Buren

AlsBuren vonafrikaans:Boere fürBauer, in ihrer eigenen SpracheAfrikaners,[1] deutsch abweichendAfrikaaner,Afrikaander oderAfrikander[2], veraltetKapholländer oderWeißafrikaner,[3][4] werden etwa seit Ende des 18. Jahrhunderts dieAfrikaans sprechenden europäischstämmigen EinwohnerSüdafrikas undNamibias bezeichnet. Das Wort „Afrikaaner“ für die europäischstämmige Bevölkerung in der ehemaligen Kapkolonie wird dem späteren PremierministerJames Hertzog zugeschrieben, der 1891 einen Aufsatz zu Fragen derNationenbildung in derKapkolonie verfasste.[5]
Nicht zu verwechseln ist diese Verwendung des Wortes „Afrikaaner“ mit der gleich lautenden Bezeichnung einesClans des in der Kapregion ansässigen Volkes derOrlam, der nach dessen Häuptling,Jager Afrikaner, benannt wurde.
Herkunft und Verbreitung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Buren stammen von den zumeist niederländischen, aber auch deutsch- und französischsprachigen Siedlern ab, die sich seit 1652 in derKolonie derNiederländischen Ostindien-Kompanie (VOC) amKap der Guten Hoffnung niederließen. Mit dem organisierten Zuzug von 200Hugenotten um 1687/88 vollzog sich eine erste erwünschte Einwanderung nach den niederlassungsbedingten Ansiedlungen der VOC am Kap. Diese Gruppe wurde im Umland desFort de Goede Hoop sesshaft; mit ihr kam der Weinbau in die Kapregion. Die VOC war in ihren Bestrebungen erfolgreich, diese Familien unter den niederländischsprachigen Siedlernachbarn zu verstreuen. Auf diese Weise ging deren französische Alltagssprache durchAssimilation bereits nach einer Generation verloren. Geblieben sind jedoch verbreitete Familiennamen, wiede Viliers, du Toit, Malan, Marais oderTaillefert und Ortsnamen wieFranschhoek oderVilliersdorp.[6][7][8]
Seit derAnnexion derKapkolonie durch dieBriten zu Beginn des 19. Jahrhunderts zog ein Teil der Buren ins Landesinnere und gründete dort dieBurenrepublikenNatalia,Transvaal undOranje-Freistaat sowie weitere kurzlebige Republiken. Während Natalia schon Mitte des 19. Jahrhunderts britische Kolonie wurde, verloren die beiden letzteren ihre Unabhängigkeit erst imZweiten Burenkrieg (1899 bis 1902). Teile der burischen Bevölkerung wurden damals inLagern interniert, für die erstmals der BegriffConcentration Camps (wörtlichKonzentrationslager) benutzt wurde und in denen viele von ihnen zu Tode kamen. Andere flohen Richtung Nordwesten durch das heutigeBotswana undNamibia bis nachAngola (sogenannteDorslandtrekker).
Die Mehrheit der Buren waren bis 1945 vor allem Ackerbauern und Viehzüchter. Viele von ihnen sindCalvinisten. Ihre fast vierhundertjährige Verwurzelung in Afrika drückt sich in der Selbstbezeichnung als „Afrikaaner“ aus. Anders als bei den Briten hatte sich der Bezug zu einem europäischen Mutterland (in diesem Fall den Niederlanden) trotz der weiterhin engen sprachlichen Verwandtschaft bereits im 19. Jahrhundert verloren.
Die Buren werden seit 2008 durch dieVryheidsfront Plus als Mitglied derUnrepresented Nations and Peoples Organization vertreten.[9]
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]17. bis 19. Jahrhundert
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1647 erlitt das niederländische SchiffNieuw Haarlem an derTafelbucht Schiffbruch, und in der Folge entstand für ein Jahr eine provisorische Siedlung. 1652 gründeteJan van RiebeeckKapstadt als befestigte Proviantstation für dieNiederländische Ostindien-Kompanie (VOC). Einige ehemalige Angestellte der VOC ließen sich 1657 als Siedler nieder. In der Folgezeit wanderten besonders Niederländer, Deutsche und Franzosen in das Land ein. 1659 kam es zu ersten Auseinandersetzungen zwischen den weißen Siedlern (der BegriffBuren war noch nicht geprägt) und dem Volk derSan. Am 13. April 1688 erreichte das SchiffVoorschotten Kapstadt. An Bord befanden sichhugenottische Familien, die aufgrund religiöser Verfolgung unterLudwig XIV. Frankreich den Rücken gekehrt hatten. Sie führten denWeinbau in Südafrika ein. Niederländische Frauen wurden 1679 nach Kapstadt gebracht, um den Männerüberschuss auszugleichen.
