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Dehnungszeichen

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EinDehnungszeichen (Längenzeichen) ist ein auf ein Vokalgraphem (Vokalbuchstaben) bezogenes zusätzlichesGraphem oder graphematisches Merkmal (beispielsweise eindiakritisches Zeichen), das anzeigt, dass einVokallang gesprochen wird.

In derdeutschen Rechtschreibung kommen neben der Vokalverdoppelung die Buchstabene undh als Dehnungszeichen vor, in einigen Eigennamen stehenc,i,u undw.

Dehnungszeichen im Deutschen

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Die Längenkennzeichnung im Deutschen

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Der systematische bedeutungsverändernde Unterschied zwischen kurzen ungespannten und langen gespannten Vokalen (wie inWahl/Wall,den/denn,ihn/in,Ole/Olle,pult/Pult,Tönchen/Tönnchen,Fühler/Füller) ist für das Deutsche besonders typisch und existiert in vielen anderen Sprachen nicht.

DieVokallänge wird im Deutschen grundsätzlich nicht durch den Vokalbuchstaben selbst angezeigt, sondern durch bestimmte nachfolgende Konsonantenbuchstaben. In offenen Silben und in Silben, die mit einem Einzelkonsonantbuchstaben geschlossen werden, ist der Vokal lang (beispielsweisedu, Duden, duzen); in Silben, die mit zwei oder mehr Konsonanten geschlossen werden, ist der Vokal kurz (dumm, Dung, Dunst).[1] Diese Regel hat manche Ausnahmen, die überwältigende Mehrzahl der Wörter folgt ihr jedoch.

Dehnungszeichen sind im Deutschen in den allermeisten Fällen redundant, sie kennzeichnen fast ausschließlich solche Langvokale, die aufgrund des konsonantischen Kontextes ohnehin lang gesprochen werden.

Dehnungs-h

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Hauptartikel:Dehnungs-h

Das Dehnungs-h (umgangssprachlich ungenau: „stummes h“) erscheint oft hinter den Langvokalen a, ä, e, o, ö, u und ü; in Ausnahmefällen hinter i und y, letzteres nur in Eigennamen. Beispiele:

  • Strähne, Lehm, hohl, Möhre, Stuhl, Sühne
  • ihn,Ihle,Wyhl

Das Dehnungs-h ist zu unterscheiden vomSilbenfugen-h (beispielsweise im Wortsehen), das alsHiat-Tilger fungiert und in dem Sinne stumm ist, dass es nicht wie ein gewöhnliches [h] behaucht wird. Die praktische Funktion der Hiat-Tilgung entfällt vollständig, wenn entweder dieReduktionssilbe entfällt, sodass das h am Wortende steht (wie insah), oder wenn das Wort alsKontraktion aus einem Wort mit Silbenfugen-habgeleitet worden ist (beispielsweise ahd.vehede → ndh.Fehde; ahd. nâhjan, nâhen → ahd.nat → nhd.Naht).

Das Dehnungs-h erscheint ausschließlich in Verbindung mit den Konsonantenbuchstaben <l>, <m>, <n> und <r>. Etymologisch geht das Dehnungs-h auf das Vorbild von einigen wenigen Wortstämmen zurück, die im Althochdeutschen oder Mittelhochdeutschen noch ein gesprochenes h enthielten, das durch Kontraktion später verstummte (ahd.stahal, mhd.stahel, nhd.Stahl). Rapide Verbreitung fand es in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts; es erreichte jedoch nur einen Teil des Wortschatzes. In der 25. Auflage des Rechtschreibdudens sind lediglich 128 Wortstämme zu finden, die ein Dehnungs-h aufweisen. In Fremdwörtern erscheint das Dehnungs-h niemals.

In einigen Fällen leistet das Dehnungs-h eine Bedeutungsunterscheidung (Wal/Wahl, malen/mahlen, leeren/lehren).

Aus graphemischer Sicht ist die Längenkennzeichnung durch das stumme h in den meisten Wortstämmen redundant, weil die Vokallänge dort bereits durch den Silbenrand <l, m, n, r> unmissverständlich angezeigt wird. Die einzigen Wörter, in denen es eine Information bietet, die im Silbenrand nicht enthalten ist, sind:ahnden (vs.Anden),fahnden (vs.fanden) undÖhmd (vs.Hemd).

