DerEileiter (lateinischTuba uterina, auchTuba Fallopii;altgriechischσαλπίγξSalpinx, veraltetOvidukt) ist ein paariger Teil derGeschlechtsorgane bei weiblichenWirbeltieren, welcher als Röhre bzw. Gang beiderseits von derGebärmutter ausgeht und in der Nähe des jeweiligenEierstocks endet. BeiSäugetieren ermöglicht er nach der Ovulation den Transport der reifenOozyte oderEizelle vom Eierstock in die Gebärmutter. Im Eileiter erfolgt in Gegenwart vonSpermien dieBefruchtung der Eizelle. Eierstock und Eileiter beim Menschen werden in der Anatomie häufig unter dem BegriffAdnexe zusammengefasst.[1]
Histologischer Querschnitt eines menschlichen Eileiters in der Zyklusmitte: (1) Lumen, (2) Hochprismatisches Flimmerepithel mit Kinozilien, (3) Drüsenzellen, (4) Tunica muscularis, (5) Arteriole
Die Eileiter sind beim Menschen etwa 10–15 cm lange Schläuche, die über ein Aufhängeband (Mesosalpinx) an dem breiten Mutterband (Ligamentum latum uteri) befestigt sind. Das nahe am Eierstock befindliche Ende des Eileiters besteht aus einem Trichter (Infundibulum tubae uterinae) mit 20 bis 30, 1 bis 2 cm langen Fransen (Fimbriae tubae, daher auch „Fimbrientrichter“), von denen die mit dem Eierstock verwachsenen alsFimbriae ovaricae bezeichnet werden. Das Infundibulum erweitert sich in dieAmpulla tubae uterinae. Diese ist mit 7 cm auch der längste Abschnitt. Darauf folgt eine 2 bis 3 cm lange Engstelle, die alsIsthmus tubae uterinae bezeichnet wird. DiePars uterina tubae uterinae („Gebärmutterteil“) ist der die Gebärmutterwand durchbohrende Teil. Sie ist nur 0,1 bis 1 mm weit und öffnet sich mit demOstium uterinum in die Gebärmutterhöhle.[1]
DieMesosalpinx als einseröserperitonealer Überzug bildet den oberen Rand desLigamentum latum uteri. Die Muskelschicht (Myosalpinx) ist für die kontraktilen Bewegungen der Eileiter verantwortlich und aus einer äußeren Längsschicht und einer inneren zirkulären Schichtglatter Muskulatur aufgebaut.[1]
DieSchleimhaut (Endosalpinx oderTunica mucosa) ist die innerste Schicht und weist Längsfalten auf. Das einschichtig hochprismatischeFlimmerepithel enthält hauptsächlich sekretorische Zellen undzilientragende Epithelzellen, die im Verlauf des Eileiters und in Abhängigkeit vom Stadium desSexualzyklus in jeweils unterschiedlichem Verhältnis verteilt sind.[1]
Die erste Erwähnung des Eileiters wirdHerophilos von Chalkedon zugeschrieben, einem griechischen Arzt der um 300 v. Chr. in Alexandria lehrte. Weitere Beschreibungen folgten, aber erstGabriele Falloppio (1523–1562) erweiterte die anatomischen Kenntnisse über den Eileiter in einem Ausmaß, dass dieser in vielen Ländern noch heute seinen Namen trägt (u. a. lat.tuba Fallopii,englischFallopian tube).[2][3] Alte Bezeichnungen für den Eileiter waren unter anderem Eiergang, Muttertrompete, Cornu (uteri), Cornu matricis, Humerus, keraía, Latera, Ligamentum cornuale, Oviductus, Ovarialtube, Vas seminale, Vas spermaticum, Vena tenuissima und Via medulla.[4]
Ist einFollikel (eine Eizelle zusammen mit den sie umgebendenGranulosazellen) zumGraafschen Follikel herangereift, weisen Schleimhautfransen (Fimbrien) am Übergang vom Eierstock zum Eileiter Fimbrien rhythmische Bewegungen auf. Gleichzeitig bewegt sich der Eileiter durchMuskelkontraktion auf und ab, bis der Eierstock durchchemotaktische Einflüsse über dem reifen Follikel zu liegen kommt. Der Transport der Eizelle durch den Eileiter nach ihrer Ausstoßung aus dem Graafschen Follikel erfolgt einerseits erneut durch Muskelkontraktionen des Eileiters, zum anderen durch einen Flüssigkeitsstrom in Richtung Eileiter. Richtungsgebend für die Flüssigkeiten und damit auch der Eizelle sind dieZilien (Flimmerhärchen) der den Eileiter auskleidendenEpithelzellen. Sie schlagen rhythmisch in Richtung der Gebärmutter.[1]
Der Transport der Eizelle bis in die Gebärmutter benötigt bis zu 5 Tage. Da die menschliche Eizelle allerdings nur 6 bis 12 Stunden befruchtungsfähig bleibt, heißt das aber auch, dass diese schon in der Eileiterampulle von einerSamenzelle befruchtet werden muss. Um die Empfängniswahrscheinlichkeit zu erhöhen, wird der Transport der Samenzellen Richtung Ampulle vom Eileiter mittels muskulärer Kontraktionen ebenfalls unterstützt.[1]
Zum Zeitpunkt der Ovulation hat die Eizelle die ersteReifeteilung gerade abgeschlossen und beginnt die 2. Reifeteilung (→Meiose). Im Eileiter lösen sich nun jeneCumuluszellen, die mit der Oozyte gemeinsam aus dem Follikel ausgestoßen wurden. Aus der befruchteten Eizelle, derZygote, entsteht während des Transports durch den Eileiter durchFurchungsteilungen ein mehrzelliges Gebilde. Die Gebärmutterhöhle wird meist im 12- bis 16-Zellen-Stadium erreicht, wobei das 16-Zellen-Stadium der Zygote nebenbei aufgrund seinermaulbeerförmigen Gestalt alsMorula bezeichnet wird.
