Movatterモバイル変換


[0]ホーム

URL:


Zum Inhalt springen
WikipediaDie freie Enzyklopädie
Suche

Bund der Steuerzahler Deutschland

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Bund der Steuerzahler Deutschland
(BdSt)
Logo
Rechtsformeingetragener Verein
Gründung1949
SitzBerlin (52.52244413.37784Koordinaten:52° 31′ 20,8″ N,13° 22′ 40,2″ O)
Zweckgemäß Eigenaussage: Verringerung vonBürokratie,Steuerverschwendung undStaatsverschuldung
VorsitzReiner Holznagel
Umsatz1.607.169 Euro(2018)
Beschäftigte15(2019)
Mitglieder„rund“ 200.000 (2022, eigene Angaben)
Websitewww.steuerzahler.de

DerBund der Steuerzahler Deutschland e. V. (BdSt) ist eine im Jahr 1949 gegründetedeutscheLobbyorganisation,[1] die den öffentlichen Diskurs zu steuerlichen Fragestellungen und der Staatsverschuldung in Deutschland beeinflusst.

AlsZiele nennt der Verein die Senkung vonSteuern undAbgaben sowie die Verringerung vonBürokratie, „Steuerverschwendung“ bzw. der „Ausgabenwut“ undStaatsverschuldung. Hierfür nutzt er verschiedene Instrumente derÖffentlichkeitsarbeit. DasSchwarzbuchDie öffentliche Verschwendung gehört zu den bekanntesten Marken des Vereins. Darüber hinaus ist er für dieSchuldenuhr und denSteuerzahlergedenktag bekannt.[2]

Der Steuerzahlerbund vertritt vorrangigPartikularinteressen. Insbesondere Vertreter der mittelständischen Unternehmen und wohlhabende Privatpersonen sehen ihre Interessen vom Steuerzahlerbund vertreten. Dies wurde dabei unter anderem von derHans-Böckler-Stiftung sowie von den PolitikwissenschaftlernWolfgang Schroeder, Mitglied derGrundwertekommission der SPD, undPeter Lösche,SPD-Mitglied und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender derDVPW, belegt.[2][3][4] Demgegenüber sieht sich der vonReiner Holznagel geführte Verein als „Finanzgewissen der Nation“ und bezeichnet seine Ziele als Gemeinwohlinteressen aller Steuerzahler.[2]

Vorgeschichte

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Ende der 1920er Jahre wollte der Geschäftsinhaber derDarmstädter und Nationalbank (kurz Danat-Bank),Jakob Goldschmidt, mit führenden Industriellen, darunterRobert Bosch,Gustav Krupp von Bohlen und Halbach undKarl Adolf Tilo Freiherr von Wilmowsky eine Steuerzahlerinitiative ins Leben rufen. Dem lag eine Studie des FinanzwissenschaftlersGünter Schmölders über die schwedische „Steuerzahlerbewegung“ und deren Übertragbarkeit auf Deutschland zugrunde. Die Gründung dieser Initiative wurde jedoch nicht vollzogen.[5]

Geschichte

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

1949 erhieltenKarl Bräuer und der Berliner Steuerberater Hermann Wunderlich von der alliierten Militärregierung des LandesWürttemberg-Baden die Erlaubnis für die Gründung einer Steuerzahlerorganisation auf Landesebene[6]. Ein weiterer Mitgründer war der Wirtschaftsredakteur derStuttgarter Zeitung E. Heinrich Kunze. Am 21. Oktober 1949 wurde in Stuttgart der „Bund der Steuerzahler Württemberg-Baden e. V.“ gegründet. Wenig später folgten Landesverbände in den übrigen Ländern der drei westlichen Besatzungszonen sowie das „Präsidium des Bundes der Steuerzahler e. V.“ als Dachorganisation.[7]

„Die meisten Unternehmer sind heute vor die Wahl gestellt, entweder steuerlich ehrlich zu bleiben und auf Heller und Pfennig zu leisten, aber ihren Betrieb zu schließen, oder in irgendeiner Weise – legal oder illegal – dieser sinnlos gewordenen Häufung von Steuerlasten auszuweichen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. […] Die Folge einer so maßlosen Überspannung an sich richtiger Grundsätze hat dazu geführt, dass die Masse der Steuerpflichtigen jede Möglichkeit ergreift, sich der unerträglich gewordenen Bürde zu entziehen. […] Zu keiner Zeit hat die Steuermoral einen solchen Tiefstand erreicht wie heute.“