Dehnungs-e nach i

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In denbetonten Silben deutscher Erbwörter erscheint hinter dem Buchstaben <i>, wenn dieser für den Langvokal [iː] steht, fast regelmäßig ein Dehnungs-e. Wie das Dehnungs-h, so ist das Dehnungs-e insofern redundant, als derkonsonantische Kontext die Vokalquantität ohnehin anzeigt.

In Eigennamen bezeichnet der Graph <ie> ganz vereinzelt nicht einen Langvokal, sondern einenDiphthong, etwa im WortFamilie oder im Namen der brandenburgischen StadtZiesar [tsiˈeːzaʁ].

Herkunft

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Historisch geht das Dehnungs-e auf denDiphthong zurück, der in der Schreibweise <ie> noch angedeutet wird. Gut ein Drittel der Wortstämme, die mit <ie> geschrieben werden, hatte bereits im Mittelhochdeutschen einen Diphthong <ie>:

  • ahd.tiuf → mhd.tief [ˈtiɛf] → nhd.tief [tiːf]
  • ahd.chrēg → mhd.kriec [ˈkʀiɛk] → nhd.Krieg [kʀiːk]
  • ahd.liubī → mhd.liebe [ˈliɛbə] → nhd.Liebe [ˈliːbə]

In seltenen Fällen liegt dem <ie> ein Diphthong <üe> zugrunde (mhd.müeder → nhd.Mieder).

Am Übergang zumFrühneuhochdeutschen wurde [iɛ] zu [iː]monophthongiert.

In manchen Mundarten ist ein Diphthong erhalten geblieben, beispielsweise inBairisch oderSchwäbischliab. Da am Übergang zum Frühneuhochdeutschen die bis dahin noch kurzen Vokale in offenen Silben zu Langvokalen wurden, entstanden viele weitere Silben mit [iː], die – nach dem Vorbild der monophthongierten Silben – ebenfalls mit <ie> geschrieben wurden, ohne dass dort etymologisch jemals ein e vorhanden gewesen wäre:

  • ahd.smid → mhd.smit → nhd.Schmied
  • ahd.gibil → mhd.gibel → nhd.Giebel
  • ahd.wisa → mhd.wise → nhd.Wiese

Das Suffix mit der heutigen Schreibweise-ieren wurde lange als-iren geschrieben; spätestens seit der Zeit der zweiten Auflage vonAdelungsGrammatisch-kritischem Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart (1793–1801) setzte sich die Schreibung mit Dehnungs-e durch.Goethe hatte imUrfaust (1772–1775) noch-iren geschrieben.

Adelung förderte die Tilgung des Dehnungs-e aus Wörtern wiefing, gibt, ging, hing, die im Oberdeutschen mit [iː] gesprochen und darum vielfach (auch später als bei Adelung) mit <ie> geschrieben wurden. Goethe hatte imUrfaust noch „giebts“ geschrieben.

Für eine Übersicht der Etymologie aller Wortstämme mit <ie> siehe:wikt:Verzeichnis:Deutsch/Wörter mit ie

Vorkommen

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In deutschenErbwörtern wird das lange, geschlossene [iː] sehr regelmäßig durch einDehnungs-e angezeigt (Beispiele:Liebe, kriechen, schief, Spiel, ziemlich, schmieren, niesen, genießen, bieten, Mieze).

  • Es entfällt in einigensehr häufigen Wörtern (dir, mir, wir).
  • Es entfällt außerdem in den ErbwörternBiber, Bisam, Bise, Tide, Tiger undWisent.
  • Zu Unterscheidungsschreibungen kommt es bei den ErbwörternLid/Lied, wider/wieder.
  • Viele Wörter mit <ie> sindniederdeutscher Herkunft:Biest, diesig, fies, Flieder, Fliese, grienen, kieken, Kiel, Kieme, liefern, niedlich, piekfein, piepen, plieren, Priel, quieken, Riefe, Riege, Schniepel, Siel, triezen, Verlies.
  • Die meisten Erbwörter mit <ie> sindtrochäisch, also zweisilbig mit der Betonung auf der ersten Silbe, wobei dieReduktionssilbe entfallen kann. Eine Ausnahme bildet das dreisilbige WortParadies oderEntropie.

Eine Reihe vonunregelmäßigen Verben, die im Infinitiv kein [iː] haben, bringen ein als <ie> verschriftlichtes [iː] imPräteritum, vereinzelt in Präsensformen hervor. Beispiele:

  • schreiben, Präteritum:schrieb; blasen, blies; hauen, hieb; rufen, rief
  • gebären,Präsens:gebiert; geschehen, geschieht; lesen, liest

Gelegentlich bringen nicht nur Beugungsformen, sondern Ableitungen ein <ie> hervor (geben, ergiebig).

