Cernunnos

Cernunnos (auchKernunnus) ist vermutlich der latinisierte Name eineskeltischen Gottes. Sein Name wird als „der Gehörnte“ gedeutet, und er wird aus den bildlichen Darstellungen zumeist als Gott der Natur, der Tiere oder derFruchtbarkeit interpretiert.
Namensherkunft
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der NameCernunnos wird zumeist als „der Gehörnte“ oder „der mit den Ecken“ gedeutet und wurde in dieser Form in Gallien nur zweimal gefunden[1], wobei eine Form (auf demNautenpfeiler) nur fragmentarisches „[C]ERNVNNOS“ zeigt. Weitere Schreibweisen sindKarnonos[2],Cernenus[3],Cornutus,Karnuntinus undKornunus, von denen immerhin drei übereinstimmend als Beinamen des gallischen Jupiters auftauchen, außerdem wird einCerunincos auf einerluxemburgischen Inschrift genannt.[4]

Verbreitung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Es gibt keine antiken literarischen Erwähnungen eines Gottes Cernunnos, doch wurden inGallien, aber auch in TeilenSpaniens undNorditaliens bildliche Darstellungen des „Hirschgeweihgottes“ gefunden. Insgesamt lassen sich Spuren vonBritannien über Gallien, Spanien undItalien bis nachRumänien verfolgen. Der Name des Gottes wurde erst neuzeitlich mit dem Fund einer beschrifteten Darstellung amPariserPilier des Nautes bekannt.Caesar berichtet im so genannten Gallier-Exkurs seines WerksDe bello Gallico, die Gallier führten ihre Abstammung auf einen Nachtgott zurück, den er inInterpretatio Romana mit dem altitalischenDis Pater gleichsetzt.[5] Dies sei der Grund, weshalb die Kelten nicht in Tagen, sondern in Nächten rechneten (vergleiche das englische Wortfortnight für einen Zeitraum von vierzehn Tagen). In dieser Gottheit, deren gallischen Namen Caesar nicht nennt, wollen manche moderne Forscher Cernunnos erkennen.[6] Eine andere Vermutung besagt, dass er der Stammesgott derKarnuten sei, in deren Gebiet sich das Zentralheiligtum der Druiden Galliens befand.

