Die Welt war eine Gründung derbritischen Militärregierung und erschien zum ersten Mal am 2. April 1946 zum Preis von 20 Pfennig. Das Konzept der Zeitung war, Fakten scharf von Kommentaren zu trennen, in den Leitartikeln kamen gegensätzliche Standpunkte zur Sprache. Unter dem seit Frühjahr 1946 amtierenden Chefredakteur, dem SPD-Mitglied und ehemaligen Insassen desKZs Bergen-BelsenRudolf Küstermeier, kollidierte das Blatt mehrmals mit den britischen Besatzungsbehörden, die dieWelt als PR-Organ nutzen wollten. Die Auflage stieg bis auf eine Million Exemplare, so dass beim anstehenden Verkauf 1952 an Interessenten kein Mangel herrschte. Für zwei MillionenDM erhielt Axel Springer den Zuschlag.
Unter dem ersten Springer-Chefredakteur, dem rechtskonservativenHans Zehrer (der bereits 1946 kurzzeitig das Blatt geleitet hatte, aufgrund seiner Vergangenheit aber von den Briten abgesetzt worden war), wandelte sich das einst liberale Blatt zur „großen nationalen Zeitung“, wie sie 1965 offiziell tituliert wurde. Autoren wieIlse Elsner,Sebastian Haffner undErich Kuby beendeten allmählich die Mitarbeit. FürDie Welt arbeiteten Journalisten wieWinfried Martini,Friedrich Zimmermann oder der ehemalige Pressechef im NS-AußenministeriumPaul Karl Schmidt aliasPaul Carell, der von 1958 bis 1979 für dieWelt schrieb.[4] Dessen damaliger MitarbeiterHans Georg von Studnitz sowie konservative Schreiber wieMatthias Walden undWilliam S. Schlamm prägten kurzzeitig den Charakter der Zeitung.
Während derSpringer-Kampagne während der Studentenproteste in den 1960er Jahren gegen Axel Springer wurde auchDie Welt Zielscheibe von Kritik. LautHans-Peter Schwarz verhandelte Axel Springer Mitte der 1970er Jahre mit derFrankfurter Allgemeinen Zeitung über den Verkauf der defizitärenWelt, bei demDie Welt in derFrankfurter Allgemeinen Zeitung aufgehen sollte. Springer soll sich kurz vor Vertragsabschluss aber gegen den Verkauf entschieden haben.[5]
Verlagsleiter vonDie Welt undWelt am Sonntag ab 1963 war der zuvor bei denLübecker Nachrichten und als Wirtschaftsredakteur beiDie Welt tätig gewesene Diplom-Volkswirt Ernst-Dietrich Adler (1927–2014).[6] Die Zentralredaktion derWelt zog 1975 von Hamburg nach Bonn.
1993 zog die Zentralredaktion nach Berlin, die derWelt am Sonntag folgte 2001 von Hamburg nach Berlin.[7] 2002 wurden die Redaktionen vonWelt undBerliner Morgenpost fusioniert.[8] 2006 wurde diese Redaktion mit der Redaktion derWelt am Sonntag und den Online-Redaktionen der drei Zeitungen zusammengelegt.[9]
Ab dem 24. Mai 2004 erschien neben der herkömmlichenWelt auchDie Welt Kompakt, in der Inhalte der großen Ausgabe auf 32 Seiten im kleineren Format zusammengestellt wurden.[10] Im Jahr 2007 schriebDie Welt erstmals schwarze Zahlen.[11]
Logo von 2010 bis zum 29. November 2015
Am 15. Februar 2010 übernahm der bisherige ChefredakteurThomas Schmid die Position des Herausgebers undJan-Eric Peters wurde Chefredakteur allerWelt-Publikationen.[12] Im Oktober 2012 gab die Axel Springer AG bekannt, dass die Redaktion derWelt noch vor dem Jahresende mit der desHamburger Abendblattes zusammengelegt wird. Die neue Zentralredaktion wurde in Berlin angesiedelt. In Hamburg blieb nur noch eineAbendblatt-Lokalredaktion bestehen.[13]
Seit 2010 lässt die Kulturredaktion einmal jährlich sogenannteKünstlerausgaben der Zeitung durch namhafte Bildende Künstler nach deren Vorstellung gestalten, beispielsweise 2010Georg Baselitz[14] und 2011Ellsworth Kelly[15].
