Brest[bʁɛst] ⓘ ist einefranzösische Hafenstadt in derBretagne mit 140.993 Einwohnern (Stand 1. Januar 2022). Sie gehört zumDépartement Finistère. Aufgrund ihrer geschützten Lage an derBucht von Brest (französischRade de Brest), einer tief ins Land ragenden Bucht desAtlantiks, sowie des natürlichen Hafens im Bereich der Mündung des FlüsschensPenfeld ist Brest seit Jahrhunderten ein bedeutenderMarinehafen. Noch heute ist Brest, auch „Cité du Ponant“ genannt, Stützpunkt der französischen Atlantikflotte und ein wichtiger Handelshafen.
Als größte Stadt der westlichen Bretagne ist Brest ein wichtiger Industrie- und Handelsstandort. Die westlichste Stadt des europäischen Teils Frankreichs ist Sitz derUniversité de Bretagne Occidentale (dt. Universität der Westbretagne), derBrest Business School sowie weiterer Hochschulen und Forschungsinstitute.
Brest hat ein gemäßigtesSeeklima, das vomGolfstrom beeinflusst wird. Charakteristisch für dieses Klima sind kühle Sommer und milde Winter. Frost tritt selten auf, Wind dagegen fast ständig. Die Stadt gehört in eine Klimazone des Typs Cfb (nachKöppen und Geiger):Warmgemäßigtes Regenklima (C),vollfeucht (f), wärmster Monat unter 22 °C, mindestens vier Monate über 10 °C (b).
Die jährliche Durchschnittstemperatur liegt bei 10,9 °C; der kälteste Monat ist mit 6,3 °C der Januar, der wärmste mit 16,3 °C der August. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt 1.109,4 mm; am trockensten mit 46,3 mm ist es im Juli, die höchste Niederschlagsmenge fällt mit 140,2 mm im Dezember.
Plan von Brest (1764)Arsenal von Brest (1855)Lageplan von Brest um 1904Der noch heute maßgebliche Wiederaufbauplan von 1948
An der Stelle des heutigen Brest befand sich zur Zeit der Römer seit Ende des 3. Jahrhunderts einbefestigter Stützpunkt, der dem Küstenschutz diente undGesocribate genannt wurde. Im 5. Jahrhundert wanderten von England her britische Stämme ein, nach denen das Land Bretagne genannt wurde. Später wurde hier ein Kastell gegen die Angriffe derNormannen errichtet. Mit der Bretagne kam auch Brest im 12. Jahrhundert unter die Oberhoheit der Engländer, 1202 aber wieder zurück unter französische Lehnsherrschaft.
Mit Beginn der Neuzeit erlebte die Stadt durch den Überseehandel einen Aufschwung. 1593 erhielt Brest durch KönigHeinrich IV. das Stadtrecht. 1631 machte KardinalRichelieu Brest zumMilitärhafen und ließ dort dasMarinearsenal für dieFlotte du Ponant erbauen. 1683 wurde die Anlage vonVauban zur Festung ausgebaut. Am 18. Juni 1686 traf hier eine Delegation ausSiam ein, die zu KönigLudwig XIV. nach Versailles weiterreiste, ein Ereignis, an das bis heute der Name der wichtigsten Hauptstraße der Stadt, die Rue de Siam, erinnert. 1749 wurde das „Bagno“ (Zuchthaus) von Brest eingerichtet, ein Arbeitslager auf dem Gelände des Marinearsenals. Es konnte bis zu 3700 Sträflinge aufnehmen und bestand bis 1858. Das 1750/51 durch den BaumeisterChoquet de Lindu errichtete Hauptgebäude des Bagno mit einer Fassade von 254 m Länge gehörte zu charakteristischen Bauten des alten Brest vor dem Zweiten Weltkrieg. Die Insassen stellten rund 10 % der Stadtbevölkerung und spielten im Leben Brests eine große Rolle. Neben Schiffbauarbeiten verrichteten die Strafgefangenen auch Erdarbeiten im Hafenbecken und amKanal von Nantes nach Brest. 1752 wurde in Brest eine Marineakademie eingerichtet. Das Marinearsenal war auch wegen seiner mächtigen Kanone bekannt, die täglich die Öffnung und Schließung des Arsenalgeländes ankündigte – einer umstrittenen Theorie zufolge von dieser sollte sich auch die französische Redewendungtonnerre de Brest (so viel wie: mächtiges Donnerwetter) ableiten.[2]