„Die Finanz- und Steuerpolitik hat jeden Sinn für die Wirklichkeit verloren“, in Der Steuerzahler 1/1950, S. 2.[8]

Der erste Präsident wurde Karl Bräuer[9] und hatte diese Funktion bis 1960 inne. Nach ihm wurden der 1957 ausgelobteKarl-Bräuer-Preis sowie das 1965 gegründeteKarl-Bräuer-Institut benannt.

2013 benannte der Bund der Steuerzahler aufgrund Bräuers nationalsozialistischer Vergangenheit sein Institut inDeutsches Steuerzahlerinstitut um und schaffte den Preis ab. Bisherige Preisträger erhielten eine Urkunde, in der Bräuer nicht mehr vorkam.[10]

Organisation

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Dereingetragene Verein hatte 2023 nach eigenen Angaben etwa 200.000 Mitglieder.[11] 2018 waren es etwa 230.000 Mitglieder[12], 2010 rund 310.000 Mitglieder,[13] und im Jahr 2000 waren es noch etwa 426.000 Mitglieder.[14] Der BdSt gibt an, dass 75 Prozent seiner Mitglieder „kleine“ Gewerbetreibende und Selbständige seien.[15] Das zuständige Finanzamt erkennt seine Arbeit alsgemeinnützig an.[16] Die Organisation ist gemäßLobbyregistergesetz imLobbyregister eingetragen.[1][17]

Der Bund der Steuerzahler besteht aus 15 eigenständigen Landesverbänden, da Niedersachsen und Bremen einen gemeinsamen Landesverband bilden.Rainer Brüderle (FDP) ist seit 2015 Vorstandsvorsitzender des Bundes der Steuerzahler in Rheinland-Pfalz und seit demselben Jahr ebenfalls Vorsitzender desBpa Arbeitgeberverbands.[18][19]Rolf von Hohenhau ist seit 1983 Präsident des Bundes der Steuerzahler in Bayern.

Zur Finanzierung seiner Arbeit gibt der BdSt an, dass ihm 2020 fast 15,2 Millionen Euro größtenteils aus Mitgliederbeiträgen zur Verfügung gestanden haben. Dazu kamen mehr als 400.000 Euro Spenden, über deren Herkunft der Verein keine Angaben macht.[20]

Sitz des Vereins istBerlin. Die bisherigenPräsidenten des BdSt sind:

Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler Deutschland seit 2012
  1. 1949–1950Hermann Wunderlich (1900–1974)[21]
  2. 1950–1961:Karl Bräuer (1881–1964)[22]
  3. 1961–1971:Volkmar Muthesius (1900–1979)[23]
  4. 1971–1982:Willy Haubrichs (1911–1982)[24]
  5. 1982–1992:Armin Feit (1927–2012)
  6. 1992–1994:Susanne Tiemann (* 1947)[25]
  7. 1994–2012:Karl Heinz Däke (1943–2023)[26]
  8. 2012–heute:Reiner Holznagel (* 1976)[27]

Seit 2019 ist Michael Jaeger Vizepräsident des Steuerzahlerbunds und zuständig für die Verbandskommunikation und Mitgliederwerbung. Seit 1996 ist er Generalsekretär des DachverbandsTaxpayers Association of Europe mit Sitz in Brüssel, welcher sich für niedrigere Steuern, einfachere und gerechtere Steuergesetze und mehr persönliche Freiheit einsetzt.[28] Jäger ist seit 2011 Geschäftsführer des VereinsEuropäischer Wirtschaftssenat („Elitenetzwerk führender Unternehmerpersönlichkeiten und Unternehmen“).[29]

Netzwerk

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Der Steuerzahlerbund kooperiert u. a. mit der LobbyorganisationInitiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), dem VerbandDie Familienunternehmer, dem VerbandFamilienbetriebe Land und Forst und demBundesverband mittelständische Wirtschaft.[30]

