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Edelgase

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   Edelgase   
Gruppe18
Hauptgruppe8
Periode
12
He
210
Ne
318
Ar
436
Kr
554
Xe
686
Rn
7118
Og

DieEdelgase, auchinerte Gase oderInertgase bilden eineGruppe imPeriodensystem der Elemente, die mindestens sechsElemente umfasst:Helium,Neon,Argon,Krypton,Xenon und dasradioaktiveRadon. Ob das künstlich erzeugte, ebenfalls radioaktiveOganesson dazugehört, ist unbekannt, da die Atome wieder zerfallen, bevor sich eine Elektronenkonfiguration bilden kann. Die Gruppe wird systematisch auch8. Hauptgruppe oder nach der neueren Einteilung des PeriodensystemsGruppe 18 genannt und am rechten Rand des Periodensystems neben denHalogenen dargestellt.

Das einheitliche Hauptmerkmal sämtlicher Edelgasatome ist, dass sie für die energetisch höchstenAtomorbitale dieElektronenkonfigurations2 (Helium) bzw.s2p6 aufweisen (Edelgaskonfiguration). Es gibt nur vollständig gefüllte Atomorbitale, die dazu führen, dass Edelgase nur unter extremen Bedingungen chemische Reaktionen eingehen; sie bilden auch miteinander keine Moleküle, sondern sind einatomig und bei RaumtemperaturGase. Dieser geringenReaktivität verdanken sie ihren Gruppennamen, der sich an die ebenfalls nur wenig reaktivenEdelmetalle anlehnt.[1]

Helium ist das mit Abstand häufigste Edelgas. Auf der Erde kommt Argon am häufigsten vor; alle anderen zählen zu den seltenen Bestandteilen der Erde. Als Gase sind sie Bestandteile derLuft; in der Erdkruste findet man sie mit Ausnahme des Heliums, das inErdgas enthalten ist, nur in sehr geringen Mengen. Entdeckt wurden sie – mit Ausnahme des erst 2006 hergestellten Oganessons – kurz nacheinander in den Jahren 1868 (Helium) bis 1900 (Radon). Die meisten Edelgase wurden erstmals vom britischen ChemikerWilliam Ramsay isoliert.

Verwendung finden Edelgase vor allem alsSchutzgas, z. B. inGlühlampen, wichtig sind sie als Füllgas vonGasentladungslampen, in denen sie in der für jedes Gas charakteristischen Farbe leuchten. Trotz der geringen Reaktivität sind von den schwereren Edelgasen, insbesondere Xenon,chemische Verbindungen bekannt. Deren wichtigste ist das starkeOxidationsmittelXenon(II)-fluorid.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

William Ramsay

Einen ersten Hinweis, dass in der Luft ein unreaktives Gas enthalten ist, fand 1783Henry Cavendish. Er mischte Luft und Sauerstoff derart, dass die darin enthaltenen Elemente Stickstoff und Sauerstoff mit Hilfe vonReibungselektrizität komplett zuStickoxiden reagierten. Dabei blieb ein nicht reagierender Rest zurück. Er erkannte jedoch nicht, dass es sich dabei um ein neues Gas – eine Mischung aus Argon und anderer Edelgase – handelte, und setzte seine Experimente nicht fort.[2]

Als erstes Edelgas entdeckten 1868Jules Janssen undNorman Lockyer das Helium unabhängig voneinander. Die beiden Astronomen beobachteten – Janssen in Indien, Lockyer in England – dasSonnenspektrum und entdeckten darin eine bislang unbekannte gelbeSpektrallinie bei einerWellenlänge von 587,49 nm.[3] Das neue Element wurde vonEdward Frankland nachaltgriechischἥλιοςhélios für dieSonneHelium genannt. Der erste Nachweis von Helium auf der Erde gelang 1892Luigi Palmieri durch Spektralanalyse vonVesuv-Lava.[4]