1789 war die Brester Bevölkerung zunächst begeistert für dieFranzösische Revolution. Ihre Sympathien galten dann aber vermehrt denGirondisten bzw. einem föderalen Staatsaufbau, was ihr den Unmut derJakobiner einbrachte, die 70 Bürger unter die Guillotine schickten. Nach dem Sturz Robespierres wurde die Stadt dann wieder von Girondisten verwaltet. Der Hafen verlor allerdings bald durch die Kontinentalblockade an Bedeutung, der Handel lag brach und eineWirtschaftskrise war die Folge, die die Stadt zurückwarf. UnterNapoleon wurde mit dem Bau des schiffbarenCanal de Nantes à Brest begonnen, mit dem die Seeblockade umgangen werden sollte. Mit derIndustrialisierung fand man wieder Anschluss an die wirtschaftliche Entwicklung, etwa durch den Bau der Brücke über den Penfeld 1856 oder den Bau des Brester Bahnhofs 1865; die Stadt lag damals 18 Zugstunden von Paris entfernt. Das Zuchthaus wurde 1858 aufgegeben, stattdessen verfrachtete man die Insassen vonBordeaux aus direkt auf Sträflingsinseln in Übersee. 1904 wurde der erste sozialistische Bürgermeister gewählt.[3] ImErsten Weltkrieg war Brest 1917/1918 ein wichtiger Nachschubhafen derUS-Truppen in Europa. In der Nachkriegszeit wurde der Hafen stetig erweitert, 1930 kamen die Anlagen von Plougastel hinzu.
ImZweiten Weltkrieg nahm die deutscheWehrmacht Brest am 19. Juni 1940 ein und machte es zu einem der wichtigsten Stützpunkte am „Atlantikwall“, wo auch die1. U-Flottille und einMarinelazarett stationiert waren. 1941/1942 lagen hier auch die beiden Schlachtschiffe derScharnhorst-Klasse und der KreuzerPrinz Eugen. In Brest wurde auch eineSeenotfliegerstaffel aufgestellt. Zum Schutz der U-Boote wurde unmittelbar vor der ehemaligenEcole Navale, deren Gebäude jetzt als Hauptquartier der U-Boot-Flottille diente, einU-Boot-Bunker gebaut, der 192 m breit, 333 m lang und 17 m hoch war. Die Deckenstärke betrug 6,20 m.
Hitler ernannte im Januar 1944 alle wichtigen Hafenstädte im Westen – so auch Brest – zur „Festung“, was vor allem symbolischen Charakter hatte. In OKW-Befehlen von Februar 1944 zur Verteidigung von Festungen wurde befohlen, „bis zum letzten Mann“ zu kämpfen und keinesfalls zu kapitulieren. Nach derLandung in der Normandie wurde Brest, wo sich in den Bunkern fast 35.000[4] deutsche Besatzer verschanzt hatten, in derSchlacht um die Bretagne 43 Tage von den Alliierten belagert. Am 21. August 1944 hatte die US-amerikanische Operation begonnen, die vonLandernau aus Brest vom Umland trennte. Am 2. September gelang ihnen die Einnahme eines Hügels nordöstlich der Stadt. Ab dem 10. September begann der Häuserkampf am Ostrand der Stadt. Unter hohen Verlusten kämpften sie sich zum Fort de Montbarey durch.[4] Der deutsche KommandantHermann-Bernhard Ramcke, der zum ÄrgerGoebbels nicht Suizid[5] beging, kapitulierte am 18. September 1944, nachdem er am 13. September ein erstes Kapitulationsangebot ausgeschlagen hatte. Die letzten Deutschen ergaben sich am Tag danach.[4]
Die Stadt wurde durch die Kämpfe und Bombardierungen der Alliierten stark zerstört und musste von Grund auf, nach den Plänen vonJean-Baptiste Mathon, neu aufgebaut werden. 1961 war der Wiederaufbau im Wesentlichen abgeschlossen.Da von der historischen Bausubstanz wenig übrigblieb, macht Brest heute den Eindruck einer Planstadt mit Betonbauten. Wirtschaftlich musste man sich nach dem Zweiten Weltkrieg umorientieren, da die Bedeutung alsMarinehafen zurückging; stattdessen erlebten nunmehr die Dienstleistungsbranche und moderne Industrien sowie dieMeeresforschung einen Aufschwung. Zur Bedeutung als Bildungszentrum trug auch die Gründung derUniversité de Bretagne Occidentale im Jahr 1960 bei.