Mit dieser neuen Strategie scheint die weitere Existenz vonDie Welt als Printversion zur Disposition zu stehen. Der Verlag wolle, so hieß es, im Falle neuer Einbrüche „keine lebensrettenden Maßnahmen“ für die gedruckte Ausgabe mehr ergreifen.[16] Von Bedeutung seien allein noch die Online-Redaktion und dieWelt am Sonntag. Deshalb wurde die gesamte Redaktion auf die Online-Ausgabe ausgerichtet. Alle Inhalte werdenonline first veröffentlicht, weshalb die Redaktion auch durchgehend von frühmorgens bis zum späten Abend thematisch vollständig besetzt sein muss. Die Medienseite dertageszeitung fasste den Wandel so zusammen:
„Kurz vor Feierabend wird zwar noch eine Zeitung gedruckt, doch das ist eher ein Abfallprodukt dessen, was für welt.de sowieso geschrieben wurde. Eine Papierausgabe für all die treuen Abonnenten, die noch nicht gestorben sind. Fast ohne störende Anzeigen.“
Im Dezember 2012 führteWelt Online ein Bezahlmodell ein: Kostenlos waren nur noch 20 Online-Artikel pro Monat abrufbar, für darüber hinausgehende Abrufe musste ein kostenpflichtigesAbonnement abgeschlossen werden.[17] Am 9. Dezember 2013 gab die Axel Springer SE den Kauf des FernsehsendersN24 bekannt. Der bisherigeN24-GesellschafterStefan Aust wurde am 1. Januar 2014 Herausgeber derWelt.[18] Nach der Genehmigung durch dasBundeskartellamt im Februar 2014 wurden die Redaktionen vonWelt undN24 zusammengelegt, ummultimediale Nachrichten produzieren zu können.[19] Zum 1. Januar 2015 wurden die gemeinsamen Aktivitäten in derWeltN24 GmbH gebündelt.[20]
Im 2. Quartal 2014 gingen 41,5 Prozent der gemeldeten verkauften Auflage nicht an Abonnenten oder in den Straßenverkauf, sondern wurden alsBordexemplar oder per Sonderverkauf abgesetzt. Der Verlag erhält dafür keine oder wesentlich geringere Erlöse.[21] Axel-Springer-Zeitungsvorstand Jan Bayer gab im April 2015 ein klares Bekenntnis zur Zukunft der gedrucktenWelt ab: Sie solle „intellektuelles Leitmedium“ werden und man investiere „sehr konsequent in Qualität“.[22] Die Berliner Lokalausgabe wurde zum 1. September 2015 eingestellt.[23] Zum 29. November 2015 wurde dieWeLT am Sonntag und ab dem 30. November 2015DIE WeLT auf ein neues Logo in einem Entwurf vonErik Spiekermann samt Markenauftritt umgestellt.[24]
Am 1. Januar 2016 übernahm Stefan Aust zusätzlich zur Herausgeberschaft auch den Posten des Chefredakteurs von Jan-Eric Peters.[25] Im Februar 2016 wurde ein neues Redaktionskonzept vorgestellt, nach dem es statt vierzehn acht Ressorts geben soll. Auch das Bezahlmodell änderte sich von demMetered Model auf einFreemium Model. Aktuelle und schnell erstellte Artikel sind danach weiterhin frei verfügbar, Hintergrundberichte und ausführliche Reportagen oder Analysen sind kostenpflichtig.[26] Zum 70-jährigen Jubiläum erschien am 2. April 2016 eine vonUdo Lindenberg illustrierte Sonderausgabe.[27] Am 6. September 2016 wurdeUlf Poschardt neuer Chefredakteur.[28]
BeimEinstieg des Finanzinvestors KKR in die Axel Springer SE 2019 wurde ein Passus im Angebot bekannt, wonach vereinbart wurde, „den Geschäftsbereich derWelt-Gruppe fortzuführen“ – dies allerdings „unter der Voraussetzung einer angemessenen Steuerung der jährlichen Ergebnissituation“.[29]
Im September 2019 gab die Axel Springer SE bekannt, dass am 31. Dezember 2019Die Welt Kompakt und die Hamburger Lokalausgabe eingestellt werden und die Sportredaktion aufgelöst wird. Die Berichterstattung in diesem Bereich wird vom Kompetenzcenter Sport der Axel Springer SE übernommen.[30][31] In dem am 6. Oktober 2020 eröffneten Axel-Springer-Neubau in Berlin haben die Bereiche Print, Digital und Fernsehen erstmals über gemeinsame Räumlichkeiten.[32][33]
Seit dem 6. September 2021 erscheint die Print-Ausgabe der Welt von Montag bis Freitag auf 16 (statt bis dato 24) Seiten. Die Samstagsausgabe der Welt erschien am 4. September 2021 zum letzten Mal. Dafür erscheint dieWelt am Sonntag seit dem 11./12. September 2021 in zwei Ausgaben, von denen eine bereits am Samstag verfügbar ist.[34] Das Projekt „5+2“ wird als „Tageszeitung fürs Wesentliche“ bezeichnet und als Anpassung an gewandelte Anforderungen von Lesern und Inserenten verkauft. Es war eine Reaktion auf gesunkene Auflagenzahlen und Verkäufe (sieheZeitungssterben).[35]