Cavendishs Experimente zur Untersuchung der Luft wurden ab 1888 vonLord Rayleigh fortgesetzt. Er bemerkte, dass „Stickstoff“, der aus der Luft gewonnen wurde, eine andere Dichte besitzt als aus der Zersetzung vonAmmoniak gewonnener.[5] Rayleigh vermutete daher, dass es einen noch unbekannten, reaktionsträgen Bestandteil der Luft geben müsse. Daher versuchten er undWilliam Ramsay, durch Reaktion mitMagnesium den Stickstoff aus einer Luftprobe vollständig zu entfernen und dieses unbekannte Gas zu isolieren. Schließlich gelang ihnen 1894spektroskopisch der Nachweis eines neuen Elementes, das sie nach dem griechischenἀργόςargos, „träge“,Argon benannten.[2]

Nachdem die wichtigsten Eigenschaften von Helium und Argon bestimmt worden waren, konnte festgestellt werden, dass diese Gase im Gegensatz zu den anderen atmosphärischen Gasen einatomig sind. Dies wurde dadurch erkannt, dass das Verhältnis der molarenWärmekapazitätCp bei konstantem Druck im Verhältnis zur WärmekapazitätCV bei konstantem Volumen bei Edelgasen einen sehr hohen Wert von 1,67 (=Cp/CV) aufweist, während zwei- und mehratomige Gase deutlich kleinere Werte aufweisen.[6] Daraufhin vermutete William Ramsay, dass es eine ganze Gruppe derartiger Gase geben müsse, die eine eigene Gruppe im Periodensystem bilden und er begann nach diesen zu suchen. 1898 gelang es ihm undMorris William Travers, durchfraktionierte Destillation von Luft,Neon,Krypton undXenon zu isolieren.[2]

Als letztes der natürlich vorkommenden Edelgase wurde 1900 vonFriedrich Ernst Dorn alsRadium-Emanation (Ausdünstung vonRadium) dasRadon entdeckt und mit dem Symbol Em bezeichnet. Dabei handelte es sich um das Isotop222Rn. Weitere Radon-Isotope wurden vonErnest Rutherford undAndré-Louis Debierne gefunden und zunächst für eigene Elemente gehalten. Erst nachdem William Ramsay 1910 das Spektrum und weitere Eigenschaften bestimmte, erkannte er, dass es sich um ein einziges Element handelt. Er nannte dies zunächstNiton (Nt), seit 1934 wird der Name Radon verwendet.[7]Oganesson, das letzte Element der Gruppe, konnte nach mehreren nicht erfolgreichen Versuchen erstmals 2002–2005 amVereinigten Institut für Kernforschung inDubna erzeugt werden.[8]

Es wurden schon bald nach der Entdeckung Versuche unternommen, Verbindungen der Edelgase zu synthetisieren. 1894 versuchteHenri Moissan, eine Reaktion von Argon mitFluor zu erreichen, scheiterte jedoch.[2] Im Jahr 1924 behauptete A. von Antropoff, eine erste Kryptonverbindung in Form eines roten stabilen Feststoffes aus Krypton undChlor synthetisiert zu haben. Später stellte sich jedoch heraus, dass in dieser Verbindung kein Krypton, sondernStickstoffmonoxid undChlorwasserstoff enthalten waren.[9]

MitXenonhexafluoroplatinat wurde 1962 durchNeil Bartlett erstmals eine Xenonverbindung und damit die ersteEdelgasverbindung überhaupt entdeckt.[10] Nur wenige Monate nach dieser Entdeckung folgten im August 1962 nahezu zeitgleich die Synthese desXenon(II)-fluorids durchRudolf Hoppe und die desXenon(IV)-fluorids durch eine Gruppe um die amerikanischen Chemiker C. L. Chernick und H. H. Claassen.[11] Bald darauf konnte durch A. V. Grosse die erste Kryptonverbindung dargestellt werden, die er zunächst fürKryptontetrafluorid hielt, die jedoch nach weiteren Versuchen alsKryptondifluorid identifiziert wurde.[9] Im Jahr 2000 wurde die erste Argonverbindung, das sehr instabileArgonfluorohydrid synthetisiert.[12]

Vorkommen

Häufigkeiten der Edelgase
ElementSonnensystem[13]
(Atome rel. zu Si (Si = 1 · 106))
Erdatmosphäre[14]
(Volumen, ppm)
Erdkruste[15]
(Masse, ppm)
He2,21 · 1095,240,008
Ne3,44 · 10618,180,005
Ar1,172 · 10593403,5
Kr46,81,140,0001
Xe5,380,09[16]3 · 10−5
Rn0,06…18 · 10−19[16]4 · 10−13