Die Brester Festung (französischChâteau de Brest) über der Mündung der Penfeld bietet einen guten Überblick über dieReede und denMarinehafen. Einer der Türme beherbergt dasMusée de la Marine (ein Zweig desMusée national de la Marine) mit einer Sammlung zur Geschichte des Hafens und der Marine.[7]
Océanopolis seit 1990, ein Erlebnispark zum Thema Ozeane mit 42Meerwasser-Schauaquarien unterschiedlicher Größe und einem Schwerpunkt auf Flora und Fauna der bretonischen Küste.
Verschiedene Überreste der Festungsbauwerke vonVauban
In einem mittelalterlichen Turm, demTour Tanguy, am rechten Ufer der Penfeld-Mündung, befindet sich ein kleines Museum mit Modellen und historischen Dokumenten zum Aussehen der Stadt Brest vor dem Zweiten Weltkrieg.
Die HubbrückePont de Recouvrance von 1954 über diePenfeld.
Der 1940 bis 1944 von den deutschen Besatzern errichteteU-Boot-Bunker, der insgesamt Platz für 13 U-Boote geboten hat.
DasMusée des Beaux-Arts stellt eine kleine Sammlung europäischer Malerei vom 16.–21. Jahrhundert aus.
Kirche St-Louis, ursprünglich aus dem 18. Jahrhundert, nach Kriegszerstörung zwischen 1953 und 1958 neu errichtet.
DieAteliers des Capucins, ein ehemaliges Werftgelände und Klosterkomplex, wurden zu einem modernen Kultur- und Veranstaltungszentrum umgebaut. Heute beherbergen sie unter anderem eine öffentliche Bibliothek, Ausstellungsflächen, Start-ups, Kletterwände sowie Gastronomie- und Veranstaltungsräume. Das weitläufige Areal ist über eine Seilbahn mit dem Stadtzentrum verbunden und gilt als eines der größten überdachten öffentlichen Räume Europas.
SegeljachtMoonbeam beim maritimen FestivalBrest 2008
Seit 1992 findet alle vier Jahre im Monat Juli dasFêtes maritimes de Brest statt, ein internationales Festival des Meeres und der Matrosen (Brest 92,Brest 96,Brest 2000,Brest 2004 usw.)[8], unter anderem mit einer Schau internationaler Großsegler. Im Jahr 2012 besuchten 715.000 Personen die Veranstaltung in und an derRade de Brest.
Die städtische BühneLe Quartz ist über die Grenzen des Départements hinaus bekannt.
Jedes Jahr im Herbst findet das Kurzfilmfestival Festival européen du film court de Brest statt.
Seit einigen Jahren lockt das FestivalAstropolis französische und internationale Größen elektronischer Musik nach Brest (meist Anfang August).
Zwei gebührenfreie Autobahnen verbinden Brest mitRennes (RN 12) sowie mitNantes (RN 165). DieRoute nationale RN 265 schafft eine Verbindung nach Osten. Ein Teilstück dieser Autobahn stellt die Umfahrung der Stadt dar.
Der Bahnhof von Brest wurde zwischen 1936 und 1937 imArt-déco-Stil errichtet und liegt an derBahnstrecke Paris–Brest.Er wird täglich von mehrerenTGV-Zügen bedient, die ihn direkt mitParis Gare Montparnasse verbinden. Die schnellsten davon schaffen die Strecke in 3 h 21 m. Mit dem ProjektBretagne à Grande Vitesse ist geplant, die Fahrzeit auf 3 h 10 m zu reduzieren.
Der Nahverkehr in Brest wird von einer Straßenbahnlinie, 14 Buslinien und seit 2015 auch einer Seilbahn, derTéléphérique de Brest, bedient. Daneben gibt es 7 Rufbuslinien in kleinere oder abgelegene Randgebiete der Agglomeration sowie zwei besondere Pendelbuslinien zum Flughafen Guipavas sowie in den Marinestützpunkt. Die Straßenbahnlinie, seit 2009 in Bau, bedient auf 14,3 km Länge insgesamt 28 Haltestellen. Sie verbindet den West- mit dem Ostteil der Stadt und wurde mit einer Einweihungsfeier am 23. und 24. Juni 2012 in Betrieb genommen.[9] In diesem Zusammenhang ist auch das gesamte Busnetz der Agglomeration neu gestaltet und auf die neue Straßenbahn abgestimmt worden.[10] Eine zweite Linie, die auch den Bahnhof und den Hafen anbinden soll, befindet sich in konkreter Planung.
Der Hafen von Brest, der hauptsächlich als Frachthafen genutzt wird, bietet zudem Passagierverbindungen zurCrozon-Halbinsel sowie zu den Inseln derIroise.
