| Burgus Szentendre-Dera (Burgus Ulcisia 1) | |
|---|---|
| Limes | Pannonischer Limes |
| Abschnitt | 4 |
| Datierung (Belegung) | konstantinisch |
| Typ | Ländeburgus |
| Bauweise | Stein |
| Erhaltungszustand | oberirdisch nicht erhalten |
| Ort | Szentendre |
| Geographische Lage | 47° 38′ 28,8″ N,19° 4′ 47,6″ O47.64134444444419.0799102Koordinaten:47° 38′ 28,8″ N,19° 4′ 47,6″ O |
| Höhe | 102 m |
| Vorhergehend | Kastell Szentendre (Ulcisia Castra/Castra Constantia)(nördlich) Burgus Szigetmonostor-Horány(nordöstlich) Burgus Dunakeszi(nordöstlich) Kastell Göd-Bócsaújtelep(nordöstlich) |
| Anschließend | Burgus Budakalász-Luppa csárda(südlich) |
DerBurgus Szentendre-Dera ist ein vollständig ergrabenes ehemaligesrömischesMilitärlager, das als spätantikerLändeburgus die Überwachung einesDonauübergangs auf dieungarischenDonauinsel Szentendrei (St. Andrä) ampannonischenLimes sicherte. Der Strom bildete in weiten Abschnitten die römische Reichsgrenze. Die Anlage wurde am Westufer des Flusses, auf dem Gebiet der römischen Provinz Valeria errichtet und befand sich südlich der Altstadt und desKastells von Szentendre[1] imKomitat Pest.


Am späteren Standort des Burgus fanden sichvorgeschichtliche Siedlungsspuren.[2] Im 2. Jahrhundert n. Chr. bildete wahrscheinlich der Dera-Bach die Grenze zwischen Nieder- und Oberpannonien.[3] Die brückenkopfartige Schiffslände[4] entstand unmittelbar am Westufer eines Donaunebenarms, der durch die St. Andrä Insel, die den Strom auf einer weiten Strecke von Norden nach Süden teilt, abgetrennt ist. Analog zu anderen Fundorten könnte es am gegenüberliegenden Ufer, auf der Insel, ebenfalls einen derartigen Ländeburgus gegeben haben, um so auch den dazwischenliegenden Übergang optimal abzusichern. Die Anlage (am südlichen Mündungsbereich des Dera-Bachs gelegen) befand sich am südöstlichen Rand desPilisgebirges, das die Donau in einem großen Bogen, demDonauknie, von Westen kommend und nach Süden abknickend, umfließt. Die römische Wachmannschaft hatte von ihrem Posten aus einen freien Blick ins östlicheBarbaricum. Nordwestlich, am Ostufer der St. Andrä, stand der ebenfalls gut einsehbareLändeburgus von Horány, der hier einen Übergang über die Donau kontrollierte. Eine über die Insel führende Straße verband ihn mit der Militärstation am Dera-Bach.[5] Nördlich von Szentendre-Dera bestand Sichtkontakt zum Kohortenkastell Szentendre; im Süden, ebenfalls am Westufer, zumBurgus Budakalász-Luppa csárda.[6]
Der Ländeburgus wurde 1934 von dem Archäologen Lajos Nagy (1897–1946) ergraben.[5] Heute ist von demBodendenkmal an der einstigen Fundstelle im bewaldeten Uferbereich nichts mehr zu sehen.

Der Burgus von Szentendre-Dera weicht in seiner Konstruktion etwas von den sonst am ungarischen Limes üblichen Bauschemata ab.[5] Als Vergleich kann der nördlich gelegeneBurgus Verőcemaros-Dunamező oder auch das im Süden der Provinz Valeria ausgegrabene spätrömischeContra Florentiam herangezogen werden. Der ungarische ArchäologeSoproni ordnete den Ländeburgus von Szentendre-Dera dem Typ Veröce zu (vgl. hierzu auch den nordwestlich gelegenenLändeburgus bei Szob). Der Grund hierfür liegt in der früheren Zeitstellung der Erbauung von Szentendre-Dera. Möglicherweise entstand die Fortifikation im Zuge des unterKonstantin dem Großen (306–337) oderKonstantin II. (337–340) errichtetenLimes Sarmatiae,[7][8] eines ausgedehnten Wallsystems, das als Pufferzone vom Donauknie über dieTheiß hinweg nach Süden abknickte und sich bei der ProvinzgrenzstadtViminatium wieder an den Limes anschloss. Dieses so militärisch abgesicherte Gebiet im Barbaricum war von dem mit Rom verbündetensarmatischen Stamm derJazygen besiedelt. Nach der Niederlage beiHadrianopolis im Jahr 378 brach diese der Ostgrenze Valerias vorgelagerte Verteidigungslinie jedoch zusammen.[9]
Ein 20 × 20 Meter umfassender, quadratischer Wohn- und Wachturm bildete den westlichen Abschluss der Anlage. An seinen beiden Ostecken knickte je eine Mauer nach Norden und Süden im rechten Winkel ab, zog sich knapp 5 Meter hin, um sich anschließend parallel nach Osten beim Donauufer nochmals L-förmig abzuwinkeln. An den Enden der beiden Mauerzüge war zusätzlich je ein quadratischer, 7,5 × 7,5 Meter großer Wachturm angebaut, dessen Ostseite unmittelbar am Wasser stand (Ländeburgus).[10]
Der Ländeburgus von Szentendre-Dera war nachweislich auch noch unter der Herrschaft KaiserValentinian I. (364–375) in Verwendung.[4] In dieser Zeit müssen Umbauten oder Reparaturen vorgenommen worden sein, wie ein einzelnerZiegelstempel desAp Luppiani ord belegt.[10] Der auf diesem Stempel genannteZenturio Luppianus diente zeitgleich mit dem als militärischen Oberbefehlshaber der Provinz eingesetztenFrigeridus in der pannonischen Grenzarmee.[11] Frigeridus amtierte zwischen 371 und 373 n. Chr. alsDux Valeriae ripensis (Heerführer der Provinz Valeria).[12][13] Aus den Grabungsunterlagen geht hervor, dass die beiden kleineren, direkt am Ufersaum der Donau errichteten Türme zu einem späteren Zeitpunkt, vielleicht um 380 n. Chr., abgebrochen worden sind. Ein ähnlicher Befund wurde auch beim Burgus von Verőcemaros-Dunamező festgestellt.[5]
Die Denkmäler Ungarns sind nach dem Gesetz Nr. LXIV aus dem Jahr 2001 durch den Eintrag in das Denkmalregister unter Schutz gestellt. Der Burgus Szentendre-Dera sowie alle anderen Limesanlagen gehören als archäologische Fundstätten nach § 3.1 zum national wertvollen Kulturgut. Alle Funde sind nach § 2.1 Staatseigentum, egal an welcher Stelle der Fundort liegt. Verstöße gegen die Ausfuhrregelungen gelten als Straftat bzw. Verbrechen und werden mit Freiheitsentzug von bis zu drei Jahren bestraft.