Edelgase finden sich vorwiegend in derErdatmosphäre, in geringem Maße aber auch in der Erdkruste; ihre Häufigkeiten sind jedoch sehr unterschiedlich. Das mit Abstand häufigste ist Argon, das mit einem Volumenanteil von 0,934 % (9340 ppm) einen nennenswerten Anteil der gesamten Atmosphäre ausmacht. Alle anderen sind mit Anteilen unter 20 ppm sehr viel seltener, sie zählen daher zu denSpurengasen. Krypton, Xenon und Radon zählen zu den seltensten Elementen auf der Erde überhaupt.[14] Helium ist außerdem Bestandteil vonErdgas, an dem es einen Anteil von bis zu 16 % am Volumen haben kann.[4]

Ständig verlässt eine geringe Menge Helium auf Grund seiner niedrigen Dichte die Erdatmosphäre in den Weltraum und ständig werden auf der Erde Edelgase neu gebildet, was ihre Häufigkeiten und auch ihre Isotopenverhältnisse maßgeblich bestimmt. Argon, vor allem das Isotop40Ar, wird durch Zerfall desKaliumisotops40K gebildet. Helium entsteht beimAlpha-Zerfall von schweren Elementen wieUran oderThorium (Alpha-Teilchen), Xenon beim seltenenSpontanzerfall von Uran. Das kurzlebige Radon-Isotop222Rn mit einer Halbwertszeit von 3,8 Tagen ist das häufigste und ein Zwischenprodukt in der Zerfallsreihe von238U. Andere, noch kurzlebigere Isotope sind ebenfalls Mitglieder der Zerfallsreihen von Uran-, Thorium- oder Neptuniumisotopen. Auf Grund dieser Zerfallsprozesse findet man die Edelgase auch in Gesteinen eingeschlossen. So findet sich Helium in vielen Uranerzen wieUraninit und Argon imBasalt der ozeanischen Kruste, erst beim Schmelzen des umgebenden Gesteins gast es aus.[17]

DieHäufigkeitsverteilung der Edelgase im Universum lässt sich großteils durch dieNukleosynthesewege erklären. Je schwerer ein Edelgas, desto seltener ist es. Helium, das sowohl durchprimordiale Nukleosynthese gebildet wird, als auch durch stellare Nukleosynthese aus Wasserstoff entsteht, ist dabei nach Wasserstoff das zweithäufigste Element überhaupt. Auch Neon und Argon zählen zu den häufigsten Elementen im Universum. Krypton und Xenon, die nicht durch stellare Nukleosynthese entstehen und sich nur in seltenen Ereignissen wieSupernovae bilden, sind deutlich seltener. Bedingt durch ihren regelmäßigen Aufbau mit gerader Protonenzahl sind Edelgase gemäß derHarkinsschen Regel häufiger als viele ähnlich schwere Elemente.

Gewinnung

Mit Ausnahme eines Großteils des Heliums und der radioaktiven Elemente erfolgt die Gewinnung der Edelgase ausschließlich aus der Luft. Sie fallen als Nebenprodukte bei der Gewinnung von Stickstoff und Sauerstoff imLinde-Verfahren an. In der Haupt-Rektifikationskolonne, in der Sauerstoff und Stickstoff getrennt werden, reichern sich die verschiedenen Edelgase an unterschiedlichen Stellen an. Sie können aber in eine eigene Kolonne überführt und dort von allen anderen Gasen getrennt werden. Während Argon leicht abgetrennt werden kann und nur von Stickstoff und Sauerstoff befreit werden muss, besteht bei Helium und Neon, aber auch bei Krypton und Xenon das Problem, dass diese sich zunächst zusammen anreichern und anschließend getrennt werden müssen. Dies kann über eine weitere Rektifikationskolonne oder auch durch unterschiedlicheAdsorption der Gase an geeigneten Adsorptionsmedien erfolgen.[16]

