Brüderlichkeit

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--Chiananda (Diskussion) 03:06, 15. Apr. 2014 (CEST)

Brüderlichkeit (von „Bruder“, vor allem im politischen oder philosophischen KontextfranzösischFraternité,geschlecht­sübergreifend auchGeschwisterlichkeit[1]) bezeichnet das tatsächliche oder angestrebtesoziale undsolidarische Verhalten in einerGruppe oderGemeinschaft, die nicht aufVerwandtschaft oderHeirat gründet, sondern auf einemfreiwilligen Zusammenschluss von Menschen. Ihre gleichgestellten Beziehungen zueinander werden durch eine gegenseitige „Verbrüderung“ geschaffen, die unterschiedliche Formen haben kann. ObwohlBrüderlichkeit im wörtlichen SinneFrauen nicht einbezieht, bezog sich das Wort auch früher schon stellenweise auf Angehörige beiderGeschlechter. In Bezug auf Frauensolidarität wird auchSchwesterlichkeit verwendet. In fast allenKulturen der Welt ist das Ideal der Brüderlichkeit bekannt, im weitesten Sinne schließt es die Würde und dieGleichberechtigung aller Menschen ein, dieMenschlichkeit, dieBarmherzigkeit, denPazifismus und auch dieFeindesliebe (vergleicheBruder als weltweiter Ausdruck für Freundschaft).

Der Gedanke der Brüderlichkeit stammt aus derPhilosophie derStoa (ab 300 v. Chr.) und demJudentum und wurde aus dem Judentum insChristentum übernommen. Die Brüderlichkeit wird mit der gemeinsamen Abstammung voneinem Vater begründet (Patrilinearität). Im Gegensatz zum nicht-personal gedachten Gott-Vater-Begriff der Stoa wird jedoch Gott, der Vater (JHWH) als personales Gegenüber vorgestellt, das beispielsweise zu seinem auserwählten Volk spricht. Die Vaterschaft des Gottes im Christentum wird zu einer immenschgewordenen SohnJesus Christus vermittelten Vaterschaft, die die brüderliche Einheit imSohn Gottes einschließt.Jesus von Nazaret selbst lehrte die Brüderlichkeit im Gebot derNächstenliebe.

Inhaltsverzeichnis

Brüderlichkeit der Stoa

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Der Brüderlichkeitsbegriff in der Stoa beruht auf einem ursprünglichen,mythologischenNaturbegriff. Im Himmel wird eine welterzeugende Kraft gesehen, die zusammen mit der „Mutter Erde“ alles Leben der Welt erwirkt. In diesem Sinn kann dann der Himmel „Vater“ der Menschen heißen.Platon sieht in der ewigen transzendentenIdee des Guten den Vater und Herrn, aber deren Personalität bleibt zweifelhaft. Von einer persönlichen Beziehung zu den Geschöpfen der Welt kann keine Rede sein. Die Lehre von der Vaterschaft ist hier eine Umdeutung des altenMythos vonZeus undHera. Die Götter bilden lediglich die Spitze eines erhabenenKosmos. Von einem persönlichen, zürnenden, sorgenden, verzeihenden Vater-Gott findet sich in der Stoa keine Spur.

Christliche Brüderlichkeit

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Die Einswerdung mit Christus schließt die Einswerdung der Christen untereinander ein und bedeutet so die Aufhebung der trennenden natürlichen geschichtlichen Grenzen.

„Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder.“

Damit wird der große Hauptunterschied, der bisher die Welt unüberwindlich geteilt hatte, hinfällig. Der Unterschied zwischen Israel und denHeiden, zwischen Rein und Unrein, zwischen Auserwählten und Nicht-Auserwählten. Über alle ständisch-hierarchischen Ordnungen natürlich-geschichtlicher Grenzen hinweg herrscht nun der christliche Bruderbegriff.

Aufklärung und Menschenrechte

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Brüderlichkeit war einerseits (französischFraternité) eine der Kampfparolen derFranzösischen Revolution, während die spätere Arbeiterbewegung überwiegend den Begriff derSolidarität verwendete. Andere sehen in der Brüderlichkeit eher eine ethischeTugend, die zu Friedfertigkeit, zuToleranz, zuVersöhnung mit dem Feind und zuHilfsbereitschaft führt. In diesem Sinne ist sie verwandt mit dem Begriff derVerbundenheit. Jeden März feiern in diesem Sinne viele Millionen Menschen dieWoche der Brüderlichkeit mit Projekten und Veranstaltungen. Auch in dieErklärung derMenschenrechte derVereinten Nationen floss der Gedanke der Brüderlichkeit ein. Er wird im ersten Artikel erwähnt, wo es heißt:

„Alle Menschen sind frei und gleich anWürde und Rechten geboren. Sie sind mitVernunft undGewissen begabt und sollen sich einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“

Brüderlichkeit im Marxismus

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ImMarxismus findet wieder eine Unterscheidung zweier ethischer Zonen statt. Die Menschheit ist hier in einen historischen Gegensatz von Kapital undProletariat zerfallen: ImKlassenkampf schließt die Bruderschaft der einen die Feindschaft gegen die anderen ein. Erst die Überwindung derKlassengesellschaft, die kämpferischedialektische Aufhebung von (materieller) Ungleichheit undUnterdrückung in der sogenanntenklassenlosen Gesellschaft, soll die „wahre“ Einheit der Menschheit herstellen.

Woche der Brüderlichkeit

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Die Woche der Brüderlichkeit ist eine nach amerikanischem Vorbild seit 1952 jährlich im März stattfindende Veranstaltung. Sie wird vom Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit ausgerichtet. Sie hat den jüdisch-christlichen Dialog und die Aufarbeitung desHolocaust zum Ziel. Im Rahmen der Veranstaltung wird seit 1968 die Buber-Rosenzweig-Medaille verliehen. Schirmherr ist der jeweilige Bundespräsident.

Brüderlichkeit in der Postmoderne

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Unter dem Eindruck vielfältiger Forschungen, u. a. in den BereichenWissenschaftsgeschichte undGeschlechterforschung, erfuhr der Begriff eine neue Deutung. Nach dieser Lesart handelt es sich bei dem, was vor allem während der letzten Jahrhunderte als Brüderlichkeit angesehen wurde, um ein Konzept, das durch das „Modell des Wettbewerbs“ geprägt worden sei. Einander in dieser Art der Brüderlichkeit verbundene Menschen handelten zwar untereinander solidarisch. Nach außen hin richte sich diese Solidarität aber allein auf die Erreichung vonWettbewerbsvorteilen. Das „Modell des Wettbewerbs“ und diese Art der Brüderlichkeit seien das Resultat der verschiedenen Konstellationen desPatriarchats, welche stets davon ausgingen, die einzigen Alternativen des Menschen bestünden darin, entweder zu dominieren oder dominiert zu werden. Eine so verstandene Brüderlichkeit ziele im Endeffekt nicht auf ein solidarisches Verhalten der Menschen untereinander, sondern befeure immer noch ihr Gegenteil, aggressiveRivalität.[2]

In Abgrenzung davon wurde ein neuer Begriff derSchwesterlichkeit (Feminismus) geprägt. Er basiert auf dem spanischsprachigenSororidad, der Verbindung ausSoror für Schwesterlichkeit undSolidaridad für Solidarität. Damit ist ein grundlegendes Eintreten für partnerschaftliche Beziehungen gemeint, die das alte hierarchische Herrschaftsmodell durch gegenseitigen Respekt und Verantwortlichkeit ersetzen wollen. Aus der grundlegenden Umorientierung zu diesen Werten folge ernsthafte Wertschätzung der Individuen füreinander und ein System, in dem gegenseitiger Fürsorge ein dementsprechend hoher Stellenwert zukäme.[3]

Siehe auch

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Literatur

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Weblinks

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Commons: Jüdische Brüderlichkeit(Jewish fraternities) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Muslimische Brüderlichkeit(Muslim Brotherhood)
Wiktionary: Brüderlichkeit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Brüderlichkeit – Zitate

Einzelnachweise

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  1. Gudrun Sailer:Standpunkt: „Fratelli tutti“: Der Papst hätte ein anderes Zitat wählen sollen. In:Katholisch.de. 18. September 2020, abgerufen am 18. September 2020; Zitat: „Das deutsche Wort für Brüderlichkeit ist infolgedessen Geschwisterlichkeit, jedenfalls dort, wo Männer und Frauen gleichermaßen gemeint sind.“
  2. Diese Lesart findet sich etwa beiRiane Eisler:Real Wealth of Nations: Creating a Caring Economics. Berrett-Koehler, 2007 (englisch). 
  3. Melanie Stitz: „Ich bin hier“ – Über die Bedeutung von Sororidad, in: Wir Frauen, Heft 4/2024. Abgerufen am 17. Februar 2025. 
Normdaten (Sachbegriff):GND:4008440-1(lobid,OGND,AKS) |LCCN:sh85017222
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