Crust Punk
Crust Punk | |
Entstehungsphase: | Ende der 1970er Jahre |
Herkunftsort: | Großbritannien |
Stilistische Vorläufer | |
Hardcore Punk,Anarcho-Punk | |
Genretypische Instrumente | |
E-Gitarre –Schlagzeug –E-Bass | |
Stilistische Nachfolger | |
Grindcore |
Crust Punk (auchCrustcore, häufig auch einfachCrust genannt) bezeichnet einen Musikstil und eine Subkultur, die ihre Wurzeln imAnarcho- undHardcore Punk hat und vor allem in derlinken undlinksradikalenJugendkultur ihre Anhänger findet. Die Angehörigen dieserSubkultur bezeichnen sich selbst zumeist alsCrusties. Synonym für den frühen britischen Crust Punk wird manchmal auch die Bezeichnung „Stenchcore“ gebraucht, die ursprünglich als Parodie auf die Tendenz gedacht war, im Hardcore Punk neue Bezeichnungen für Musikstile mit der Endung „-Core“ zu erfinden.
Anfänge
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Wurzeln des Crust Punks liegen in der Anarcho-Punk- und Hardcore-SzeneGroßbritanniens der frühen 1980er Jahre. Neben Anarcho-Punk-Bands wieCrass undConflict inspirierten vor allem auchD-Beat-(oder „Speedcore“-)Bands wieDischarge,GBH oderThe Varukers eine neue Generation von Hardcore-Punk-Bands, die einerseits die Anarcho- und „Everybody-can-do-it“-Ästhetik des UK-Hardcores weiterführten, andererseits aber auch Elemente desExtreme Metal aufgriffen. Als Prototyp der späteren Crust-Szene gelten die bereits 1978 gegründetenAmebix, die nicht nur den aggressiven und chaotischenPunk-Rock von Crass zu ihren Einflüssen zählten, sondern auch stark von derPost-Punk-BandKilling Joke[1] und frühenMetal-Bands wieBlack Sabbath undMotörhead beeinflusst waren. Die Bezeichnung „Crust Punk“ leitet sich allerdings wahrscheinlich von der GruppeHellbastard her, die 1986 einDemo mit dem NamenRipper Crust veröffentlichten.[1] Die erste Band, die von „Crustcore“ oder „Crust Punk“ als Musikstil sprach, soll die GruppeDeviated Instinct gewesen sein.
Frühe Bands und Ausbreitung des Genres
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die frühen britischen Crust-Bands wieAmebix undAntisect, die auch noch als Vorläufer des eigentlichen Crust Punks betrachtet werden können, inspirierten gemeinsam mit dem D-Beat ihrer ZeitgenossenDischarge eine neue Welle skandinavischen Hardcore Punks, namentlich Bands wieAvskum oderTotalitär, die ihrerseits einen eigenen düsteren und aggressiven, für skandinavischeBands typischen Stil erschufen, der wiederum Mitt-80er-UK-Hardcore-Bands wie Deviated Instinct,Electro Hippies,Extreme Noise Terror, Hellbastard undDoom inspirierte, die auf dieser Grundlage unter Hinzufügung vonBlastbeats und mitunter Elementen desThrash Metal den Crust Punk als solches definierten.[1] Mit Gruppen wieNeurosis undNausea wurde Crust Punk auch in den USA bekannt, wo den britischen Crust-Bands Gruppen wieAntischism, Destroy,[1]Mindrot,Filth undToxic Narcotic folgten. Neben Großbritannien, den skandinavischen Ländern und den USA entstanden allerdings auch in Japan oder Deutschland recht große Crust-Anhängerschaften.
Crust in den 1990ern
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In den frühen 1990er Jahren folgten der ersten Crust-Generation in Skandinavien Gruppen wieSkitsystem,Driller Killer undWolfbrigade (ursprünglich Wolfpack), in GroßbritannienExtinction of Mankind, in DeutschlandRecharge,Cluster Bomb Unit,Yacøpsæ,Autoritär undM.V.D. und in den USADystopia,Tragedy,His Hero Is Gone,Skullkrusher,Anti-Product undAus-Rotten nach. Zu diesem Zeitpunkt kristallisierte sich aus amerikanischem Crust Punk verstärkt die Tendenz heraus, statt lediglich den Vorbildern der 1980er Jahre nachzueifern, vielmehr Crust-Elemente mit zeitgenössischem aktuellem Hardcore zu kombinieren und den Stil so weiterzuentwickeln; vor allem in Verbindung mit Gruppen wie Ictus, Tragedy oderEkkaia begannen daher einige Kritiker von einer „Neocrust-Welle“ zu sprechen. Das neue Jahrtausend sah beide Stile unter anderem mit Gruppen wieFrom Ashes Rise,Born Dead Icons,Behind Enemy Lines,Caustic Christ,Bombstrike,Human Waste undDisfear weiterleben.
Musik
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Crust lässt sich als eine besonders düstere Mischung aus Punk undExtreme Metal beschreiben, die Gewichtung fällt bei den verschiedenen Bands unterschiedlich aus. Crust entzieht sich aufgrund seiner Eigenständigkeit und Entstehungsgeschichte der gängigen Trennung des Hardcores in „Old-School“ und „New-School“. Mitunter steht der Stil verwandten Musikrichtungen wieGrindcore,Hatecore,Sludge undPowerviolence nahe. Bedingt durch die große Bandbreite an Einflüssen unterschiedlicher extremer Musikstile für den Crust Punk lassen sich innerhalb der Musik gewisse Stilrichtungen oder Tendenzen unterscheiden:
- Der klassische Crust Punk wird als „Stenchcore“ oder seltener auch als „Doomcore“ bezeichnet. Dieser vor allem von der BandAmebix geprägte Stil ist sehr düster und stark vomDoom Metal bestimmt, wobei langsame, schleppende Parts sich mit schnellen harten Parts abwechseln können. Neuere Bands der Doom-beeinflussten Schule werden oftmals in die Nähe des Sludge gestellt.
