihnen gehören fast alle schwachen Elektrolyte und starken Säuren. Potentielle Elektrolyte leiten aufgrund der geringen Eigendissoziation meist auch im geschmolzenen Zustand praktisch keinen Strom. Die Ionen entstehen erst durch die Reaktion mit dem Lösungsmittel, weswegen erst in Lösung eine erhöhte Leitfähigkeit festgestellt werden kann.
Die wichtigsten Elektrolyte sind demzufolge entwederSäuren,Basen oderSalze.
Flüssigkeiten
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Elektrolyte im Sinne von Ionenleitern erfordern bewegliche Ionen. Daher sind alle Flüssigkeiten, die Ionen enthalten, Elektrolyte. Flüssige Elektrolyte sind sowohl dieSalzschmelzen und dieionischen Flüssigkeiten als auch alle flüssigen Lösungen von Ionen. Salzschmelzen und ionische Flüssigkeiten bestehen im Regelfall nur aus Ionen, sie können aber gelöste Moleküle enthalten. Bei wässrigen oder organischen Elektrolytlösungen ist es umgekehrt: Hier besteht das Lösungsmittel aus Molekülen, und die Ionen sind darin aufgelöst. Die Herstellung einer Elektrolytlösung kann dabei im bloßen Auflösen von schon vorhandenen Ionen bestehen, oder in einerchemischen Reaktion, bei der Ionen entstehen, beispielsweise einerSäure-Base-Reaktion wie bei der Auflösung von Molekülen wieChlorwasserstoff oderAmmoniak inWasser. Informationen über die translatorische Beweglichkeit von Ionen in der Elektrolytlösung, wie derenDiffusionskoeffizient oder derenBeweglichkeit im elektrischen Feld, kann man überFeldgradienten-NMR-Methoden erhalten. Die Messung von kann aber auch mit der „klassischen Methode“ der „Bewegten Grenzfläche“ (moving interface) erfolgen.[2]
Festkörper
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]AuchFestkörper können bewegliche Ionen enthalten. Gerade bei hohen Temperaturen werden beispielsweise in aus Ionen bestehenden Festkörpern Ionen beweglich. Es gibt aber auch feste Elektrolyte, die bei Raumtemperatur verwendet werden können, oder bei nur wenig erhöhten Temperaturen. Dazu gehören auch die in manchenBrennstoffzellen verwendetenPolymerelektrolyt-Membranen. Sie bestehen aus einem Kunststoffgerüst, das ionische Seitengruppen enthält. Wichtige Ionenleiter sind beispielsweise mancheNatriumaluminate. Neben der Anwendung in Brennstoffzellen sind Festelektrolyte auch inSensoren wichtig, etwa derLambdasonde, die ein Elektrolyt enthält, das Sauerstoffionen leitet (z. B.YSZ,yttria stabilized zirconia, eine Mischung vonZirkoniumdioxid ZrO2 undYttriumoxid Y2O3). Auch die um 1900 alsGlühlampe gebräuchlicheNernstlampe verwendete solche Festelektrolyte.
Biologische Elektrolyte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die wichtigsten Ionen biologischer Elektrolyte, bei Tieren auchBlutsalze genannt, sindNatrium,Kalium,Calcium,Magnesium,Chlorid,Phosphat undHydrogencarbonat, bei Pflanzen zusätzlich nochNitrate.[3][4] Sie sind imZytosol enthalten und für die Funktion derZellen undReizleitung aber auch für dasMembranpotential unentbehrlich. Noch weitere Ionen sind als Spurenelemente für die Zelle notwendig, doch sind die genannten Ionen besonders bedeutend im Hinblick auf das Elektrolytgleichgewicht der Zelle, da sie bei der Regulierung desosmotischen Drucks eine herausragende Rolle spielen.
Physiologie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Kation | Funktion | Konzentration [mmol/l][5] | ||
---|---|---|---|---|
intraz. | interst. | Plasma | ||
Natrium | extrazelluläre Osmolarität,Aktionspotential | 15 | 143 | 141 |
Kalium | intrazelluläre Osmolarität,Ruhemembranpotential | 140 | 4 | 4 |
Calcium | second Messenger,Knochenumbau | 0,0001[A 1] | 1,3 | 2,5[A 2] |
Magnesium | zelluläre Erregbarkeit | 15 | 0,7 | 1 |
Anion | Funktion | Konzentration [mmol/l][5] | ||
---|---|---|---|---|
intraz. | interst. | Plasma | ||
Chlorid | 8 | 115 | 103 | |
Hydrogencarbonat | Säure-Basen-Haushalt | 15 | 28 | 25 |
Phosphat | intrazellulärerPuffer | 60[A 3] | 1 | 1 |
Sulfat | 10 | 0,5 | 0,5 | |
organische Säuren | 2 | 5 | 4 |
Schon die frühestenEinzeller ließen reines Wasser recht ungehindert über ihreZellmembranen fließen, während sie ihren Gehalt an Elektrolyten streng regulierten und dabei die konstante Konzentrationen imMeerwasser, ihremäußeren Milieu, nutzten. Die Zellen der später entstandenen landlebendenMehrzeller (inklusive des Menschen) arbeiten weiterhin nach diesem Prinzip. Allerdings steht ihnen keinMeereswasser mehr zur Verfügung. Vielmehr muss derOrganismus nun auch die Konzentrationen in derextrazellulären Flüssigkeit, deminneren Milieu, durch Regulierung der Aufnahme (Essverhalten undResorption imDarm) und Ausscheidung (Rückresorption in derNiere) konstant halten.
