Dieser Artikel erläutert den Entwickler des Linnéschen Systems. Zu seinem gleichnamigen Sohn sieheCarl von Linné (Sohn). Zum deutschen Politiker ähnlichen Namens sieheCarl Linné (Politiker).
Linnés Bildnis wenige Jahre vor seinem Tod wurde vonAlexander Roslin 1775 gemalt.Linnés UnterschriftLinnés Wappen symbolisiert die drei NaturreicheMineralien,Pflanzen undTiere und wurde von ihm selbst entworfen. Im blauen Oval in der Mitte ist ein Ei dargestellt. Der Helm darüber ist mit der nach ihm benannten PflanzeLinnaea borealis (Moosglöckchen) geschmückt.
Linné setzte sich als Student in seinem ManuskriptPraeludia Sponsaliorum Plantarum mit der noch neuen Idee von derSexualität der Pflanzen auseinander und legte mit diesen Überlegungen den Grundstein für sein späteres Wirken. Während seines Aufenthaltes in Holland entwickelte er in Schriften wieSystema Naturae,Fundamenta Botanica,Critica Botanica undGenera Plantarum die theoretischen Grundlagen seines Schaffens. Während seiner Tätigkeit fürGeorge Clifford inHartekamp konnte Linné zum ersten Mal viele seltene Pflanzen direkt studieren und schuf mitHortus Cliffortianus das erste nach seinen Prinzipien geordnete Pflanzenverzeichnis. Nach der Rückkehr aus dem Ausland arbeitete Linné für kurze Zeit als Arzt inStockholm. Er gehörte hier zu den Gründern derSchwedischen Akademie der Wissenschaften und war deren erster Präsident. Mehrere Expeditionen führten ihn durch dieProvinzen seiner schwedischen Heimat und trugen zu seiner Anerkennung bei.
Ende 1741 wurde Linné Professor an derUniversität Uppsala und neun Jahre später deren Rektor. InUppsala führte er seine enzyklopädischen Anstrengungen weiter, alle bekanntenMineralien,Pflanzen undTiere zu beschreiben und zu ordnen. Seine beiden WerkeSpecies Plantarum (1753) undSystema Naturæ (in der zehnten Auflage von 1758) begründeten die bis heute verwendete wissenschaftlicheNomenklatur in der Botanik und der Zoologie.
Die Umgebung von Linnés Geburtshaus inRåshult wurde wieder so hergestellt, wie er sie in seiner Kindheit erlebte.
Carl Linnæus wurde am 23. Mai 1707[1] in der ersten Stunde nach Mitternacht im kleinen Ort Råshult imKirchspielStenbrohult in der südschwedischen ProvinzSmåland geboren. Er war das älteste von fünf Kindern des GeistlichenNils Ingemarsson Linnæus und dessen Frau Christina Brodersonia.
Sein Vater interessierte sich sehr für Pflanzen und kultivierte in seinem Garten einige ungewöhnliche Pflanzen aus Deutschland. Diese Faszination übertrug sich auf seinen Sohn, der jede Gelegenheit nutzte, um Streifzüge in die Umgebung zu unternehmen und sich die Namen der Pflanzen von seinem Vater nennen zu lassen. Seine schulische Ausbildung begann im Alter von sieben Jahren durch einen Privatlehrer, der ihn zwei Jahre lang unterrichtete. 1716 schickten ihn seine Eltern auf die neu errichtete Domschule inVäxjö mit dem Ziel, dass er später wie sein Vater und Großvater Pfarrer werden sollte. Der junge Linné litt unter den strengen Erziehungsmethoden der Schule. Das änderte sich erst, als er 1719 die Bekanntschaft des Studenten Gabriel Höök machte, der ihn privat unterrichtete. 1724 wechselte er an das Gymnasium.
1726 reiste sein Vater nachVäxjö, um den ArztJohan Stensson Rothman in einer medizinischen Angelegenheit zu konsultieren und sich über die Leistungen seines Sohnes zu informieren. Er musste erfahren, dass sein Sohn in den für das Pfarramt notwendigen FächernGriechisch,Hebräisch,Theologie,Metaphysik undRhetorik nur mäßige Leistungen erbrachte und ihnen wenig Interesse entgegenbrachte. Hingegen glänzte sein Sohn inMathematik und denNaturwissenschaften, aber auch inLatein. Rothman, der das Talent Linnés für eine medizinische Laufbahn erkannte, bot dem schockierten Vater an, seinen Sohn unentgeltlich in sein Haus aufzunehmen und ihn inBotanik undPhysiologie zu unterrichten. Rothman machte Linné mit dem Klassifizierungssystem der Pflanzen vonJoseph Pitton de Tournefort bekannt und wies ihn aufSébastien Vaillants Schrift zur Sexualität der Pflanzen[2] hin.
Im August 1727 ging Linné nachLund, um an der dortigen Universität zu studieren. Am Ende seiner Schulzeit hatte er vom Rektor des Gymnasiums Nils Krok ein nicht sehr schmeichelhaftes Schreiben[3] für seine Bewerbung in Lund erhalten. Sein alter Freund Gabriel Höök, mittlerweile Magister der Philosophie in Lund, riet ihm, das Schreiben nicht zu verwenden. Er stellte dem Rektor derUniversität Lund Linné stattdessen als seinen Privatschüler vor und erreichte so die Immatrikulation an der Universität Lund. Höök überzeugte ProfessorKilian Stobæus, Linné in sein Haus aufzunehmen. Stobæus besaß neben einer reichhaltigen Naturaliensammlung eine sehr umfangreiche Bibliothek, die Linné jedoch nicht benutzen durfte. Durch den deutschen Studenten David Samuel Koulas, der zeitweise als Sekretär von Stobæus beschäftigt war, erhielt er dennoch Zugriff auf die Bücher, die er bis spät in die Nacht studierte. Im Gegenzug vermittelte er Koulas seine bei Rothman erlernten Kenntnisse inPhysiologie. Verwundert über die nächtlichen Aktivitäten seines Zöglings trat Stobæus eines Nachts unvermittelt in das Zimmer Linnés und fand ihn zu seiner Überraschung in das Studium der Werke vonAndrea Cesalpino,Caspar Bauhin undJoseph Pitton de Tournefort vertieft. Fortan hatte Linné freien Zugriff auf die Bibliothek.