Der Dachverband der Steuerzahler saß 2014 noch in München und war beispielsweise Teil einer Kampagne gegen die Einführung derEinheitsverpackung von Zigaretten. Er fürchtete „einen Preiskrieg“, welcher zu einer „ernsthaften Bedrohung für die nationalen Finanzen“ führe.[31][32]

Tätigkeiten und Positionen

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Wolfgang Schroeder und Kollegen beschreiben imNomos-Verlag, dass sich die Ziele des Vereins an der Vorstellung einesneoliberalenMinimalstaats, bei dem dieöffentliche Daseinsvorsorge zugunsten privater Akteure und desfreien Marktes reduziert werden soll, orientieren.[2]

Schwarzbuch

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Die Schuldenuhr des Bunds der Steuerzahler über dem Eingang zeigt absolute Zahlen. DieStaatsschuldenquote wird nicht thematisiert.

Seit 1973 veröffentlicht der BdSt jährlich im HerbstDie öffentliche Verschwendung alsSchwarzbuch.[33] Darin erhebt der Verein regelmäßig den Vorwurf, dass die öffentliche Hand jährlich viele Milliarden Euro (bzw. zuvor Deutsche Mark) fehlinvestiere. Seine Zahlen basieren auf den Schätzungen der Rechnungshöfe, die davon ausgehen, dass bis zu 95 Prozent aller öffentlichen Investitionen korrekt getätigt werden. Im Umkehrschluss geht der BdSt von einer Verschwendung von 5 bis 10 Prozent aus.

Staatsverschuldung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Am Eingang seiner Zentrale veröffentlicht der Verein auf derSchuldenuhr seine Schätzung (Staatsverschuldung des vergangenen Jahres + eine geschätzte voraussichtliche Kreditaufnahme für das laufende Jahr) derStaatsverschuldung Deutschlands in absoluten Zahlen.

2010 stellte der BdSt sich hinter die Forderung des BerufsverbandsWirtschaftsrat der CDU nach strengen Sparmaßnahmen auch bei Ausgaben für Bildung und Familie. Der BdSt forderte eine „schonungsloseSparpolitik“.[34]

Klagen

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Der BdSt tritt als Unterstützer vonMusterverfahren auf. Damit wendet sich der Verband insbesondere gegen seiner Meinung nach systemwidrige und ungerechtfertigte steuerliche Änderungen oder Gesetze. Zu den Verfahren gehört die Klage gegen die Abschaffung derEntfernungspauschale. Am 9. Dezember 2008 gaben die Richter desBundesverfassungsgerichtes dem vom Verband unterstützten Kläger Recht (Az. 2 BvL 1/07).

Im Januar 2023 wies der Bundesfinanzhof eine vom BdSt unterstützte Klage gegen denSolidaritätszuschlag ab. Der Zuschlag sei nicht verfassungswidrig. Seit 2021 müssen etwa 10 % der Steuerpflichtigen ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 61.717 Euro den Solidaritätszuschlag zahlen. Bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 96.409 Euro gibt es eine Milderungszone.[35][36]

Preise und Gedenktage

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Der BdSt ruft jedes Jahr einenSteuerzahlergedenktag aus. Mit dem Preis „Spar-Euro“, wird ebenfalls jährlich besonders wirtschaftliches Verwaltungshandeln ausgezeichnet. Darunter versteht der BdSt die Übernahme kommunaler Aufgaben durch Vereine und Ehrenamtliche und „Interkommunale Zusammenarbeit“.[37][38] Der Landesverband inSachsen vergibt jährlich denSchleudersachsen für die Verschwendung von Steuergeldern. Der Landesverband fürBremen undNiedersachsen vergibt den JournalistenpreisDie Spitze Feder.

