Lenker (Fahrzeugtechnik)

Lenker oderAchslenker sind in derFahrwerkstechnikKoppelelemente derRadaufhängung vonKraft- undSchienenfahrzeugen.[1] Sieführen denRadträger und verbinden ihn durchGelenke mit dem Fahrzeugkörper.[2] Lenker haben beiPkw die früher üblichenBlattfedern weitgehend verdrängt, die außer zurFederung auch zur Radführung genutzt wurden; heute werden diese beiden Aufgaben meist von getrennten Bauteilen erfüllt.
Über die Lenker bzw. ihre Gelenke werdenKräfte undMomente auf den Radträger in den Fahrzeugkörper eingeleitet. Deshalb sind bei derAuslegung der Radaufhängungsgeometrie nicht nurkinematische Anforderungen zu berücksichtigen, sondern auch das Verhalten unterBelastung.
Einteilung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Bei Radaufhängungen unterscheidet man Lenker anhand
- ihrer Funktion (tragend oder führend)
- ihrer kinematischen Wirkung nach der Zahl der Anlenkpunkte:[3]
- Stablenker mit 2 Anlenkpunkten
- Dreieckslenker mit 3 Kugelgelenken (zwei Kugelgelenke an der Basis bilden ein Drehgelenk)
- Trapezlenker mit 4 Kugelgelenken
- Drehschublenker mit einem Kugelgelenk und einemDrehschubgelenk; Beispiel ist die Kolbenstange einesDämpferbeins.
Weitere Unterscheidungsmerkmale sind
- die Richtung im Raum, z. B.Querlenker,Längslenker,Schräglenker
- die Art der vorwiegenden Beanspruchung (Schubstrebe,Zugstrebe).
Herstellerspezifische Bezeichnungen wieSturzstrebe sollen auf die Bedeutung des Lenkers für die Radstellung beiMehrlenkerachsen hindeuten.
DieSpurstange bzw. der Spurlenker ist in der Länge verstellbar, um dieVorspur einzustellen.
Tragende Lenker, auf denen sich die Tragfeder abstützt, heißenFederlenker.[4]
Kurbellenker haben zwei parallele Drehgelenke oder ein Dreh- und ein Kugelgelenk wie ein Dreieckslenker.
Ein Stablenker, der beiStarrachsen zur Abstützung der Querkräfte dient, ist derPanhardstab.
Freiheitsgrade
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die ursprünglich sechsFreiheitsgrade des Radträgers (drei bezüglich der Lage und drei bezüglich der Orientierung) werden verringert
- durch einen Stablenker um einen Freiheitsgrad
- durch einen Dreieckslenker oder einen Drehschublenker um zwei Freiheitsgrade
- durch einen Trapezlenker um vier Freiheitsgrade.
Verbindet man fünf Stablenker mit dem Radträger, verbleibt somit ein Freiheitsgrad, wie es für eineEinzelradaufhängung erforderlich ist.[5]
Zur kinematisch exakten Führung einerStarrachse mit zwei Freiheitsgraden sind vier Stablenker erforderlich.
Konstruktion
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Lenker sind mit dem Fahrzeugkörper meist über Gummilager verbunden, umGeräusche abzukoppeln undfahrdynamisch erwünschte Lenkeffekte unter Kräften zu erzielen. Beim Dreieckslenker werden deshalb z. B. an der BasisGummibuchsen verwendet, deren Drehachsen fluchten. An den Radträgern derVorderachse sind wegen des Radeinschlags meist Kugelgelenke erforderlich.
Lenker, die nur Momente um eine Achse übertragen müssen, sindflexibel ausgeführt und werden unterschiedlich bezeichnet, z. B. alsSchwertlenker.
Fehlende Gelenkfreiheitsgrade werden durchBiegung undTorsion des Lenkers kompensiert. Beispiel ist der Längslenker (Längsschubstrebe) an der hinterenPendelachse desVW Käfer.
Tabellarische Übersicht
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die folgende Tabelle zeigt eine Auswahl möglicher Verbindungen zwischen Aufbau und Radträger, die Lenker genannt werden (Beispiele für Bauarten in Klammern).
Gelenk am Chassis | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Gelenk am Radträger | Kugelgelenk | Drehgelenk | |||||
Kugelgelenk | Stablenker (Fünflenkerachse) | Dreieckslenker (Doppelquerlenkerachse, Kurbellenkerachse des Käfers ab '65) | |||||
Drehgelenk | Dreieckslenker (Chapman-Achse) | Trapezlenker (Jaguar IRS, Porsche 928 1977) |
BeiMehrlenkerachsen sind nicht nur Verbindungen vom Chassis zum Radträger möglich, sondern auch von einem Lenker zum Radträger oder die Verbindung zweier Lenker durch einenKoppellenker. Wie in den anderen Beispielen sind die Lenker Elemente einerkinematischen Schleife.
Zuweilen wird auch die unmittelbare Verbindung des Radträgers mit dem Aufbau durch ein Drehgelenk als Lenker bezeichnet, z. B. bei derLängslenkerachse.[6] Diekinematische Kette enthält aber außer dem Drehgelenk und dem Radträger keine weiteren Körper. Die Namensgebung dürfte der Formgebung des Radträgers geschuldet sein.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Literatur und Bemerkungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Wolfgang Matschinsky:Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion. 2. Auflage. Springer, 1998,ISBN 978-3-662-09653-6,S. 8–9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Andreas Steimel:Elektrische Triebfahrzeuge und ihre Energieversorgung: Grundlagen und Praxis. 2. Auflage. Oldenbourg Industrieverlag München, 2006,ISBN 978-3-8356-3090-1,S. 20 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Stefan Gössner:Getriebelehre: Vektorielle Analyse Ebener Mechanismen. 4. Auflage. Logos Verlag Berlin, 2012,ISBN 978-3-8325-3082-2,S. 155 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑Knauers großen Buch vom Auto, Droemer Knaur Verlag Schoeller & Co, Ascona 1980,ISBN 3-85886-089-1, Seite 195
- ↑Metin Ersoy, Stefan Gies (Hrsg.):Fahrwerkhandbuch: Grundlagen, Fahrdynamik, Fahrverhalten, Komponenten, Elektronische Systeme, Fahrerassistenz, Autonomes Fahren, Perspektiven. 5. Auflage. Springer Vieweg, 2017,ISBN 978-3-658-15467-7,S. 543 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑Als Federlenker wurden auch die historischenGazda-Lenker bei Motorrädern bezeichnet.
- ↑Bernd Heißing, Metin Ersoy, Stefan Gies:Fahrwerkhandbuch. 4. Auflage. Springer Vieweg, 2013,ISBN 978-3-658-01992-1,S. 438 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑Bernhard Heißing, Metin Ersoy, Stefan Gies (Hrsg.):Fahrwerkhandbuch. Grundlagen, Fahrdynamik, Komponenten, Systeme, Mechatronik. 3. Auflage. Vieweg+Teubner, 2011,S. 431,432 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).