Zum 1. Januar 2025 lösteJan Philipp Burgard Ulf Poschardt als Chefredakteur ab.[36] Im Februar 2025 wurde das RessortForum inMeinungsfreiheit umbenannt.[37]
DieAuflage derWelt wurde von 2005 bis 2019 gemeinsam mit derWelt Kompakt ausgewiesen. In den vergangenen Jahren hat die Zeitung erheblich an Auflage eingebüßt. Die harte Auflage aus Abonnements und Einzelverkauf lag im 2. Quartal 2023 bei 36.230 Exemplaren, darunter 31.171 Abonnements, darin 2287 ePapers, und 5059 Exemplare im Einzelverkauf, darin 42 ePapers.[38] Zehn Jahre zuvor, im 2. Quartal 2013, lag die harte Auflage noch bei 137.690 Exemplaren.[39]
Das MedienmagazinDWDL bezifferte die harte Auflage aus Abonnements und Einzelverkäufen zum regulären Preis im 2. Quartal 2023 auf 36.230 und somit 7,4 Prozent niedriger als noch 2022.[40]
Unter dem NamenWelt Online wurde dasNachrichtenportal der Welt-Gruppe im Internet entwickelt.[41] DieWebsite der Zeitung wurde 1995 gestartet und bietet einelektronisches Zeitungsarchiv aller Artikel seit derDigitalisierung ab Mai 1995. EinPDF-Ganzseitenarchiv erlaubt ferner das Herunterladen von einzelnen Seiten, ausgewähltenRubriken (z. B.Titel,Deutschland,Ausland) oder einer kompletten Ausgabe der seit dem 9. Januar 2001 erschienenen Nummern.
2012 wurde der Internetauftritt inDie Welt umbenannt und zum einheitlichen Namensauftritt aller Medien der Welt-Gruppe gemacht; ausgenommen davon dieWelt am Sonntag.[42] Im gleichen Jahr führteDie Welt als erste überregionale Tageszeitung in Deutschland für ihren Internetauftritt ein Bezahlsystem ein.[43] Nutzer können seitdem pro Kalendermonat 20 Artikel kostenlos abrufen, danach wird beim Abruf eines weiteren Artikels der Abschluss einesAbonnements verlangt.[44] Nach dem ersten halben Jahr mit einerPaywall zog der General Manager der digitalenWelt-Produkte(Welt Digital) bei einer Tagung desBundesverbands Deutscher Zeitungsverleger eine erste Zwischenbilanz. Die konkrete Zahl der Zahler nannte er nicht; er bezeichnete sie als „ermutigend“.[45] Nach eigenen Angaben betrug die Zahl der digitalen Abonnenten derWelt zum 30. Juni 2013 mehr als 47.000.[46] Diskutiert wird allerdings die Aussagekraft der Zahlen hinsichtlich der Bereitschaft für Inhalte im Internet zu zahlen, da das Abo unter anderem in Kombination mit einemiPad mini beworben und verkauft wurde.[47] Im Juni 2016 hatteDie Welt mehr als 75.000 digitale Abonnenten.[48] Bis April 2022 stieg die Zahl auf über 200.000.[49]
Am 15. September 2015 wurde diedigitale ZeitungWelt Edition eingeführt. Sie ist die weiterentwickelte Version der bisherigen iPad-AppWelt HD und das erste Angebot, das unter dem neuen MarkendachWelt erschienen ist.[50] Mit der Zusammenlegung vonDie Welt undN24 unter dem Dach vonWeltN24 hat sichwelt.de zum gemeinsamen Nachrichtenportal gewandelt.[51] InRussland wirdwelt.de seit dem 10. Juli 2022 blockiert, weil angeblich Nachrichten verbreitet werden, die gesetzlich verboten sind, womit Nachrichten über denRussisch-Ukrainischen Krieg gemeint sein dürften.[52] Die Redaktion setzt nach eigenen Angaben vermehrt Künstliche Intelligenz ein, vor allem für ihr Online-Angebot für Abonnenten.[53]
In einem vergleichenden Beitrag zur redaktionellen Behandlung und Moderation von Leserkommentaren beschäftigte sich der JournalistStefan Niggemeier im März 2008 angesichts der zunehmenden Welle anHasskommentaren mit den Leser-Kommentarbereichen mehrerer im Netz verfügbarer Medien.Welt Online zählte er zusammen mitStern zu den Portalen, die „am weitestgehenden der Idee des barrierelosen Meinungsaustausches treu geblieben“ seien. Dies habe jedoch auch zur Folge, dass viele Hasskommentare auf der Seite sichtbar seien. ÜberWelt Online schrieb er: „Auch die Kommentarbereiche auf Welt Online sind ein unwirtlicher Ort – und gelten teilweise als Spielwiese für Rechtsradikale, Spinner und Hetzer aller Art.“[54]
Seit 2020 ist das Kommentieren von Internet-Artikeln Abonnenten vorbehalten.