Kritik

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Vertretung von Partikularinteressen

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

In einer Studie der gewerkschaftsnahenHans-Böckler-Stiftung wird dargelegt, dass der BdSt kein repräsentatives Abbild der steuerzahlenden Bevölkerung darstellt.[3] Diese Einschätzung deckt sich mit den Erkenntnissen, die eine Studie für das Ressort Jugendarbeit und -politik im Vorstand derIG Metall bereits ein halbes Jahr vorher gewonnen hatte.[39] Die Mitgliederstruktur wirke sich auf die politischen Forderungen des Steuerzahlerbundes aus:schlanker Staat und niedrigeSteuersätze.[3] Dies sei einzig im Interesse einer Minderheit in der Gesellschaft, wie der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder ausführt. Die Mehrheit der Gesellschaft habe ein Interesse an einem hohen Steueraufkommen zur Finanzierung deröffentlichen Daseinsvorsorge, welche der Bund der Steuerzahler aufgrund seiner neoliberalen Ideologie eher dem Markt überlassen wolle.[2] Als weiteres Anzeichen, dass der Bund der Steuerzahler vorrangig Partikularinteressen vertrete, wird die fehlende Thematisierung vonSteuerflucht,Steuerhinterziehung undSteuervermeidung genannt.[2] Der PolitikwissenschaftlerRudolf Speth gab 2008 in einer für die Hans-Böckler-Stiftung durchgeführten Analyse an, dass rund 60 % der Mitglieder im Bunde der SteuerzahlerUnternehmer waren, weitere 15 % waren alsFreiberufler tätig.[40]

Der Anspruch des Bundes der Steuerzahler, die Interessen aller Steuerzahler zu vertreten, wird von dem Politologen und SPD-MitgliedPeter Lösche als „Teil einer PR-Strategie“ bezeichnet. Von der Mitgliederzusammensetzung seien im Bund vor allem mittelständische Unternehmer und Freiberufler vertreten; von der programmatischen Ausrichtung her konvergiere er mit derFDP.[4] Auch nach Meinung von Bernd Kramer dertaz vertritt der Bund der Steuerzahler entgegen seinem Namen nicht die Interessen aller Steuerpflichtigen, sondern nur die der Reichen. Zu diesem Schluss kam man unter anderem, weil 22 % der Leser der Mitgliederzeitschrift über ein Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 5.000 Euro im Monat verfügen im Gegensatz zu nur 8 % der Bevölkerung.[41] Der JournalistFriedrich Küppersbusch argumentierte 2021: „Der Bund der Steuerzahler ist eine von Union und FDP durchsetzte Lobby, die Steuersenkungen für ihre mehrheitlich sehr wohlhabenden Mitglieder durchsetzen will. Dabei arbeitet er mitFakenews, mit Zahlentricks, mitSchleichwerbung und mit Verächtlichmachung des ,dummen, blöden Staates‘“.[42]

Der PolitikwissenschaftlerGert-Joachim Glaeßner sieht es als zweifelhaft an, ob der Verband tatsächlich die Interessen aller Steuerzahler in ihrer Gesamtheit vertritt.[43]

In derARD-SendungReschke Fernsehen, FolgeLobbyismus für Besserverdienende: Die Show vom Bund der Steuerzahler, wurde u. a. die mutmaßliche Nähe zur ParteiFDP thematisiert. So erinnere der FDP-SloganVersprechen einlösen, Soli abschaffen[44] an die BdSt-ForderungWort halten, Soli abschaffen! aus dem Jahr 2019. Zudem würde sowohl der BdSt als auch die FDP die Vermögenssteuer ablehnen, höhere Freibeträge beim Erben fordern und die Grunderwerbssteuer abschaffen wollen. Bei Umsetzung dieser Forderungen würden nur Personen mit hohen Einkommen profitieren, das sei Parteinähe zur FDP,Lobbyismus für Besserverdienende und diene nicht den Gemeinwohlinteressen aller Steuerzahler. Darüber hinaus konzentriere sich der BdSt mehr auf die Steuerausgaben als auf die Steuereinnahmen. Die vom BdSt aufgedeckten Steuerverschwendungen würden bspw. um ein vielfaches von durch Schwarzarbeit, Betrug oder Tricks entgangene Steuereinnahmen gedeckt werden können, um die sich der BdSt nicht kümmere. Diese einseitige Betrachtung sei ebenfalls nicht im „Gemeinwohlinteresse aller Steuerzahler“, weshalb die Gemeinnützigkeit des Vereins in Frage gestellt würde.[45]

