| Klassifikation nachICD-10 | |
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| K59.9 | Funktionelle Darmstörung, nicht näher bezeichnet |
| K63.8 | Sonstige näher bezeichnete Krankheiten des Darmes |
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| ICD-10 online (WHO-Version 2019) | |
Unter einerDünndarmfehlbesiedlung(Abk.: DDFB, engl. small bowel (bacterial) overgrowth (syndrome); auchSIBO fürSmall Intestinal Bacterial Overgrowth) versteht man eine bakterielle Falschbesiedlung desDünndarms mit mehr als 105 Keimen proml.[1] Sie kann Ursache unterschiedlicherBeschwerden sein. Jüngere Meta-Analysen belegen eine hohe Prävalenz der Dünndarmfehlbesiedelung unter Patienten mitReizdarmsyndrom.[2] Einzelne Untersuchungen gehen davon aus, dass bis zu 84 % der Reizdarmpatienten tatsächlich an einer Dünndarmfehlbesiedlung leiden.[3] In der am 1. Januar 2022 in Kraft getretenen Klassifikation nachICD-11 greift der Code:DA96.00: Bacterial overgrowth syndrome.[4] LautBundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ist die ICD-11 Kodierung „grundsätzlich einsetzbar.“[5]
DasArchaeonMethanobrevibacter smithii wurde mit Symptomen der Dünndarmfehlbesiedlung in Verbindung gebracht, die zu einem positiven Methan-Atemtest führen. Zusätzlich zum Archaeon können einige Bakterien auch Methan produzieren, wie die Mitglieder der GattungenClostridien undBacteroides genus. Die Produktion von Methan ist daher möglicherweise weder bakteriell noch auf den Dünndarm beschränkt.[6]2020 wurde vorgeschlagen, diesen Zustand als separates Krankheitsbild „Überwachsen des Darms [Methanogen]“ – IMO (intestinal-methanogen Overgrowth) einzustufen.[7] In der US-amerikanischen Adaption der WHO-Klassifikation ICD-10-CM ist die „Methan-SIBO“ ausdrücklich alsK63.829Overgrowth intestinal methanogen genauer benannt. Der Zusatz „CM“ steht fürClinical Modification.[8]
Die DDFB tritt typischerweise beimKurzdarmsyndrom,[9] bei einem Defekt derIleozäkalklappe,[10] bei Divertikeln oder Dünndarmstenosen infolge von z. B.Morbus Crohn, bei chronischer intestinaler Pseudoobstruktion, beim Syndrom der blinden beziehungsweise ausgeschalteten Schlinge nach Operationen am Dünndarm[11] und bei einerexokrinen Pankreasinsuffizienz auf. Auch Störungen der Peristaltik beispielsweise infolgeSklerodermie oderdiabetischerEnteropathie können ursächlich sein.[1]
Eine DDFB kann, insbesondere auch durch eine damit einhergehende Schädigung der Darmzotten und der damit verbundenen Störung der Resorption (Malassimilationssyndrom), zu unterschiedlichen gesundheitlichen Störungen und Beschwerden wieArthritiden, Blähungen,Colitis, chronischer Diarrhoe (Durchfall), Fatigue,[12]Steatorrhoe, Gewichtsverlust, Mangelerscheinungen, Bauchschmerzen undAnämie führen.[1][9][13][14]
Eine Beteiligung an der Entstehung oder dem Fortschreiten einesIdiopathischen Parkinson-Syndroms wird diskutiert.[15]
Beweisend ist eine strenganaerobendoskopisch gewonnene Probe (Aspirat) von Flüssigkeit aus dem Dünndarm, in der sich mehr als 105 Keime pro ml finden. Als ergänzende Laborbefunde sind Anämie,Hypalbuminämie und ein Mangel an den Vitaminen A, D, K und B12 charakteristisch. Bei gleichzeitig normalem Folsäurespiegel ist auch ein nicht durch die Gabe vonintrinsischem Faktor behebbarerMangel an Vitamin B12 typisch.
Kommt es im Rahmen einer DDFB zu vermehrter Zuckervergärung (beispielsweise nach oraler Gabe vonGlucose oderLactulose), zeigt derWasserstoffatemtest einen erhöhten Wasserstoffanteil. Auch im Nüchternzustand ist dieser Wert erhöht, da die DDFB zu einer kontinuierlichen Umsetzung der vom Körper kontinuierlich produzierten Verdauungssäfte im Dünndarm führt.[13][1]Der Grenzwert des Anstiegs der Wasserstoffkonzentration in der Atemluft in einem Wasserstoffatemtest, ab dem der Test als positiv zu werten ist, wird von Experten unterschiedlich angesetzt:
Zur Ursachenklärung ist ein bildgebendes Verfahren, z. B.MRT des Dünndarmes nach Sellink, oder ein Enteroklysma (Doppelkontrast-Röntgendarstellung nach Sellink) erforderlich.[11]
Eine kausale Therapie kann durch eine Operation erfolgen, indem z. B. Stenosen oderblinde Schlingen beseitigt werden.[13][1] Zurkonservativen Therapie können – meist nur vorübergehend wirksam –Antibiotikagaben eingesetzt werden. Bessert sich die Symptomatik im Verlauf einer Antibiotika-Therapie, spricht man auch von einer „antibiotikaresponsivenEnteritis“ (ARE).
Vorwiegend wird auf eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten gesetzt, um Bakterien, die sich an der falschen Stelle befinden, „auszuhungern“. Empfehlungen setzen auf den zeitlich begrenzten Verzicht auf Kohlenhydrate, Milchprodukte und bestimmte Fruchtsorten, während andere Nahrungsmittel wie beispielsweise Gemüse und Nüsse in die tägliche Ernährung integriert werden.[17] Bei einer Ernährungsumstellung ist zu beachten, dass sich die Auswahl der zu vermeidenden Nahrungsmittel nach der Art der bakteriellen Fehlbesiedelung zu richten hat.