Ab dem 40. Lebensjahr kommt es zu morphologischen und ultrastrukturellen Veränderungen des Eileiterepithels, wobei diese Veränderungen im Sinne einer dissoziierten epithelialen Gewebereaktion nicht gleichzeitig erfolgen. Unter anderem nimmt ab Beginn der Prämenopause die sekretorische Leistung der Epithelzellen sowie die Anzahl der Flimmerzellen ab, und das Epithel verliert an Höhe; Vorgänge, die in derPostmenopause schließlich ihre stärkste Ausprägung erfahren.[2]
Das Abbinden der Eileiter (Tubenligatur) ist eine Form derSterilisation der Frau. Die Sterilisation kann auch durch die Clipung (Metallclip, meist aus Titan), Koagulation, die Durchtrennung des Eileiters oder auch durch Kombination der genannten Methoden herbeigeführt werden. Die Eizellen können nach diesem Eingriff nicht mehr in die Gebärmutter gelangen, sondern sterben im Eileiter ab und werden dort resorbiert.[1] Diese zur dauerhaften Empfängnisverhütung angewandten Methoden können nur bedingt durch den Versuch einerRefertilisierung rückgängig gemacht werden.
Zunehmend wird anstelle des Abbindens eine komplette Entfernung der Eileiter angeboten, um als positiven Nebeneffekt Krebsrisiken zu minimieren.
In fast der Hälfte aller Fälle findet einunerfüllter Kinderwunsch seine Ursache in der Sterilität der Frau. Annähernd ein Drittel dieser Fälle wiederum beruht auf dem Verschluss eines oder beider Eileiter, meist als Folge einer Entzündung des Eileiters (Salpingitis), wobei zu einerTubenverklebung[5] kommen kann. Die Prüfung der Durchgängigkeit der Eileiter ist im Rahmen der Sterilitätsdiagnostik von primärer Bedeutung und kann durch eineHystero-Kontrast-Salpingographie oderChromopertubation erfolgen.
Eileiterschwangerschaft
In vermutlich 1 von 150 Fällen – genaue Angaben sind hier schwer zu machen, da vermutlich an die 50 % der befruchteten Eizellen unbemerkt schon in den ersten Tagen alsFrühaborte abgehen – nistet sich die Zygote, jetzt alsBlastozyste bezeichnet, nicht in der Gebärmutter, sondern außerhalb derselben ein: Es entsteht eineExtrauteringravidität, die in 99 % der Fälle im Eileiter lokalisiert ist (sieheEileiterschwangerschaft). Letztere kann aufgrund der mangelnden Nährstoffversorgung und des unzureichendem Raumangebots nichtausgetragen werden. Meist löst sich der Embryo samtPlazenta wieder aus der Eileiterwand. Dieser Abgang muss keineswegs Probleme verursachen, kann unter anderem aber auch zu Vernarbungen des Eileiters führen und damit die Ursache einer späterenUnfruchtbarkeit sein. Falls sich der Embryo im Eileiter über längere Zeit entwickelt, droht als ernste Komplikation eineEileiterruptur mitHämatosalpinx. Eine verzögerte oder verhinderte Eipassage im Eileiter ist die häufigste Ursache einer Eileiterschwangerschaft, wobei vorangegangeneInfektionen, gerade auch bei Anwenderinnen einerSpirale, meist dafür verantwortlich sind.
EineEntzündung des Eileiters, die Salpingitis, kann isoliert oder im Rahmen einerUnterleibsentzündung auftreten. MitSalpingitis isthmica nodosa werden entzündungsbedingte sackartige Aufweitungen der Tube am Übergang in den Uterus bezeichnet, die zurTubenverlegung führen können.
Eineoperative Entfernung des Eileiters wird alsSalpingektomie, eine Entfernung der Tube mit dem zugehörigenEierstock wird alsSalpingo-Ovariektomie bezeichnet. Mit einerTubenplastik wird eine Verlegung des Eileiters operativ behandelt.
↑abcdefghUlrike Bommas-Ebert, Philipp Teubner, Rainer Voß:Kurzlehrbuch Anatomie und Embryologie. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2001,ISBN 978-3-13-135533-1,S.338.
↑abEllen Schulze:Ultrastrukturelle Wandlungen der Lamina epithelialis der menschlichen Tuba uterina in Prä- und Postmenopause im Vergleich mit jüngeren Altersstufen. Dissertation, Institut für Anatomie und Zellbiologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2001 (Volltext als PDF-Datei, 15 MB).
↑Albert Lehner:Eierstock und Eileiter. Anatomiestudien in der Antike und Neuzeit – Therapiekonzepte im 19. und 20. Jahrhundert. In:Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 9, 1991, S. 17–35.
↑Albert Lehner:Eierstock und Eileiter: Anatomiestudien in der Antike und Neuzeit. Therapiekonzepte im 19. und 20. Jahrhundert. In:Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 9, 1991, S. 17–35, hier (zitiert): S. 17.
↑Paul Diepgen,Heinz Goerke:Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 67.