Kritik an Kampagnen und Methoden

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Der Spiegel warf 2005 dem Steuerzahlerbund vor, dass von ihm „angeprangerte Skandale sich allzu oft eher als Skandälchen herausstellten, die zudem aus Rechnungshofberichtenabgeschrieben worden waren“.[46] Auf die behaupteten Zahlen zur angeblichen Steuerverschwendung angesprochen, antwortete der damalige Präsident desBundesrechnungshofes, er könne die Zahl in keiner Weise nachvollziehen, er halte die Schätzung des BdSt für unseriös, da dieser seine Berechnungsgrundlagen nicht veröffentlichte, und der Bundesrechnungshof gehe von einer kleineren Summe aus, als der BdSt. Der Bundesrechnungshof kritisiert allgemein die seiner Einschätzung nach im Schwarzbuch verwendeten hochgerechneten Zahlen und mangelhaften Belege.[13] Michael Schäfer, Professor fürKommunalwirtschaft inEberswalde, bewertete dasSchwarzbuch des BdSt 2015 als „Aneinanderreihung pauschaler Behauptungen“, „ohne jede faktische Grundlage und ohne jeden Verweis“. Der Bund der Steuerzahler bediene populäre Klischees über die Kommunalwirtschaft, missverstehe dessen Struktur aber „teilweise bewusst, teilweise aus Unwissenheit“ falsch. Der BdSt vernachlässige vielfach die hohe Effizienz und Wirtschaftlichkeit kommunaler Unternehmen.[47]

Die Methoden des Vereins werden von Wolfgang Schroeder und Kollegen als „neoliberal-populistisch“ eingeordnet. So zeichnet der Verein einen Gegensatz „zwischen dem Volk und demEstablishment, in Form von Steuerzahler:innen gegen den Staat“, was als populistisches Stilelement kritisiert wird.[2] Auch der SteuerexperteStefan Bach nannte die Aktionen des Vereins wie den Steuerzahlergedenktag „vulgärökonomischen Populismus“. Die verwendeten Argumentationsmuster, welche den Staat als zu gierig und verschwenderisch darstellen, würden Parallelen zur rechtspopulistischenTea-Party-Bewegung aufweisen.[48] In einem SWR-Radiointerview im Juli 2023 führe er seine Überlegungen näher aus. Die Berechnung des Bundes der Steuerzahler sei zwar „nicht unseriös“. Anstatt die Höhe der Belastungen gelte es jedoch die Qualität der Leistungen und die Effizienz der öffentlichen Verwaltung in den Fokus zu stellen.[49] Der PublizistWolfgang Lieb bezeichnete die Studien des BdSt als „sozialstaatsfeindlich“.[50]

DasNetzwerk Steuergerechtigkeit kritisiert aus Perspektive der Steuergerechtigkeit den Standpunkt des BdSt in der Diskussion um eineGrundsteuer.[51] Die beim Steuerzahlergedenktag angewandte Methodik wird ebenfalls vom Netzwerk Steuergerechtigkeit kritisiert. Anstatt die Solidarität „noch weiter auszuhöhlen und damit die Basis unserer Demokratie aufs Spiel zu setzen“ sollte der Gedenktag besser „ein Anlass sein, unsere solidarische Gesellschaft zu feiern“.[52]

In derARD-SendungReschke Fernsehen FolgeLobbyismus für Besserverdienende: Die Show vom Bund der Steuerzahler wurde die beim Steuerzahlergedenktag angewandte Methodik kritisiert. Die Berücksichtigung derSozialabgaben (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) sowie desRundfunkbeitrages, die keine Steuern darstellen, diene nur dazu die Zahl höher zu machen und damit den Tag nach hinten zu rücken.[45]

BeimSynagogen-Neubau in Magdeburg kritisierte der Steuerzahlerbund die finanzielle Beihilfe des Staates. Ralf Seibicke, Vorstandsmitglied beim SteuerzahlerbundSachsen-Anhalt, sagte 2019, dass „jede Religionsgemeinschaft selber für den Neubau einer Kirche verantwortlich sein [sollte]“. Für diese Aussage wurde der Bund von derjüdischen Gemeinde Magdeburg kritisiert, diedeutsche Geschichtsschreibung im Kontext derSchoah außer Acht zu lassen. Waltraut Zachhuber, die Vorsitzende des Fördervereins „Neue Synagoge Magdeburg“ warf dem Steuerzahlerbund vor, antisemitische Vorurteile zu nähren und die „ohnehin durchJudenhass undRassismus geprägte gesellschaftliche Atmosphäre“ weiter zu vergiften.[53]