Der Jurist und Medienethiker Luis Paulitsch zählte Die Welt 2025 zu den Mainstream-Medien, bei denen sich eine Tendenz erkennen lässt, dass sie „bestimmte Feindbilder oder Begriffe rechtsalternativer Medien übernehmen und sich ihnen – ob bewusst oder unbewusst – thematisch angleichen.“[60]
Seit 2002 hat die Welt sechs Rügen und eine Anzahl von Missbilligungen desDeutschen Presserates wegen Verstoßes gegen den Pressekodex erhalten.[61] 2019 kritisierte Stefan Niggemeier die enge Kooperation derWelt mitVolkswagen zur Ausgabe vom 7. Mai 2019, die unter anderem den VW-VorstandsvorsitzendenHerbert Diess zum „Co-Chefredakteur“ machte.[62] Als Folge von drei Beschwerden über diese Ausgabe (eine davon mit Beteiligung Niggemeiers[63]) sprach derDeutsche Presserat eine Missbilligung wegen Verstoßes gegen denPressekodex aus.[64]
DieWelt stand während derCOVID-19-Pandemie in der Kritik,Falschinformationen zur Pandemie unkritisch zu übernehmen. So sorgte etwa ein Interview mitMatthias Schrappe für heftige Kritik unter dem Schlagwort „Weltgate“. Schrappe behauptete unter anderem, dieDeutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin hätte Statistiken zurIntensivbettenkapazität manipuliert.[65] Ihm wurden daraufhin falsche oder nicht belegte Aussagen sowie grobe methodische Fehler bei der Auswertung der Statistiken vorgeworfen. Am 9. Juni 2021 vermutete der Bundesrechnungshof, dass einzelne Kliniken bewusst weniger Intensivbetten als tatsächlich vorhanden gemeldet haben könnten, um Subventionen zu erhalten. Schrappe sah sich dadurch bestätigt. Belege für eine Manipulation gab es jedoch nicht.[66]
DasWatchblogVolksverpetzer schrieb: „Es ist in letzter Zeit relativ deutlich geworden, dass in der WELT-Redaktion entweder Personal sitzt, das derartigem verschwörungsideologischen Denken anhängt oder zynisch die teilungsfreudige Blase von Rechtsextremist:innen, Pandemie-Leugner:innen und Co. mit vermeintlicher Bestätigung ihrer wissenschaftsfeindlichen Weltanschauung bedienen will. Oder beides.“[67][68] Das MagazinMedieninsider warf der Zeitung vor, „mit verschwörungstheoretischen Ansätzen auf Abonnentenfang am rechten Rand zu gehen“.[69][70] DasInstitut für Demokratie und Zivilgesellschaft sah in der Berichterstattung derWelt Parallelen zurechtspopulistischenNarrativen, in denen Corona-Maßnahmen eine „Generalprobe für die Klimadiktatur“ darstellten (etwa durch den Chefredakteur Ulf Poschardt und den PublizistenJörg Phil Friedrich 2021). Diese „populistische Generalkritik an der Krisenintervention“ fände sich auch beiWerte-Union und derAfD.[71] Gunnar Hamann schrieb in einem Artikel im Volksverpetzer, dass neben Journalisten, die Querdenkern nahestehende Meinungen verbreiten, auch Querdenker selbst Beiträge in der Welt schreiben könnten.[72]
Wiederholt kamen Wissenschaftler zum Ergebnis, dass die Welt zusammen mit der Welt am Sonntag von allen deutschenZeitungen die meistenklimwandelskeptischen Artikel publiziert. Eine 2017 erschienene Studie, die über ein Jahr die Publikationen verschiedener Zeitungen im Zeitraum Juni 2012 bis Mai 2013 untersuchte, fand heraus, dass 21 von 49 in der Stichprobe enthaltenen Welt-Artikel klimawandelskeptisch ausgerichtet waren. Dies entspricht einem Anteil von 43 % und war der höchste Wert aller deutschen Zeitungen. 11 dieser 21 Artikel gaben sogar ausschließlich klimaskeptische Ansichten wieder.[73]
