

DerDollart (niederländischDollard) ist eine etwa 90km² großeBucht imMündungsästuar derEms südlich der SeehafenstadtEmden. Gespeist wird der Dollart von Süden her mit Süßwasser aus derWesterwolder Aa (niederländisch: Westerwoldse Aa). Im Nordwesten stellt der knapp zwei Kilometer breite, zwischen der LandzungePunt van Reide am niederländischen Ufer und derGeise gelegene Dollartmund die Verbindung zurAußenems und damit zurNordsee her.

DieBucht ist, ähnlich wie derJadebusen, das Ergebnis von Meereseinbrüchen im spätenMittelalter, die die ursprünglicheMoorlandschaft weitgehend ausgeräumt haben.[1] Die vonUbbo Emmius dargestellte ältere Auffassung besagt, dass der Dollart bereits 1277 entstanden sei. Diese Tradition findet in mythischer Form inJarfke van der MuydensProphecye ihren Niederschlag, wird durch zeitgenössische Quellen jedoch nicht bestätigt. Auch das vermeintliche Entstehungsjahr 1362 (Zweite Marcellusflut) ist keineswegs gesichert. Laut einer Überlieferung, über die derostfriesische ChronistEggerik Beninga berichtet, seien die wichtigstenSiele erst 1413 während einerFehde zerstört worden. Fünf Jahre später soll das Wasser erstmals das spätere Dorf Blijham erreicht haben. Dennoch bezeugen archäologische Funde beiBad Nieuweschans (Bad Neuschanz), Vriescheloo undScheemda, dass hier noch im 15. Jahrhundert Süßwasserverhältnisse vorherrschten. Dagegen war bei Pogum bereits zwei Jahrhunderte früher einehalophile Vegetation vorhanden.
Der östliche Dollartbusen bildete sich in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Bereits 1454 hatte man einen Notdeich vom festen Emsufer quer durch das Moorgebiet bis zur hohen Geest bei Finsterwolde gebaut, der dasOldambt schützen sollte. Der westliche Busen ist vermutlich erst ab den 1460er Jahren entstanden. Weite Teile dieses Gebiets waren noch weitgehend vom Meer unberührt, als 1509 dieZweite Cosmas- und Damianflut und dann dieAntoniflut 1511 weit ins Innere vordrangen.