Helium wird zumindest seit 1980 überwiegend ausErdgas gewonnen. Diese Heliumquelle wurde zuerst in denVereinigten Staaten entdeckt, später auch in der Sowjetunion genutzt, heute in wenigen weiteren Ländern und Werken, so etwa in Algerien, dessen Ausbeute tiefkalt verflüssigt im40-Fuß-Container nachMarseille und damit Europa verschifft wird. Von den anderen Bestandteilen des Erdgases kann es als Rohhelium entweder durch Ausfrieren aller anderen Gase oder durchPermeation an geeignetenMembranen getrennt werden. Anschließend muss das Helium noch durchDruckwechsel-Adsorption, chemische oderkryotechnische Verfahren von restlichen störenden Gasen wie Stickstoff oder Wasserstoff befreit werden.[16]

Radon lässt sich auf Grund der kurzen Halbwertszeit nicht in größeren Mengen gewinnen. In kleinerem Maßstab dient Radium als Quelle, Radon entsteht beim Zerfall dieses Elements und gast aus einem entsprechenden Präparat aus.[7]Oganesson konnte als künstliches Element in wenigen Atomen durch Beschuss vonCalifornium mitCalcium-Atomen erzeugt werden.[8]

Eigenschaften

Schmelz- und Siedepunkte der Edelgase inKelvin

Physikalische Eigenschaften

Alle Edelgase sind unter Normalbedingungen einatomige, farb- und geruchlose Gase. Sie kondensieren und erstarren erst bei sehr niedrigen Temperaturen, wobei die Schmelz- und Siedepunkte umso höher liegen, je größer die Atommasse ist. Der Siedepunkt desHeliums liegt mit 4,224 K (−268,926 °C) nur knapp über dem absoluten Nullpunkt, das schwerste EdelgasRadon siedet bei 211,9 K (−61,25 °C).

Helium besitzt die Besonderheit, dass es als einziges Element unter Atmosphärendruck und auch deutlich darüber nicht erstarrt. Stattdessen geht es bei 2,17 K in einen speziellen Aggregatzustand, dieSuprafluidität, über. In diesem verliert die Flüssigkeit die innere Reibung und kann so beispielsweise über höhere Gefäßwände kriechen (Onnes-Effekt). Erst bei Drücken über 25,316 bar erstarrt Helium bei 0,775 K. Diese Temperaturen und Drücke gelten nur für das häufigeIsotop4He, das seltene zweite, leichtere stabile Isotop3He hat dagegen deutlich andere Eigenschaften. Es wird erst bei Temperaturen unter 2,6 · 10−3 K suprafluid. Auch Schmelz-, Siede- und kritischer Punkt liegen bei anderen Temperaturen und Drücken.

Mit Ausnahme des Heliums, das imhexagonalen Kristallsystem kristallisiert, besitzen alle Edelgase einekubisch-flächenzentrierte Kristallstruktur. Wie durch die steigendenAtomradien zu erwarten, wird derGitterparametera von Neon zu Radon immer größer.

Auch dieDichten der Edelgasekorrelieren wie zu erwarten mit der Atommasse. Helium ist nachWasserstoff das Gas mit der geringsten Dichte. Als einziges weiteres Edelgas hat Neon eine geringere Dichte als Luft, währendArgon,Krypton,Xenon und Radon dichter sind. Radon ist mit einer Dichte von 9,73 kg/m3 eines der dichtesten Gase überhaupt.

ElementHelium (3He und4He)NeonArgonKryptonXenonRadon
Farbe GasentladungFarbe Gasentladung HeliumFarbe Gasentladung NeonFarbe Gasentladung ArgonFarbe Gasentladung KryptonFarbe Gasentladung XenonRot[18]
Schmelzpunkt (1013 hPa)[16]0,319 K
(−272,831 °C)
(29,315 bar)
0,775 K
(−272,375 °C)
(25,316 bar)
24,57 K
(−248,58 °C)
 
84,0 K
(−189,2 °C)
 
116,2 K
(−157,0 °C)
 
161,4 K
(−111,8 °C)
 
ca. 202 K
(ca. −71 °C)
 