Eine weitere Studie, die konkret die Berichterstattung zurUN-Klimakonferenz in Durban 2011 untersuchte, kam ebenfalls zum Ergebnis, dass in der Welt die meisten klimaskeptischen Positionen unter allen betrachteten Zeitungen publiziert wurden. In dieser Berichterstattung enthielten mehr als 17 % der Welt-Artikel klimaskeptische Elemente. Die Welt war dabei nicht nur vergleichsweise skeptisch bezüglich derKlimaforschung selbst, sondern insbesondere in Bezug auf die Existenz derglobalen Erwärmung und ihrer Ursachen. Insgesamt ermittelten die Forscher in den Welt-Artikeln 40 verschiedene klimaskeptische Erzählungen, von denen die Welt 36 positiv darstellte, vier neutral und keine einzige negativ. Daraus schlossen die Forscher, die Welt könne „als Unterstützer [klima]-skeptischer Ideen interpretiert werden.“[74]
Christian Stöcker schrieb 2024, dass die Welt eine „oft bizarre Klima- und Energieberichterstattung“ betreibe und erklärt sich das u. a. mit den Eigentumsverhältnissen von Axel Springer, der mit Stand 2023 zu rund 48 % dem Private-Equity-UnternehmenKKR und dem PensionsfondsCPPIB gehörte, die beide stark infossile Energieträger investieren. Springer gehöre zur „Achse des Öls“. Zudem vertrete der Vorstandsvorsitzende von Springer,Mathias Döpfner, die öffentlich geäußerte Ansicht, wir sollten den Klimawandel „nicht bekämpfen, sondern uns darauf einstellen“, „Zivilisationsphasen der Wärme“ seien „immer erfolgreicher gewesen“. Viele bei Axel Springer sähen das ähnlich oder verträten noch extremere Ansichten.[75] Auch der Herausgeber der Welt,Stefan Aust, bezweifelt mit Stand 2022 weiterhin, dass der gegenwärtige Klimawandel primär durch menschengemachte CO2-Emissionen verursacht wird.[76]
DieWelt wurde 2023 dafür kritisiert, den „besonders bösartigen Fake-News-Artikel“[77] aus dem Jahr 2011 mit dem Titel „Die CO2-Theorie ist nur geniale Propaganda“ vonGünter Ederer nicht gelöscht oder mit einem Warnhinweis versehen zu haben. Ederer trat noch im Jahr 2022 bei der AfD-nahen LobbyorganisationEIKE auf, welche als Zentrum der politisch aktiven undorganisierten Klimawandelleugnerszene in Deutschland beschrieben wird.[78] Zusätzlich warf das PortalVolksverpetzer 2021 und 2023 derWelt hinsichtlich weiterer Artikel vor, unwissenschaftliche Behauptungen über den Klimawandel zu verbreiten.[79][80]
Einige Personen, über die der BloggerRainer Meyer unter dem Pseudonym „Don Alphonso“ seit 2018 für die Welt schrieb, wurden anschließend von Rechtsextremisten bedroht. Betroffene sind oft jüngere, linke Frauen oder Menschen mit einem auf Migrationshintergrund hindeutenden Namen. Meyer drohe ihnen zwar nicht selbst, aber er stellte sie lautTages-Anzeiger „mit Genuss“ an „seinen virtuellen Pranger“. Seine Gefolgschaft überziehe die Opfer nach der Markierung durch Meyer mit einem Shitstorm, der sich dann zuweilen über die Veröffentlichung der Privatadresse bis hin zur Vergewaltigungs- und Morddrohung steigere.[81]Die Zeit,[82] dietaz,[83][84] derDeutschlandfunk[85][86] und dieFrankfurter Rundschau[87] berichteten ähnlich.