Während seines Aufenthaltes in Lund unternahm Linné regelmäßig Exkursionen in die Umgebung. So auch an einem warmen Tag Ende Mai 1728, als er mit seinem KommilitonenMattias Benzelstierna die Natur in Fågelsång erkundete und von einem kleinen, unscheinbaren Tier, der „Höllenfurie“, gebissen wurde. Die Wunde entzündete sich und konnte nur mit Mühe behandelt werden. Linné entging nur knapp dem Tod. Zur Erholung fuhr Linné im Sommer in seine Heimat. Hier traf er seinen Lehrer Rothman wieder, dem er von seinen Erfahrungen an der Universität Lund berichtete. Durch diesen Bericht gelangte Rothman, der an derUniversität Uppsala studiert hatte, zu der Überzeugung, dass Linné sein Medizinstudium besser in Uppsala fortsetzen sollte. Linné folgte diesem Rat und brach am 3. September 1728 nach Uppsala auf.
Die Zustände, die Linné an der dortigen Universität vorfand, waren desolat.Olof Rudbeck der Jüngere hielt einige wenige Vorlesungen überVögel undLars Roberg philosophierte überAristoteles. Es gab keine Vorlesungen über Medizin undChemie, es wurden keineObduktionen durchgeführt und im altenBotanischen Garten wuchsen kaum zweihundert Arten.[4] Im März 1729 machte Linné die Bekanntschaft vonPeter Artedi, mit dem ihn bis zu dessen frühem Tod eine feste Freundschaft verband. Artedis Hauptinteresse galt der Chemie, aber er war auch Botaniker und Zoologe. Die beiden Freunde versuchten sich gegenseitig mit ihren Forschungen zu übertrumpfen. Sie merkten bald, dass es besser wäre, wenn sie die verschiedenen Gebiete der drei Naturreiche entsprechend ihren Interessen unter sich aufteilen würden. Artedi übernahm die Amphibien, Reptilien und Fische, Linné die Vögel und Insekten sowie, mit Ausnahme derDoldenblütler, die gesamte Botanik. Gemeinsam bearbeiteten sie die Säugetiere und dieMineralien.
Etwa zu dieser Zeit nahm ihnOlof Celsius der Ältere in sein Haus auf. Linné half Celsius bei der Fertigstellung von dessen WerkHierobotanicon. Die finanzielle Situation Linnés besserte sich. Im Juni 1729 erhielt er ein Königliches Stipendium (II. Klasse), das im Dezember 1729 (I. Klasse) noch einmal erhöht wurde. Zum Ende des Jahres 1729 entstand seine erste bedeutende SchriftPraeludia Sponsaliorum Plantarum, in der er sich zum ersten Mal mit derSexualität der Pflanzen auseinandersetzte und die Wegbereiter für sein weiteres Lebenswerk war. Die Schrift wurde schnell bekannt und Olof Rudbeck suchte die persönliche Bekanntschaft Linnés. Zunächst verschaffte er Linné, gegen den Widerstand Robergs, die Stelle des Demonstrators des Botanischen Gartens und stellte ihn als Lehrer seiner drei jüngsten Söhne ein. Mitte Juni zog Linné in Rudbecks Haus.
1730/31 arbeitete Linné an einem Katalog der Pflanzen des Botanischen Gartens von Uppsala (Hortus Uplandicus, späterer TitelAdonis Uplandicus), von dem mehrere Fassungen entstanden. Die Pflanzen waren anfangs noch nach dem TournefortschenSystem für dieKlassifizierung der Pflanzen angeordnet, an dessen Gültigkeit Linné jedoch immer mehr Zweifel kamen. In der endgültigen Fassung vom Juli 1731, die er in Stockholm beendete, ordnete er die Pflanzen nach seinem eigenen aus 24 Klassen bestehenden System. Während dieser Zeit entstanden die ersten Entwürfe zu seinen frühen Werken, die in Amsterdam veröffentlicht wurden. Ende 1731 sah sich Linné veranlasst, Rudbecks Haus zu verlassen, da die Frau des UniversitätsbibliothekarsAndreas Norrelius (1679–1750), die in dieser Zeit ebenfalls dort wohnte, Gerüchte über ihn verbreitete, die das gute Verhältnis zu Rudbecks Familie untergruben. Er verbrachte den Jahreswechsel bei seinen Eltern.
In der eigens für die Lapplandreise erworbenen Kleidung präsentierte Linné sich gern. Ausschnitt eines Porträts vonHendrik Hollander (Kopie von 1853).Linnés Tagebuch zur lappländischen Reise enthält zahlreiche Zeichnungen. Hier hat er einen Lappländer skizziert, der sein Boot trägt.
In einem Brief vom 26. Dezember 1731 empfahl sich Linné derKöniglichen Gesellschaft der Wissenschaften in Uppsala für eine Expedition in das weitgehend unerforschteLappland und bat um die notwendige finanzielle Unterstützung. Als er keine Antwort erhielt, unternahm er Ende April 1732 einen weiteren Versuch und senkte den für die Reise notwendigen Geldbetrag um ein Drittel. Dieses Mal wurde ihm der Betrag gewährt und er begann am 23. Mai seine erste große Expedition.
