Desiderius stammte ausBrescia. Er scheint nicht der langobardischen Adelsschicht zu entstammen, sondern ging wohl aus dem sich um diese Zeit neu bildendenDienstadel hervor. Unter KönigAistulf wurde er zunächstMarschall (comes stabuli), später Statthalter (Dux) derToskana.
Nach dem Tod von König Aistulf Ende 756 versuchte dessen BruderRatchis noch einmal, die Macht zu ergreifen. Im Norden konnte er sich zunächst durchsetzen. Die mittel- und süditalienischen DukateSpoleto undBenevent wurden wieder autonom. Dux Desiderius von Tuscien beanspruchte ebenfalls den Thron. Durch sein Amt verfügte er über beachtliche militärische Ressourcen, wenn ihm auch zunächst die Unterstützung der Nobilität gefehlt haben mag. Er verbündete sich mit PapstStephan II. und AbtFulrad, einem Diplomaten des FrankenkönigsPippin des Jüngeren, denen ein schwacher Langobardenkönig recht war. Desiderius erhielt diplomatische und militärische Unterstützung gegen die Zusage, die StädteFaenza,Imola,Ferrara,Osimo,Ancona,Bologna undNumana dem Papst zu übergeben.[1] Angesichts dieser Widerstände scheint Ratchis abgedankt zu haben. Er zog sich jedenfalls wieder ins KlosterMonte Cassino zurück, Desiderius ließ sich zum König krönen.
Desiderius festigte die Stellung des Langobardenreichs, indem er 758 in das DukatSpoleto einmarschierte,dux Alboin gefangen nahm und das Dukat zunächst nicht wieder vergab.DuxLiutprand vonBenevent floh nachOtranto, und Desiderius setzteArichis II. in dessen Amt ein, dem er seine TochterAdelperga zur Frau gab. Im Jahre 759 ernannte er seinen SohnAdelchis zum Mitkönig, um die Nachfolge zu sichern. Desiderius und Adelchis beschenkten das von Königin Ansa 753 gegründeteKloster San Salvatore in Brescia, dessen Äbtissin Desiderius’ Tochter Anselperga war, ebenso wie dasKloster Farfa in Spoleto, mit ausgedehnten Besitzungen.
Über den byzantinischenProto-a-secretis (Gesandter) Georgios nahm Desiderius diplomatische Beziehungen zu KaiserKonstantin V. auf, um ein gegen den Papst gerichtetes Bündnis zu schließen, das aber nicht zustande kam. PapstPaulus I. sah sich 759 von einer bevorstehenden byzantinischen Invasion bedroht und suchte durch fränkische Vermittlung ein Bündnis mit Desiderius. Im April 760 machte dieser den fränkischen Gesandten Bischof Remedius unddux Autchar Zugeständnisse. Kurz darauf kam es jedoch zu Konflikten mit dem Papst, weil Desiderius diesem entgegen einer vorherigen Vereinbarung mehrere Städte nicht überlassen wollte. Dieser Streit wurde nach langwierigen diplomatischen Verhandlungen, in die auch die Franken einbezogen waren, erst 765 beigelegt.[1]
Nach dem Tod Papst Pauls I. kam es in den Jahren 767 bis 768 zu Nachfolgestreitigkeiten, in die Desiderius eingriff. Der GegenpapstKonstantin II. wurde abgesetzt. Die langobardische Partei unter dem Priester Waldipert konnte ihren KandidatenPhilipp jedoch nicht behaupten. Aufgrund der vorübergehenden Schwäche des Frankenreiches wurde Desiderius der Schutzherr des Papstes. PapstStephan III. (768–772) war politisch weitgehend von Desiderius abhängig. Als Desiderius 769 in die „Wahl“ des Bischofs von Ravenna eingriff, verweigerte Stephan jedoch die Bischofsweihe.
Karl der Große heiratete 770 eine Tochter des Desiderius, deren Name unbekannt ist, und dieDesiderata genannt wurde. Die Verhandlungen dazu waren von Karls MutterBertrada geführt worden, die damit das durch Aufstände und Erbstreit geschwächte Frankenreich nach Süden abzusichern plante. Nach dem TodeKarlmanns, des jüngeren Bruders Karls, im Jahr 771, floh Karlmanns WitweGerperga mit ihren Söhnen zu Desiderius nach Italien. Dieser suchte Papst Stephan III. in Rom auf und erreichte, dass dessen langobardenfeindliche Berater Christophorus und Sergius durch Paul Afiarta von der langobardischen Partei ersetzt wurden.
Nachdem Karl 772 seine langobardische Gemahlin verstoßen hatte, wurde Desiderius’ Hof zu einem Sammelpunkt der Opposition gegen den Frankenkönig. Im Frühjahr 772 besetzte Desiderius die Städte Faenza, Ferrara undComacchio und plünderte das UmlandRavennas. Der Langobardenkönig drängte PapstHadrian I., die Söhne Karlmanns zu fränkischen Königen zu salben, um den Papst in Opposition zu Karl dem Großen zu stellen. Der Papst weigerte sich und entfernte seine pro-langobardischen Ratgeber. Desiderius besetzte die StädteSenigallia,Jesi,Urbino,Gubbio undOtricoli, brandschatzte im römischen Dukat und marschierte schließlich gegen Rom. Er konnte angeblich nur unter Androhung des Kirchenbanns von einem Angriff auf Rom abgehalten werden. Auf einen Hilferuf Hadrians überquerten die Franken im Sommer 773 die Alpen.