Einflüsse
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ikonographie des Geweihgotts
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Als „Hirschgott“ oder „Geweihgott“ wird in der Archäologie eine männliche Gestalt mit Hirschgeweih benannt, die häufig in einer sitzenden, manchmal an denLotussitz oder einenmeditierenden Buddha erinnernden Haltung dargestellt wurde. Oft ist der Geweihgott bärtig dargestellt, manchmal als Jüngling, meist aber als reifer Mann. Weitere Attribute sind einFüllhorn oder einTorques (ein Art Ring) und eine oder mehrere Schlangen (oftmals die sogenannte „Widderhornschlange“). Die bekannteste Darstellung, die mit dem Geweihgott in Verbindung gebracht wird, ist das Relief auf dem 1891 inDänemark gefundenenKessel von Gundestrup, dessen Herkunft im östlichen Siedlungsgebiet derKelten gesucht wird (Das Bildnis wird jedoch mit ebenso guten Argumenten alsSchamane gedeutet).[8] Beitungusischen Schamanen gehört das Hirschgeweih zum Zeremonialschmuck.[9] Zu Artefakten der späten Mesolithikums in Mittelnordeuropa und den Britischen Inseln gehören auch Hirschgeweihmasken, wie die vonStar Carr,Bedburg-Königshoven oderBerlin-Biesdorf. Auch für diese Hirschgeweihmasken wird ein schamanischer Ritualhintergrund diskutiert. Das bisher älteste bekannte Bildnis, das möglicherweiseCernunnos darstellen könnte, ist eine Felszeichnung aus demVal Camonica in derProvinz Brescia, welche eine mythische Figur mit erhobenen Armen und Torques zeigt, während vor ihr eine gehörnte Schlange aus dem Boden emporsteigt. Insgesamt wirkt sie beinahe viermal größer als die um sie herumstehenden Menschenfiguren, die ebenfalls die Arme erhoben haben. Zwar nicht mit erkennbarem Geweih aber mit Torques und Schlange in der Hand erscheint auch die Figur auf demTanzendes Männlein genanntenkeltischen Münztyp.
Auf einem 1710 unter dem Chor derKathedrale Notre-Dame de Paris gefundenenBasrelief wird dem dargestellten Geweihgott der (unvollständig erhaltene) Name „[C]ERNVNNOS“ zugeordnet. Das zugehörige Monument, derPilier des Nautes (Kultpfeiler der Nautae Parisiaci), eine fünfstöckige Quadersäule der Gilde derFluss-Schiffer vom Stamm derParisier, stand ursprünglich in einem zentralen Tempel vonLutetia, dem heutigenParis, und befindet sich heute imMusée de Cluny. Neben den Namen der griechisch-römischen GottheitenJupiter,„Volcanus“ und derDioskuren sowie bildlichen Darstellungen desMars undMerkur (vielleicht auch derFortuna,Juno,Venus undRosmerta), sind hier die keltischen GötterTarvos Trigaranus,Esus, Cernunnos undSmertrios mit ihren Abbildungen zu sehen. Eine weitere Darstellung befindet sich als Steinrelief im Museum von Reims.[10] Im Allgemeinen scheinen dem Geweihgott oft Tiere zugeordnet worden zu sein, weshalb man ihn auch in den Kontext der Darstellung und Verehrung eines„Herrn der Tiere“ einordnet.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Liste keltischer Götter und Sagengestalten
- Keltische Religion
- Keltische Mythologie
- Keltensiedlung am Biberg
- Liste der Gottheiten in den Asterix-Comics
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Michael Altjohann:Cernunnos-Darstellungen in den gallischen und germanischen Provinzen. In:Peter Noelke (Hrsg.):Romanisation und Resistenz in Plastik, Architektur und Inschriften der Provinzen des Imperium Romanum. Neue Funde und Forschungen. Philipp von Zabern, Mainz 2003,ISBN 3-8053-3089-8, S. 67–80.
- Bernhard Maier:Lexikon der keltischen Religion und Kultur (=Kröners Taschenausgabe. Band 466). Kröner, Stuttgart 1994,ISBN 3-520-46601-5.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑CIL13, 03026 undMichel Lejeune:Recueil des Inscriptions Gauloises (RIG). Vol. I: Textes gallo-grecs. Éd. du Centre National de la Recherche Scientifique, Paris 1985,ISBN 2-222-03460-4. Dort die Inschrift G-224.
- ↑RIG 1 G-224: αλλετ[ει]υος καρνονου αλ[ι]σο[ντ]εας
- ↑CIL03, p 0924,01,Iovi Cerneni ausRoșia Montană inRumänien
- ↑AE1987, 772
- ↑Caesar:De bello Gallico. Buch VI, Kapitel 18.
- ↑Alexander Demandt:Die Kelten. 6. Auflage, C. H. Beck, München 2006, S. 10.
- ↑Umberto Sansoni-Silvana Gavaldo:L’arte rupestre del Pià d’Ort: la vicenda di un santuario preistorico alpino. S. 156 sowieAusilio Priuli:Piancogno. In:Itinera. April 1999 (italienisch) (Memento vom 6. Mai 2006 imInternet Archive).
- ↑Thomas Rolleston:Druidism. in Van James (Hrsg.):Spirit and Art. SteinerBooks, Great Barrington (USA) 2001,ISBN 978-1-62151-089-5. Kap. IV.2.
- ↑Ernst von Khuon (Hrsg.):Waren die Götter Astronauten? Wissenschaftler diskutieren die Thesen Erich von Dänikens. Taschenbuchausgabe: Droemer, München/Zürich 1972,ISBN 3-426-00284-1, S. 96–97 (Fotografie einer kurz nach 1700 gefertigten Zeichnung).
- ↑Ernst von Khuon (Hrsg.):Waren die Götter Astronauten? Wissenschaftler diskutieren die Thesen Erich von Dänikens. Taschenbuchausgabe: Droemer, München/Zürich 1972,ISBN 3-426-00284-1, S. 96–97 (Fotografien).