In Lehn- und Fremdwörtern entfällt das Dehnungs-e grundsätzlich.

  • Geschrieben wird es jedoch in den Endungen-ier(en) und-ie.
  • Geschrieben wird es in den LehnwörternFries, hieven, Miene, mies, Niete, Piek, Priem, Ries, Spiere.
  • Gelegentlich leistet die Opposition von <i> (bei Lehnwörtern) und <ie> (bei Erbwörtern) eine Unterscheidungsschreibung. Das betrifft die WortpaareFiber/Fieber, Mine/Miene, Sigel/Siegel, Stil/Stiel.

Wie alle Langvokale erscheint der Laut [iː] fast nur in offenen Silben. Auf das <ie> folgt darum höchstens ein Konsonantenbuchstabe. Ausnahmen können sich in Beugungs- und Ableitungsformen mancher Wörter (hielt, Dienst, Siedlung, Stieglitz, piepsen) ergeben, in Einzelfällen in ungebeugten Formen (Biest, quietschen).

i/ie vor h

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Anders als das Dehnungs-h kann das Dehnungs-e vor sämtlichen Konsonanten und ganz ohne nachfolgenden Konsonanten erscheinen. Häufig steht es vor einemSilbenfugen-h (ziehen). Wenn keine weitere Silbe folgt (lieh, sieht, Vieh), wird dieses Silbenfugen-h oft als Dehnungs-h missinterpretiert. Ein Dehnungsgraph <eh> existiert jedoch nicht.

Das Dehnungs-e entfällt innackten Silben, wenn das [iː] am Silbenanfang steht (Igel, Ida, Isegrimm). In den seltenen Fällen, in denen in einer nackten Silbe mit [iː] überdies die Bedingungen für die Setzung eines Dehnungs-h erfüllt sind – wenn die Silbe mitl, m, n, r auslautet –, wird <ih> geschrieben (ihr, ihm, ihn; Ihle).

Dehnungs-e nach anderen Vokalen

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Hinter anderen Vokalen als dem <i> blieb dasDehnungs-e in der deutschen Rechtschreibung als Längenzeichen nur in Eigennamen erhalten. Die Verwendung tritt gehäuft am Niederrhein über Westfalen bis in die norddeutschen Regionen auf, dank dem Einfluss dermittelniederländischen Schriftsprache.

In Westfalen kommt es in Ortsnamen wieBuer,Coesfeld,Flaesheim,Hoetmar,Laer (siehe aber:Bochum-Laer [-ɛːɐ̯]),Oer-Erkenschwick,Raesfeld,Raestrup,Saerbeck oderSoest vor. InEssen-Kettwig ist dasSchloss Hugenpoet zu nennen. Im Rheinland gibt es zum Beispiel die OrtsnamenBaerl,Baesweiler,Kevelaer,Schaephuysen undStraelen. AuchBernkastel-Kues in Rheinland-Pfalz kennt das Dehnungs-e. InOstbelgien wird das Dehnungs-e ebenfalls verwendet, so in den OrtsnamenBaelen oderRaeren; ein Beispiel aus den Niederlanden istHaelen.

Beispiele aus Norddeutschland sindBad Oldesloe undItzehoe (aber: FlussSoeste [-øː-]) oder die Gemarkungen Vaensen, Buensen und Suerhop (Aussprache = Suhrhop) der StadtBuchholz in der Nordheide. Viele (norddeutsche) Familiennamen enthalten ein Dehnungs-e, das nicht als Umlaut mitgesprochen wird, sondern nur als Dehnungszeichen gelesen wird.

Beispiele:

Ausnahmen:

In süddeutschen Namen kann das Dehnungs-e zur Anzeige einesDiphthongs geworden sein, der gesprochen wird. Der Familienname Hueber lautet daher richtig ['hʊəbər]. Im schwäbischen OrtsnamenBuchloe wird dase vomo getrennt als eine dritte Silbe ausgesprochen: [ˌbuːx.ˈloː.ə]. Im norddeutschen OrtsnamenLaboe [la'bøː], im rheinischenMoers [mœʁs], im Bochumer StadtteilLaer [lɛɐ], im westfälischenOelde [ˈœldə] oder im niedersächsischenUelzen [ˈʏltsən] zeigt dase einen ganz normalen Umlaut an. Des Weiteren ist eine Überschneidung mit derniederländischen Schreibweiseoe für​[⁠u⁠]​ wie inHoek van Holland zu beachten.