Siedepunkt (1013 hPa)[16]3,1905 K
(−269,9595 °C)
4,224 K
(−268,926 °C)
27,09 K
(−246,06 °C)
87,295 K
(−185,855 °C)
119,79 K
(−153,36 °C)
165,03 K
(−108,12 °C)
211,9 K[19]
(−61,3 °C)
Kritischer Punkt[16]
  • 3,3093 K
    (−269,8407 °C)
  • 1,1459 bar
  • 0,04119 g/cm3
  • 5,2014 K
    (−267,9486 °C)
  • 2,275 bar
  • 0,06945 g/cm3
  • 44,448 K
    (−228,702 °C)
  • 26,60 bar
  • 0,4835 g/cm3
  • 150,7 K
    (−122,5 °C)
  • 48,7 bar
  • 0,535 g/cm3
  • 209,40 K
    (−63,75 °C)
  • 55,1 bar
  • 0,909 g/cm3
  • 289,777 K
    (16,627 °C)
  • 58,8 bar
  • 1,105 g/cm3
  • 377,7 K[19]
    (104,6 °C)
  • 61,9 bar[19]
  • 1,528 g/cm3
Tripelpunkt[16]nicht vorhanden
  • 24,54 K
    (−248,61 °C)
  • 433,0 mbar
  • 83,798 K
    (−189,352 °C)
  • 688,92 mbar
  • 115,96 K
    (−157,46 °C)
  • 732 mbar
  • 161,35 K
    (−111,80 °C)
  • 816 mbar
Dichte (0 °C, 1013 hPa)[16]0,13448 kg/m30,17847 kg/m30,9000 kg/m31,7839 kg/m33,7493 kg/m35,8971 kg/m39,73 kg/m3
StrukturKristallstruktur von HeliumKristallstruktur von NeonKristallstruktur von ArgonKristallstruktur von KryptonKristallstruktur von XenonKristallstruktur von Xenon
Kristallsystemhexagonalkubischkubischkubischkubischkubisch
Gitterparameter[20]
  • a = 3,531 Å
  • c = 5,693 Å
a = 4,43 Å
 
a = 5,26 Å
 
a = 5,72 Å
 
a = 6,20 Å
 
a = 6,55 Å
(berechnet)[21]

Die Eigenschaften von Oganesson sind auf Grund der kurzen Halbwertszeit nicht experimentell ermittelbar. Nachtheoretischen Überlegungen ist durchrelativistische Effekte und die hohePolarisierbarkeit des Oganesson-Atoms anzunehmen, dass Oganesson deutlich reaktiver ist als Radon. Auch ist es unwahrscheinlich, dass es beiStandardbedingungen gasförmig ist, durch Extrapolation kann ein Siedepunkt zwischen 320 und 380 K angenommen werden.[22]

  • Edelgase in Gasentladungslampen
  • Helium
    Helium
  • Neon
    Neon
  • Argon
    Argon
  • Krypton
    Krypton
  • Xenon
    Xenon

Atomare Eigenschaften

Ionisierungsenergien der Edelgase[23]

Bei Edelgasen sind alleElektronenschalen entweder vollständig mitElektronen besetzt oder leer. Deshalb wird dieser Zustand auchEdelgaskonfiguration genannt. Helium ist dabei das einzige Edelgas, bei dem lediglich eins-Orbital vollständig besetzt ist (da es kein 1p-Orbital gibt), bei allen anderen ist das äußerste besetzte Orbital einp-Orbital. Nach den Gesetzen derQuantenmechanik ist dieser Zustand der Orbitale energetisch besonders günstig. Darum tendieren auch Atome anderer Elemente dazu, Edelgaskonfiguration zu erreichen, indem sie Elektronen abgeben oder aufnehmen (Edelgasregel).

Die Eigenschaften der Edelgase sind deutlich davon bestimmt, dass sie Edelgaskonfiguration nicht durch Abgabe oder Aufnahme von Elektronen, sondern bereits im neutralen, nicht-ionisierten Zustand erreichen. Edelgase liegen daher einatomig vor, besitzen eine hoheIonisierungsenergie und reagieren fast nicht mit anderen Elementen oder Verbindungen.