Das MagazinÜbermedien kritisierte die Zeitung im Jahr 2023 für ihren Umgang mit einer Befragung von Prominenten zumAntisemitismus in Deutschland.Frédéric Schwilden hatte fürDie Welt verschiedene Schauspieler und Aktivisten um eine Stellungnahme gebeten. Personen, die absagten oder keine Rückmeldung abgaben, wurde vorgeworfen, hier zu schweigen, während sie sich andererseits vorgeblich für andere soziale Themen engagierten.Die Welt korrigierte daraufhin, nachdem sich herausgestellt hatte, dass zwei der Angeschriebenen sich zu spät oder über ein anderes Medium geäußert hatten. Eine der Angeschriebenen hatte über ihre Agentur versehentlich absagen lassen, sich dann aber nachträglich gemeldet.[88]
Veranstaltung mit Lobbyorganisation vor Bundestagswahl 2021
Die Welt veranstaltete in Kooperation mit der wirtschaftsnahen LobbyorganisationInitiative Neue Soziale Marktwirtschaft vor derBundestagswahl 2021 Diskussionsveranstaltungen zu Bundestagswahlen, welche als Wahlbeeinflussung zugunsten der Union kritisiert wurden.[89][90]
Ende Dezember 2024, zwei Monate vor derBundestagswahl 2025 veröffentlichte dieWelt am Sonntag einen Gastartikel des TechmilliardärsElon Musk, in dem dieser für die rechtsextremeAfD warb.[91][92] Zuvor hatte Musk schon AfD-unterstützende Beiträge der rechtsextremen AktivistinNaomi Seibt aufX geteilt. In Musks Gastbeitrag stand, Deutschland stehe an einem kritischen Punkt und seine Zukunft taumele am Rande des wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruchs. Die AfD sei „der letzte Funke Hoffnung“(last vestige of hope) für Deutschland. Die traditionellen Parteien hätten versagt. Ihre Politik habe zuwirtschaftlicher Stagnation,sozialen Unruhen und einer Aushöhlung dernationalen Identität geführt. Es sei Zeit für mutige Veränderungen, und die AfD sei die einzige Partei, die diesen Weg eröffne. Insbesondere „wirtschaftliche Wiederbelebung“, „Zuwanderung und nationale Identität“, „Energie und Unabhängigkeit“, „politischer Realismus“ und „Innovation und Zukunft“ sprächen für die AfD.[93][94][95] Zudem erklärte er, die AfD sei nicht rechtsextrem (far-right), was er damit begründete, dassAlice Weidel eine „gleichgeschlechtliche Partnerin aus Sri Lanka“ habe.[96] In einem zweiten Meinungsbeitrag[91] widersprach der designierte Chefredakteur der „Welt“-Gruppe,Jan Philipp Burgard. Musk habe Recht, wenn er Deutschland wirtschaftlich und kulturell in der Krise sehe. Die verfehlte Migrations-, Energie- und Sozialpolitik derMerkel-Ära und derAmpel-Koalition hätten den Wohlstand in Gefahr gebracht. Musks „Therapieansatz“, nur die AfD könne Deutschland retten, sei jedoch „fatal falsch“.[93]
Der Gastartikel löste eine heftige Kontroverse innerhalb derWelt aus. Laut Franziska Zimmerer, Ressortleiterin Community & Social, hätte der Musk-Artikel nicht erscheinen dürfen. Bei diesem Artikel handele es sich um einen „unterkomplexen Wahlaufruf“ für die AfD, der ohne jedes Argument auskomme und dessen Autor es nicht einmal für nötig befunden habe, sich drei Minuten mit dieser Partei auseinanderzusetzen. „Wahlaufrufe, egal für welche Partei“, hätten in unabhängigen Medien nichts zu suchen.[97] Laut Medienberichten gab es bereits Tage zuvor „hitzige Konferenzen und Krisentreffen“ zwischen Chefredaktion und Redaktionsvertretern. Die Leiterin des Meinungsressorts,Eva Marie Kogel, reichte aus Protest die Kündigung ein, weitere Journalisten wieRobin Alexander protestierten. In einer von mehr als vierzig Redakteuren unterschriebenen Stellungnahme des Redaktionsausschusses hieß es, Musks Beitrag sei „als Gastbeitrag getarnte Wahlwerbung für die in Teilen gesichert rechtsextreme Partei AfD“. Die Veröffentlichung eines derartigen Textes sei „absolut nicht tragbar“. Auch stehe er „im krassen Widerspruch zu den Essentials von Axel Springer“, nach denen „politischer und religiöser Extremismus und jede Art von Rassismus“ abzulehnen sei.[96] Laut demTagesspiegel wurde zudem der Verdacht geäußert, der Text sei durch eineKünstliche Intelligenz (KI) generiert worden.[98] ChefredakteurUlf Poschardt und sein designierter Nachfolger Jan Philipp Burgard verteidigten den Gastbeitrag: Die aktuelle Diskussion sei sehr aufschlussreich. Demokratie und Journalismus lebten von Meinungsfreiheit. Ziel sei es,Die Welt künftig „noch entschiedener“ als Forum für solche Debatten zu entwickeln.[96]
