Darm
DerDarm (lateinischIntestinum,altgriechischἔντερονenteron; auchGedärm genannt) ist der wichtigste Teil desVerdauungstraktes von höherenvielzelligen Tieren einschließlich desMenschen. Er erstreckt sich vomMagenpförtner bis zumAfter, davor liegen derMagen, dieSpeiseröhre und dieMundhöhle. Der Darm ist beim erwachsenen Menschen etwa 5½ bis 7½ Meter lang und besitzt wegen der feinenDarmzotten eine Oberfläche von etwa 32 m².[1] Die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm ist dieDarmflora.
Relative Darmlänge
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Darmlänge im Verhältnis zur Körperlänge einerTierart ist von mehreren Faktoren abhängig. Von Bedeutung sind unter anderem gruppenspezifische undphylogenetische Faktoren, wie weit die Nahrung im Magen aufbereitet wird, der Nahrungsbedarf, die absolute Körpergröße sowie Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung der Verdauungssäfte und in derResorptionsfähigkeit. Dabei ist die Darmlänge gruppenspezifisch in relativ engen Grenzen vorgegeben und weist nur eine geringe Modifizierbarkeit auf.[2]
Zwar bestehen Zusammenhänge zwischen Ernährungsart undMorphologie des Darmkanals; die weitverbreitete Meinung, dass es auch einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Ernährungsart und Darmlänge gäbe, ist jedoch unhaltbar, ebenso wie die Faustregel, nach derFleischfresser kurze undPflanzenfresser lange Därme besäßen. Diese Faustregel trifft nur zu, wennHaustiere wieHund,Katze,Schaf,Rind oderKaninchen betrachtet werden; sie trifft jedoch bereits nicht mehr zu, wenn weitereSäugetiere miteinander verglichen werden. So besitzen beispielsweise die Fleisch fressendenRobben außerordentlich lange Därme, die ausschließlich Blätter fressendenFaultiere dagegen sehr kurze Därme, und auch der sich im Wesentlichen von Bambusschösslingen ernährendeGroße Panda weist einen deutlich kürzeren Darm auf als andere Bären.[2]
Unterteilung des Darmes
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2 = Dünndarm
3 = absteigender Teil des Dickdarms
4 = aufsteigender Teil des Dickdarms
5 = Wurmfortsatz
6 = Mastdarm
7 = After
Der Darm ist unterteilt in den
- Dünndarm (lateinischIntestinum tenue), bestehend aus
- Zwölffingerdarm (Duodenum) und
- Gekrösedarm, bestehend aus
- sowie denDickdarm (Intestinum crassum), bestehend aus
- Blinddarm (Caecum) mit demWurmfortsatz (lat.Appendix vermiformis, umgangssprachlich fälschlich als „Blinddarm“ bezeichnet), und
- Grimmdarm (griechisch-lateinischColon) mit aufsteigendem (Colon ascendens), querverlaufendem (Colon transversum), absteigendem (Colon descendens) und S-förmig verlaufendem (Colon sigmoideum, genannt auchSigma) Teil,
- und denMastdarm (Rectum), auch alsEnddarm bezeichnet, bestehend aus
- Pars ampullaris undAnalkanal (Canalis analis).[3]
Auf den Mastdarm folgt derAfter (lateinischAnus), der aberfeingeweblich kein Darmbestandteil im engeren Sinne ist, da er von äußerer Haut und nicht vonSchleimhaut ausgekleidet ist. Der After bildet mit dem endständigen Venengeflecht des Mastdarmes und dem inneren und äußerenSchließmuskel zusammen dasKontinenzorgan.
Funktionen des Darms
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Übersicht zu den Interaktionen im Darm[4]
- Verdauung und Nährstoffresorption
- Regulation des Wasserhaushaltes
- Ausbildung eines Großteils der Abwehrzellen des Immunsystems
- Produktion von Hormonen und Botenstoffen
Darmwand
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Darmwand zeigt den typischen dreischichtigen Aufbau eines häutig-muskulösen Schlauches. Der Innenraum wird durch eineSchleimhaut (Mukosa) ausgekleidet. Ihr liegt außen eine zweischichtigeTunica muscularis (viszerale Muskulatur) an, die aus einer inneren Ring- und äußeren Längsmuskelschicht besteht. Zwischen Mukosa und Muskelschicht befindet sich derPlexus submucosus, zwischen den beiden Muskelschichten derPlexus myentericus – beides Anteile desdarmeigenen Nervensystems. Außen grenzt – je nach Lage des Darmabschnitts – entweder eineTunica serosa oder eineTunica adventitia das Organ ab.
