Dene-Kaukasisch bezeichnet eine hypothetischeMakrofamilie von Sprachen Eurasiens und Nordamerikas. Wesentliche Mitglieder sind dasSinotibetische, dienordkaukasischen Sprachen und dasBaskische. Später wurden auch die nordamerikanischenNa-Dené-Sprachen mit einbezogen.[1]

Sergei Anatoljewitsch Starostin (1984)[2] begründete die Vorform der eurasisch-nordamerikanischenMakrofamilie Dene-Kaukasisch, aus den Sinotibetischen, Nordkaukasischen undJenisseischen. Durch die Hinzunahme derNa-Dené-Sprachen wurde das Sino-Kaukasische dann zum Dene-Kaukasischen erweitert.
Da bereits die sinotibetischeProtosprache wahrscheinlich ein Alter von 10.000 Jahren aufweist, müsste eine dene-kaukasische Protosprache mindestens 20.000 Jahre alt sein, bei ihrer extrem weiten geographischen Verbreitung wahrscheinlich noch älter. Von der Mehrheit der Linguisten wird bezweifelt, dass sich nach so langer Zeit noch substantielle Gemeinsamkeiten derPhonetik,Grammatik und desWortschatzes nachweisen lassen.
Die Ergebnisse der Dene-Kaukasisten werden deswegen in derhistorischen Sprachwissenschaft stark diskutiert und finden bei der Mehrzahl der Linguisten keine Akzeptanz.

Die Zusammensetzung des Dene-Kaukasischen unterliegt je nach Autor einigen Schwankungen. Die folgende Aufstellung gibt die heutige Mehrheitsmeinung der „Dene-Kaukasisten“ wieder. Die Komponenten werden von West nach Ost angeordnet.
Von einigen Vertretern dieser Strukturierung werden auch die ausgestorbenen SprachenHattisch,Hurritisch undSumerisch, sowie das in Zentralindien von etwa 5000 Menschen gesprocheneNahali hinzugerechnet. Nordkaukasisch stellt für die meisten Dene-Kaukasisten einegenetische Einheit dar (vgl. dagegen die Mehrheitsmeinung im ArtikelKaukasische Sprachen).
Die Sprachen dieser Makrofamilie zeigen häufig die Eigenschaft derErgativität.Nominativ-Akkusativ-Sprachen haben durchgehend einen Kasus – den „Nominativ“ – für das Subjekt eines Satzes und einen anderen Kasus „Akkusativ“ für dasdirekte Objekt. Sie entsprechen damit der Situation in den indogermanischen Sprachen. Dagegen besitzen Ergativsprachen einen Kasus „Ergativ“, der nur als Subjekt oder Agenstransitiver Verben benutzt wird, und einen weiteren Kasus – meist „Absolutiv“ genannt – der sowohl als Objekt transitiver Verben als auch als Subjekt intransitiver Verben verwendet wird. Wenn die Ergativ-Absolutiv-Konstruktion in einer Sprache nicht für alle Tempora, Aspekte und Personen gleichermaßen verwendet wird, spricht man von gespaltener Ergativität oder vom Split-Ergativ.
Die Annahme einer dene-kaukasische Makrofamilie basiert, wie oben erwähnt, auf der Hypothese einersino-kaukasischen Makrofamilie, dieSergei Starostin 1984 begründete. Dabei ging er von einergenetischen Beziehung des – als Einheit aufgefassten –Nordkaukasischen mit dem sibirischenJenisseischen und demSinotibetischen aus, die auf seinen Rekonstruktionen der jeweiligenProtosprachen beruht. Später wurde diese Makrofamilie um einigealtorientalische Komponenten (Hurritisch-Urartäisch,Hattisch,Sumerisch u. a.), dasBaskische (1985) und schließlich durchSergei Nikolajew 1988 um die nordamerikanischenNa-Dené-Sprachen zurdene-kaukasischen Makrofamilie erweitert. In den 1920er Jahren hatte bereits derAmerikanistEdward Sapir die Verwandtschaft des Na-Dené mit dem Sinotibetischen beschrieben, aber nicht veröffentlicht.

Weitere wichtige Namen, die die Klassifikation des Dene-Kaukasischen im20. Jahrhundert vorantrieben, waren neben Edward Sapir nochAlfredo Trombetti,Robert Bleichsteiner,Karl Bouda,E. J. Furnée,René Lafon,Robert Shafer,Olivier Guy Tailleur,Morris Swadesh,Wladimir Toporow.
| Bedeutung | Proto-Dene-Kaukasisch | Proto- Baskische | Proto- Kaukasische | Proto- Burushaski | Proto- Sinotibetische | Proto- Jenisseische | Na-Dené | Proto- Salishan | Proto- Algisch | Sumerisch |
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| 1. sg. | /ŋV/ | /ni/, /n/- | /nɨ/[1] | /a/- | /ŋaː/- | /ŋ/ | /nV/ | /nˀV/- | /ŋa(e)/[2] | |
| /d͡zV/ | -/da/-, -/t/ | /zoː/ | /d͡ʑa/ | /ʔad͡z/ | [3] | -/t͡s(a)/-, -/s/[4] | ||||
| /KV/ | /gu/[5], /g/- (pl.) | /ka/- | [6] | |||||||
| 2. sg. | /KwV/ | /hi/, /h/-, -/ga/-[7] | /ʁwVː/ | /gu/-~/go/- | /Kwa/- | /(V)k(V)/ | [8] | /ʔaxʷ/ | /k̕V/- | |
| /u̯Vn/ | -/na/-[9] | /u̯oː-n/ | /u-n/ | /na-(ŋ)/ | /ʔaw/ | [10] | /wV/ | |||
| 3. sg. | /w/- or /m/- | /be-ra/ | /mV/ | /mu/-[11] | /m/- | /wV/ | [12] | |||
| 2. pl. | /Su/ | /su/, /s/- | /ʑwe/ | /t͡sa(e)/[13] |
Fußnoten:
1Aus kaukasischer Sicht allein lässt sich das Wort nicht für eine Proto-Kaukasische – oder gar Proto-Ostkaukasische Sprache rekonstruieren; es wird nur in derlakischen und derdarginischen Sprache gefunden (Bengtson 2008:94)
2 Der finale Laut/e/ wurde in sumerischen Pronomina gefunden und stellte eine ergative Endung dar. Im sumerischen Emesal-Dialekt/ma(e)/.
3 Proto-Athapaskische Sprachen*/ʃ/, Haidadii/dìː/.
4 Ebenso in Proto-SüdWakashan.
5 1st pl.
6 Tlingitxa/χà/, Eyak/x/-,/xʷ/.
7 Maskulines Verbpräfix.
8 Proto-Athapaskische Sprachen*/χʷ/-, Tlingitÿi/ɰi/ >yi/ji/ = 2nd pl.; Tlingiti/ʔì/, Eyak/ʔi/ "thou".
9 Feminines Verbpräfix.
10 Proto-Athapaskisch*/ŋ̰ən/-,Haidadang /dàŋ/, Tlingitwa.é/waʔɛ́/, wo die Hypothese eines Zusammenhangs zwischen Formen des Proto-Athapaskischen sowie Haida einerseits und der übrigen Sprachen andererseits auf den ersten Blick erfordert, Assimilation und Dissimilation vorauszusetzen.(Bengtson 2008: 94).
11 Feminin.
12 Proto-Athapaskische Sprachen*/wə/-, Eyak/wa/-, Tlingitwé/wɛ́/, Haida 'wa/wˀà/.
13 2nd sg.