Intransparenz

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Peter Lösche kritisiert eine Kooperation mit derHamburg-Mannheimer Versicherung sowie die Höhe der Gehälter des ehemaligen PräsidentenKarl Heinz Däke: Durch Aufsplitterung in drei verschiedene Gehälter (als Präsident des Bundesverbandes, als Präsident desKarl-Bräuer-Instituts und als Vorstandsmitglied des Bundes der Steuerzahler in NRW) verschleiere Däke sein Gesamteinkommen in Höhe von 187 000 Euro.[54]

Kritiker werfen dem Verein bei seiner Finanzierung intransparente Strukturen vor, da der Verein Auskünfte über die Herkunft und Zusammensetzung seiner Großspenden verweigert.[20]

Unterkomplexes Verständnis von Staatsschulden

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Laut einem Beitrag im WirtschaftsmagazinSurplus von Steffen Murau und Moritz Kapff pflegt der Steuerzahlerbund mit seiner Schuldenuhr ein unterkomplexes Verständnis von Staatsschulden. Er sehe Staatsschulden aus der Perspektive derSchwäbischen Hausfrau. Demnach sei staatliche Kreditaufnahme „beängstigend und gefährden künftige Generationen“. Dies werde „der komplexen Realität nicht gerecht“. Auch wenn Staatsschulden nicht „vollkommen unproblematisch seien“, müsse man sehen, dass wir „nicht grundsätzlich über unsere Verhältnisse [leben], sofern der Staat es schafft, das Geld aus den aufgenommenen Schulden für Zukunftsinvestitionen zu verwenden und die Staatsschuldenquote konstant zu halten“. Dafür dürften die Zinsen für die strukturelle Staatsschuld nicht übermäßig steigen und die Wirtschaft müsse stabil wachsen. Staatsschulden müssten richtig gemanagt werden. Staatsschulden stellten „in der Form von Staatsanleihen auch ein öffentliches Gut dar, für das es Nachfrage“ gebe.[55]