DerDeutsche Journalisten-Verband nannte den Gastbeitrag einen „Freifahrtschein für den rechtspopulistischen Milliardär Elon Musk“. Der BundesvorsitzendeMika Beuster erklärte, die Verantwortlichen derWelt hätten „alles falsch gemacht, was man falsch machen kann“. Er erwarte Konsequenzen innerhalb derWelt-Gruppe. Journalismus lebe von „Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit“, undDie Welt lebe „von ihrem Renommee“. All das werde aber „gerade mit lautem Scheppern in die Mülltonne befördert“. Deutsche Medien dürften sich „nicht als Sprachrohr vonAutokraten und deren Freunden missbrauchen lassen“.[96] Beuster kritisierte zudem die „schmeichelnde Distanzierung“ derWelt, die tatsächlich gar keine sei, und „das Kaltstellen“ der redaktionsinternen Kritiker.[99][100]Jasper von Altenbockum meinte in derFrankfurter Allgemeinen Zeitung, die „beleidigten Leberwürste“ aus Deutschland wirkten komisch und fühlten sich womöglich dabei ertappt, dem amerikanischen Unternehmer in Sachen Einmischung in die amerikanische Politik in nichts nachzustehen.[101]Marc Felix Serrao schrieb in derNeuen Zürcher Zeitung, der hohe Ton der Kommentare deutscher Politiker falle auf diese zurück. Denn wenn es darum gehe, sich in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen und Zerrbilder fremder politischer Verhältnisse zu malen, seien viele von ihnen kein bisschen besser.[102] Die WirtschaftsweiseVeronika Grimm begrüßte die durch den Musk-Beitrag ausgelöste Debatte.[103]
Martín Varsavsky, Mitglied im Aufsichtsrat derAxel Springer SE, vermittelte zwischen Musk und der Welt-Redaktion.[103] Laut Jan Philipp Burgard fiel die Entscheidung, den Text von Elon Musk zu drucken, nach intensivem Austausch mit Redaktionsvertretern innerhalb der Chefredaktion. Außerdem habe es solche Wahlwerbung aus dem Ausland schon früher gegeben. So habe der US-MilliardärGeorge Soros dieGrünen empfohlen und BundeskanzlerOlaf Scholz habe sich 2022 in einem Gastbeitrag fürLe Monde zur Wahl von StaatspräsidentEmmanuel Macron aufgerufen. DieseDoppelmoral empfinde er als „unerträglich“.[104]
Wie der Beitrag Musks in der Welt tatsächlich zustande kam, ist Gegenstand von Spekulationen. Von Anfang an wurde der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SEMathias Döpfner als treibende Kraft dahinter vermutet,[96] gilt dieser doch als ausgesprochener Musk-Verehrer. Seitens des Verlages wurde versucht, solche Spekulationen zu dementieren[105] und stattdessen die Version verbreitet, der argentinische Investor und Unternehmer Martín Varsavsky, Aufsichtsrat im Springer-Verlag und eigenen Angaben zufolge ein Freund von Musk, habe bei ChefredakteurinJennifer Wilton angefragt, ob Interesse an einem Gastbeitrag von Musk bestehe. Nachdem von ihr das Ja gekommen sei, habe Varsavsky Kontakt mit Musk aufgenommen. Musk selbst bestätigt diese Version. Laut Informationen desSpiegels gilt innerhalb der Welt-Redaktion jedoch am wahrscheinlichsten, dass die Initiative tatsächlich von Verlagschef Döpfner selbst ausging. Gründe dürften einerseits in Döpfners bekannter Nähe, auch im privaten Bereich, zu Musk liegen, als auch zukünftige Ambitionen des Springer-Konsortiums im US-Medienmarkt, indem er sich über Musk einen direkten Draht zu dem zum Veröffentlichungszeitpunkt designierten PräsidentenDonald Trump erhoffe.[106][107]
Berichterstattung über Proteste gegen Rechtsextremismus 2025
Als sich Anfang 2025 zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen an denProtesten gegen Rechtsextremismus beteiligten, bei denen auch die gemeinsame Abstimmung vonAfD undCDU zu Migrations- und Asylthemen kritisiert wurde, sprach die Welt den Protesten ihre Legitimität ab. Die Bundesregierung finanziere die Proteste „gegen die Opposition“ mit und es gebe einen „Deep State“ von „verfassungswidrigen“NGOs, der gebrochen werden müsse, so die Berichterstattung.[108][109] Die Welt berief sich dabei auf Einschätzungen von Verfassungsrechtlern wieDietrich Murswiek,Volker Boeheme-Neßler oderHubertus Gersdorf, welche die bisherige NGO-Förderpraxis als verfassungswidrig ansehen.