Untersuchungsmöglichkeiten des Darmes
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der Darm ist zum Teil abtastbar und abhörbar. Weitergehende diagnostische Möglichkeiten bieten die Ultraschalluntersuchung (Sonografie),Kontrastmitteluntersuchungen, Darmspiegelung (Koloskopie) undComputertomografie (CT) bzw.Magnetresonanztomografie (MRT). Zusätzlich kann durch eine zu schluckende Endokapsel mit Funk-Minikamera(s) der Dünndarm und auch der Dickdarm untersucht werden.
Weitere diagnostische Hinweise bietet die Untersuchung des Stuhlgangs, Gewebeprobenentnahme und Blutuntersuchung.
Trivialnamen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In derJägersprache werden Weiddarm (insbesondere derMastdarm), Harnblase und innere Geschlechtsorgane alskleines Gescheide bezeichnet.[5]
Darmkrankheiten und -störungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die allgemeine Bezeichnung für eine Krankheit des Darmes istEnteropathie.
- Fehlbesiedelung des Dünn- oder Dickdarms
- Reizdarm
- Befall mit Darmparasiten
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Nahrungsmittel-Intoleranzen
- Blähungen (Flatulenz)
- Verstopfung (Obstipation) und Darmträgheit
- Durchfall (Diarrhoe)
- Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP)
- Hermansky-Pudlak-Syndrom
- Darmtumoren wiePolypen (zum BeispielFamiliäre adenomatöse Polyposis), bösartige Tumoren wiekolorektales Karzinom
Diese Liste versteht sich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
- Darmverengung bis zumDarmverschluss
- Darmverletzungen wie dieDarmperforation
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Ausdärmen – Eine qualvolle Hinrichtungsmethode
- Wursthülle ausNaturdarm
- Viszeralchirurgie
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Giulia Enders:Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ. Ullstein, Berlin 2014,ISBN 978-3-550-08041-8.
- Hans Adolf Kühn:Krankheiten des Darmes. In:Ludwig Heilmeyer (Hrsg.):Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 804–841.
- Nikolaus Papastavrou:Darm. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.):Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973,ISBN 3-87185-021-7, S. 107–131.
- Mary Roach:Schluck. Auf Entdeckungsreise durch unseren Verdauungstrakt. Aus dem amerikanischen Englisch von Katrin Behringer. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2014,ISBN 978-3-421-04640-6 (Originaltitel:Gulp.).
- Franz-Viktor Salomon:Darm, Intestinum (Enteron). In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.):Anatomie für die Tiermedizin. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke, Stuttgart 2008,ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 293–311.
- Julia Seiderer-Nack:Was passiert im Darm? Neues Wissen für mehr Darmgesundheit.Darmbarriere, Bauchhirn, Immunsystem und die richtige Ernährung. Südwest, Stuttgart 2014,ISBN 978-3-517-08959-1.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Herbert F. Helander, Lars Fändriks:Surface area of the digestive tract – revisited. In:Scandinavian Journal of Gastroenterology. Bd. 49, Nr. 6, 2014, S. 681–689,doi:10.3109/00365521.2014.898326.
- ↑abDietrich Starck:Lehrbuch der Speziellen Zoologie. Band II:Wirbeltiere. 5. Teil:Säugetiere. Gustav Fischer, Jena 1995,ISBN 3-334-60453-5 (S. 185–186).
- ↑Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch. De Gruyter, 255. Aufl., Berlin/New York 1986,ISBN 3-11-007916-X, S. 323.
- ↑B. Waclawiková, A. Codutti, K. Alim, S. El Aidy:Gut microbiota-motility interregulation: insights from in vivo, ex vivo and in silico studies. Gut Microbes. 2022 Jan-Dec;14(1):1997296,PMID 34978524.
- ↑Deutsches Jagd-Lexikon:Gescheide.