Literatur

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Weblinks

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  1. abLobbyregistereintragBund der Steuerzahler Deutschland e. V. Abgerufen am 27. Februar 2024. 
  2. abcdefgWolfgang Schroeder, Samuel Greef, Lukas Kiepe:Bund der Steuerzahler: Schlanker Staat durch Homogenisierung heterogener Interessen. In: Katie Baldschun (Hrsg.):Sozialgerichtsbarkeit im Blick – Interdisziplinäre Forschung in Bewegung Fachkonferenz der Nachwuchsgruppe „Die Sozialgerichtsbarkeit und die Entwicklung von Sozialrecht und Sozialpolitik in der Bundesrepublik Deutschland“ am 21./22. September 2020. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2021,ISBN 978-3-7489-3100-3,S. 195–211. 
  3. abcRudolf Speth: Arbeitspapier 161. Steuern, Schulden und Skandale. Für wen spricht der Bund der Steuerzahler? (PDF; 589 kB), Juli 2008.
  4. abPeter Lösche: „Verbände und Lobbyismus in Deutschland.“ Kohlhammer 2007. S. 58.
  5. Günter Schmölders, 1983, S. 27.
  6. Kunze/Schelle, 1977, 18 ff.
  7. Enrico Schöbel,Politische Partizipation als Verbandsarbeit: Bund der Steuerzahler zwischen Mitgliederinteressen und Gemeinwohl,Universität Erfurt,ISSN 1610-9198
  8. Korinna Schönhärl:Steuermoral in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg: Eine diskursanalytische Rekonstruktion. In:Leviathan.Band 47,Nr. 2, 6. Juni 2019,ISSN 0340-0425,S. 177,doi:10.5771/0340-0425-2019-2 (nomos-elibrary.de [abgerufen am 7. Februar 2023]). 
  9. Professorenkatalog der Universität Leipzig – Die Professoren-Datenbank für Leipzig. In: www.uni-leipzig.de. Abgerufen im 1. Januar 1 
  10. Manfred Schäfers:Karl Bräuer ist nur noch belastende Geschichte.Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Juni 2013.
  11. Der BdSt stellt sich vor. In: Webseite BdSt. Abgerufen am 26. Januar 2023. 
  12. Jahresrückblick 2018. (PDF) Abgerufen am 25. Oktober 2019. 
  13. abMarkus Scheele: Bund der Steuerzahler in der Kritik: „Die haben sich unglaubwürdig gemacht“. In: spiegel.de. Abgerufen am 19. August 2021. 
  14. Frankfurter Allgemeine Zeitung:„Schleichender Bedeutungsverlust“: Dem Steuerzahlerbund laufen die Mitglieder davon. 3. August 2008.
  15. Hendrik Heinze:"Schwarzbuch öffentliche Verschwendung": Steuerzahlerbund kritisiert Staat. In:Die Tageszeitung: taz. 10. Oktober 2008,ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 31. Januar 2023]). 
  16. Bund der Steuerzahler NRW[1], gesichtet am 14. Juli 2021.
  17. Peter Lösche: „Verbände und Lobbyismus in Deutschland.“Kohlhammer 2007. S. 58.
  18. manager magazin: Steuerzahler-Lobbyist: Neuer Job für Rainer Brüderle. Abgerufen am 8. Februar 2023. 
  19. Rainer Brüderle: Ex-FDP-Minister hat neuen Job in der Pflegebranche. In: Handelsblatt. Abgerufen am 8. Februar 2023. 
  20. abSimon Groß: Lobbyismus :Wen vertritt der Bund der Steuerzahler? In: Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 28. Januar 2023. 
  21. Eine Art Geheimwissenschaft, Der Spiegel, 45/1949, 3. November 1949; Eike Möller (Red.):Wer Steuern zahlt, will Sparsamkeit. 50 Jahre Bund der Steuerzahler. Bund der Steuerzahler, Wiesbaden [1999], S. 27, 31 und 34 (mit Bildern der Präsidenten Wunderlich, Bräuer, Muthesius, Haubrichs, Feit und Tiemann).
  22. Karl Bräuer,munzinger.de, Stand: 20. Juli 1964.
  23. Volkmar Muthesius, munzinger.de, Stand: 24. September 1979.
  24. Willy Haubrichs, Der Spiegel, 18/1982, 3. Mai 1982;Wer ist wer? XX. Ausgabe, Schmidt-Römhild, Lübeck 1979, S. 460.
  25. Susanne Tiemann, munzinger.de, Stand: 14. November 1994.
  26. Karl Heinz Däke, munzinger.de, Stand: 12. Februar 2013.
  27. Reiner Holznagel, munzinger.de, Stand: 13. November 2012.
  28. Register der Interessenvertreter. In: Transparenzregister der EU. Abgerufen am 2. Februar 2023. 
  29. Daniela Bode: Neubiberg: Lobbyist der Steuerzahler. In: Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 2. Februar 2023. 
  30. Christina Deckwirth: Kampf um den Soli: Wie Lobbyisten sich für Steuersenkungen für Reiche einsetzen. In: Lobbycontrol. 15. November 2017, abgerufen am 26. Januar 2023. 