Desiderius verschanzte sich inPavia. Die Stadt wurde ab September 773 von den Franken belagert. Am 4. Juni 774, nach gut neunmonatiger Belagerung, kapitulierte Desiderius und übergab die Stadt. Er wurde mit seiner Gemahlin ins Frankenreich deportiert, wo sie den Rest ihres Lebens in derAbtei Corbie in Klosterhaft verbrachten. Lediglich sein Sohn Adelchis konnte nachKonstantinopel entkommen. Das langobardische Königtum ging auf Karl über, der sich in Pavia krönen ließ. Im Süden blieb das Herzogtum Benevent bis zur Eroberung durch dieNormannen im 11. Jahrhundert selbstständig, wenngleich es auch zu den Satellitenstaaten desFränkischen Reiches gezählt werden muss. Karl bestätigte auch diePippinische Schenkung seines Vaters an die Kirche, aus der später derKirchenstaat hervorging. Desiderius ist zuletzt im Jahr 786 bezeugt, sein genaues Todesjahr ist unbekannt.
Das Kreuz des Desiderius im Museo Santa Giulia in Brescia ist ein möglicherweise bei Prozessionen genutztesGemmenkreuz, welches über die Jahrhunderte hinweg in Gebrauch war und an dem sich fortlaufende Reparaturen und Ergänzungen nachweisen lassen. Man nimmt an, dass es dem Kloster Santa Giulia von Desiderius zur Gründung 753 n. Chr. als Weihegabe übereignet wurde.
Das Kreuz hat einen Holzkern, der mit gehämmertem Metall überzogen ist, das an den Seiten mit feinen Nägeln fixiert ist. Die Metallfassung ist besetzt mit 212 Halbedelsteinen, die wegen ihrer Güte und Größe nur aus einer königlichen Schatzkammer stammen dürften. Es finden sich auch römische Gemmen mit mythologischen Darstellungen aus der Antike (Herkules, Pegasus, Bellerophon), aber auch eine seltene Darstellung vonFriedrich II. von Schwaben (13. Jahrhundert) eingearbeitet.
Im unteren Kreuzarm leuchtet einZwischengoldglas-Medaillon mit der Darstellung von drei Personen, die häufig als Tochter des oströmischen KaisersTheodosius I.Galla Placidia mit ihren beiden Kindern Honoria undValentinian III. benannt wurden, diese Interpretation wird mittlerweile bestritten.
Galla Placidia war von denWestgoten auf ihrem Heereszug nach Italien als Geisel genommen, verschleppt und dann mitAthaulf, dem Schwager des WestgotenkönigAlerich zwangsverheiratet worden. Aber als Mutter des späteren Kaisers Valentinian III. herrschte Galla Placidia faktisch über mehrere Jahre als Regentin über das Weströmische Reich. Das Medaillon auf dem Kreuz des Desiderius stammt aus dem vierten Jahrhundert und trägt die Signatur eines Künstlers in griechischen Buchstaben, aber keine Benennung der dargestellten Personen.
Im Zentrum des Kreuzes findet sich auf beiden Seiten eine aus Gold getriebene Miniaturplastik, einerseits Christus alsWeltenrichter auf einem Thron aus dem 10. Jahrhundert und auf der gegenüberliegenden Seite Christus am Kreuz aus dem 16. Jahrhundert. Die permanent gemachten Veränderungen bezeugen den fortlaufenden Gebrauch des Kreuzes im christlichen Ritus des Klosters Santa Giulia in Brescia.
Desiderius war mit Ansa verheiratet, die ebenfalls aus Brescia stammte. Sie beeinflusste wohl vor allem Desiderius’ Religionspolitik und gründete mehrere Klöster (S. Michele und S. Pietro in Brescia). Der langobardische GeschichtsschreiberPaulus Diaconus bezeichnete sie nach gängigenTopoi derPanegyrik alsconiunx pulcherrima, als sehr schöne Ehefrau.
Ansa und Desiderius hatten fünf Kinder. Vier Mädchen und einen Sohn. Von drei Mädchen ist der Name bekannt, sie enden mit perga.
N.N. verheiratet mitKarl dem Großen. Sie ist nicht identisch mitGerperga, das ist eine Fehlinterpretation. Gerberga/Gerperga war die Gemahlin des Bruders von Karl dem Großen, Karlmann, die nach dessen Tod bei Desiderius Zuflucht suchte.
Adelchis er sollte mit Karls Schwester verheiratet werden.
↑abDavid Harry Miller:Papal-Lombard Relations During the Pontificate of Pope Paul I: The Attainment of an Equilibrium of Power in Italy, 756–767, in:Catholic historical review 55 (1969) 3, S. 358–376.