1743 lebten bereits 4000 Buren in und um Kapstadt. Viele von ihnen stießen als halbnomadische Viehzüchter immer weiter ins Landesinnere vor. 1779 kam es zu ersten Zusammenstößen zwischen Buren und dem Volk derXhosa amGroot Visrivier in der heutigen ProvinzOstkap. Damit begann der erste der insgesamt achtGrenzkriege, die ein Jahrhundert dauerten. 1795 rebellierten die Buren gegen die VOC und riefen inGraaff-Reinet die ersteBurenrepublik aus. Nach einer kurzfristigen französischen Besetzung annektierten die Briten die Kapkolonie (Kapstadt und Umgebung), in der rund 20.000 Weiße und 26.000 Schwarze sowie zahlreicheSklaven lebten. Die ersten Siedler zogen in das Landesinnere. 1803 wurde die Kapkolonie an die Niederlande (sieheBatavische Republik) zurückgegeben. 1806 besetzten die Briten die Kapkolonie erneut. 1814 annektierten sie Kapstadt offiziell, und die Kapkolonie wurde britischeKronkolonie.
1833 schafften die Briten dieSklaverei ab. 59.000 Sklaven erlangten die Freiheit, was aber deren sozialen Status kaum veränderte. Sie wurden weiterhin als billige Arbeitskräfte ausgebeutet, von Buren wie Briten. Als Folge wanderten immer mehr Buren, die durch die veränderte ökonomische Situation ihre Lebensgrundlage verloren hatten, aus der Kolonie ab. Von 1835 bis 1845 führte derGroße Treck etwa 20.000 Buren in die Gebiete jenseits der FlüsseOranje undVaal. Gründe dafür waren neben der Abschaffung der Sklaverei die Ablehnung der englischen Amtssprache und des britischen Rechtssystems. DieVoortrekker genannten Buren, die am Großen Treck teilnahmen, machten rund 20 Prozent der europäischstämmigen Bevölkerung der Kapkolonie aus.[10]
Am 16. Dezember 1838 gründeten die Buren nach derSchlacht am Blood River gegen dieZulu die BurenrepublikNatalia, 1842 folgte derOranje-Freistaat. Bis 1844 entstanden die BurenrepublikenWinburg-Potchefstroom,Zoutpansberg,Utrecht undLydenburg. Unter PräsidentMarthinus Pretorius schlossen sich diese vier Republiken bis 1860 zurSüdafrikanischen Republik zusammen; deren Hauptstadt wurdePretoria. In ihrer Verfassung wurden erstmals Gesetze derRassentrennung festgeschrieben. 1852 erkannte England die Republik in derSand River Convention offiziell an.
1853 erhielt die britische Kapkolonie eine Verfassung und begrenzte Autonomie: DasWahlrecht wurde an Einkommen und damit indirekt an die ethnische Herkunft geknüpft. 1877 kam es zur Annexion Transvaals durch die Briten. Dies löste 1880/81 den Burenaufstand aus, der alsErster Burenkrieg bezeichnet wird. Er endete 1881 mit demFrieden von Pretoria und der Unabhängigkeit der Südafrikanischen Republik, wobei jedoch den Briten eine Mitsprache bei deren Außenpolitik eingeräumt wurde. Von 1883 bis 1902 warPaul Kruger („Ohm“ Krüger) Präsident Transvaals. In der britischen Kapkolonie regierte von 1890 bis 1896Cecil Rhodes als Ministerpräsident. Er bereitete die Eroberung der Burenstaaten vor.