  31. Claus Hecking:Irland will scharfes Tabakgesetz. Deutsche Politiker gehen dagegen vor. In:Der Spiegel. 13. August 2014,ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 2. Februar 2023]). 
  32. Claus Hecking:Tabakrichtline: Marlboro-Produzent Philip Morris verklagt die EU. In:Der Spiegel. 3. November 2014,ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 2. Februar 2023]). 
  33. Bettina Mittelacher:Bund der Steuerzahler: Schwarzbuch: So verschwendet Hamburg Steuergelder,abendblatt.de, 19. Oktober 2022: „seit der ersten Ausgabe des Schwarzbuchs im Jahr 1973“.
  34. Ausgabenpolitik: Unterstützung für Kochs Bildungs-Sparplan. In: zeit.de. Abgerufen am 1. Februar 2023. 
  35. Katja Gelinsky:Bundesfinanzhof verhandelt: Ist der Soli eine verfassungswidrige Reichensteuer? Hrsg.: FAZ.net. 17. Januar 2023,ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 28. Januar 2023]). 
  36. Süddeutsche Zeitung: Klage abgelehnt – der Soli bleibt. Abgerufen am 30. Januar 2023. 
  37. Ralf Euler, Wiesbaden:„Spar-Euro“: Das Geld der Steuerzahler vorbildlich eingesetzt. In:FAZ.net.ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 9. Februar 2023]). 
  38. Jakob Eich: Die Sparfüchse unter den Kommunen in Rheinland-Pfalz. In: Der Neue Kämmerer. 19. November 2019, abgerufen am 9. Februar 2023 (deutsch). 
  39. Andreas Becker: „Getrennt marschieren und vereint schlagen“. Für wen spricht der Bund der Steuerzahler? (PDF; 842 kB), Dezember 2007.
  40. Ulrich Müller: Für wen spricht der Bund der Steuerzahler? In: lobbycontrol.de. LobbyControl – Initiative für Transparenz und Demokratie e. V., 4. Juli 2008, abgerufen am 2. Oktober 2023. 
  41. Bernd Kramer:Bund der Steuerzahler: Unmögliche Lobby. In:Die Tageszeitung: taz. 6. August 2012,ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 20. Juni 2020]). 
  42. Pro Bono GmbH: Küpperbusch TV.Steuern 2021: Das Geld muss weg! – Küppersbusch TV (ab 0:04:06) aufYouTube Transkript 14. Juli 2021, gesichtet am 14. Juli 2021.
  43. Gert-Joachim Glaeßner:Demokratie und Politik in Deutschland. Springer-Verlag, 2013,ISBN 978-3-322-86660-8,S. 385 (google.com [abgerufen am 4. Februar 2023]). 
  44. Versprechen einlösen, Soli abschaffen. In: Offizielle Webseite der FDP. FDP, 17. Januar 2023, abgerufen am 14. November 2023. 
  45. abLobbyismus für Besserverdienende: Die Show vom Bund der Steuerzahler. (Video) In: Reschke Fernsehen. ARD, 9. November 2023, abgerufen am 14. November 2023. 
  46. Alexander Neubacher:Drohen, giften, geifern, Der Spiegel vom 26. März 2005.
  47. Michael Schäfer, Sven-Joachim Otto:Das kommunale Nagelstudio : Die populärsten Irrtümer zu Stadtwerke & Co. Springer, Wiesbaden 2016,ISBN 978-3-658-09872-8,S. 63 ff. 
  48. Stefan Bach: Die Tea Party lässt grüßen. Abgerufen am 8. Februar 2023. 
  49. SWR aktuell: Steuerzahlergedenktag: Ab heute arbeiten wir für die eigene Tasche. SWR, 12. Juli 2023, abgerufen am 27. Februar 2024. 
  50. Peter Schwarz:WolfgangDie Schwäbische Waldbahn in der Kritik,Welzheimer Zeitung, 7. Oktober 2017.
  51. Christoph Trautvetter: Wer hat Angst vor der Grundsteuer? - Netzwerk Steuergerechtigkeit. 1. Februar 2019, abgerufen am 29. Januar 2023. 
  52. Steuerzahler-Gedenktag: Solidarität feiern anstatt weitere Entlastungen für Unternehmen und Reiche – Netzwerk Steuergerechtigkeit. 15. Juli 2021, abgerufen am 29. Januar 2023. 
  53. Synagogen-Neubau in Magdeburg – Bund der Steuerzahler stellt Zuwendungen infrage. In: deutschlandfunk.de. Abgerufen am 8. Juni 2021. 
  54. Peter Lösche: „Verbände und Lobbyismus in Deutschland.“ Kohlhammer 2007. S. 59.
  55. Steffen Murau, Moritz Kapff: Hyperinflation durch neue Schulden? 4 Sichtweisen auf nachhaltige Staatsfinanzen. In: Surplus. 31. Oktober 2025, abgerufen am 3. November 2025. 
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bund_der_Steuerzahler_Deutschland&oldid=261263458
Kategorien:

[8]ページ先頭

©2009-2025 Movatter.jp