Chemische Eigenschaften

Trotz des Aufbaus der Edelgasatome sind die schweren Edelgase nicht völlig unreaktiv und können einige Verbindungen bilden. Verantwortlich hierfür sind der größere Abstand derValenzelektronen vom Kern, wodurch die Ionisierungsenergie sinkt, sowierelativistische Effekte. Die größte Vielfalt an Verbindungen ist vom Xenon und nicht wie zu erwarten vom Radon bekannt, da bei diesem die starkeRadioaktivität und kurzeHalbwertszeit die Bildung von Verbindungen und deren Untersuchung erschwert.

Das einzige Element, das in der Lage ist, direkt mit Xenon, Radon und unter bestimmten Bedingungen auch Krypton zu reagieren, istFluor. Während das bei der Reaktion von Krypton und Fluor gebildeteKrypton(II)-fluorid thermodynamisch instabil und daher nur bei tiefen Temperaturen synthetisierbar ist, sind die Xenon- und auch Radonfluoride auch bei Raumtemperatur stabil. Andere Elemente reagieren nicht mit Edelgasen, dennoch sind verschiedene weitere Verbindungen bekannt, die durch Reaktionen der Fluoride zugänglich sind.

Die Reaktivität und Stabilität von Verbindungen der leichten Edelgase Helium, Neon und Argon konnte mit Ausnahme einer bekannten Argonverbindung, HArF, nur theoretisch untersucht werden. Demnach gilt Neon als das am wenigsten reaktive Edelgas. So zeigte sich in Rechnungen, dass das Neonanalogon der einzigen in der Theorie stabilen Heliumverbindung HHeF nicht stabil sein sollte.[24]

Aufgrund des Fehlens chemischer Verbindungen der Edelgase gab es lange Zeit auch keine Zahlenwerte ihrerElektronegativitäten – bestimmt werden konnten davon bis jetzt nur die Werte derPauling-Skala für die beiden Elemente Xenon (2,6) und Krypton (3,0), die damit in etwa denen der Halogene entsprechen. In den neueren Elektronegativitätsskalen nachMulliken,Allred undRochow dagegen lassen sich auch Zahlenwerte für die übrigen Edelgase berechnen, die in diesem Fall über die der Halogene hinausreichen. Bei Helium betragen sie beispielsweise 5,50 nach Allred-Rochow und 4,86 nach Mullikan.[25]

Verwendung

Xenon-Gasentladungslampe mit 15 kW aus einemIMAX-Filmprojektor
Ein mit Helium gefülltesPrallluftschiff

Edelgase werden auf Grund ihrer geringen Reaktivität, der niedrigenSchmelzpunkte und der charakteristischen Farben bei Gasentladungen genutzt. Vor allem Argon und Helium werden in größerem Maßstab verwendet, die anderen Edelgase können nur in geringeren Mengen produziert werden und sind daher teuer. Die geringe Reaktivität wird in der Verwendung alsInert- bzw.Schutzgas beispielsweise beimSchutzgasschweißen und in der Produktion von bestimmten Metallen wieTitan oderTantal ausgenutzt. Dafür wird vorwiegend das Argon immer dann eingesetzt, wenn der billigere, aber reaktivere Stickstoff nicht verwendet werden kann.

Bei Gasentladungen gibt jedes Edelgas Licht einer charakteristischen Farbe ab. Bei Neon beispielsweise ist das emittierte Licht rot, bei Argon violett und bei Krypton oder Xenon blau. Dies wird inGasentladungslampen ausgenutzt. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Xenon, da das Spektrum einer Xenon-Gasentladungslampe annähernd dem desTageslichtes entspricht. Es wird darum auch in Autoscheinwerfern als „Xenonlicht“ verwendet.[26] AuchLeuchtröhren basieren auf diesem Prinzip, nach dem ersten verwendeten Leuchtgas Neon werden sie auchNeonlampen genannt. Dagegen nutzen die umgangssprachlich „Neonröhren“ genanntenLeuchtstofflampen kein Edelgas, sondern Quecksilberdampf als Leuchtmittel. AuchGlühlampen werden mit Edelgasen, häufig Krypton oder Argon, gefüllt. Dadurch ist die effektive Abdampfrate des Glühfadens geringer, was eine höhere Temperatur und damit bessere Lichtausbeute ermöglicht.[16]