Die beschwerliche Reise dauerte knapp fünf Monate. Während der Reise hielt er alle seine Erlebnisse und Entdeckungen in einem Tagebuch fest.[5] Am 21. Oktober 1732 traf er wieder in Uppsala ein. Zu den Strapazen der Reise und den Schulden, die Linné zusätzlich auf sich genommen hatte, kam noch die Enttäuschung, dass die Akademie nur wenige Seiten seiner Ergebnisse publizierte.[6] Sein Buch über die lappländische Pflanzenwelt,Flora Lapponica, wurde erst 1737 in Amsterdam veröffentlicht.
Von dieser Reise brachte er erstmals Spielregeln und Spielbrett des zurWikingerzeit weit verbreiteten SpielsTablut mit.
Im Frühjahrssemester 1733 hielt Linné private Kurse inDokimastik und schrieb eine kurze Abhandlung über das für ihn neue Thema. Er katalogisierte seine Vogel- und Insektensammlung und arbeitete an zahlreichen Manuskripten.[7] Von Clas Sohlberg (1711–1773), einem seiner Studenten, erhielt er eine Einladung, den Jahreswechsel 1733/1734 bei dessen Familie inFalun zu verbringen. Clas’ Vater, Eric Nilsson Sohlberg, war Inspektor der dortigen Minen, und so ergab sich für Linné die Möglichkeit, die Arbeit in den Minen ausgiebig zu studieren. Er kehrte erst im März 1734 nach Uppsala zurück und gab weiter Privatunterricht in Mineralogie, Botanik undDiätetik.
Während des Aufenthaltes in Falun machte Linné die Bekanntschaft vonJohan Browall, der die Kinder des Gouverneurs derProvinzDalarna, Nils Reutersholm, unterrichtete. Reutersholm war beeindruckt von den Berichten über Linnés Lapplandreise und plante, eine solche Erkundungsreise in der von ihm verwalteten Provinz durchzuführen. Es fanden sich genügend Geldgeber für das Unternehmen, und die aus acht Mitgliedern bestehendeSocietas Itineraria Reuterholmiana (Reuterholm-Reise-Gesellschaft), der Linné als Präsident vorstand, wurde gegründet. Die Reise durch die Provinz Dalarna begann am 3. Juli 1734 und dauerte bis zum 18. August 1734. Linnés ReiseberichtIter Dalecarlicum wurde erst posthum veröffentlicht.
Linné blieb in Falun und übernahm den Unterricht von Reutersholms Söhnen. Browall überzeugte ihn, ins Ausland zu gehen, um dort seinen Doktorgrad zu erhalten, der ihm bisher aufgrund seiner angespannten finanziellen Situation verwehrt geblieben war. Es fand sich schließlich eine Lösung für die Reisekosten. Linné sollte Clas Sohlberg nach Holland begleiten und unterrichten und dort promovieren. Er kehrte nach Uppsala zurück, um seine Reisevorbereitungen zu treffen, und traf nach einem kürzeren Aufenthalt in Stockholm Ende des Jahres wieder in Falun ein. Zum Jahreswechsel 1734/35 lernte er Sara Elisabeth Moraea kennen, eine Tochter desStadtarztes von Falun, und machte ihr einen Heiratsantrag. Dieser wurde von ihrem Vater, der auf die wirtschaftliche Unabhängigkeit seiner Tochter bedacht war, unter der Bedingung akzeptiert, dass Linné seinen Doktorgrad erwerben und die Hochzeit innerhalb der nächsten drei Jahre stattfinden würde.
Das Titelblatt der 1. Auflage vonSystema Naturae, in dem Linné 1735 sein System zur Klassifizierung der drei Naturreiche erstmals vorstellte.Die vonGeorg Dionysius Ehret angefertigte Zeichnung, auf der er LinnésKlassifizierungssystem der Pflanzen darstellte.
Linnés Reise südwärts führte ihn überVäxjö und Stenbrohult. Am 15. April 1735 brach er von Stenbrohult nach Deutschland auf. Anfang Mai erreichte erTravemünde und begab sich sogleich nachLübeck, von wo er am nächsten Morgen mit derPostkutsche nachHamburg reiste. Hier lernte erJohann Peter Kohl kennen, den Herausgeber der ZeitschriftHamburgische Berichte von Neuen Gelehrten Sachen. Er besuchte den umfangreichen Garten des JuristenJohann Heinrich von Spreckelsen, in dem er unter anderem 45Aloe- und 56Mittagsblumen-Arten zählte. Auch der Bibliothek vonJohann Albert Fabricius stattete er einen Besuch ab. Als Linné unvorsichtigerweise eine siebenköpfige Hydra, die zu einem hohen Preis zum Verkauf stand und dem Bruder des HamburgerBürgermeistersJohann Anderson gehörte,als Fälschung entlarvte, riet ihm der ArztGottfried Jacob Jänisch, Hamburg zügig zu verlassen, um möglichem Ärger aus dem Weg zu gehen. So brach Linné schon am 27. Mai vonAltona nachHolland auf.
