Richtlinie 2009/147/EG | |
|---|---|
| Titel: | Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten |
| Bezeichnung: (nicht amtlich) | Vogelschutzrichtlinie |
| Geltungsbereich: | EU |
| Rechtsmaterie: | Naturschutzrecht |
| Grundlage: | EGV, insbesondereArtikel 175 Absatz 1 |
| Verfahrensübersicht: | Europäische Kommission Europäisches Parlament IPEXWiki |
| Anzuwenden ab: | 15. Februar 2010 |
| Fundstelle: | ABl. L 20, 26. Januar 2010, S. 7–25 |
| Volltext | Konsolidierte Fassung(nicht amtlich) Grundfassung |
| Regelung muss in nationales Recht umgesetzt worden sein. | |
| Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union | |
Richtlinie 79/409/EWG | |
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| Titel: | Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten |
| Bezeichnung: (nicht amtlich) | Vogelschutzrichtlinie |
| Geltungsbereich: | EU |
| Rechtsmaterie: | Naturschutzrecht |
| Grundlage: | EWGV, insbesondereArtikel 235 |
| Verfahrensübersicht: | Europäische Kommission Europäisches Parlament IPEXWiki |
| Anzuwenden ab: | 7. April 1981 |
| Fundstelle: | ABl. L 103, 25. April 1979, S. 1–18 |
| Volltext | Konsolidierte Fassung(nicht amtlich) Grundfassung |
| Regelung ist außer Kraft getreten. | |
| Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union | |
DieVogelschutzrichtlinien derEuropäischen Union dienen der Erhaltung der wildlebenden, im europäischen Gebiet ihrerMitgliedstaaten heimischen Vogelarten und der Regelung des Schutzes, der Bewirtschaftung und der Regulierung dieser Vögel, ihrer Eier und Lebensräume.[1] Die ursprünglicheRichtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 wurde durch die aktuell gültigeRichtlinie 2009/147/EG vom 30. November 2009 aufgehoben[2] und – inhaltlich weitgehend gleich – zum 15. Februar 2010 ersetzt.
Mit dieserRichtlinie haben sich die Mitgliedstaaten der EU (damals EWG) zur Einschränkung und Kontrolle derJagd ebenso wie zur Verwaltung vonVogelschutz-Gebieten als eine wesentliche Maßnahme zur Erhaltung, Wiederherstellung bzw. Neuschaffung der Lebensräume seltener oder bedrohter europäischer Vogelarten verpflichtet. Sie dient gemeinsam mit derFauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz FFH-Richtlinie) im Wesentlichen der Umsetzung derBerner Konvention. Die Vogelschutzgebiete gemeinsamen Interesses werden allgemeinEuropäisches Vogelschutzgebiet genannt (auchBesonderes Schutzgebiet BSG, englischSpecial Protection AreaSPA), die Schutzgebiete nach den beiden Richtlinien bilden das NetzwerkNatura 2000.
Die Richtlinie soll sämtliche wildlebenden heimischen Vogelarten schützen; in Überseegebieten der EU heimische Vogelarten sind nicht erfasst. Ihre Bestände sollen dauerhaft überlebensfähige Populationen behalten oder durch geeignete Maßnahmen wieder erreichen. In Anhängen werden Arten mit besonderem Schutzstatus gelistet, für die weitergehende Schutzmaßnahmen gelten.Anhang I der Richtlinie umfasst 181 Arten beziehungsweise Unterarten (Stand 2009). Die Mitgliedstaaten sind insbesondere verpflichtet, die zur Erhaltung dieser Arten „zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete“ zu Schutzgebieten zu erklären, zerstörte Lebensstätten wiederherzustellen und neue Lebensstätten zu schaffen, die Forschung zu fördern und im nationalen Recht Verbote[3] etwa gegen das Töten, Fangen, Halten oder Stören von Vögeln, gegen das Eiersammeln oder das Vermarkten von Erzeugnissen durchzusetzen.
DieJagd aufSingvögel gab in den 1970er Jahren den Anstoß für die EU-Vogelschutzrichtlinie. Damals wurdenZugvögel z. B. in Belgien, Frankreich und Italien zu Millionen mit Netzen, Leimruten, Fallen und automatischen Waffen gefangen und gejagt.
Seit der Verabschiedung der Richtlinie ist die Verwendung vonVogelfallen jeder Art in der EU verboten – Ausnahmen sind nur möglich, wenn es „keine andere zufriedenstellende Lösung“ gibt und wenn die Ausnahme nur „geringe Mengen“ von Exemplaren einer Art betrifft. Diese wenig klaren Vorgaben nutzen vor allem Länder wie Frankreich und Malta für die Freigabe von Vogelfallen zum Fang Hunderttausender Singvögel. Die Richtlinie zählt in verschiedenen Anhängen auf, welche Vogelarten von besonderer Bedeutung sind, welche besonderen Schutz bedürfen und welche Arten bejagt werden dürfen. Der Anhang II listet 82 Vogelarten auf (Stand 2009), von denen 24 in der gesamten EU geschossen werden dürfen. Die restlichen 58 dürfen nur in jenen Ländern bejagt werden, die dies bei der Kommission beantragt haben. Alle anderen europäischen Vogelarten dürfen nicht den nationalen Jagdgesetzen unterliegen, stehen also europaweit unter Schutz.
Die Vogelschutzrichtlinie untersagt weiterhin die Jagd während der Brut- und Aufzuchtzeiten, die Jagd während des Rückzuges zu den Brutgebieten, das Zerstören bzw. Beschädigen von Nestern, das Sammeln und den Besitz von Eiern sowie absichtliche gravierende Störungen, vor allem zurBrutzeit.