Verdoppelung des Vokalbuchstabens

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In einer Reihe von Wörtern der deutschen Orthographie wird die Doppelung eines Vokals zur Anzeige der Länge eingesetzt. Diese Verdoppelung ist in der deutschen Sprache jedoch nicht produktiv. Sie wird bei phonetischen Umschreibungen dasDehnungs-h eingesetzt.

Beispiele:

  • Maar, Saal, Saat, Staat
  • Heer, Leere, See, scheel, Tee
  • Boot, Moor, Moos, Zoo

Die Vokaldoppelungen -ii- und -uu- werden in der deutschen Sprache immer getrennt gesprochen. Sie treten meist alsVokalzusammenstoß von Wortstamm und abgeleiteten Endungen auf, beispielsweise eineiig, variieren, assoziieren, Bebauung, Genugtuung, zuungunsten. In seltenen Fällen trifft das (vor allem was die Aussprache angeht) auch beim -oo- zu – so beispielsweise beimzoologischen Garten.

Doppelumlaute gibt es nicht, beim Umlaut wird der Vokal regelmäßig vereinfacht: säen (deshalb ohne Silbenfugen-h), Sälchen, Bötchen.

Das Dehnungs-e kommt – vor allem inFremdwörtern aber auch in (älteren)Erbwörtern (wie bspw. „[die] Wiese“) – auch hinter einem i vor; Weiteres dazu unterDehnungs-e nach i.

Dehnungs-i

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DasDehnungs-i hat sich in derdeutschen Rechtschreibung nur in Eigennamen erhalten. Die Verwendung tritt gehäuft imRheinland auf.(siehe:Rheinische Ortsnamen)

Das Dehnungs-i wird nicht ausgesprochen, sondern zeigt nur an, dass der vorangehende Vokal lang zu sprechen ist. Beispiele im Rheinland sind Ortsnamen wieMoitzfeld,Troisdorf,Roisdorf,Boisheim,Froitzheim undBuisdorf. Typische Familiennamen mit Dehnungs-i sindVoigt, Ploigt, Hoigt oderFussbroich. Vor allem die Endung-broich (ursprünglich Sumpfland) ist in vielen Städtenamen und Stadtteilnamen am Niederrhein zu finden. Beispiele sindGrevenbroich,Hackenbroich,Hardterbroich,Kleinenbroich,Korschenbroich,Huppenbroich,Rollesbroich und das ehemaligeBottenbroich.

Auch im OrtsnamenDuisburg hatte das i ursprünglich diese Funktion. In den letzten Jahrhunderten (der genaue Zeitraum ist unbekannt) hat sich hierbei ein Wandel vollzogen, sodass das vorangehendeu nicht mehr als [] (langes u), sondern als [] (langes ü) ausgesprochen wird. (Dies entspricht demmittelniederländischen Zustand, wo beispielsweisesuid als [zyːt] ausgesprochen wurde, und in dieser Form im 15. Jahrhundert ins Deutsche alsSüd entlehnt wurde.Altniederländisches langes [uː] war im Mittelniederländischen nämlich zu [yː] geworden.) Duisburg wird allgemein als [ˈdyːsbʊʁk] ausgesprochen. Dies gilt ähnlich für den Bonner OrtsteilDuisdorf [ˈdyːsdɔʁf] oder den Kerpener StadtteilBuir [byːɐ̯], während der Duisburger StadtteilDuissern [ˈdʏsɐn] (wegen des Doppelkonsonanten) mit kurzem ü​[⁠ʏ⁠]​ ausgesprochen wird, womit das Dehnungs-i ohne Funktion ist. Auch der OrtUissigheim [ˈʏsikʰhaim] in Baden-Württemberg wird in der letztgenannten Weise mit kurzem ü​[⁠ʏ⁠]​ ausgesprochen.

Dehnungs-u

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Wohl einzigartig im deutschen Sprachraum ist die Verwendung einesu im OrtsnamenPouch, um die lange Aussprache des vorausgehendeno anzuzeigen.

Dehnungs-w im Digraph -ow-

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Vor allem inMecklenburg-Vorpommern,Brandenburg,Berlin, im OstteilSachsen-Anhalts und imWendland kommen viele Ortsnamen mit der Endung-ow vor. Dasw ist in solchen Fällen stumm und zeigt die Länge des vorangehendeno als Phonem /oː/ an. ImSorbischen, der slawischen Sprache, die in Teilen dieser Gegenden bis heute gesprochen wird, wird [w] in der Lautsprache als unsilbischesu gesprochen. Im Mittelalter gab es auch im Deutschen dasw alsu (Gaue von Alamannien, Schwaben, dem Elsass und von Hochburgund) und hat sich im OrtsnamenOwen erhalten.