DerFlughafen Brest befindet sich auf dem Gebiet der GemeindeGuipavas und bestreitet 45 % des Passagieraufkommens in der Bretagne.Seit Dezember 2007 ist ein neues Terminal in Form einesManta in Betrieb, was die Passagierkapazität auf 1,8 Millionen im Jahr erhöhte.
DieBase navale de Brest, der Militärhafen von Brest, ist eine der größten Marinebasen Frankreichs und dient als Heimathafen für zahlreiche Kriegsschiffe und U-Boote.
École navale
Die französische MarineschuleÉcole navale mit Sitz inLanvéoc in derBucht von Brest, südlich von Brest, wurde ursprünglich in Brest gegründet und bildet Offiziere für die französische Marine aus. Sie gilt als wichtigste Akademie für die französische Marineausbildung.
École de maistrance (Unteroffizierschule der Marine)
DasCentre d'instruction naval de Brest (CIN Brest) ist als Marineausbildungszentrum auf die Grund- und Fachausbildung für Marinepersonal spezialisiert. Auf der zur Marinebasis von Brest gehörenden HalbinselÎle Longue befindet sich der U-Boot-Stützpunkt für die nuklearen ballistischen Raketen-U-Boote der französischen Marine. Das historische FortFort Montbarey ist heute ein Museum, das unter anderem die Rolle Brests und der Bretagne im Zweiten Weltkrieg dokumentiert, aber früher als militärische Einrichtung diente. Der MarineflugplatzBase d'aéronautique navale de Landivisiau (BAN Landivisiau) liegt nur wenige Kilometer von Brest entfernt und ist die Basis für die Kampfflugzeuge der französischen Marine (z. B.Rafale Marine, die auf Flugzeugträgern eingesetzt werden kann).
Brest ist die Heimat des FußballvereinsStade Brest. In der Stadt befindet sich dieBrest Arena, eine 2014 eröffnete Multifunktionsarena mit bis zu 5.500 Plätzen, die regelmäßig für Sportveranstaltungen und Konzerte genutzt wird. Die Arena war unter anderem eine von acht Austragungsstätten derHandball-Weltmeisterschaft der Männer 2017 in Frankreich und ist im Dezember 2018 ebenfalls einer der Austragungsorte derHandball-Europameisterschaft der Frauen 2018 gewesen.
Vom nach dem Zweiten Weltkrieg in Ruinen liegenden Brest handelt eines der berühmtesten Gedichte vonJacques Prévert,Barbara, das auch als Chanson vertont wurde.
René Le Bihan u. a.:Brest, 1940 – 1944 – 1960: l'Occupation, la Libération, la reconstruction, Bildband, Edition Ouest-France, Rennes 1994,ISBN 2-7373-1525-5 (französisch).
Alain Boulaire, René Le Bihan:Brest. Editions Palantines, Plomelin 2004 (Erstausgabe als:Brest: un siècle de marine et d'arsenal, Le Télégramme, Brest 2001),ISBN 2-911434-38-2 (französisch).
Lars Hellwinkel:Der deutsche Kriegsmarinestützpunkt Brest 1940–1944 (=Kleine Schriftenreihe zur Militär- und Marinegeschichte, Band 16). Winkler, Bochum 2010,ISBN 978-3-89911-103-3.
↑Alain Croix:La Bretagne – Entre histoire et identité (= Collection Découvertes Histoire.Nr.526). Éditions Gallimard, Paris 2008,ISBN 978-2-07-034907-4,S.102.
↑abcJérémie Halais:Chroniques de la Libération : du Débarquement à Nuremberg. Éditions Larousse, Paris 2025,ISBN 978-2-03-607628-0,S.134ff.
↑books.google.dePeter Lieb:Konventioneller Krieg oder Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44, Oldenbourg Verlag 2007, S. 486. PropagandaministerJoseph Goebbels äußerte sich enttäuscht, dass Ramcke „so wenig Gefühl für Unsterblichkeit besitzt“ und nicht Suizid beging. – Der JournalistErich Kuby erlebte als deutscher Soldat die Belagerung bis zum Ende. Er schrieb darüber die letzte Passage seiner literarischen Kriegstagebücher: Erich Kuby:Mein Krieg. Aufzeichnungen aus 2129 Tagen. Nymphenburger, München,ISBN 3-485-00250-X. Mehrere Neuauflagen, auch u.d.T.Mein Krieg. Aufzeichnungen 1939–1944., zuletzt als Taschenbuch: Aufbau 1999,ISBN 3-7466-1588-7.