Am 13. Juni kam Linné inAmsterdam an. Hier hielt er sich nur wenige Tage auf und segelte am Abend des 16. Juni nachHarderwijk, um endlich den lang erwarteten Abschluss als Doktor der Medizin zu erhalten. Noch am selben Tag schrieb er sich in dasAlbum Studiosorum derUniversität Harderwijk ein. Zwei Tage später bestand er beiJohannes de Gorter seine Prüfung alsCandidatus Medicinae und übergab diesem seine DissertationHypothesis Nova de Febrium Intermittentium Causa[8], die er schon in Schweden fertiggestellt hatte. Die verbleibenden Tage bis zu seiner Prüfung verbrachte er botanisierend mit David de Gorter, dem Sohn seines Prüfers. Am Mittwoch, den 23. Juni 1735, bestand er sein Examen und kehrte, nachdem ihm sein Diplom ausgehändigt wurde, schon am nächsten Tag nach Amsterdam zurück. Hier verweilte er nur kurz, denn er wollte unbedingtHerman Boerhaave kennenlernen, der inLeiden wirkte. Das Treffen auf Boerhaaves LandsitzOud Poelgeest kam erst aufgrund der Unterstützung vonJan Frederik Gronovius zustande, der ihm einEmpfehlungsschreiben ausstellte. Zuvor hatte Linné Gronovius undIsaac Lawson einige seinerManuskripte gezeigt, darunter einen ersten Entwurf vonSystema Naturae. Beide waren von der Originalität des Linnéschen Ansatzes, die drei NaturreicheMineralien,Pflanzen undTiere zuklassifizieren, so beeindruckt, dass sie beschlossen, das Werk auf eigene Kosten herauszugeben. Gronovius und Lawson wirkten alsKorrektoren für dieses und weitere in Holland entstandene Werke Linnés und überwachten die Fortschritte derDrucklegung.
Auf Boerhaaves Empfehlung fand Linné Arbeit und Unterkunft beiJohannes Burman, dem er bei der Zusammenstellung seinesThesaurus Zeylanicus half. In Burmans Haus stellte Linné sein WerkBibliotheca Botanica fertig und lernte dort auf Empfehlung von Gronovius den BankierGeorge Clifford kennen. Gronovius hatte Clifford vorgeschlagen, Linné alsKurator seiner Sammlung inHartekamp einzustellen und von ihm seinen Garten, denHortus Hartecampensis, beschreiben zu lassen.[9] Am 24. September 1735 begann Linné seine Arbeit in Hartekamp. Nur fünf Tage später erhielt er die Botschaft, dass sein FreundPeter Artedi, den er erst wenige Wochen vorher zufällig in Amsterdam wiedergetroffen hatte, in einemAmsterdamer Kanal ertrunken war. Linné erfüllte das wechselseitige Versprechen der Freunde, das Werk des anderen fortzuführen und zu veröffentlichen, und bearbeitete und verlegte während seiner Zeit in Holland die Werke von Artedi.
Bald nach Linnés Ankunft in Hartekamp traf dort der deutsche PflanzenzeichnerGeorg Dionysius Ehret ein, der von Clifford eine Zeitlang als Zeichner eingestellt wurde. Linné erklärte ihm seinneues Klassifizierungssystem für Pflanzen, woraufhin Ehret, zunächst für seinen privaten Gebrauch, eine Zeichnung mit den Unterscheidungsmerkmalen der 24 Klassen anfertigte. Die Tafel mit dem TitelCaroli Linnaei classes sive literae wurde gelegentlich mit derErstausgabe von LinnésSystema Naturae zusammengebunden und war Bestandteil einiger weiterer seiner Werke. In Hartekamp arbeitete Linné an mehreren Projekten gleichzeitig. So entstanden hier seine WerkeFundamenta Botanica,Flora Lapponica,Genera Plantarum undCritica Botanica und gingen Seite für Seite nach der Korrektur zumDrucker. Nebenher gelang es ihm, mit Hilfe des deutschen GärtnersDietrich Nietzel die in einem derWarmhäuser Cliffords wachsendeBananenpflanze zu Blüte und Fruchtansatz zu bringen. Dieses Ereignis war der Anlass für ihn, die AbhandlungMusa Cliffortiana zu schreiben. Das Werk ist die ersteMonografie über einePflanzengattung.
Im Sommer 1736 wurde Linnés Arbeit in Holland durch eine Reise nachEngland unterbrochen. InLondon studierte erHans Sloanes Sammlung und erhielt vonPhilip Miller aus demChelsea Physic Garden seltene Pflanzen für Cliffords Garten. Während des einmonatigen Aufenthaltes traf er mitPeter Collinson undJohn Martyn zusammen. Bei einem Kurzaufenthalt inOxford lernte erJohann Jacob Dillen kennen. Zurück in Hartekamp arbeitete Linné unter dem zunehmenden Druck von Clifford[10] amHortus Cliffortianus weiter, dessen Fertigstellung sich aber insbesondere aufgrund von Problemen mit denKupferstichen bis 1738 verzögerte.
Im Sommer 1737 wurde ihm von Boerhaave der Posten eines Arztes der WIC, derNiederländischen Westindien-Kompanie inNiederländisch-Guayana angeboten. Er lehnte jedoch ab und empfahl Boerhaave stattdessen den ArztJohann Bartsch, der ihm bei der Bearbeitung seinerFlora Lapponica geholfen hatte. Zu dieser Zeit hatte Linné bereits Pläne, Holland wieder zu verlassen, und schlug alle Angebote Cliffords aus, auf dessen Kosten zu bleiben. Erst alsAdriaan van Royen ihn bat, denBotanischen Garten in Leiden nach seinem System neu zu ordnen und wenigstens noch über den Winter zu bleiben, gab Linné nach. Seine Reisepläne indes standen fest. ÜberFrankreich undDeutschland, wo er unter anderemAlbrecht von Haller inGöttingen zu treffen hoffte, wollte er endgültig nach Schweden zurückkehren. Ein schweres Fieber, an dem er Anfang 1738 mehrere Wochen litt, verzögerte die Abreise jedoch immer weiter.