[110][111] Der WatchblogBelltower.News als betroffene NGO bewertete dies alsrechtspopulistisches Narrativ, als eine „Rhetorik, die direkt aus dem Handbuch autoritärer Bewegungen stammt“ und als „Angriff auf die Zivilgesellschaft nach dem Vorbild illiberaler Staaten“. Die Proteste seien „keine parteipolitische Agenda, sondern eine demokratische Notwendigkeit“[109]Die Tageszeitung, die die Vorwürfe als „haltlose[s] Geraune“ einordnete, attestierte der Welt, „offenbar vonTrumps autoritärem Durchgreifen inspiriert“ zu sein.[108] Jan Rathje vonCeMAS sagte hierzu, dass der „Deep State-Mythos“ „oft als Ausgangspunkt für umfassendere Verschwörungstheorien“ diene. Auch der Politikwissenschaftler und AntisemitismusbeauftragteMichael Blume hält das Auftauchen des Begriffs „Deep State“ in den Artikeln der Welt für bedenklich.Nikil Mukerji warnte hingegen vor einer „vorschnellen Skandalisierung“ und hielt kritische Rückfragen zu steuerfinanzierten NGOs – wie in der anschließendenKleinen Anfrage derUnion, die sich auf den Welt-Artikel bezog – grundsätzlich für legitim, wies aber darauf hin, dass es sich bei der „Deep State“-Erzählung zumeist eher um „verschwörungstheoretische[s] Geraune“ handle.[112]
Die Welt ist Gründungsmitglied derLeading European Newspaper Alliance (LENA), in der sie seit 2015 mit sieben europäischen Tageszeitungen in der internationalen Berichterstattung zusammenarbeitet.[113]
Von 1999 bis 2019 verliehDie Welt den internationalenWELT-Literaturpreis, mit dem sie an den PublizistenWilly Haas erinnerte. Der jährlich vergebene Preis war zunächst mit 10.000 Euro, seit 2018 mit 12.000 Euro dotiert. Die Preisträger waren:
↑Christian Plöger:Von Ribbentrop zu Springer. Zu Leben und Wirken von Paul Karl Schmidt alias Paul Carell. Marburg 2009 (zugl. Diss. Münster 2009), S. 466 f.
↑Jürgen Scharrer:„Wir sind im Angriffsmodus“ – Axel Springer: Vorstand Jan Bayer über seine Pläne für „Bild“, Welt/N24 und den Vermarkter Asmi. In:Horizont.Nr.17/2015, 23. April 2015,S.14–15 (horizont.net).
↑Tim von Arnim: Und dann werde ich das größte Zeitungshaus Europas bauen: Der Unternehmer Axel Springer, Campus Verlag, 2012, S. 101[1]
↑Christina Prüver: Willy Haas und das Feuilleton der Tageszeitung "Die Welt", Königshausen & Neumann, 2007, S. 50[2]
↑Heinz-Dietrich Fischer: Die grossen Zeitungen, Deutscher Taschenbuch-Verlag, 1966, S. 203[3]
↑abNicola Pointner:In den Fängen der Ökonomie? Ein kritischer Blick auf die Berichterstattung über Medienunternehmen in der deutschen Tagespresse. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010,ISBN 978-3-531-17198-2, S. 153 (zugleich: Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität, München 2009; benannte Quellen: Pürer, 1996, S. 168 f.; Hachmeister & Rager, 2000, S. 284.)
↑Deutscher Presserat:Entscheidung des Beschwerdeausschusses 3 in der Beschwerdesache 0426119/3-BA. 11. September 2019 (uebermedien.de [PDF;4,4MB]).
↑Thomas Sabin:„Aussagen sorgen für Empörung“: Manipulation bei Intensivbetten? Verbände wehren sich. In:Der Tagesspiegel Online. 17. Mai 2021,ISSN1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 21. Februar 2025]).
↑Gereon Bals:Von „Scheinkatastrophen“, „Klimadiktatur“ und „Seuchensozialismus“ – rechte Erzählungen zur Corona- und Klimakrise. 9. Auflage. Amadeu Antonio Stiftung, 30. Juni 2021,doi:10.19222/202102/06.
↑Hannah Schmid-Petri:Do Conservative Media Provide a Forum for Skeptical Voices? The Link Between Ideology and the Coverage of Climate Change in British, German, and Swiss Newspapers. In:Environmental Communication.Band11,Nr.4, 2017,S.554–567,doi:10.1080/17524032.2017.1280518.
↑Jonas Kaiser, Markus Rhomberg:Questioning the Doubt: Climate Skepticism in German Newspaper Reporting on COP17. In:Environmental Communication.Band10,Nr.5, 2016,S.556–574,doi:10.1080/17524032.2015.1050435.
↑Christian Stöcker:Männer, die die Welt verbrennen. Berlin 2024, S. 207f.
↑Annika Joeres,Susanne Götze:Wieso Medien die Strategien der Klimaschmutzlobby (er)kennen müssen. In:Medien in der Klimakrise. München 2022, 73–84, S. 80.
↑abGareth Joswig:Demos gegen rechts: Die autoritären Einschläge kommen näher. In:Die Tageszeitung: taz. 13. Februar 2025,ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 15. Februar 2025]).