Auf Grund der niedrigen Schmelz- und Siedepunkte sind Edelgase alsKühlmittel von Bedeutung. Hier spielt vor allem flüssiges Helium eine Rolle, da durch dieses besonders niedrige Temperaturen erreicht werden können. Dies ist beispielsweise fürsupraleitendeMagnete wichtig, die etwa in derKernspinresonanzspektroskopie eingesetzt werden. Müssen für eine Anwendung keine so niedrigen Temperaturen erreicht werden, wie sie flüssiges Helium bietet, können auch die höher siedenden Edelgase wie Neon verwendet werden.[16]

Wie alle Gase wirken auch die Edelgase abhängig vom Druck durch Blockierung vonMembranen inNervenzellennarkotisierend. Die nötigen Drücke liegen aber bei Helium und Neon so hoch, dass sie nur im Labor erreicht werden können; für Neon liegt der notwendige Druck bei 110 bar.[27] Da sie daher keinenTiefenrausch verursachen können, werden diese beiden Gase gemischt mit Sauerstoff („Heliox“ und „Neox“), auch mit Sauerstoff und Stickstoff („Trimix“) alsAtemgase beimTauchen verwendet. Mit diesen ist es möglich, größere Tiefen zu erreichen als bei der Nutzung von Luft.[28] Xenon wirkt dagegen schon bei Umgebungsdruck narkotisierend und kann daher anstelle vonDistickstoffmonoxid alsInhalationsanästhetikum verwendet werden. Wegen des hohen Preises und der geringen Verfügbarkeit wird es jedoch nur selten verwendet.[29]

Helium ist Füll- undTraggas fürGasballone undZeppeline. Neben Helium kann auchWasserstoff verwendet werden. Dieser ist zwar leichter und ermöglicht mehr Nutzlast, jedoch kann er mit dem Sauerstoff der Luft reagieren und brennen. Beim unreaktiven Helium besteht diese Gefahr nicht.

Entsprechend ihrer Häufigkeit und Verfügbarkeit werden Edelgase in unterschiedlichen Mengen produziert. So betrug 1998 die Menge des hergestellten Argons etwa 2 Milliarden m3, Helium wurde in einer Menge von rund 130 Millionen m3 isoliert. Die Weltjahresproduktion an Xenon wird dagegen für 1998 auf nur 5.000–7.000 m3 geschätzt (jeweilsNormkubikmeter). Entsprechend unterschiedlich sind die Preise der Gase: Argon kostet etwa 15 Euro pro Kubikmeter (unter Standardbedingungen, Laborqualität), Xenon 10.000 Euro pro Kubikmeter (Stand 1999).[16]

Verbindungen

Hauptartikel:Edelgasverbindungen

Xenonverbindungen

Xenon(IV)-fluorid

Die größte Vielfalt an Edelgasverbindungen gibt es mit dem Xenon. Die wichtigsten und stabilsten sind dabei die XenonfluorideXenon(II)-fluorid,Xenon(IV)-fluorid undXenon(VI)-fluorid, die durch Reaktion von Xenon undFluor in unterschiedlichen Verhältnissen synthetisiert werden. Xenon(II)-fluorid ist die einzige Edelgasverbindung, die in geringen Mengen technisch genutzt wird, sie dient als starkes Oxidations- undFluorierungsmittel in der organischen Chemie.[30]

Mit Sauerstoff erreicht Xenon die höchste mögliche Oxidationsstufe +8. Diese wird inXenon(VIII)-oxid und dem OxifluoridXenondifluoridtrioxid XeO3F2 sowie inPerxenaten der Form XeO4 erreicht. Weiterhin sindXenon(VI)-oxid und die Oxifluoride XeO2F2 und XeOF4 in der Oxidationsstufe +6 sowie das Oxifluorid XeOF2 mit vierwertigem Xenon bekannt. Alle Xenonoxide und -oxifluoride sind instabil und vielfach explosiv. Auch Verbindungen des Xenons mit Stickstoff, Chlor und Kohlenstoff sind bekannt. Untersupersauren Bedingungen konnten auch Komplexe mit Metallen wieGold oderQuecksilber synthetisiert werden.