Während einer Sitzung derPariser Akademie der Wissenschaften wurde Linné aufgrund eines Vorschlags von Bernard de Jussieu korrespondierendes Mitglied der Akademie.[11] Der Superintendant des Jardin du RoiCharles du Fay versuchte vergeblich, Linné von einem Verbleib in Frankreich zu überzeugen. Linné wollte jedoch endlich in seine Heimat zurückkehren. Er gab den Plan auf, nach Deutschland zu reisen, und schiffte sich nach einem Monat Aufenthalt in Frankreich inRouen nach Schweden ein.
Linné kurz nach seiner Heirat (1739). Bildnis von Johan Henrik Scheffel (1690–1781).
Über dasKattegat kam Linné inHelsingborg an. Nach einem kurzen Aufenthalt bei seiner Familie in Stenbrohult reiste er nach Falun weiter, wo kurz darauf die Verlobung mit Sara Elisabeth Moraea stattfand. Um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ließ er sich im September 1738 inStockholm als Arzt nieder. Nach anfänglichen Schwierigkeiten erlangte er durch die Bekanntschaft mitCarl Gustaf Tessin recht schnell Zugang zur Stockholmer Gesellschaft. Gemeinsam mitMårten Triewald,Anders Johan von Höpken,Sten Carl Bielke,Carl Wilhelm Cederhielm undJonas Alströmer gründete er im Mai 1739 dieKöniglich Schwedische Akademie der Wissenschaften und wurde ihr erster Präsident. Die Präsidentschaft gab er satzungsgemäß Ende September 1739 bereits wieder ab.
Ebenfalls im Mai 1739 wurde er Nachfolger von Triewald am Königlichen Bergwerkskollegium Stockholm, an dem er Vorlesungen über Botanik und Mineralogie hielt, sowie aufgrund einer Empfehlung des AdmiralsTheodor Ankarcrona Arzt der schwedischen Admiralität.
Derart finanziell abgesichert konnte er am 26. Juni 1739[12] seine Verlobte Sara Elisabeth Moraea heiraten. Aus der Ehe gingen mit Carl,Elisabeth Christina, Sara Magdalena, Lovisa, Sara Christina, Johannes und Sofia sieben Kinder hervor. Sara Magdalena und Johannes starben bereits im Kindesalter. Linnés gleichnamigerSohn Carl wurde wie sein Vater Botaniker, konnte das Werk des Vaters jedoch nur kurze Zeit fortführen und starb im Alter von 42 Jahren.
Einen Monat nach seiner Hochzeit kehrte Linné nach Stockholm zurück. Im Januar 1741 erhielt er vom Ständereichstag das Angebot, die InselnÖland undGotland zu erkunden. Linné und seine sechs Begleiter, darunter Johan Moraeus, ein Bruder seiner Frau, brachen am 26. Mai 1741 von Stockholm aus auf. Sie waren zweieinhalb Monate unterwegs und erregten durch ihre Tätigkeit im Vorfeld desRussisch-Schwedischen Kriegs manchmal den Verdacht russischer Spionageaktivitäten. Mit der Veröffentlichung des ReiseberichtesÖländska och Gothländska Resa 1745 hatte Linné zum ersten Mal ein Werk in seinerschwedischen Muttersprache verfasst. Bemerkenswert ist der Index des Werkes, in dem die Pflanzen verkürzt inzweiteiliger Weise benannt waren. Außerdem wurde mit einem numerischen Index auf die Arten in dem im gleichen Jahr erschienenen WerkFlora Suecica verwiesen.
Im Frühjahr 1740 starbOlof Rudbeck, und dessen Lehrstuhl für Botanik an der Universität Uppsala musste neu besetzt werden.Lars Roberg, Inhaber des Lehrstuhls für Medizin, wollte sich bald zur Ruhe setzen, so dass dieser Lehrstuhl ebenfalls neu zu vergeben war. Neben Linné gab es mitNils Rosén undJohan Gottschalk Wallerius zwei weitere Anwärter. In Absprache mit dem schwedischen KanzlerCarl Gyllenborg sollte Rosén die Stelle Rudbecks erhalten und Linné die freiwerdende Position von Roberg. Später sollten sie dann die Lehrstühle tauschen. Linnés offizielle Ernennung zum Professor für Medizin erfolgte am 16. Mai 1741. In seiner „Rede von der Bedeutung, in seinem eigenen Land zu reisen“[13] anlässlich der Übernahme das Lehrstuhls, die er am 8. November 1741 hielt, betonte er den ökonomischen Nutzen, der sich aus einer Kartierung der schwedischen Natur ergäbe. Jedoch sei es nicht nur wichtig, die Natur zu studieren, sondern auch lokale Krankheiten, deren Heilmethoden und die verschiedenartigen landwirtschaftlichen Methoden. Seine erste öffentliche Vorlesung fand knapp eine Woche später statt.
Ende des Jahres tauschten Linné und Rosén die Lehrstühle. Linné unterrichtete Botanik,Diätetik,Materia Medica und hatte die Aufsicht über denAlten Botanischen Garten. Rosén lehrte Praktische Medizin,Anatomie undPhysiologie. Für die GebietePathologie und Chemie waren sie gemeinsam verantwortlich. Linné begann mit der Umgestaltung des Botanischen Gartens und beauftragte damitCarl Hårleman. Das zum Garten gehörende Haus vonOlof Rudbeck dem Älteren wurde renoviert und Linné zog mit seiner Familie dort ein. Im Garten wurden neueGewächshäuser errichtet und Pflanzen aus der ganzen Welt angesiedelt. In seinem WerkHortus Upsaliensis beschrieb Linné 1748 etwa 3000 verschiedene Pflanzenarten, die in diesem Garten kultiviert wurden. In seinerMateria medica, einem 1749 erschienenen Handbuch für Ärzte und Apotheker, beschrieb er Heilpflanzen und ihre praktische Verwendung.[14] 1750 wurde erRektor der Universität Uppsala. Diese Position übte er bis wenige Jahre vor seinem Tod aus.