Beispiele:

Dehnungs-w sind auch in Familiennamen vertreten, zum Beispiel beiHans Modrow.

Gegenbeispiel Dehnungs-c im Digraph -ck-

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Nach den Konventionen derdeutschen Rechtschreibung zeigt einck an, dass der vorangehende Vokal kurz ausgesprochen wird oder es sich um einSilbengelenk handelt.[2] Bei norddeutschen Orts- und Familiennamen findet sich einck teilweise aber auch nach lang ausgesprochenen Vokalen. Diese historisch bedingten Schreibungen zeigen also eigentlich keine Kürzung des vorangehenden Vokals an, werden aber zunehmend als solche verstanden. Beim OrtsnamenLübeck, dessen /e/ ursprünglich lang ausgesprochen wurde, wird häufig bereits ein kurzes artikuliert, undMecklenburg (ˈmeː-) wird bereits von vielen mit kurzem Vokal ausgesprochen.

Beispiele für Ortsnamen mit lang ausgesprochenem Vokal:

Entgegen landläufiger Meinung kann das <c> jedoch nicht als Längenzeichen angesehen werden, da es keine eindeutige Markierung darstellt, die im Gegensatz zu einer unmarkierten Schreibung steht, der üblicherweise die kurze Aussprache entspräche.[3] Diese Schreibungen sind Überreste älterer Schreibweisen, wie sie noch im 16. Jahrhundert anzutreffen waren, beispielsweise beimerckenn, lauffenn odervnndt, die alsLetternhäufelung bezeichnet werden.[4] Aus aktueller Sicht handelt es sich also um einen nicht regelgerechten Gebrauch doppelt dargestellter Konsonanten. In Familien- und geografischen Namen ist dieser nicht nur beick, sondern auch beiff, ss, tz und seltener beipp, tt, dt verbreitet, z. B. inHauff, Heuss, Holtzbrinck, Schwartzkopff, Lietzensee; Kneipp, Württemberg, Domagk, Bodelschwingh, Creutzfeldt.

Um die ursprüngliche Aussprache zu erhalten, wurde mancherorts dasc aus der Namensschreibung entfernt. Die StadtHamburg etwa hat 1947 alle Flurnamen, die-beck enthielten (Barmbeck, noch erhalten imLord von Barmbeck), in-bek umbenannt. Die Schreibweise vonWandsbek sowieReinbek war bereits 1877 (damals noch in der preußischenProvinz Schleswig-Holstein) geändert worden.

In zahlreichen norddeutschenFamiliennamen findet sichck nach langem Vokal, am bekanntesten ist vielleichtBuddenbrock, andere Beispiele sindDickmann, Brockmann, Beckefeld, Brackmann,von der Decken oderBröckerhoff. Auch hier vollzieht sich der Übergang zur kurzen Aussprache des demc vorstehenden Vokals.

Die niederdeutsche Schreibung aufck erstreckt sich bis in den brandenburgischen Raum, wo es mehrere Orte mit der Schreibung Buckow gibt (zusammen mit der wendischen Endung-ow) oder in Schreibungen wieSchmöckwitz zu finden ist (mit der wendischen Endung-witz). Zahlreiche Schreibungen auf ck werden jedoch zunehmend mit kurzem Vokal gesprochen.

Initiativen zur Abschaffung der Dehnungszeichen

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Da die Dehnungszeichen redundant sind (die Vokallänge wird regelmäßig durch die Schreibung des Silbenendrandes angezeigt) und überdies nicht systematisch gesetzt werden, infolgedessen alsoauswendiggelernt werden müssen, bilden sie eine der Hauptschwierigkeiten der deutschenOrthografie. Von Seiten der Schulen ist daher mehrfach ihre Abschaffung gefordert worden:

Rudolf von Raumer forderte 1855 in einem AufsatzUeber deutsche Rechtschreibung eine konsequent phonetische Rechtschreibung. Das Dehnungs-h wollte er durch Doppelschreibung des Vokalbuchstabens ersetzen.[5][6]