Migration, Kriegsereignisse und Apartheid
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts zogen erneut verschiedene Trecks von Buren, insgesamt mehr als 2000 Menschen, alsDorslandtrekker durch dieKalahari nachAngola. Die ersten Gruppen ließen sich inHumpata nieder; einige Familien zogen weiter bis auf das Zentralhochland Angolas. Sie bildeten eine verschlossene, Neuerungen wenig zugängliche Gemeinschaft, die im Laufe der Jahrzehnte verarmte.[11] Zu verschiedenen Zeitpunkten kehrten die meisten von ihnen nachSüdwestafrika (das heutigeNamibia) und in die Südafrikanische Union zurück, wo sie als „Angolaburen“ zunächst in Abgeschiedenheit lebten, sich allmählich jedoch in die übrige burische Bevölkerung integrierten.[12][13]
ZumZweiten Burenkrieg Großbritanniens gegen die Südafrikanische Republik und den Oranje-Freistaat kam es von 1899 bis 1902. Nach Anfangserfolgen der burischen GeneräleJan Smuts,Louis Botha undBarry Hertzog verloren die Buren den Krieg gegen die militärisch überlegenen Briten. Deren rücksichtsloses Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung (unter anderem die Internierung ganzer Familien inKonzentrationslagern) zwang die Buren zur Aufgabe. ImFrieden von Vereeniging verloren die Burenrepubliken 1902 ihre Selbstständigkeit, doch wurde die Verwendung derniederländischen Sprache in Schulen und vor Gericht weiterhin erlaubt. 1907 gestand Großbritannien den ehemaligen Burenrepubliken die Selbstverwaltung zu, und 1910 bildeten die Kapkolonie, Natal, Transvaal und der Oranje-Freistaat dieSüdafrikanische Union alsDominion imBritischen Empire; wahlberechtigt waren nur Weiße und einige wohlhabende Nicht-Weiße. 1925 wurde Afrikaans neben Englisch zweiteAmtssprache in der Südafrikanischen Union. Das Niederländische verlor seinen Status als Schriftsprache.
Angesichts des nahenden Zweiten Weltkriegs stellten sich zahlreiche Buren gegen die Regierung Jan Smuts’, die sich für eine Unterstützung derAlliierten aussprach. Die im Februar 1939 entstandene OrganisationOssewabrandwag (OB) vereinte bis zu einem Drittel aller Buren, die nach den schlechten Erfahrungen mit den Briten in den Burenkriegen Sympathien für dasDeutsche Reich und denNationalsozialismus hegten. Derparamilitärische Flügel der OB,Stormjaers (deutsch „Sturmjäger“), griff südafrikanische Soldaten derUnion Defence Force an und verübte zahlreiche Anschläge auf die Infrastruktur der Südafrikanischen Union. Viele Anhänger der OB wurden bis zum Kriegsende interniert. Die meisten Anhänger der OB wurden von der burisch geprägtenHerenigde Nasionale Party (HNP) aufgenommen, die sich 1935 alsGesuiwerde Nasionale Party von der Regierungspartei abgespalten hatte.
Nach demWahlsieg der HNP (späterNasionale Party bzw. National Party) im Jahre 1948 institutionalisierte und verstärkte diese die zuvor latente „Rassentrennung“ und legte somit die Grundlagen des sich nun entwickelndenApartheidregimes. Ununterbrochen dominierten die weißen Südafrikaner (unter ihnen mehrheitlich Buren) unter Zurückdrängung weitererBevölkerungsgruppen das politische, kulturelle und ökonomische Leben im Land, und das Afrikaans gewann an Bedeutung. Die im Verborgenen wirkende BurenorganisationAfrikaner Broederbond übte dabei großen Einfluss aus. Das Regime kam jedoch bald, insbesondere seit den 1960er Jahren und besonders infolge derUnruhen in Soweto, unter wachsenden internationalen Druck. Nach einem alsReformapartheid dargestellten Kurswechsel von StaatspräsidentPieter Willem Botha in der Mitte der 1980er Jahre und den Übergangsverhandlungen ab 1990 endete die Herrschaft der Nasionale Party mit den ersten allgemeinen und freienWahlen des Landes.
Nach dem Ende der Apartheid
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]1990 kaufte eine früheren Gesellschaftskonzepten anhängende Gruppe von Buren den OrtOrania, um dort auch nach dem Ende der Apartheid nach den Vorstellungen desVolkstaats zu leben. DieAfrikaner Weerstandsbeweging verfolgte ähnliche Ziele und verübte zudem terroristische Akte. Als politische Partei radikaler Buren bildete sich dieVryheidsfront (deutsch „Freiheitsfront“), die später mit anderen Parteien zurVryheidsfront Plus fusionierte. Nach dem Ende des Apartheidregimes wanderten Buren wie andere Weiße zu Tausenden aus Südafrika aus. Burische Gemeinden sind besonders imVereinigten Königreich, inAustralien undNeuseeland zu finden.