Durch die Entstehung des Dollart und durch Einbrüche des Emsufers sind mindestens 20 Kirchspiele und 10 bis 15 weitere Dörfer sowie dreiKlöster untergegangen. Ein Dutzend Dorfkirchen hat man ein- oder sogar zweimal umgesiedelt. Die Namen dieser Dörfer sind jedoch häufig entstellt.
Untergegangen sind dieKirchspiele Kalentwalt (Coldeborgerfehn?), Haxenerwalt (Hatzumerfehn?), Ditzumerwold, Uterpogum, Utbeerte, derMarktfleckenTorum, Wilgum, Fletum, Berum, Oosterreide, Westerreide, Up-Reiderwolde und Ut-Reiderwolde (mit einem Kollegiatstift), San(t)dorp,Stockdorp, Tijsweer, Zwaag, Ooster-Finsterwolde, Ulsda, Megenham, Wynedaham, Houwingagast (Houwingahof), Houwingaham und vielleicht die schwer zu identifizierenden Kirchspiele Haxne, Siweteswere, Poel, Rodendebord und Katelmesinke.
Dazu die Dörfer Peterswere (Peterswolde), Dune Lee (Duinkerken bei Marienchor?), Garmede, Wynham, Jarde (Bundergaarde), Bonewerda (Boen?), Ockeweer, Astock, Torpsen, De Lidden, Gaddingehorn, Fiemel und vielleicht Ayckaweren, Stoksterhorn, Exterhuis, Jansum und Homborg. Und schließlich die KlösterPalmar (Porta sancta Mariae), Oosterreide und Menterwolde (Campus Sylvae) mit dem Klostervorwerk De Olde Stoeve. Die Existenz der Dörfer Beda, Ludgerskerke, Osterbeerde, Maarhuisen und Markhuisen darf angezweifelt werden, da diese nicht durch zeitgenössische Quellen belegt werden.
Nesse, Kirchborgum (Huweghenborch), Bingum (Oengum) und das Klostervorwerk Goldhoorn (bei Finsterwolde) werden wohl zu Unrecht zu den untergegangenen Siedlungen gezählt. Andere ehemalige Moorsiedlungen sind möglicherweise bereits vor den Dollarteinbrüchen wegen ihrer niedrigen Lage zuWüstungen verfallen und erst nachträglich in den Listen der untergegangenen Dörfern aufgeführt worden.
Mindestens 17 Siedlungen hat man wegen der Überflutungen auf eine höher gelegene Siedlungsstelle verlegt: Marienchor (Critzumerwolde), Böhmerwold (wohl *Bentumerwolde),St. Georgiwold (Upwolde),Weenermoor,Boen (Bonewerda),Wymeer, Hamdijk (Houwingaham oder Utham), Den Ham (Upham oder Nijeham),Bellingwolde, Vriescheloo,Winschoten-Sint-Vitusholt, Beerta, Oostwold, Midwolda, Scheemda, Meeden, Muntendam und vielleicht die Vorgängersiedlungen von Bunderhee und Blijham. Die Kirchendörfer Noordbroek und Zuidbroek sowie möglicherweise auch dieKommende Dünebroek wurden schon früher verlegt.
Als Folge des Dollarteinbruches wurde die Emsschleife vor Emden 1509 abgeschnitten. Während die Ems vorher unmittelbar unter den Wällen der Stadt Emden floss, verlagerte sich nach derSturmflut das Strombett in die neu entstandene Sehne dieses Bogens. Die gegenüber Emden gelegeneHalbinselNesserland wurde infolgedessen zurInsel, und der nunmehr von der Hauptströmung verlassene Bogen verschlickte immer mehr, wodurch die Zufahrt zumEmder Hafen immer schwieriger wurde. Durch eine etwa 4,5 km langeSpundwand aus Eichenstämmen, das „Nesserlander Höft“, versuchte die Stadt Emden, das neu entstandene Emsbett abzuriegeln, doch musste das 1581 begonnene Werk 1631 wieder aufgegeben werden.
Der Durchbruch der Halbinsel Nesserland scheint für die Wiederverlandung des Dollart von Bedeutung gewesen zu sein. Solange die Halbinsel bestand, legte sie sich der aus westlicher Richtung vorstoßenden Flutwelle in den Weg und lenkte sie auf das eingerissene Dollartgebiet. Das Nesserlander Höft übte dieselbe Wirkung aus. Nachdem es zerbrochen war, konnte die Flutwelle verstärkt in den Emslauf eintreten, so dass die Stoßkraft in Richtung des Dollart abnahm. Die dann einsetzende Verlandung schritt ziemlich schnell fort, so dass weite Strecken des Vorlandes bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts neubedeicht werden konnten.

Nach zahlreichen weiterenEinpolderungen vom 17. bis zum 20. Jahrhundert ist der Dollart heute auf etwa ein Drittel seiner Fläche im Verhältnis zu seiner größten Ausdehnung geschrumpft. Der jüngste Polder ist an der Ostseite der 1877 eingedeichteKanalpolder, an der Nordseite auf Emder Stadtgebiet der in den Jahren von 1912 bis 1923 eingedeichteWybelsumer undLarrelter Polder.
BeiNiedrigwasser fallen etwa 78 Prozent der Dollartfläche alsWatt trocken. Zwischen dem Watt und dem Seedeich erstreckt sich im Westen, Süden und Osten ein Saum aus etwa 1100 ha großen und 100–1200 m breiten Vorländern, wovon 336 ha Deichfuß wattwärts auf die deutsche Seite entfallen.
Nach den Küstenlinien betrachtet ist die Dollartbucht langstreckig mit der Unterems verbunden und beimTidenhochwasser, erst recht beiSturmfluten bilden sie eine einheitliche Wasserfläche. DasPrielsystem des Dollart ist jedoch durch die Wattfläche der Geise vom Emder Fahrwasser als Abschnitt des Emslaufs getrennt. Ab 1872 sind Strombuhnen, ab 1900 und 1930 Trenn- undLeitwerke von der deutschen Wasserbauverwaltung angelegt worden, um den Geiserücken festzulegen und zu erhöhen. Diese Strombaumaßnahmen dienten ausschließlich zur Stützung des Emder Fahrwassers.
Durch diese Maßnahmen vereinigt sich derDollartmund, durch den der größte Teil des Tidenwassers ein- und ausströmt, erst zwei Kilometer westlich desPunt van Reide (s. u.) mit dem Emslauf. Die größte Strömungsrinne im Dollart selber ist das Groote Gat. Dessen südlicher Ast wird Schanskerdiep oder Buiten-Aa genannt und nimmt amNieuwe Statenzijl das Wasser derWesterwoldsche Aa auf, die das niederländische Binnenland zwischenWinschoten und der deutschen Grenze entwässert.
Im Dollart, in den trichterförmig die Wester- und die Osterems fließen, wird das Nordseewasser mit demSüßwasser der Zuflüsse stark durchmischt, Küstenform und Wasserverhältnisse schaffen einenBrackwasserraum mit unterschiedlichemSalzgehalt.
Dieniederländische, etwa zwei Kilometer lange LandzungePunt van Reide östlich vonTermunterzijl im Dollart ist aus festemKlei aufgebaut und stellt wie das Schafland beiDyksterhusen auf derdeutschen Seite den Rest des alten Emsuferwalles dar. Es wird an der Nord- und Ostseite durchBuhnen undDeckwerke geschützt, die bereits 1738 vorhanden waren.
Alle Deichstrecken am südlichen und westlichen Rand des Dollarts sind in den 1970er und 1980er Jahren erhöht und verstärkt worden. Der Sand für den Kern der Deiche stammte zum Teil aus deräußeren Außenems, zum Teil aus dem Dollartmund.