- Stark vomD-Beat der BandDischarge beeinflusster Crust von Gruppen wie Doom wird als „Dis-Crust“, „Dis-Core“ oder „Dis-Punk“ bezeichnet.[1] Solche Bands sind vor allem im skandinavischen Raum aufzufinden, wo der Stil szeneintern auchkäng genannt wird.[2]
- „Melodic Crust“ ist ein neuerer Stil, der von Gruppen wieFall of Efrafa[3] oderEkkaia gespielt wird und dunklen Crust Punk mit melodischeren Postcore-Elementen kombiniert. Der Begriff „melodic Crust“ wird als Synonym von „Neocrust“ verwendet.[4]
- Für schnellere Bands, deren Stil zwischen Crust- und dem daraus entstandenenGrindcore einzuordnen ist, wird der Begriff „Crustgrind“ verwendet. Prägend ist hier vor allem der Einfluss vonExtreme Noise Terror, die für beide Stile als wichtige Mitbegründer genannt werden.[1]
Darüber hinaus gibt es Bands, die mit Elementen anderer Musikrichtungen experimentieren. Einige Bands der späten 1990er Jahre wieIskra,Ludicra, Black Kronstadt oder die japanischenGallhammer griffen Elemente desBlack Metal auf. Einige Bands wie Gloom und Confuse aus Japan und die amerikanische Band Fade to Black integriertenNoise-/Fuzz-Elemente in ihre Musik. Die deutsche BandTotenmond kombiniert doomlastigen Crust Punk sowohl mit Black Metal und Noise-Elementen als auch mitTechnical Death Metal.[5] Ferner experimentierten einige Bands wie Mouth Sewn Shut und Basura mitReggae- undSka-Elementen. Einige Gruppen wie Asfixia aus Spanien arbeiten mit experimentellerenPost-Hardcore-Anleihen.
Inhalte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Da die Herkunft der Crustie-Subkultur vor allem in der britischenAnarcho- undHausbesetzerszene liegt, ist der Crust Punk inhaltlich überwiegend politisch geprägt. In den 1980er Jahren überwog bei vielen Bands eine negative, durch denKalten Krieg, denThatcherismus und denFalklandkrieg geprägte „No-Future“-Haltung. Die Texte waren oftmalsdystopisch, mitunternihilistisch, und thematisierten Szenarien wie das einesÜberwachungsstaats sowie häufig apokalyptischeWeltuntergangsvisionen und die Vernichtung der Menschheit durch einennuklearen Holocaust. Anstatt auf das Schicksal der gesamten Gesellschaft näher einzugehen, erzählten viele Texte kurze Episoden oder beschrieben Bilder vom Schicksal einzelner Menschen; häufiges Thema waren Kriegsschauplätze und Gewaltszenarien. Einige Crust-Bands wie Amebix beschäftigten sich außerdem mitMystizismus undGnostizismus,[6] die Iren the Dagda sogar mitNeopaganismus.[7] Anfang der 1990er Jahre wurden viele Bands inhaltlich weniger negativ, dafür aber kämpferischer. Gegenüber Weltuntergangsszenarien und Selbstzerstörung setzten sich mehr und mehr konstruktivesozialkritische Inhalte durch, Themen wieTierrechte,Tierbefreiung,Veganismus,Sexismus undSelbstbestimmung. Oftmals fand eine Vermischung mit Teilen derStraight-Edge-Szene statt. Was blieb, war die klareantifaschistische und häufig anarchistische Grundhaltung der Bewegung.
Auswahl weiterer Bands
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Assück
- Audio Kollaps
- Axegrinder
- Black Breath
- Concrete Sox
- Deviated Instinct
- Disorder
- Disrupt
- Heresy
- His Hero Is Gone
- Livstid
- Ludicra
- Sacrilege
- Skarp
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Martin Büsser:If the kids are united … Von Punk zu Hardcore und zurück. 6. Auflage. Ventil Verlag, Mainz 2003,ISBN 3-930559-48-X (1. Aufl. 1995).
- Albert Mudrian:Choosing Death: Die unglaubliche Geschichte von Death Metal & Grindcore. Verlag Jeske/Mader, Berlin 2006,ISBN 3-931624-35-8.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Linksradikales DIY Zine & Konzerte in Innsbruck
- DIY-Label
- ProfaneExistence – DAS ‚Anarcho‘-Punk-Fanzine, USA
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abcdefFelix Von Havoc:Rise of Crust. In:Profane Existence.Nr. 40, 1984 (englisch,havocrex.com (Memento vom 4. Februar 2012 imInternet Archive) [abgerufen am 16. September 2011]). Rise of Crust (Memento vom 15. Juni 2008 imInternet Archive)
- ↑Peter Jandreus:The Encyclopedia of Swedish Punk 1977–1987. Premium Publishing, Stockholm 2008, S. 11.
- ↑Fall of Efrafa - OWSLA Punknews.org
- ↑Ekkaia - Sombras Del Progreso CD Interpunk.com
- ↑Review vonThronräuber auf metal.de
- ↑Ian Glasper:„Amebix.“ The Day the Country Died: A History of Anarcho Punk 1980 to 1984. Cherry Red Books, 2006,ISBN 1-901447-70-7, S. 198–201.
- ↑review 7inchcrusthttp://7inchcrust.blogspot.com/2007_04_01_archive.html