Am 27. Januar und erneut am 30. Oktober 1920 trat in derWeimarer Republik eine Sachverständigenkommission mit Vertretern des Reichsinnenministeriums, der Unterrichtsministerien einiger deutscher Länder, Österreichs und der Schweiz zusammen, die eine Reform der deutschen Orthografie vorbereiten sollten. Der Ausschuss legte seine endgültigen Vorschläge am 8. April 1921 vor. Einer davon war die kategorische Abschaffung der Dehnungszeichen. Das Dehnungs-e sollte nur im Wortauslaut erhalten bleiben. Die Vorschläge scheiterten am Widerstand der Reformgegner, besonders der Buchhändler.[7]

Ende August 1931 verabschiedete der Bildungsverband der deutschen Buchdrucker dasErfurter Rechtschreibungsprogramm, in dem die Abschaffung der Dehnungszeichen außer bei Homophonen gefordert wurde.[5]

Im Oktober 1941 reichteBernhard Rust,Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, beimReichsinnenministerium Vorschläge für eine Vereinfachung der deutschen Rechtschreibung ein, darunter den Wegfall der Dehnungszeichen. Das Innenministerium wies die Initiative als „nicht kriegswichtig“ zurück.[5]

Im Frühjahr 1946 publizierte der 1924 in Zürich gegründeteBund für vereinfachte rechtschreibung (BVR) einen ReformplanDie erneuerung der deutschen rechtschreibung, in dem ebenfalls die Tilgung der Dehnungszeichen gefordert wurde.[8]

Der letzte große Versuch, die Dehnungszeichen abzuschaffen, erfolgte in denStuttgarter Empfehlungen (Empfehlungen zur Erneuerung der deutschen Rechtschreibung) von 1954. Initiator war eineArbeitsgemeinschaft für Sprachpflege, der – neben anderen Vertretern von BRD, DDR, Österreich und der Schweiz – Mitglieder der Duden-Redaktion und die LinguistenOtto Basler,Theodor Frings,Werner P. Heyd,Walther Mitzka,Hugo Moser,Wolfgang Steinitz,Franz Thierfelder,Leo Weisgerber,Hans Glinz undRudolf Hotzenköcherle angehörten. Neben verschiedenen anderen Vereinfachungen sahen die Stuttgarter Empfehlungen vor, dass der Graph <ie> generell und Dehnungs-h nach a, ä, o, ö, u und ü entfallen, verdoppelte Vokalbuchstaben und Dehnungs-h nach e aber beibehalten werden sollte. Die Reformvorschläge wurden in der Presse stark abgelehnt, zumalThomas Mann,Hermann Hesse undFriedrich Dürrenmatt sich dagegen ausgesprochen hatten. Irrtümlich hatten sich diese drei Autoren gar nicht auf die Stuttgarter Empfehlungen, sondern auf Reformvorschläge bezogen, die ein Jahr zuvor auf einer Salzburger Tagung erarbeitet worden waren. Die Kultusministerkonferenz, für die die Stuttgarter Empfehlungen erarbeitet worden waren, distanzierte sich nach den öffentlichen Protesten von der Arbeitsgemeinschaft und stellte in Abrede, die Vorschläge überhaupt in Auftrag gegeben zu haben.[9]

Längenzeichen in anderen Sprachen

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Verdoppelung des Vokalbuchstabens

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ImNiederländischen ist die Vokaldoppelung die regelmäßige Form der Verschriftung langer Vokale – dort werden Vokale in geschlossenenSilben (Silben, die auf Konsonant enden) regelmäßig kurz, in offenen Silben (Silben, die auf Vokal enden) dagegen gedehnt gesprochen. Entsprechend müssen Langvokale im Niederländischen nur markiert werden, wenn sie in geschlossener Silbe stehen. Dies geschieht allgemein durch Vokalverdoppelung, nur bei I durch ein angehängtes E. Ausgenommen ist dabei das e, das auch in offenen Silben bei Dehnung verdoppelt wird (zee, mee). Die konsequente Anwendung dieses Systems im Niederländischen führt dazu, dass aufgrund der abweichenden Silbengrenze im Singular und Plural die Vokale trotz gleicher Aussprache unterschiedlich geschrieben werden:zoon (Sohn) vs.zonen (Söhne). Im Gegenzug muss die kurze Silbe durch nachfolgenden Doppelkonsonant angezeigt werden, wenn in einer Wortform der Konsonant zur Folgesilbe fällt:zon (Sonne) vs.zonnen (Sonnen).