Vor seinem Amtsantritt als Rektor hatte Linné noch zwei weitere Reisen durch Schweden unternommen. Vom 23. Juni bis 22. August 1746 bereiste er gemeinsam mitErik Gustaf Lidbeck, der später Professor in Lund wurde, die ProvinzVästergötland. Linnés Aufzeichnungen erschienen ein Jahr später unter dem TitelVästgöta Resa. Eine letzte Reise führte Linné vom 10. Mai bis 24. August 1749 durch die südlichste schwedische ProvinzSchonen. Sein StudentOlof Andersson Söderberg, der im Vorjahr bei ihm promoviert hatte und später Professor in Halle war, ging ihm während der Reise als sein Sekretär zur Hand. DieSkånska Resa wurde 1751 veröffentlicht. Mitte Dezember 1772 hielt er seine Abschiedsrede über „Die Freuden der Natur“.[15]
InSpecies Plantarum (1753) verwandte Linné erstmals durchgängigzweiteilige Namen für Pflanzenarten, wie sie in der modernenbotanischen Nomenklatur noch heute üblich sind.
Linnés Reisen durch Schweden ermöglichten es ihm, in den WerkenFlora Suecica (1745) undFauna Suecica (1746) die Pflanzen- und Tierwelt Schwedens ausführlich zu beschreiben. Sie waren wichtige Schritte zur Vollendung seiner beiden bedeutsamsten WerkeSpecies Plantarum (erste Auflage 1753) undSystema Naturae (zehnte Auflage 1759). Linné ermutigte seine Schüler, die Natur unerforschter Regionen selbst zu erkunden, und verschaffte ihnen auch die Möglichkeiten dazu. Die auf Entdeckungsreise gegangenen Schüler nannte er „seine Apostel“.
1744 schickte ihm der dänische Apotheker August Günther fünf Bände des vonPaul Hermann von 1672 bis 1677 inCeylon angefertigten Herbariums und bat Linné, ihm bei der Identifizierung der Pflanzen zu helfen. Linné konnte etwa 400 der zirka 660 herbarisierten Pflanzen verwenden und in sein Klassifizierungssystem einordnen. Seine Ergebnisse veröffentlichte er 1747 alsFlora Zeylanica.
Ein schwererGichtanfall zwang Linné 1750, seinem SchülerPehr Löfling den Inhalt vonPhilosophia Botanica (1751) zu diktieren. Das auf seinen inFundamenta Botanica formulierten 365 Aphorismen aufbauende Werk war als Lehrbuch der Botanik konzipiert. Er stellte darin sein System zur Unterscheidung und Benennung von Pflanzen dar und erläuterte es durch knappe Kommentare. Von Mitte 1751 bis 1752 arbeitete Linné intensiv an der Fertigstellung vonSpecies Plantarum. In der Mitte 1753 erschienenen zwei Bänden beschrieb er auf 1200 Seiten mit ungefähr 7300 Arten alle ihm bekannten Pflanzen der Erde. Besondere Bedeutung hat dasEpitheton, das er alsMarginalie zu jeder Art am Seitenrand vermerkte und das eine Neuerung gegenüber seinen früheren Werken war. Der Gattungsname und das Epitheton bilden zusammen denzweiteiligen Namen der Art, so wie er in der modernenbotanischen Nomenklatur noch heute verwendet wird.
In der 10. Auflage vonSystema Naturæ (1758) wandte Linné die binäre Nomenklatur konsequent auf dasTierreich an.
Im Veröffentlichungsjahr vonSpecies Plantarum erschien mitMuseum Tessinianum eine Aufstellung der Objekte der Mineralien- und Fossiliensammlung vonCarl Gustaf Tessin, die Linné angefertigt hatte. Das Sammeln vonnaturhistorischen Kuriositäten war zu dieser Zeit auch in Schweden sehr verbreitet.Adolf Friedrich hatte inSchloss Drottningholm eine Sammlung seltener Tierarten zusammengetragen und beauftragte Linné mit deren Inventarisierung. Linné verbrachte dafür in den Jahren 1751 bis 1754 insgesamt neun Wochen auf dem Schloss des Königs. Der erste Band vonMuseum Adolphi Friderici (1754) enthielt 33 Zeichnungen (zwei vonAffen, neun vonFischen und 22 vonSchlangen). Es ist das erste Werk, in dem die binäre Nomenklatur durchgängig in der Zoologie angewendet wurde.
In der 10. Auflage vonSystema Naturae übernahm Linné die binäre Nomenklatur endgültig für die Tierarten, die im ersten Band beschrieben sind. Im zweiten Band vonSystema Naturae behandelte er die Pflanzen. Ein ursprünglich geplanter dritter Band, der die Mineralien zum Inhalt haben sollte, erschien nicht. 1758, das Erscheinungsjahr vonSystema Naturae, markiert damit den Beginn der modernenzoologischen Nomenklatur.
Die schwedische KöniginLuise Ulrike hatte in ihremSchloss Ulriksdal ebenfalls eine naturhistorische Sammlung angelegt, die aus 436Insekten, 399Muscheln und 25 weiterenMollusken bestand und in der AbhandlungMuseum Ludovicae Ulricae (1764) durch Linné beschrieben wurde. Den Anhang bildete der zweite Band der Beschreibung des Museums ihres Mannes mit 156 Tierarten.
In seinen letzten Lebensjahren war Linné damit beschäftigt, die zwölfte Auflage vonSystema Naturae (1766–1768) zu bearbeiten. Es entstanden die als Anhang dazu gedachten WerkeMantissa Plantarum (1767) undMantissa Plantarum Altera (1771). In ihnen beschrieb er neue Pflanzen, die er von seinen Korrespondenten aus der ganzen Welt erhalten hatte.