Verbindungen anderer Edelgase

Von den anderen Edelgasen sind Verbindungen nur in geringer Zahl bekannt. So sollten Radonverbindungen zwar thermodynamisch ähnlich stabil wie Xenonverbindungen sein, aufgrund der starkenRadioaktivität und kurzenHalbwertszeit der Radon-Isotope ist ihre Synthese und exakte Charakterisierung aber außerordentlich schwierig. Vermutet wird die Existenz eines stabilen Radon(II)-fluorids, da Radon nach dem Durchleiten durch flüssigesChlortrifluorid nicht mehr nachweisbar ist, somit reagiert haben muss. Löst man die Rückstände dieser Lösung in Wasser oder Säuren, bilden sich als Zersetzungsprodukte Sauerstoff undFluorwasserstoff im gleichen Verhältnis wie bei Krypton- oder Xenondifluorid.[31]

Alle bekannten Verbindungen leichterer Edelgase sind thermodynamisch instabil, zersetzen sich leicht und lassen sich deshalb, wenn überhaupt, nur bei tiefen Temperaturen synthetisieren. Die wichtigste und stabilste Kryptonverbindung istKrypton(II)-fluorid, das zu den stärksten bekannten Oxidations- und Fluorierungsmitteln zählt. Krypton(II)-fluorid ist direkt aus den Elementen herstellbar und Ausgangsprodukt einer Reihe weiterer Kryptonverbindungen.[32]

Während Helium- und Neonverbindungen weiterhin allein Gegenstand theoretischer Untersuchungen sind und Rechnungen ergaben, dass allenfalls eine Heliumverbindung (HHeF), dagegen keine einzige Neonverbindung stabil sein sollte[24], konnte eine erste Argonverbindung inzwischen tatsächlich synthetisiert werden: DurchPhotolyse vonFluorwasserstoff in einer auf 7,5 K heruntergekühlten Argonmatrix konnte das sehr instabileArgonfluorohydrid gebildet werden, das schon bei Berührung zweier Moleküle oder Erwärmung über 27 K wieder in seine Bestandteile zerfällt.[12]

Clathrate

Argon, Krypton und Xenon bildenClathrate, Einschlussverbindungen, bei denen das Edelgas physikalisch in einen umgebenden Feststoff eingeschlossen ist. Typische Beispiele hierfür sind Edelgas-Hydrate, bei denen die Gase inEis eingeschlossen sind. Ein Argon-Hydrat bildet sich langsam erst bei −183 °C, Hydrate des Kryptons und Xenons schon bei −78 °C.[33] Auch mit anderen Stoffen wieHydrochinon sind Edelgas-Clathrate bekannt.[34]

Literatur

Weblinks

Wiktionary: Edelgas – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Edelgase – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Horst Briehl:Chemie der Werkstoffe. 2. Auflage 2007, Springer,ISBN 978-3-8351-0223-1, S. 14.
  2. abcdWilliam H. Brock:Viewegs Geschichte der Chemie. Vieweg, Braunschweig 1997,ISBN 3-540-67033-5, S. 211–216.
  3. R. K. Kochhar:French astronomers in India during the 17th–19th centuries. In: Journal of the British Astronomical Association. 1991, 101, S. 95–100 (Artikel).
  4. abEintrag zuHelium. In:Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 19. Juni 2014.
  5. Lord Rayleigh:Density of Nitrogen. Letters to the Editor. In:Nature.Band 46,Nr. 1196, September 1892,S. 512–513,doi:10.1038/046512c0 (englisch,https://web.lemoyne.edu/~giunta/rayleigh0.html ,https://archive.org/details/scientificpapers04rayliala/page/1 – Die Herstellungsmethode aus Ammoniak war von Ramsay vorgeschlagen worden.):“density of nitrogen […] to two methods of preparation I obtain quite distinct values. The relative difference […] can only be attributed to a variation in the character of the gas.” 
  6. Günther Bugge:Das Buch der großen Chemiker, Verlag Chemie, Weinheim 1974,ISBN 3-527-25021-2, S. 255.
  7. abEintrag zuRadon. In:Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 19. Juni 2014.
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