Diefinnische undestnische Sprache gehen noch einen Schritt weiter: Hier werden Langvokale (und Langkonsonanten) konsequent mit Doppelbuchstaben geschrieben, da dort lange und kurze Vokale bedeutungsunterscheidend sowohl in betonten als in unbetonten Silben auftreten können.[10] Beispiele aus dem Finnischen:tuli (das Feuer oder er/sie/es kam; kurzer betonter Vokal) vs.tuuli (es wehte (Wind); langer betonter Vokal) undtulli (der Zoll; kurzer betonter Vokal, langer Konsonant);talon (des Hauses,Genitiv; kurzer unbetonter Vokal) vs.taloon (in das Haus hinein;Illativ; langer unbetonter Vokal)

Bei der Schreibungjapanischer Wörter in Silbenschrift (Hiragana, seltenerKatakana) wird ein Langvokal durch ein Nachstellen des Auslautvokalzeichens dargestellt. Das Wortおかあさん (eine Anrede für die eigene Mutter oder die Bezeichnung für die Mutter eines anderen) beispielsweise besteht aus den Silben (genauer:Moren)o-ka-a-sa-n. Die Kombinationka-a wird als lange Silbe​/⁠kaː⁠/​ ausgesprochen. Je nach Transkriptionssystem wird diese Länge in lateinischer Schrift wie beim Finnischen durch Vokalverdopplung (o-kaa-san) oder durch einMakron (o-kā-san), in älteren Umschriften auch durch einenZirkumflex (o-kâ-san), darstellt. Silben mit dem Vokalo können nicht nur durch ein nachgestellteso, sondern auch durch ein nachgestelltesu gedehnt werden, wie beispielsweise in dem Wortまほう („Magie“):ma-ho-u. Die Kombinationho-u wird als lange Silbe​/⁠hoː⁠/​ ausgesprochen. Ob eino durch ein weitereso oder durch einu gedehnt wird, hängt von der Etymologie des Wortes ab; die Dehnung mitu ist häufiger. Ein Beispiel für ein Wort mit durcho gedehntemo istとおり („Straße“):to-o-ri. Manche Umschriften geben die japanische Schreibweise wieder (mahou, toori), andere schreiben beide Dehnungsarten alsoo (mahoo, toori) oder also mit Makron (mahō, tōri) beziehungsweise Zirkumflex (mahô, tôri). Auch die Kombination einere-Silbe mit einemi kann bei manchen Wörtern wie ein langese gesprochen werden. Inげいしゃ (ge-i-sha,Geisha) beispielsweise lässt sich die Kombinationge-i als​/⁠gɛɪ⁠/​ oder als​/⁠geː⁠/​ aussprechen. In solchen Fällen ist die Transkription als ē allerdings unüblich.

Dehnungs-e in Belgien

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Imniederländischen SprachgebietBelgiens ist das Dehnungs-e bei Ortsnamen sehr gebräuchlich, durch die neuere an dasNiederländische angepasste Orthographie aber oft nur noch in derfranzösischen Schreibweise. So finden sich inBrüssel:Schaerbeek/Schaarbeek,Laeken/Laken, Roedebeek/Roodebeek (ein Stadtviertel inWoluwe-Saint-Lambert/Sint-Lambrechts-Woluwe) sowieKoekelberg, das wie das flämischeWillebroek heute allerdings oft nicht mehr mit langem O ([]), sondern niederländisch mit U ([]) ausgesprochen wird. Weitere Beispiele:Welkenraedt und dasFort Eben-Emael das 1940 erobert wurde.

Diakritische Zeichen

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Neben der Hinzufügung von Dehnungszeichen wird in vielen Verschriftungen eine Markierung derVokallänge durch Hinzufügung vonDiakritika erreicht. So werden Langvokale im normalisierten Mittelhochdeutschen mitZirkumflex zur Unterscheidung von Kurzvokalen dargestellt und imLateinischen wird es manchmal analog mit einemMakron (Überstrich, Längestrich) statt Zirkumflex gehandhabt. Beispiel:mîn (mittelalterliches Mittelhochdeutsch:min; mein),Rōmānī (die Römer; drei lange Vokale).

ImUngarischen werden Langvokale konsequent durch Diakritika markiert. Die entsprechenden Langvokale zu A, a, E, e, O, o, Ö, ö, U, u, Ü und ü sind Á, á, É, é, Ó, ó, Ő, ő, Ú, ú, Ű und ű. Nur in Namen kommen abweichende Schreibweisen vor, etwa (ein am Deutschen orientiertes) Dehnungs-h oder Vokalverdoppelung, beispielsweise im Familiennamen Gaál [gaːl].