Unter den damaligen PräsidentenMicheil Saakaschwili undGiorgi Margwelaschwili bemühte sich die georgische Regierung, zahlreiche Buren nachGeorgien zu holen. Ziel war, die georgische Landwirtschaft zu modernisieren. Etwa 80 burischen Familien wurden georgische Pässe, Steuerminderungen und subventioniertes Land angeboten.[14]
2006 wurde die OrganisationAfriForum gegründet, die sich als Interessenvertretung der Buren versteht und nach eigenen Angaben rund 220.000 Mitglieder hat (Stand 2019).[15]
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Johannes Paul:Deutsche, Buren und Engländer in Südwestafrika. Begleitwort zu einer Nationalitätenkarte der Europäer in Südwestafrika. In:Koloniale Rundschau. Heft 9/10, 1931.(online)
- George McCall Theal:History of the Emigrant Boers in South Africa. The Wanderings and Wars of the Emigrant Farmers from Their Leaving the Cape Colony to the Acknowledgment of Their Independence by Great Britain. Swan Sonnenschein, London 1888.(PDF; 26,5 MB)
- George McCall Theal:History of South Africa. Swan Sonnenschein, London
- Band 1.1486–1691. 1888(PDF; 11,7 MB)
- Band 2.1691–1795. 1888(PDF; 10,6 MB)
- Band 3.1795–1834. 1888(PDF; 13,1 MB)
- Band 4.The Republics and Native Territories from 1854 to 1872. 1900.(Archivversion)
- Band 5.From 1873 to 1884, Twelve Eventful Years, with Continuation of the History of Galekaland, Tembuland, Pondoland, and Bethshuanaland until the Annexation of those Territories to the Cape Colony, and of Zululand until its Annexation to Natal. 1919 Band 1(PDF; 19,3 MB), Band 2(PDF; 15,4 MB)
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Herman Giliomee:Die Afrikaners. 'n Biografie. Tafelberg, Kapstadt 2004,ISBN 0-624-04181-6.
- ↑Ulrich Ender: Afrikaaner, Afrikaander und Afrikander. In: Namibiana Buchdepot. 6. November 2014, abgerufen am 11. Januar 2019.
- ↑Christoph Marx:Im Zeichen des Ochsenwagens. Der radikale Afrikaaner-Nationalismus in Südafrika und die Geschichte der Ossewabrandwag. (Studien zur afrikanischen Geschichte, Band 22), Münster 1998,ISBN 3-8258-3907-9, S. V (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑Mark Mathabane:Kaffir Boy – An Autobiography – The True Story of a Black Youth’s Coming of Age in Apartheid South Africa. Free Press, 1998,ISBN 0-684-84828-7.
- ↑Christoph Marx:Afrikaaner-Nationalismus, 1998, S. 95 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑Christoph Marx:Südafrika. Geschichte und Gegenwart. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2012, S. 43.
- ↑H. Sonnabend:Population. In:Ellen Hellmann, Leah Abrahams:Handbook on Race Relations in South Africa. Oxford University Press, Cape Town / London / New York 1949, S. 7.
- ↑Désirée Picton-Seymour, Janek Szymanowski:Historical Buildings in South Africa. Struikhof, Cape Town 1989, S. 56.
- ↑Afrikaner-Broschüre der UNPO (PDF; 590 kB)
- ↑Jan C. Visagie: Voortrekkerstamouers 1835 - 1845, Protea Boekhuis, Pretoria, 2010. S. 14–15,ISBN 978-1-86919-372-0
- ↑G. Clarence-Smith:The thirstland trekkers in Angola – Some reflections on a frontier society. online aufwww.sas-space.sas.ac.uk (englisch, PDF-Datei; 2,5 MB).
- ↑Petrus Johannes van der Merwe:Ons Halfeeu in Angola (1880-1928). Afrikaanse Pers-Boekhandel, Johannesburg 1951.
- ↑Nicolas Stassen:The Boers in Angola, 1928–1975 Protea Boekhuis, Pretoria 2011.
- ↑Géraldine Schwarz, Alexandre Ifi: Georgien: Afrikaaners neues Land. In: arte TV. 21. Mai 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 13. Oktober 2014; abgerufen am 8. Oktober 2014.
- ↑Marlene Halser:Der Panikknopf. In:Die Tageszeitung vom 29./30. Juni 2019, S. 20–22.