Der Dollart wird von der deutsch-niederländischen Staatsgrenze durchschnitten. Sie führt beiNieuwe Statenzijl in nordnordwestlicher Richtung auf denAußenhafen von Emden zu und biegt im Nordteil nach Westen ab. Über die genaue Lage der Ost-West verlaufenden Grenze gibt es keine einheitliche deutsch-niederländische Auffassung. Für die Schifffahrt gilt eine eigene binationaleSchifffahrtsordnung Emsmündung (EmsSchO).

Der niederländische Teil des Dollart steht seit 1977 unterNaturschutz, der etwa 30 Prozent der Bucht ausmachende deutsche Dollart (2250 ha) wurde 1976 alsRamsar-Gebiet und 1980 alsNaturschutzgebiet ausgewiesen, soweit er zum KreisgebietLeer/Ostfriesland gehört. 1986 erfolgte die Ausweisung als EU-Vogelschutzgebiet. Seit dem Jahr 2000 gehört der deutsche Teil des Dollart zumNationalpark Niedersächsisches Wattenmeer; der Abschnitt zwischen der Emsmündung bei Pogum und der niederländischen Grenze nahe der Mündung derWesterwolder Aa hat dabei den strengsten Schutzstatus derSchutzzone I. Der Dollart ist alljährlich Schlafplatz von vielen Zehntausenden von Zugvögeln. Den spektakulärsten Anblick dabei bietet der Einflug der arktischen Wildgänse wieBlessgans,Nonnengans,Waldsaatgans oderGraugans, die im umliegenden Grasland Nahrung suchen. Schwerpunkt ist hierbei dasRheiderland sowie die emsnahen Bereiche vonMoormerland undWestoverledingen. Im Mai finden sich am DollartDunkelwasserläufer (Tringa erythropus) in großer Zahl. Es sind die höchsten Zahlen in ganz Niedersachsen. Auch derRegenbrachvogel (Numenius phaeopus) wird in hohen Zahlen beobachtet.
Etwaige negative Umwelteinflüsse infolge des 2002 fertiggestelltenEmssperrwerks zwischenGandersum bei Emden undNendorp imRheiderland müssen abgewartet werden.
Bei Pogum-Dyksterhusen befindet sich eine aufgeschüttete Plattform im Dollart, auf der im Jahre 1964 Probebohrungen nachErdgas durchgeführt wurden. Von dieser altenBohrinsel hat man heute einen Überblick über den ganzen Bereich des Dollarts.Bei Flut ist hier auch das Baden und das Surfen möglich, eine Badeaufsicht besteht nicht. Es ist der westlichste Punkt der GemeindeJemgum. Die Anfahrt ist über einen Deichweg mit dem PKW möglich. Hier befindet sich ein großer Parkplatz, der von 9 bis 22 Uhr genutzt werden darf.
Bis 2013 fanden an der Bohrinsel historischeKreierrennen statt. Der Kreier ist ein Wattschlitten, der von Fischern benutzt wurde, um ins Wattenmeer zu ihrenReusen zu fahren. Heutzutage ist diese Art des Fischens kaum mehr üblich.
53.37.1666666666667Koordinaten:53° 18′ N,7° 10′ O