ImTschechischen erhalten lang gesprochene Vokale diečárka (Strich): a – á, e – é, i – í, o – ó, u – ú (Wortanfang), u – ů (sonst), y – ý. Diese sind in der Sprachentwicklung zumeist aus Doppelvokalen, wie sie in ostslawischen Sprachen noch vorkommen, hervorgegangen, vgl. tschechischpřekrásná – russischпрекрасная (prekrasnaja). Aus diesem Ursprung als Doppelvokal resultiert die Besonderheit der tschechischen Sprache, dass auch unbetonte Vokale lang gesprochen werden, was nur in wenigen anderen Sprachen anzutreffen ist (wiederum im Ungarischen oder im Finnischen, aber auch im Deutschen, Beispiel: „Heimat“).

Selbstständige Dehnungszeichen

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Diejapanische Sprache kennt zur Kennzeichnung von Langvokalen einen Längsstrich (chōon). Beispiel:ラーメンrāmen. Da Langvokale japanischer Wörter (und chinesischer Lehnwörter) traditionell durch Vokalverdopplung (sieheoben) ausgedrückt werden, tritt der Längsstrich hauptsächlich bei Fremdwörtern (Gairaigo) auf. Weil diese im Allgemeinen mitKatakana geschrieben werden, ist die Verwendung des Chōon inHiragana nicht vorgesehen. Wenn aber zum Beispiel aus ästhetischen Gründen ein Fremdwort in Hiragana geschrieben wird, kann es dort ebenfalls auftreten. AuchInterjektionen undonomatopoetische Wörter werden bisweilen mit Längsstrich geschrieben – in Hiragana wie in Katakana.

Siehe auch

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Weblinks

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Wiktionary: Dehnungs-e – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Dehnungs-h – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Dehnungs-i – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Wörterlisten im Wiktionary

Sonstiges

Einzelnachweise

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  1. Deutsche Rechtschreibung: Regeln. Webseite des Rats für deutsche Rechtschreibung (PDF-Datei), S. 18ff.
  2. Christian Stang:Rechtschreibung - ganz einfach! Dudenverlag, Berlin 2019,ISBN 978-3-411-74554-8,S. 10. 
  3. Vgl. Agathe Lasch:Mittelniederdeutsche Grammatik. Halle 1914, S. 176, § 336: „ck steht nach langem, zerdehntem oder kurzem vokal oder nach konsonant.“
  4. Peter von Polenz:Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Band 1, 2. Auflage. Berlin / New York 2000, S. 175 f. Speziell für das Mittelniederdeutsche siehe Lasch:Mittelniederdeutsche Grammatik, S. 136, § 236.
  5. abcGeschichte der deutschen Orthographie. (PDF) Abgerufen am 24. Oktober 2014. 
  6. Rudolf von Raumer:Ueber deutsche Rechtschreibung. In:Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien 1, 1855, S. 1–37 und 2, 1855, S. 537–580 (Digitalisat des Separatdrucks Wien 1855).
  7. Christian Hess:Der Weg zur neuen deutschen Rechtschreibung. Archiviert vomOriginal (nicht mehr online verfügbar) am23. Oktober 2014; abgerufen am 23. Oktober 2014. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/studenten.freepage.de ;Geschichte der deutschen Orthographie. (PDF) Abgerufen am 24. Oktober 2014. 
  8. Geschichte der deutschen Orthographie. (PDF) Abgerufen am 24. Oktober 2014. ;Website des Bundes für vereinfachte rechtschreibung
  9. Empfehlungen zur Erneuerung der deutschen Rechtschreibung: «Stuttgarter empfehlungen». Bund für vereinfachte rechtschreibung, 15. Oktober 2012, abgerufen am 18. April 2020. ; Wolfgang Kopke:Rechtschreibreform und Verfassungsrecht. Schulrechtliche, persönlichkeitsrechtliche und kulturverfassungsrechtliche Aspekte einer Reform der deutschen Orthographie. Mohr Siebeck, 1995,S. 68 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). ; Hildtraud Strunk (Hrsg.):Dokumente zur neueren Geschichte einer Reform der deutschen Orthographie. Die Stuttgarter und Wiesbadener Empfehlungen, 2 Bände, Verlag Georg Olms, 1998,ISBN 978-3-487-10590-1
  10. Fred Karlsson:Finnische Grammatik. Helmut Buske Verlag, Hamburg 2000,ISBN 3-87548-203-4, §§7 (Kurze und lange Laute) und 10 (Akzent und Intonation)
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