Die Richtlinie schützt auch die Lebensräume wildlebender Vogelarten, da ein reinerArtenschutz ohne den gleichzeitigenSchutz der Biotope keine Wirkung hat. Dazu gehören die Einrichtung von Schutzgebieten, diePflege von Lebensräumen und die Wiederherstellung zerstörter, sowie die Schaffung neuer Lebensräume (Art. 3).
Die europäischen Vogelschutzgebiete dienen direkt dem Schutz vonZugvögeln, die auf ihren Zugwegen innerhalb weniger Tage mehrere Länder durchfliegen können und daher auf Raststationen angewiesen sind, um Nahrung zu suchen und um sich ausruhen zu können. Dem trägt die Vogelschutzrichtlinie Rechnung, indem sie Schutzmaßnahmen für die Brut-, Mauser- und Überwinterungsplätze von Zugvögeln einfordert. Aber auch Bestände vonStandvögeln der Anhangsarten werden erfasst.
Wesentliche Bedeutung kommt dabei auch dem Feuchtgebietsschutz zu, insbesondere dem Schutz international bedeutender Feuchtgebiete. Damit erfolgt ein Brückenschlag zurRamsar-Konvention von 1971, deren Ziel die Erhaltung international bedeutender Feuchtgebiete ist.
Prinzipiell ist nach der Vogelschutzrichtlinie der Handel mit sämtlichen europäischen Wildvögeln im lebenden oder toten Zustand beziehungsweise ihren Federn, Eiern und ähnlichem verboten. Einzelne Arten sind jedoch von diesem Verbot ausgenommen, diese werden im Anhang III der Richtlinie aufgelistet. Hierzu zählen vor allem die häufigeren regulär jagdbaren Vogelarten, vornehmlichEnten- undHühnervögel.

Insbesondere verlangt die Vogelschutzrichtlinie, dass dieEU-Mitgliedstaaten für die Vogelwelt besonders wichtige Gebiete unterNaturschutz stellen (Art. 4 I). Die nach der Richtlinie ausgewiesenen Schutzgebiete werden alsEuropäisches Vogelschutzgebiet (ESV) respektiveBesonderes Schutzgebiet (BSG) oderenglischSpecial Protection Area (SPA) im Sinne derFFH-Richtlinie bezeichnet.
Anders als beim interimistischen FFH-StatusGebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung / Site of Community Importance (GGB/SCI) zwischen Nominierung und rechtlicher Umsetzung sind die BSG/SPA per Verlautbarung direkt gültig. Die Ausweisung durch die Europäische Kommission stellt aber noch keine eigene rechtswirksame Schutzkategorie dar, vielmehr stellen die Mitgliedstaaten diese Flächen nach ihren jeweiligen nationalen Regelungen und unter ihren nationalen Bezeichnungen unter Schutz. Dabei haben einige Staaten die Natura-2000-Gebiete auch als nationale rechtliche Klasse verankert, sonst bettet man den europäischen Schutz auch in andere nationale Kategorien ein.
Da die Umsetzung durch die Mitgliedstaaten teils nur sehr langsam voranging, entschlossen sich Naturschutzverbände unter der Koordination vonBirdLife International seit 1993 die nach der Richtlinie notwendigen, aber von den Mitgliedsstaaten nicht geschützten Gebiete alsImportant Bird Areas zu benennen. Diese Vorschlagsliste wurde anschließend global ausgeweitet und mitEndemic Bird Areas ergänzt. Diese Vorschlagsliste wurde durch nationale und europäische Gerichte herangezogen, um zu entscheiden ob ein Mitgliedsstaat seinen Schutzverpflichtungen nachgekommen ist.
Die Verabschiedung der EU-Vogelschutzrichtlinie im Jahr 1979 hat den Natur- und Vogelschutz in Europa ein großes Stück vorangebracht. Fast sämtliche Festsetzungen in der Richtlinie wurden inzwischen in die nationalen Gesetze aufgenommen. Probleme stellen zahllose Ausnahmen sowie die Umsetzung der gesetzlichen Regeln dar: Viele Länder, wie beispielsweise Frankreich, erlauben weiterhin den Einsatz eigentlich verbotener Vogelfallen aus traditionellen Gründen, genehmigen so wie Malta die eigentlich untersagte Jagd zur Frühlingszeit oder geben – wie Italien – eigentlich geschützte Arten zum Abschuss frei. Auch in Deutschland werden großzügig Ausnahmegenehmigungen erteilt, umKormorane zu schießen oder zu vergrämen.
Oft muss dieEuropäische Kommission in langwierigen Verfahren vor demEuropäischen Gerichtshof die Einhaltung der Vogelschutzrichtlinie durchsetzen. Eine Kontrolle der Jagd- und Vogelfangverbote funktioniert in vielen Ländern bis heute nicht.
AlsEU-Richtlinie hat die Vogelrichtlinie keine unmittelbare Wirkung für die, an die sich die in ihr geforderten Zugriffs- oder Vermarktungsverbote richten sollen; dazu benötigt sie die Umsetzung in nationales Recht. Das erledigt in Deutschland vor allem dasBundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), wonach alle von der Richtlinie erfassten Tierarten, also alle europäische Vogelarten in seinem Sinne „besonders geschützt“[4] sind.Auf sie sind daher seine Regelungen zum besonderen Artenschutz[5] und die daran anknüpfenden Bußgeld- und Straftatbestände[6] anwendbar.