Im Mai 1774 erlitt er während einer Vorlesung im Botanischen Garten der Universität Uppsala einenSchlaganfall. Ein zweiter Schlaganfall 1776 lähmte seine rechte Seite und schränkte seine geistigen Fähigkeiten ein. Carl von Linné starb am 10. Januar 1778 an einem Geschwür an derHarnblase und wurde imDom zu Uppsala begraben.
Anonymes Porträt mit der Inschrift „Deus creavit, Linnaeus disposuit“ („Gott erschuf, Linné ordnete“) aus Dietrich Heinrich StöversLeben des Ritters Carl von Linné von 1792
Der im 20. Jahrhundert wirkende britische BotanikerWilliam Thomas Stearn fasste Linnés Bedeutung folgendermaßen zusammen:
„Obwohl Linné als bahnbrechender Ökologe, Geobotaniker, Dendrochronologe, Evolutionist, botanischer Pornograf und Sexualist und vieles mehr bezeichnet wurde, bestehen seine einflussreichsten und wertvollsten Beiträge zur Biologie unzweifelhaft in der erfolgreichen Einführung der binären Nomenklatur für Pflanzen- und Tierarten, auch wenn diese Leistung nur ein zufälliges Nebenprodukt seiner enormen enzyklopädischen Tätigkeit war, um in knapper, präziser und praktischer Form die Mittel für das Erkennen und Erfassen ihrer Gattungen und Arten bereitzustellen.“
–William Thomas Stearn:In:The Compleat Naturalist: A Life of Linnaeus. 2004[16]
Mit seinen VerzeichnissenSpecies Plantarum (für Pflanzen, 1753) undSystema Naturae (für Pflanzen, Tiere und Mineralien, 1758/1759 beziehungsweise 1766–1768) schuf Linné die Grundlagen der modernen botanischen und zoologischenNomenklatur. In diesen beiden Werken gab er zu jeder beschriebenenArt zusätzlich einEpitheton an. Gemeinsam mit dem Namen derGattung diente es als Abkürzung des eigentlichen Artnamens, der aus einer langen beschreibenden Wortgruppe (Phrase) bestand. AusCanna foliis ovatis utrinque acuminatis nervosis entstand so die leicht zu merkende BezeichnungCanna indica. Das Ergebnis der Einführung zweiteiliger Namen ist die konsequente Trennung der Beschreibung einer Art von ihrer Benennung.[17] Durch diese Trennung konnten neu entdeckte Pflanzenarten unproblematisch in seine Systematik aufgenommen werden. Linnés Systematik umfasste die drei Naturreiche Mineralien (einschließlich der Fossilien), Pflanzen und Tiere. Im Gegensatz zu seinen Beiträgen zur Botanik und Zoologie, deren fundamentale Bedeutung für diebiologische Systematik schnell anerkannt wurde, blieben seinemineralogischen Untersuchungen bedeutungslos, da ihm die dafür notwendigen chemischen Kenntnisse fehlten. Die erste chemisch begründete Klassifizierung der Mineralien wurde 1758 vonAxel Frederic von Cronstedt aufgestellt.[18]
Eine gegenteilige Auffassung zu der von Linné vertretenen Meinung, dass die ganzeNatur in eineTaxonomie erfasst werden könnte, stand derGeorges-Louis Leclerc de Buffon. Buffon war der Ansicht, dass die Natur zu unterschiedlich und zu reich sei, um sich einem so strengen Rahmen anzupassen.[19] Der PhilosophMichel Foucault beschrieb Linnés Vorgehensweise desKlassifizierens so, dass es ihm darum gegangen sei, „systematisch wenige Dinge zu sehen“. Ihm sei es insbesondere darum gegangen, dieÄhnlichkeiten der Dinge in der Welt aufzulösen. So schrieb Linné in seinerPhilosophia Botanica: „Alle dunklen Ähnlichkeiten sind nur zur Schande der Kunst eingeführt worden“.[20] Linné ging zudem von derKonstanz der Arten aus: „Es gibt so viele Arten, als Gott am Anfang als verschiedene Gestalten geschaffen hat.“[21][22] Er unterteilte die Arten bewusst anhand künstlich ausgewählter Merkmale wie Anzahl, Form, Größenverhältnis und Lage[23] inKlassen undOrdnungen, um ein einfach zu handhabendes und leicht erlernbares System für die Einordnung der Arten zu schaffen. Bei den Pflanzen verwandte er beispielsweise Merkmale derStaubblätter, um die Klasse zu bestimmen, und Merkmale derStempel, um die Ordnung einer Pflanzenart festzulegen. Auf diese Weise entstand ein „künstliches System“, da es die natürlichen Verwandtschaftsverhältnisse der Arten untereinander nicht berücksichtigte. DieGattungen undArten hielt er für natürlich[24] und ordnete sie daher unter Verwendung einer Vielzahl von Kennzeichen entsprechend ihrer Ähnlichkeit. Linné war bestrebt, ein „natürliches System“ zu schaffen, kam jedoch über Ansätze wieOrdines Naturales in der sechsten Auflage vonGenera Plantarum (1764) nicht hinaus. Für die Pflanzen gelang es erstAntoine-Laurent de Jussieu, ein solches natürliches System aufzustellen.
Linné wurde am 30. Januar 1747 zumArchiater (Leibarzt) des Königs ernannt. Am 27. April 1753 wurde ihm derNordstern-Orden verliehen. Ende 1756 wurde Carl Linnaeus vom schwedischen König Adolf Friedrich geadelt und erhielt den Namen Carl von Linné.[25] Den auf den 20. April 1757[26] datiertenAdelsbrief unterzeichnete der König im November 1761. Die Erhebung in den Adelsstand wurde erst Ende 1762 mit der Bestätigung durch dasRiddarhuset wirksam.