Aus der freien Passage von Wasser folgt, dass seine Verteilung durch die Verteilungosmotisch aktiver Substanzen (der größte Teil davon sind Elektrolyte) bestimmt wird, denn unterschiedlicheosmotische Konzentrationen erzeugen unterschiedlicheosmotische Drücke, die das Wasser in Richtung der höheren Osmolarität treiben. Die Osmolarität beträgt im menschlichen Körper intrazellulär wie extrazellulär etwa 300 mosmol/l, sie wird durch Steuerung der Aufnahme und Ausscheidung von Wasserkonstant gehalten. DerNatriumbestand bestimmt dabei das Volumen der extrazellulären Flüssigkeit und damit auch dasBlutvolumen, dessen Konstanthaltung für die Kreislaufstabilität von größter Bedeutung ist.
Verliert man durch starkes Schwitzen oder Durchfall viel Salz und Wasser, genügt es nicht, nur das Wasser wieder zuzuführen, denn Wasser ohne Salz senkt die Osmolarität, sodass das Wasser zur Wahrung der Osmohomöostase wieder ausgeschieden wird. Zur Behandlung eines Volumenmangels werden klinisch Vollelektrolytlösungen infundiert. Sportgetränke, die mit Isotonie werben, sind meist nicht geeignet, einen echten Volumenmangel zu beheben, weil sie die Osmolarität des Körpers im Wesentlichen durch Zucker erreichen, der aber durch dieBlutzuckerregulation schnell aus dem Blut entfernt wird, sodass hypotone Lösung zurückbleibt; allerdings ist auch gar kein isotones Getränk notwendig, da über den Schweiß mehr Wasser als Salz verloren geht.
Störungen der an den Elektrolythomöostasen beteiligten Hormone oder Organe äußern sich in charakteristischenElektrolytstörungen. Wenn eine kausale Therapie nicht möglich ist, können sie durch Infusion geeigneter Lösungen,Diuretika,Nahrungsergänzungsmittel oder auch Meidung bestimmter Lebensmittel behandelt werden, mächtigste Therapie ist dieDialyse.
Elektrochemische Anwendungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Eine wichtige Anwendung von Elektrolyten ist der Gebrauch bei derElektrolyse einschließlich derGalvanik. Elektrolyte sind auch notwendige Bestandteile vonBatterien,Akkumulatoren undElektrolytkondensatoren. Zur Herkunft des vonMichael Faraday geprägten Begriffes Elektrolyt siehe auch „Faradaysche Gesetze“, zur Bedeutung der Elektrolytkonzentration siehe auchNernst-Gleichung.
Galvanische Elektrolyte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In der Galvanik werden folgende Elektrolyte verwendet.
- Aluminiumelektrolyte
- Antimonelektrolyte
- Bleielektrolyte
- Bronzeelektrolyte
- Cadmiumelektrolyte
- Cobaltelektrolyte
- Chromelektrolyte
- Eisenelektrolyte
- Goldelektrolyte
- Indiumelektrolyte
- Kupferelektrolyt
- Manganelektrolyte
- Messingelektrolyte
- Nickelelektrolyte
- Nickel-Eisen-Elektrolyte
- Palladiumelektrolyte
- Platinelektrolyte
- Rheniumelektrolyte
- Rhodiumelektrolyte
- Rutheniumelektrolyte
- Silberelektrolyte
- Wismutelektrolyte
- Wolframelektrolyte
- Zinkelektrolyte
- Zinnelektrolyte
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Carl H. Hamann, Wolf Vielstich:Elektrochemie I. Elektrolytische Leitfähigkeit, Potentiale, Phasengrenzen. 2. Auflage. VCH Verlagsgesellschaft mbH, Oldenburg / Bonn 1985,ISBN 3-527-21100-4.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Duden:Elektrolyt
- ↑abCarl H. Hamann, Wolf Vielstich:Elektrochemie I: Elektrolytische Leitfähigkeit, Potentiale, Phasengrenzen. 2. Auflage. VCH Verlagsgesellschaft mbH, Oldenburg / Bonn 1985,ISBN 3-527-21100-4, S. 4.
- ↑Joachim W. Kadereit, Christian Körner, Benedikt Kost, Uwe Sonnewald:Strasburger − Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften. Springer-Verlag, 2014,ISBN 978-3-642-54435-4,S. 39 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 24. Mai 2016]).
- ↑Erregung und Erregungsleitung in Biologie | Schülerlexikon | Lernhelfer. In: www.lernhelfer.de. Abgerufen am 24. Mai 2016.
- ↑abRobert Franz Schmidt, Florian Lang, Manfred Heckmann (Hrsg.):Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010,ISBN 978-3-642-01650-9,S. 669.