Der BotanikerWilliam Thomas Stearn schlug 1959 das im Dom von Uppsala bestattete Skelett von Carl von Linné zumLectotypus für die ArtHomo sapiens vor.[32]Homo sapiens wurde dadurch nach den zoologischenNomenklaturregeln gültig als diejenige Tierart definiert, zu der Carl von Linné gehörte.
Die Banknote zu 100 Kronen derSchwedischen Krone führte von 2001 bis zum 30. Juni 2017 das Bildnis Carl von Linnés.[33]
Nach dem Tod Linnés und dem Tod seines SohnesCarl bot seine Frau Sara den gesamten NachlassJoseph Banks für 3000Guineen zum Kauf an. Dieser lehnte jedoch ab und überzeugteJames Edward Smith, die Sammlung zu erwerben. Im Oktober 1784 kam Linnés Sammlung in London an und wurde inChelsea öffentlich ausgestellt. Linnés Nachlass ist heute im Besitz derLondoner Linné-Gesellschaft[34], deren höchste Auszeichnung die jährlich vergebeneLinné-Medaille ist.
Linné unterhielt bis zu seinem Tod einen umfangreichenBriefwechsel mit Partnern in der ganzen Welt. Davon stammten ungefähr 200 aus Schweden und 400 aus anderen Ländern. Über 5000 Briefe sind erhalten geblieben.[35] Allein sein Briefwechsel mitAbraham Bäck, seinem engen Freund und Vertrauten, umfasst weit über 500 Briefe.
Die von Linné schon 1729 als Student inPraeludia Sponsaliorum Plantarum verwendeteAnalogie von Pflanzen und Tieren hinsichtlich ihrer Sexualität provozierte etliche seiner Zeitgenossen zur Kritik.
Eine erste Kritik zu LinnésSexualsystem der Pflanzen schriebJohann Georg Siegesbeck 1737 in einer Anlage zu seiner SchriftBotanosophiae: „[Wenn] acht, neun, zehn, zwölf oder gar zwanzig und mehr Männer in demselben Bett mit einer Frau gefunden werden [oder wenn] dort, wo die Betten der wirklichen Verheirateten einen Kreis bilden, auch die Betten der Dirnen einen Kreis beschließen, so dass die von verheirateten Männern begattet werden […] Wer möchte glauben, dass von Gott solche verabscheuungswürdige Unzucht im Reiche der Pflanzen eingerichtet worden ist? Wer könnte solch unkeusches System der akademischen Jugend darlegen, ohne Anstoß zu erregen?“[36]
Julien Offray de La Mettrie spottete inL’Homme Plante (1748, kurz danach Bestandteil vonL’Homme Machine) über Linnés System, indem er darin dieMenschheit anhand der von Linné eingeführten Begriffe klassifizierte. Die Menschheit bezeichnete er alsDioecia (d. h. männliche und weibliche Blüten auf verschiedenen Pflanzen). Männer gehören zur OrdnungMonandria (einStaubblatt) und Frauen zur OrdnungMonogyna (einStempel). DieKelchblätter interpretierte er als Kleidung, dieKronblätter als Gliedmaßen, dieNektarien als Brüste und so fort.[37]
SelbstJohann Wolfgang von Goethe, der bekannte, „dass nach Shakespeare und Spinoza auf mich die größte Wirkung von Linné ausgegangen [ist], und zwar gerade durch den Widerstreit, zu welchem er mich aufforderte“,[38] urteilte: „Wenn unschuldige Seelen, um durch eigenes Studium weiter zu kommen, botanische Lehrbücher in die Hand nehmen, können sie nicht verbergen, dass ihr sittliches Gefühl beleidigt sei; die ewigen Hochzeiten, die man nicht los wird, wobei die Monogamie, auf welche Sitte, Gesetz und Religion gegründet sind, ganz in vage Lüsternheit sich auflöst, bleibt dem reinen Menschensinn unerträglich.“[39]
Unter dem Vorsitz von Linné sind von 1743 bis 1776 insgesamt 185Dissertationen entstanden, die ihm häufig direkt zugeschrieben werden. Die Dissertationen seiner Doktoranden wurden im zehnbändigenAmoenitates Academicae (Stockholm bzw. Erlangen, 1751–1790) veröffentlicht.
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Felix Bryk:Promiskuitat der Gattungen als artbildender Faktor. Zur zweihundertsten Wiederkehr des Erscheinungsjahres der fünften Auflage von Linnés Genera plantarum (1754). In:Taxon. Band 3, Nr. 6, September 1954, S. 165–173 (doi:10.2307/1215954).
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↑Während Linnés Leben gab es in Schweden mehrere Wechsel im angewandten Kalender. Von März 1700 bis Februar 1712 galt derSchwedische Kalender. Nach diesem war sein Geburtstag der 13. Mai 1707. Ab März 1712 wurde wieder derJulianische Kalender angewendet. Erst ab 1753 galt in Schweden derGregorianische Kalender. Im Artikel sind alle Daten nach dem Gregorianischen Kalender angegeben.
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↑Michel Foucault:Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. 14. Auflage, Frankfurt a. M. 1997, S. 175. (Quelle: Linné,Philosophia Botanica, § 299.)
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↑Johann Wolfgang von Goethe:Geschichte meines botanischen Studiums, 1817
↑Johann Wolfgang von Goethe:Die Metamorphose der Pflanzen. In: Johann Heinrich Cotta (Herausgeber):Goethe’s sämmtliche Werke in vierzig Bänden. Vollständige, neugeordnete Ausgabe. (40 Bde. in 20 Bden). 1853–1858, Band 27, S. 102 (online)